15.03.2024

The Great Split


„Die Sommernächte hindurch drang Musik aus dem Haus meines Nachbarn [, dem großen Gatsby]. In seinen blauen Gärten schwirrten Männer und Mädchen wie Motten umher zwischen Geflüster, Champagner und Sternen.“ (F. Scott Fitzgerald: The Great Gatsby)
So ähnlich dürfen wir uns das Setting vorstellen in The Great Split von Hjalmar Hach und Lorenzo Silva, einem Spiel, in dem wir als Kunstsammler unsere Sammlung von Runde zu Runde vergrößern und so versuchen, die meisten Prestigepunkte zu erzielen.

I split, you choose

Der zentrale Mechanismus, der das Gameplay bestimmt, ist „I split, you choose“, der uns in unsere Kindheit mit unseren Geschwistern zurückversetzt, mit denen wir uns um das größere Stück Pizza gezankt haben. Damals wie heute gilt: Einer setzt das Messer an und teilt, der andere hat die erste Wahl. Bei The Great Split funktioniert dies über Handkarten, die wertvolle Bücher, Kunstwerke, Edelsteine, Gold, Siegel oder Prestigepunkte zeigen. Diese teilen wir in zwei Hälften, geben das so geteilte Paket nach links weiter und unser linker Nachbar hat nun die Wahl, welche Hälfte er oder sie für seine Sammlung auswählt.


Natürlich müssen wir dabei sehr darauf achten, welche Karten für die Nachbar-Sammlung besonders attraktiv sein könnten und dürfen dabei keinesfalls aus den Augen verlieren, was wir eigentlich brauchen und wollen. Wenn wir eine Hälfte zu unattraktiv ausstatten, bleibt sie am Ende dann eben bei uns hängen. Wir selbst wiederum erhalten das Päckchen unseres rechten Nachbarn und müssen uns für eines entscheiden. Die Karten, die wir von rechts behalten und die wir von links zurückbekommen bilden dann unsere Ausbeute in jeder der 6 insgesamt zu spielenden Runden, in denen von Runde zu Runde dann auch stärkere Karten ins Spiel kommen.

Leisten schieben und Punkte sammeln

Im Anschluss an diese erste Phase kommt das zweite zentrale Element von The Great Split zum Zuge. Für jedes Symbol auf unseren Karten rücken wir auf der entsprechenden Leiste nach vorne und lösen dort weitere Soforteffekte aus. Auf der Goldleiste, für die wir später selbst keine Punkte bekommen, können wir beispielsweise Felder erreichen, die uns wieder auf anderen Leisten voranbringen.


Schließlich gibt es in The Great Split drei Wertungsphasen, zwei Zwischen- und eine Endwertung, die über Sieg und Niederlage bestimmen. Jede Leiste wird dabei unterschiedlich gewertet, was einen Reiz des Spiels ausmacht. Besonders hervorzuheben ist dabei die Kunstwerk-Leiste, die über einen zufällig gesteuerten Markt-Mechanismus bestimmt wird und darüber die Siegpunkte verteilt. Die im Spiel gesammelten Siegel helfen uns nicht für die Zwischenwertungen, dienen aber zum Spielende als Multiplikatoren und können die Ergebnisse noch einmal sehr durcheinanderwirbeln zum Ende des Spiels hin. Weiterhin gibt es Charaktere mit Start- und Endboni, die das Spiel aber nicht verkomplizieren, dafür aber etwas Richtung bieten beim Einstieg.

Beschränkte Interaktion und gleichzeitiges Spielen

The Great Split spielt sich einerseits sehr interaktiv, wobei sich die Interaktion ausschließlich auf die beiden Nachbarn beschränkt und gleichzeitig doch am Ende recht solitär, wenn jeder sich gleichzeitig über sein Tableau beugt und seine Schätze einträgt. So ist in dieser zweiten Phase jeder doch sehr mit sich selbst beschäftigt und das Spiel scheint nur für Runden geeignet, in denen man seinen Mitspielenden absolut traut, nicht absichtlich zu Schummeln. Der große Vorteil der beschränkten Interaktion in der ersten Phase und des gleichzeitigen Spielens: Es gibt im Spiel kaum Wartezeit, wir sind immer gefordert und das Spiel wird auch bei einer größeren Spielerzahl nicht wesentlich länger. Insofern sind die angegebenen 45 Minuten bei 7 Spielern (vielleicht nicht in der Erstpartie) vollkommen realistisch.


Weiterhin hervorzuheben ist die Gestaltung des Spiels. Angefangen beim wunderbar reduzierten Artwork von Weberson Santiago, über die Schachtel mit hervorgehobenen Gold-Buchstaben bis hin zu den Dual-Layer-Boards, auf denen wir unsere Würfel auf den Leisten voransetzen haben die Horrible Guild und in der deutschen Version der HeidelBär-Verlag ganze Arbeit geleistet. Dies gilt auch für die klar verständlich und gut gestaltete Regel.

Fazit: Kein Feuerwerk, aber wunderbar für größere Runden

Insgesamt hat mir The Great Split sehr gut gefallen. In größeren Runden greift man doch oft zu Party- oder Deduktionsspielen und wer hier etwas Handfesteres haben möchte, ist mit The Great Split bestens bedient. Der Teilungs-Mechanismus wirkt recht unverbraucht und kann auch über die etwas trockene Leisten-Phase hinwegtrösten. Hier hätte ich mir mehr Spieltiefe gewünscht. So bleibt The Great Split aber ein sehr zugängliches Spiel, das in Runden bis 7 Spielenden wunderbar funktioniert und auch Wenig-Spieler abholt. In dieser Hinsicht eine klare Empfehlung!
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The Great Split von Hjalmar Hach und Lorenzo Silva
Erschienen bei HeidelBÄR Games
Für 2-7 Spielende in ca. 45 Minuten ab 8 Jahren

Sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (HeidelBÄR Games)