Lacrimosa – Mozart ist tot, und wir machen Karriere
Mozart hat sein letztes Werk nicht vollendet – tja, dann müssen wir halt ran. Als loyale Mäzene schreiben wir in Lacrimosa fleißig an Mozarts Lebenswerk mit – und das so, dass am Ende wir in der Biografie besonders gut dastehen. Moralisch fragwürdig? Ja. Eurogame-technisch genial? Auch ja.
Was passiert hier eigentlich?
Lacrimosa kombiniert mehrere clevere Mechanismen zu einem wunderbar verzahnten Ganzen:
Kartenmanagement mit Zähneknirschen
Du spielst pro Runde vier Karten – jeweils eine in die Aktionszeile (oben) und eine in die Einkommenszeile (unten). Blöd nur, dass du beide Effekte brauchst. Was heute Einkommen bringt, ist morgen schon ein verpasster Zug. Hier trennt sich das Genie vom Dilettanten.
Deckbau light – aber clever
Du kaufst im Spiel neue Karten – allerdings nicht, um ein fettes Deck zu bauen, sondern um dein begrenztes Karten-Set zu verbessern. Qualität statt Quantität also. Timing ist hier alles.
Reisen, Kompositionen und Hofschleimerei
Du hast fünf verschiedene Aktionen zur Auswahl:
Reisen bringt dir Boni in Städten (aber kostet ein Vermögen)
Kompositionen kaufen heißt: Werke sichern = Siegpunkte
Hofaktionen geben Vorteile wie Karten, Einkommen oder Adelslob (und du willst Adelslob!)
Das Requiem – area control mit Klassik-Feeling
Mozarts Requiem ist ein zentrales Puzzle: Du spendierst Notenblätter an Komponisten und sicherst dir Mehrheiten in verschiedenen Abschnitten. Wer hier taktisch klug agiert, räumt dick Punkte ab – und ärgert andere mit seiner Präsenz.
Fazit?
Lacrimosa ist wie ein Konzert mit unerwartetem Gitarrensolo – klassisch, aber mit Pep. Die Mechaniken greifen sauber ineinander, es gibt kaum Leerlauf, und Entscheidungen wiegen schwer. Das Thema ist nicht nur Deko, sondern clever eingebettet. Einzig die Optik... nun ja: Beige als Hauptfarbe war mutig – vielleicht zu mutig.
Starke Töne:
Karten-Dualismus sorgt für knifflige Entscheidungen
Thematik ist nicht nur aufgesetzt, sondern durchgezogen
Das Requiem-Mehrheitenspiel macht richtig Laune
Kaum Downtime, viel Planung, null Leerlauf
Schräge Töne:
Spielplan lädt farblich nicht gerade zum Verweilen ein
Der Solo-Modus ist solide, aber kein Muss
Einstieg ist machbar, aber die Ikonographie braucht 1–2 Runden
Letzte Worte?
Lacrimosa ist kein lautes Brettspiel, sondern ein leises Meisterwerk. Wer subtile Interaktion, elegantes Ressourcenmanagement und clevere Kartenmechaniken mag, wird sich hier pudelwohl fühlen. Die Optik ist Geschmackssache, der Spielspaß hingegen ziemlich unbestritten.
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Lacrimosa von Gerard Asceni und Ferran Renalias
Erschienen bei Kosmos
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 90 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Kosmos)
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