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14.07.2025

Great Western Trail - El Paso


Great Western Trail - El Paso ist bereits der vierte Sproß der Great Western Trail Familie. Der Epigon der Familie, dass ursprüngliche Great Western Trail ist 2016 erschienen. Meines Ermessens hat sich der Titel seitdem zu einem modernen Klassiker im anspruchsvollen Kennerspielbereich entwickelt. 2018 erschien dann mit Rails to the North, eine sich hervorragend einfügende Erweiterung, welche die Komplexität des Spieles in die Sphären eines Expertenspieles erhob. Auf ähnlichen Niveau ging es 2022 und 2023 dann mit den Standalone-Ablegern GWT Argentina und GWT New Zealand weiter, wobei ich persönlich bei beiden den Anspruch noch einen Tick höher ansiedle als bei Rails to the North. Dem Erfolg der Reihe geschuldet wurden das Grundspiel und die Erweiterung bereits 2021/2022 aufgehübscht und dezent überarbeitet in einer Second Edition wiederveröffentlicht. Meiner Ansicht nach ist aber auch die First Edition von 2016 weiterhin ein fantastisches Spiel, welches viele Neuheiten mühelos in die Tasche steckt.
 

Etwas abstrahiert gesprochen ist allen Titeln der Reihe gemein, dass man sich deckbauend mit einer Figur auf einem Trail im Uhrzeigersinn immer weiter bewegt bis irgendwann ein Mechanismus das Spielende einläutet. Man läuft dabei Gebäudeplättchen ab und führt dazugehörige Aktionen aus. Im Laufe des Spieles optimiert man das eigene Deck und auch die eigenen Laufwege. Hierfür kauft man Karten ein oder entsorgt Karten des Startdecks. Weiterhin baut man sich auch eigene Gebäude auf den Trail, welche bessere Aktionsmöglichkeiten bieten oder uns helfen schneller voranzukommen. Darüber hinaus gibt es stets auch noch andere Möglichkeiten die eigenen Aktionsmöglichkeiten zu optimieren. Ziel ist es am Ende mit den meisten Punkten dazustehen, welche sich durch einem bunten Mix von aus erworbenen Karten und Plättchen sowie platzierten Markern ergeben.
 

 
Während sich die Reihe bis jetzt immer weiter ins Richtung noch höherer Komplexität entwickelt hat, findet mit Great Western Trail - El Paso nun eine Reduktion statt. Dies gilt für Anspruch, Schachtelgröße und auch leider in Bezug auf die Qualität der Spielmaterialien. Bezogen auf die Komplexität des Titels haben die Autoren Pfister und Krenner GWT - El Paso im Bereich des gehobenen Familienspiels an der Grenze zum Kennerspiels angesiedelt. El Paso lässt sich in 60-90 Minuten spielen, recht flott erklären und sollte für etwas spielerfahrene Kinder ab 12 Jahren, von den Regeln her, keine Herausforderung darstellen. 
 

Die obenan beschriebenen Grundmechaniken der GWT-Reihe bleiben auch bei GWT - El Paso erhalten. Änderungen finden sich aber beispielweise bei den Gebäuden. Baute man in allen anderen Titel aus einem persönlichen Vorrat von Gebäuden, so gibt es nun nur noch einen allgemeinen Fundus. In diesem kommt jedes Gebäude zweimal vor. Nach dem Bau markiert man es durch einen Marker als eigenes Gebäude. Weiterhin gibt es Änderungen bei den Arbeitern, welche man einstellt. Diese kommen nun als Karten daher und rotieren zwischen Auslage,  Deck und Ablagestapel hin und her. Nutzt man einen Arbeiter aus der Auslage, so wird er auf den Ablagestapel gelegt. Weiterhin anders ist, dass das Element des Zuges stark verändert wurde. Dieser steht nun nicht mehr im Zusammenhang mit den potentiellen Einnahmen, welche man am Ende des Trails erhält, sondern ist vielmehr nur noch ein weiterer Ort an dem man Aktionen durchführt und dadurch meist Ziel- sowie Bonusmarker erhält. Trotz dieser Änderungen bleibt das GWT-Gefühl sehr gut erhalten. Mitspielenden, welche irgendeinen anderen GWT-Titel kennen, wird man das Spiel wortwörtlich in wenigen Minuten erklärt haben.
 
 
Stark gestoßen hat sich die GWT-Fangemeinde an der Ausstattung des Spieles, welches in der Greenline von Lookout Spiele erscheint. Vorderster Kritikpunkt ist dabei wohl gewesen, dass auf ein Spielbrett verzichtet wurde und stattdessen ein Tuch mit aufgedrucktem Spielplan beiliegt. Weiterhin hat man sich dazu entschieden auf Plastik zu verzichten und Materialien zu minimieren. Dementsprechend sind viele Spielmaterialien Pappmarker und die Karten sind sehr klein. Außerdem gibt es statt Zip-Tüten Tuckboxen anbei. Persönlich finde ich den dahinterstehenden Grundgedanken sehr gut und auch unterstützenswert. Es wäre für mich auch wirklich ein Kaufargument. Leider ist die Umsetzung des Ganzen in meinen Augen aber sehr planlos und inkonsequent angegangen worden. Dem Spiel liegen leider nicht genug Tuckboxen bei, so dass man sich wiederum mit eigenen Zip-Tüten behelfen muss um die Materialien zusammenzuhalten. Als Spielfigur dient ein vollkommen überdimensionierter Holzmeeple, welcher wesentlich größer ist als in allen anderen Spielen der Reihe. Dieser verdeckt dadurch die Aktionen der Gebäude, so dass bei besetzten Gebäuden die Mitspielenden nicht mehr sehen können, was man dort machen kann. Im Gegenzug wurden aber sinnvolle Markierungsmarker aus Holz gegen dünne und schlecht handlebare Pappmarker getauscht. Das sieht nicht schön aus und wird auch nicht lange halten. Das Spieltuch stört mich selbst gar nicht so sehr. Ohne es vorher zu bügeln, liegt es natürlich seltenst plan auf. Weiterhin sind auf ihm die Aufdrucke auch nicht so deutlich auf einem Pappplan. Dies finde ich aber verkraftbar. Ich finde das Tuch wirkt sogar ganz ansprechend. So richtig überzeugt bin ich allerdings nicht davon, die  dass so ein Spieltuch nachhaltiger als ein Spielbrett wäre... Alles in Allem muss man konstatieren, dass die Ausstattung von GWT - El Paso  nicht annährend mit neueren Titel der Reihe vergleichbar ist. Während diese luxeriös daher kommen, wirkt El Paso eher wie eine günstige Reiseedition eines Spieles. Würde man die Materialien etwas platzsparender beinander packen, so ließe sich das Spiel hierfür sicher auch gut einsetzen. Die benötigte Spielfläche bewegt sich bei GWT - El Paso im Bereich eines kompakten Campingtisches.
 

Doch kommen wir zurück zum Spiel selber und wie gut es funktioniert. Schließlich gibt es auch fantastische Spieletitel mit sehr wenig ansprechenden Materialien. Was ich an der GWT-Reihe sehr mag ist, dass es Spieletitel mit viel offenen Informationen und wenig Glücksanteil sind. In der Regel spielt der Zufall nur beim Nachziehen vom Deck rein. Dies lässt sich aber gut steuern. Man kann sich den Ablagestapel ansehen, veschiedene Kartentauschaktionen nutzen oder gar das Deck so thinnen, dass wenig dem Zufall überlassen wird. Was den Zufall angeht, so sieht es bei GWT - El Paso leider ziemlich anders aus. Dadurch, dass die Arbeiterkarten auch durch das Deck wandern, sind die mit Arbeitern verbundenen Ortsaktionen einfach wesentlich weniger planbar. Man weiß einfach nicht, ob man sie beim Erreichen des Gebäudes zur Verfügung haben wird. Weiterhin spielen auch noch die zu bauenden, gemeinsamen Gebäude rein. Man kann dadurch viel schlechter eine eigene Strategie aufbauen. Viel zu oft kommt man leider in die Situation nicht oder nichts Sinnvolles bauen zu können. Einen größeren Glücksfaktor bringen auch die Aktionen des Ortsplättchens mit der Zugaktion ins Spiel. Es liegen hier immer drei zufällige Bonusplättchen aus. Hier kann auch leicht eine Unwucht reinkommen., denn bei stets gleichen Kosten sind diese doch deutlich unterschiedlich stark. Leider spricht weiterhin nicht für den Titel, dass es bereits nach sehr kurzer Zeit zwei Regelanpassungen gibt um die Balance des Spieles zu sichern. Zu einem darf man nur noch 5 Karten im Laufe des Spieles entsorgen.  Dies ist insofern sinnvoll, als das ein kleines Deck es viel wahrscheinlicher macht Arbeiter nachzuziehen. Diese könnte man dann sonst sofort für Geld und Zertifikate ausspielen und im nächsten Zug sehr unmittelbar wieder nachziehen (notfalls mit Tauschplättchen) und erneut ausspielen. Hier bin ich ein wenig fassungslos, dass dies durch das Playtesting gegangen ist und nicht schon vor dem Release des Titels gefixed wurde. Weiterhin gibt es noch eine Anpassung beim Gebäudeplättchen 2a. Die Symbolik zeigt hier an, dass man beide Aktionen machen darf. Nach der Regelanpassung soll man aber nun zwischen den Aktionen wählen. Diese Regelanpassung benennt der Verlag als optional. Etwas böse gedacht, rührt das imho daher, dass man den Aufdruck wohl schlecht geändert bekommt. Meiner Spielerfahrung nach sollte man nur mit dieser Regelanpassung spielen. Ansonsten ist das Plättchen sehr stark. Erst recht, wenn man gleich beide 2a gebaut bekommt. Festhalten möchte ich jedoch, dass GWT - El Paso meines Ermessens trotzdem ein guter Titel ist. Sicher kein Ausnahmetitel wie das ursprüngliche GWT aber trotzdem ein gutes Spiel, an welchem ich Freude habe. Auch GWT - El Paso steckt viele Titel des Jahrgangs meiner Meinung nach locker in die Tasche und ich habe auch schon endlos viele schlechtere Spiele gespielt. Gegenüber seinen Vorgängern fällt er meiner Ansicht nach aber eben klar ab. Dies liegt meiner Meinung nach auch an der Spielregel. Im Vergleich zum Original ist diese sehr kompakt gehalten und beweist leider imho ein wenig zu oft Mut zur Lücke bzw. zum Interpretieren. GWT - El Paso liegt auch ein Automa bei, so dass man das Spiel solo spielen kann. Man spielt hier gegen SUE, welche sich auch über den Trail bewegt. Leider ist das dazugehörige Kartendeck im Grunde eigentlich nur ein Timer und die Aktionsauswahl für SUE. Diese reagiert nicht im Geringesten auf den Spielverlauf und bewegt sie sich über den Trail, um an den Zielorten dann sehr unthematisch eine komplett andere Aktion auszuführen.
 
 
Mir persönlich geht es so, dass ich bei einem Zeitfenster von 60-90 Minuten wahrscheinlich eher das blanke Grundspiel statt GWT - El Paso spielen würde. Wir sind aber in unserer Runde auch insofern im Vorteil, dass wir hier sehr viel Spielerfahrung haben und es sich sehr flüssig spielt.  Ich sehe in GWT - El Paso ein wenig ein Spiel der verpassten Chancen. Ich glaube mit ein wenig mehr Feinschliff - sowohl vom Produktdesign her, als auch redaktionell - hätte man hier deutlich mehr draus machen können. Gerade wenn man in Richtung einer kompakten und schnellen Variante von GWT für den Urlaub oder mal  zwischendurch denkt, sehe ich persönlich leider einige Ecken wo man noch hätte dran feilen können. Aber vielleicht erwarten uns ja auch von GWT - El Paso in einiger Zeit mal eine überarbeitete und besser ausgestattete Second Edition.
  

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Great Western Trail - El Paso

Autor: Alexander Pfister und Johannes Krenner

Erschienen bei Lookout Spiele

Für 1-4 Personen ab 12 Jahren.

Spieldauer etwa 60-90 Minuten

 

Sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Lookout Spiele)