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09.07.2025

Minos - Anbruch der Bronzezeit



In der glorreichen Vergangenheit der Menschheit ging es stets eher robust und rau zu. Kriege standen quasi an der Tagesordnung – immer mit dem Ziel, Territorien zu erobern oder zu verteidigen. In der Bronzezeit gab es die Minoer, ein Volk auf dem Gebiet des heutigen Kreta, das sich darum bemühte, Frieden und Wohlstand ohne brutale Eroberungszüge zu wahren. Genau das ist auch unser Ziel im Expertenspiel „Minos“ von Stanislav Kordonskiy für 1–4 Spieler ab 14 Jahren: Wir wollen als Anführer aller Stämme hervorgehen. Kordonskiy dürfte erfahrenen Spielern ein Begriff sein – Titel wie Rurik, Endless Winter oder Nova Roma stammen ebenfalls aus seiner Feder.

Mechanisch dreht sich in Minos alles um das Wohl unseres Stammes, das über ein Würfel-Drafting-System gestaltet wird. Zu Beginn jeder der vier Runden werden Würfel geworfen. Es gibt sie in vier Farben – Rot, Gelb, Blau und Grau – und je nach Spieleranzahl in unterschiedlicher Menge. Die farbigen Würfel stehen auch jeweils für Fortschrittsleisten, während die grauen eine Art Joker darstellen.



Jeder Spieler draftet vier Würfel und platziert diese direkt auf einem Aktionsfeld. Dabei wird der Würfel so eingesetzt, dass der höchste Wert nach rechts und der niedrigste nach links geschoben wird – entscheidend, denn die weiter rechts liegenden Aktionen sind in der Regel schwächer.

Die Würfelwerte sind aber nicht nur für die Aktionsstärke entscheidend, sondern auch für Fortschritte auf den Leisten: Wenn ein Spieler in einer Farbe (inklusive zugeordneter grauer Würfel) eine Summe von 9 oder mehr erreicht, steigt er dort ein Feld auf, erhält einen Bonus oder verbessert sein Einkommen in der nächsten Runde.



Sobald alle Würfel verteilt wurden, führen die Spieler ihre Aktionen aus – beginnend mit dem Würfel mit dem höchsten Wert. Das erfordert Planung: Wählt man ungünstig, kann es passieren, dass Aktionen in späteren Zügen keinen Nutzen mehr bringen. In solchen Fällen darf man den Würfel zwar verfallen lassen, erhält dafür aber zwei Münzen.

Die vier Basisaktionen sind recht klar:

Stämme einsetzen oder bewegen: Stämme vom eigenen Tableau aufs Spielfeld bringen oder verschieben, um Vorherrschaft in Regionen zu erlangen.

Bauen: Städte errichten, Türme hinzufügen oder Boote bauen und bewegen – letzteres ermöglicht den Zugang zu Handelsrouten und Boni, sowie Bauernhöfe platzieren, dafür müssen allerdings eigene Stämme von der Karte genommen werden.

Dekretkarten: Eine Aktion erlaubt das Ziehen neuer Karten, eine andere das Ausspielen (kostenpflichtig in Münzen).

Eine fünfte Aktion fungiert als Joker, mit der man eine der vier vorgenannten ausführen darf.


Von den 144 Dekretkarten (aufgeteilt in zwei Zeitalter) sind viele sehr mächtig. Das Ausspielen kostet Münzen, kann aber durch Rohstoffe (dauerhaft oder einmalig nutzbar) vergünstigt werden. Hat man den passenden Rohstoff vorrätig, reduziert sich der Preis um drei Münzen.

Ein weiteres Element: Tableau-Building. Bereits ausgespielte Karten können kostenlos in den eigenen Palast geschoben werden. Die untere Kante bleibt sichtbar und gewährt Vorteile – z. B. zusätzliche Boni bei bestimmten Aktionen oder Würfelwerten. Will man eine Handkarte direkt in den Palast legen, muss man dafür die aufgedruckten Siegpunkte abgeben.

Trotz pazifistischem Thema bleibt auch ein Hauch Konflikt nicht aus: Es gibt Waffen, mit denen man Seevölker bekämpfen kann – nicht andere Spieler. Das gilt als Zusatzaktion, die man jederzeit ausführen darf. Dafür nimmt man einen eigenen Stamm vom Spielplan, gibt Waffen entsprechend dem Seevolk ab und erhält einen Bonus. Waffen lassen sich auch einsetzen, um Einheiten zu bewegen oder einmalige Rohstoffe aus Regionen zu erhalten, in denen man präsent ist. Eine weitere Zusatzaktion ist, Handkarten beliebig 1:1 gegen Münzen zu tauschen, wodurch es schon interessant werden kann, die Dekretkarten zu sammeln.


Das Spiel dauert vier Runden, in denen jeder Spieler vier Aktionen ausführt – insgesamt also nur 16 Züge pro Spieler. Trotzdem entwickelt sich daraus eine beachtliche Spieltiefe. Nach Runde zwei erfolgt eine Zwischenwertung basierend auf der Präsenz in Regionen; nach Runde vier gibt es die Endwertung, inklusive zusätzlicher Punkte. Ab der dritten Runde werden außerdem alle Dekretkarten durch neue ersetzt.

Wer nach vier Runden die meisten Punkte gesammelt hat, wird Anführer der Minoer. Glückwunsch!

Thematisch holt mich Minos persönlich nicht besonders ab – das Setting bleibt etwas blass. Spielerisch hingegen ist es ein echter Brocken auf Expertenniveau. Die Mischung aus Dice-Placement, Engine-Building und taktischen Entscheidungen mit einem Quäntchen Glück durch Würfel und Karten sorgt für intensive Partien. Die Masse an Dekretkarten macht es zwar schwer, gezielt auf Synergien zu spielen, doch sie sind alle nützlich – was an Res Arcana erinnert, nur eben eine Stufe komplexer.


Materialseitig überzeugt Minos mit hochwertig bedruckten Meeples, Doublelayer-Tableaus und einem klar strukturierten Spielplan. Wer auf komplexe Eurogames mit taktischer Tiefe steht, wird hier glücklich. Für meinen Geschmack hätte es etwas weniger Karten geben dürfen – aber das ist Meckern auf hohem Niveau.

Minos ist für mich ein Keeper. Ich liebe anspruchsvolle Kenner- und Expertenspiele – auch wenn ich langsam den Reiz leichter Familienspiele zu schätzen lerne.

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Minos von Stan Kordonskiy
Erschienen bei Giant Roc
Für 1-4 Spieler in ca. 90-150 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier GiantRoc)