09.08.2013

Pirates vs. Dinosaurs - Mit Musketen gegen Reptilien


Es ist schon ein Weilchen her, dass ich Pirates vs. Dinosaurs das erste Mal in meinem Blog erwähnt habe. Damals war ich noch neu in der Szene und habe damals ein relativ ausführliches Preview zum Spiel geschrieben. Mittlerweile ist das Spiel ausgeliefert und ich habe die Gelegenheit Euch den Titel mal etwas genauer vorzustellen.

Spielverlauf und Spielziel

Die Regeln von Pirates vs. Dinosaurs sind, wie es für ein Spiel dieser Kategorie üblich ist, recht simpel gehalten. In gut 90 Minuten geht es für bis zu sechs Spieler darum sich auf einer unbekannten Insel die Taschen so voll wie möglich mit Schätzen zu füllen. Dagegen haben nicht nur die Piratencrews der Mitspieler etwas, sondern auch Einheimische, Ninjas, Gorillas und Dinosaurier, welche auf der Insel beheimatet sind.
Das Spiel spielt sich hierbei in drei Phasen, welche sich vereinfacht unter folgendem einprägsamen Slogan beschreiben lassen: Ausrüsten, Suchen, Graben.
Während man in der ersten Phase noch simultan seine Crew mit allerlei Gegenständen ausrüstet ohne beim ersten Mal wirklich Ahnung davon zu haben, was überhaupt wichtig ist, geht es in Phase 2 und 3 ans Eingemachte. Hat man also seine launische Piratenbande mit Relikten, Anführern, Gegenständen und Waffen, welche verblüffend häufig mit Alliterationen in den Namen gespickt sind, ausgerüstet, dann geht es daran die "Pikes and Pistols" oder die "Swords and....ähm Muskets" auch einzusetzen.
Alles was man hat sind schließlich zwei Kartenfragmente, welche es nun gilt in den zahlreichen Landschaften der Insel ausfindig zu machen. Dabei gilt es nicht nur verteufelt gut zu würfeln und dabei am besten laut "Arrrrrrrrrrrr" zu rufen (wer glaubt nicht daran mit thematischen Ausrufen sein Glück zu steigern?), sondern auch darum mit dem gut bestückten Inseldeck den werten Piratenkollegen den ein oder anderen Encounter "reinzudrücken". Sollen die sich mal schön mit dem T-Rex oder den wütenden Einheimischen rumärgern. Schließlich will man ja als Erster zu Ausgrabungsstätte.
Dort angekommen gilt es nun zu buddeln bzw. aus dem Säckchen zu ziehen. Der Clou ist aber, dass dort eben nicht nur Schätze enthalten sind, sondern auch Flüche oder Dinosaurier. Und zu allem Überfluss bricht auch noch mit Fortschreiten des Spiels ein Vulkan immer mehr aus und die Mitspielern richten Kanonen auf einen um die kürzlich gefundenen Schätze ab zustauben. Glaubt man sein Glück aufs Äußerste herausgefordert zu haben, dann haut man lieber auf sein Schiff ab.
Wer die meisten Schätze gesammelt hat - gewinnt! Arrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr!

Resume

Pirates vs. Dinosaurs ist ein fertiges Kickstarterprojekt und (soviel sei vorweggegriffen) ein gutes Beispiel für Crowdfunding. Dies äußerst sich in erster Linie durch die 1A-Komponenten. Einziger Wehrmutstropfen ist dabei das fehlende Inlay der Box. Äußerst stabile Box, hervorragende Kartenqualität und ein tolles Spielbrett. Okay die Würfelsymbole sind nicht graviert sondern lediglich aufgeklebt, aber wen kümmert das schon, wenn er einen T-Rex-Meeple hat?!? Ebenfalls kurios in Sachen Komponenten ist, dass man auf der Box vergeblich den Spieltitel sucht. Lediglich die Bebilderung lässt erahnen, dass man zum richtigen Titel im Spieleregal gegriffen hat. Und warum überhaupt 2nd. Edition (siehe Rand am Cover)? Dieses ungewollte Easter-Egg hat bereits der Grafiker aufgelöst - es war ein Versehen. Nicht schlimm, wenn man es mit Humor sehen kann.
Spielerisch gesehen ist Pirates vs. Dinosaurs das, was es verspricht. Ein klassisches Press-Your-Luck Spiel mit einem außerordentlich witzigen Thema. Spätestens nach Smash-Up wissen wir ja, dass man ohne Probleme jegliche Art von Kreaturen mit anderen mischen kann und dabei mit jeder hereingemischten Rasse sich der Spielspaß potenziert. Pirates vs. Dinosaurs mischt Riesengorillas mit Ninjas, Dinosauriern und Piraten also Spielspaß³? Es kommt darauf an. Auf was kommt es denn an? Es kommt darauf an, ob man diese Art von Spiel mag. Press-Your-Luck Spiele sind nämlich bekanntlich nichts für Strategen, sondern eher etwas für den geselligen Spieleabend mit gierigen, schadenfrohen und gehässigen Mitspielern, die ihr Glück bis zum Äußersten ausreizen wollen um lieber mit wehenden Fahnen unter zu gehen, als mit zwei mickrigen Juwelen die Insel zu verlassen.
Pirates vs. Dinosaurs macht aber fast alles richtig, was ein Spiel dieser Kategorie braucht, um die letztgenannte Spielergruppe bei Laune zu halten. Fast? Ja, fast. Aber wen kümmert das überhaupt. Wir haben schließlich Piraten und Dinosaurier?! Die einzelnen Phasen des Spiels (Ausrüstung, Entdecken und Buddeln) sind zwar jede für sich interessant und hat seine eigenen Vorzüge, jedoch könnten diese noch enger miteinander verzahnt werden. So wirken diese mehr wie drei Minispiele in sich abgeschlossen, als ein Teil des Ganzen. Es wäre beispielsweise schön gewesen, wenn man mehr Einfluss auf den Schatzbeutel während der ersten zwei Phasen hätte. Vielleicht durch gewisse Aktionen das ein oder andere Schatzteilchen vorher ziehen können, oder den Vulkan bereits vorher zum Brodeln bringen? Aber kaum der Rede wert, schließlich haben wir Ninjas und Riesengorillas!!
Die Inselkarten sind allesamt wunderschön gestaltet und vielfältig. Von der Meuterei, bis zum verärgerten Ureinwohner - alles dabei. Wer zart beseidet ist, der wird Pirates vs. Dinosaurs aber nicht mögen. Hier geht es schlicht und ergreifend darum seinen Mitspielern ein möglichst fieses Encounter reinzuwürgen. Wir sind ja schließlich nicht aus Zuckerwatte.
Pirates vs. Dinosaurs lebt von Thema, Würfelglück, Gemeinheiten und der Entscheidungsfähigkeit die Suche im richtigen Moment abzubrechen. Gerade beim Buddeln an der Fundstelle spielt zwar auch eine Brise Stochastik mit ins Spielgeschehen ein, wenn es zu berechnen gilt, wie die Chancen beim Buddeln sind, aber bitte nicht übertreiben (wer mag schon AP-Spieler?). Es gilt Pirates vs. Dinosaurs als das zu nehmen, was es ist. Ein Press-Your-Luck Spiel mit tollem Thema. 
Auch wenn das Spiel für ein Vertreter seiner Zunft verhältnismäßig lange dauert (ca. 90 Minuten mit vier Spielern), so kommt doch keine Langeweile auf. Dennoch sollten die ersten Partien auf vier Spieler begrenzt werden, bis jeder die Mechanismen verinnerlicht hat. Ansonsten kann es, gerade am Anfang, zu einer gewissen Downtime kommen, bis jeder seine Handkarten und deren Einsatzmöglichkeiten studiert hat und davon gibt es (wie bereits irgendwo sicherlich schon einmal erwähnt) unzählige unterschiedliche - genau wie bei den Relikten, den Maats, den Items oder den Waffen.
Genug geschrieben. Ich gehe jetzt einen Schatz suchen!


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