22.05.2014

Helios - Hier kommt die Sonne

Teilweise werden Spiele heute ja mit einem eigenen Soundtrack geliefert. Ist dieser nicht dabei, dann schlage ich oftmals in meiner Spielerunde atmosphärische Musik vor. „Sonne“ von Rammstein wurde leider einstimmig für den neuen Hans im Glück Titel Helios abgelehnt. Angeblich zu laut für ein Puzzle dieser Art. Vielleicht kann ich sie ja zumindest davon überzeugen bei jeder Sonnenbewegungsaktion „Hier kommt die Sonne!“ zu summen.
Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, aus…ähm los natürlich! 

Helios kommt zunächst in einer strahlenden Box daher. Das Material scheint auf den ersten Blick bereits wertig und schon beim Öffnen der Box zeichnen sich zwei Ziele ab, die wohl als Filler-Games während des eigentlichen Hauptspiels kostenlos bei Helios mitgeliefert wurden. Spiel 1: Schnapp Dir als Erster das größte der unterschiedlich großen Siegpunktsäckchen und Spiel 2: Tausche während des gesamten Spiels unbeobachtet rote Gummibärchen und beigefügte Mana-Drops. Bei Letzterem empfiehlt es sich im Übrigen bei steigender Spieldauer auf Schokolade umzusteigen – man kann ja nie wissen wer noch mitspielt.


Helios selbst als Spiel ist ein Puzzle, ein Optimierspiel, ein Spiel ohne große Interaktion und damit ein Spiel für Eurogamer. Leidet darunter das Thema und ist es wie in so manchen Titeln dieser Art austauschbar? Nein! Denn dies ist allein der Verdienst des Hauptmechanismus – die Bewegung der Sonne. Scheint die Sonne auf Tempel, dann sind die Bürger glücklich und es regnet Siegpunkte. Scheint die Sonne auf eine Waldfläche, wachsen Bäume. Und scheint die Sonne auf eine Kiesgrube, dann wachsen eben Steine. Logisch, oder? Aber nochmal von Beginn…

In Helios übernehmen zwei bis vier Spieler in ziemlich exakt 60 Minuten die Rollen von mystischen, gut gelaunten Stammesvölkern. Gemeinsam haben wir alle eines: Wir sind echte Sonnenanbeter. Aus den begrenzt scheinenden Aktionsmöglichkeiten wählen wir nacheinander jeweils eine aus und optimieren dabei unser eigenes kleines Königreich. Eigenes Königreich trifft es dabei eigentlich ganz gut. Denn es gibt keinen zentralen Spielplan, sondern vielmehr werkelt jeder Spieler auf seinen ganz eigenen zwei Spielertableaus herum. Wir erweitern unser Land, bauen Gebäude und Tempel oder tun das, was all unsere Völkern fast bis zur Perfektion beherrschen: Wir lassen die Sonne wandern. Denn wir haben die Kontrolle über den glühenden Feuerball am Himmel. Lediglich im Tempo mit welcher wir sie bewegen, können wir uns verbessern. Und so ganz nebenbei, während die Sonne so ihre Kreise zieht, bekommen wir bei voller Umrundung unserer Ländereien wertvolle Siegpunkte – und das Ganze ohne Sonnenbrand.


Größter Vorteil bei Helios sind jedoch die gut ausbalanciert scheinenden Siegstrategien. So kann man sowohl durch geschickte Landschaftsplanung (und mit geschickt meine ich zum Teil kopfzerbrechende), durch eine riesige Tempellandschaft oder aber auch durch cleveres Anwerben der zentralen Anführerplättchen seine Zivilisation zum Sieg führen. Klingt episch? Ist es aber nicht. Helios ist mit ziemlich exakt 60 Minuten und lediglich 16 Aktionen (+ Zusatzaktionen) eben genau dann vorbei, wenn die mühsam aufgebaute Siegpunktmaschine gerade ihre Solarspeicher aufgeladen hat. Optimieren heißt hier das Zauberwort – und genau da liegt, für mich persönlich, auch der größte Kritikpunkt bei Helios. Es ist mir schlichtweg zu anstrengend. Um Helios vernünftig zu spielen, muss jeder einzelne Zug wohl überlegt sein. Schon ein einziger Fehler kann bei einer so extremen Mangelverwaltung über Sieg oder Niederlage entscheiden. Dabei muss nicht nur ausreichend Gedankenschmalz in die Auswahl der einzelnen Aktionen gelegt, sondern beispielsweise auch über die sich daraus entwickelnden Konsequenzen ausführlich nachgedacht werden. Wie platziere ich mein neues Landschaftsplättchen um die Sonnenbewegung zu optimieren und die meisten Siegpunkte bei Anstrahlung zu generieren? Wie verkürze ich ggf. bei geschickter Platzierung die Umlaufwege? Wie sammle ich die meisten Bonusfelder auf dem eigenen Tableau ein, ohne dabei meine Strategie zu weit aus den Augen zu verlieren? 


Helios kann man dennoch  abschließend nur ein gutes Spielprinzip bescheinigen. Einwandfrei konstruiert, gut verzahnt und mit thematischer Einbindung. Für mich persönlich jedoch, trotz kurzer Spieldauer, zu denklastig durch extreme Mangelverwaltung und vor allem zu interaktionsarm. Wieso gibt es kein Gebäude um die gegnerische Sonne vom Himmel zu schießen? Wieso kann ich mein Mana nicht für dunkle Sonnenzauber nutzen um meinem Gegner in die Suppe zu spucken? All das und meine vorgeschlagene musikalische Untermalung von zu Beginn wäre passend.


Vielen Dank an Hans im Glück für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!

Helios von Martin Kallenborn und Matthias Prinz
Erschienen bei Hans im Glück
Für 2-4 Spieler in ca. 60 Minuten
Boardgamegeek-Link



sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek.com bzw. vom jeweiligen Verlag (hier Hans im Glück)