09.10.2015

Black Fleet - Piraten machen auf Familie


Ich mache jetzt mal was ganz Verrücktes! Während alle das Netz nach Rezensionen zu den neusten Messe-Hits durchstöbern, bin ich einfach mal so frei, ein Spiel aus dem vergangenen Jahr unter die Lupe zu nehmen. Warum auch nicht? Leinen los und Kanonenrohre geputzt für Black Fleet von den Space Cowboys!

Ja, ich stehe auf Piraten - und zwar thematisch. Das fing damals auf dem Amiga bereits mit Sid Meiers: Pirates an, ging dann mit dem LucasArts Klassiker Monkey Island (aber bitte nur die ersten zwei Teile) weiter, und endete dann vorerst mit einem meiner thematischen Lieblingsbrettspiele Merchants & Marauders. Dass es aber brettspieltechnisch noch so einiges weiteres an Material zur Piratenthematik gab, habe ich auch mal ganz zu Anfang meines Bloggerdaseins in einer Folge der MonkeyTales aufgezählt. Ich war also zunächst gespannt, ob sich Black Fleet gut in den Piratenspielekanon einreien würde.


In Black Fleet übernehmen 3 bis 4 Seebären exakt zwei Rollen. Einerseits steuert man einen freundlich gesinnten Händler, mit dem man versucht Waren von A nach B zu verschippern; andererseits steht mir auch praktischerweise ein loyaler Pirat zur Verfügung, der die Händler meiner Mitstreiter um die eben genannten Waren erleichtern soll. Während ersterer die Waren günstig einkauft und am anderen Ende der Karibikkarte teuer verhökert, legt letzterer das erbeutete Diebesgut gewinnbringend an - in einer Piratenhöhle (wie das Piraten eben so machen). Übergeordnetes Ziel ist es aber möglichst viel Gold zu machen und mit diesem dann das Lösegeld für die Governeurstochter zu bezahlen. Hach, wie romantisch!


Gesteuert wird das Ganze recht simpel. Mir stehen zu Beginn eines jeden Zuges zwei Bewegungskarten zur Verfügung, welche anzeigen welches meiner Schiffe ich wie weit fortbewegen darf. Zusätzlich darf ich pro Zug ein dort aufgeführtes neutrales Kriegsschiff manövrieren, welche Piraten ihrer gerechten Strafe zukommen lassen - ergo sie versenken. So entsteht ein klassicher Ökozyklus. Pirat versenkt Händler, Kriegsschiff versenkt Pirat.
Das Salz in der bis dahin recht ideenlosen und zu simpel wirkenden Spielidee ist zweierlei. Erstens die Sonderkarten, welche unverhersehbare Spielsituationen herbeiführen. So fliegt beispielsweise ein sicher abgehängt geglaubtes Piratenschiff urplötzlich auf einer riesigen Flutwelle über die Inselwelten hinweg und erledigt das sich bereits in Sicherheit wiegende Händlerschiff kurz vor der Hafeneinfahrt.
Und zweitens die Qualität der Komponenten. Echte Silbermünzen, tolle Schiffsminiaturen, ein schickes thematisches Boxinlay und ein liebevoller Spielplan. Da macht es einfach Spaß zu spielen.


Packt man all das zusammen, dann ist Black Fleet ein leichtes aber interessantes Familienspiel, welches das Piratenthema - nicht zuletzt durch seine cartoonartige Grafik - kindgerecht präsentiert. Das Spielprinzip ist einfach, schnell erlernt und dennoch abwechslungsreich. 
Ein Vergleich zum großen thematischen Bruder Merchants & Marauders muss es sich aber dennoch gefallen lassen. Suche ich die Piratensimulation bin ich hier nicht richtig. Suche ich epische Seeschlachten, bin ich hier nicht richtig. Suche ich vielfältige Optionen, bin ich hier nicht richtig. Suche ich große Taktik, bin ich hier nicht richtig. Dann greife ich lieber zu Merchants & Marauders.
Suche ich jedoch eine flotte, abgespeckte, reduzierte, leichtere Option mit hervorragender Piratenthematik, dann kann ich mit Black Fleet nichts falsch machen. Manchmal habe ich einfach Lust auf flotte Seewinde, rauchende Kanonenrohre und klimperndes Münzgeld - ohne großes Gedankenkino. Ich muss damit zurecht kommen, dass meine Händler kurz vor knapp am Hafen versenkt werden, oder dass mein Piratenschiff bereits das dritte mal im Spiel durch die Kriegsschiffe gestellt wird. Black Fleet will keine ernsthafte Simulation sein, es macht sich nichts draus, dass hier mal eben das berühmte Quäntchen Glück benötigt wird, es will einfach nur unterhalten. Und das tut es mit seinen absolut genialen Komponenten und seiner flotten Art definitiv! Und das nicht als "Einsteigerversion" zum großen thematischen Bruder. Arrrrrrrrrr. ein feines Boot!

Black Fleet von Sebastian Bleasdale
Erschienen bei Space Cowboys
Für 3 bis 4 Spieler in ca. 60 Minuten
Boardgamegeek-Link

Vielen Dank an Asmodee für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!

sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Asmodee)