06.12.2017

Game of Thrones: Kampf um den Eisernen Thron


Okay, wir (Fans der Serie) warten sicherlich alle schon sehnsüchtig auf die letzte Staffel in 2018. Warum sich also nicht die Wartezeit mit einem Brettspiel, was die HBO-Serienlizenz hat versüßen? Ja, Ihr habt richtig gehört. Game of Thrones: Kampf um den Eisernen Thron hat (nicht wie sonst fast alle Spiele in diesem Universum) die Serien- und nicht die Buchlizenz. Und diese - soviel sei vorweggenommen - wurde würdig umgesetzt. Große Charakterportraits, die keinesfalls billig wirken, wie bei so manch einer Lizenzverwurstung im Brettspielbereich. Geschmack ist zwar bekanntlich streitbar, aber ich finds toll.


Spieltechnisch haben wir es hier mit einer Art Neuinterpretation vom Klassiker Cosmic Encounter zu tun. Neuinterpretation insofern, als dass sich Kampf um den Eisernen Thron zwar sehr vieler Mechanismen bedient, aber durchaus neu konstruiert und anordnet.
In Kampf um den Eisernen Thron übernehmen bis zu fünf Spieler die Rollen der großen Häuser in Westeros (kein Greyjoy, kein Martell ohne Erweiterung) und versuchen schnellstmöglich ihren Einfluss auf die anderen Häuser zu verteilen. Dabei gilt es (wie auch in der Serie) lose Bündnisse einzugehen, diese wieder zu brechen und im richtigen Zeitpunkt seine Partner zu hintergehen. Klingt thematisch? Ist es auch!


Dabei darf jeder Spieler einen ikonischen Anführer seinen Hauses auswählen, der für den Rest der Partie die spielerspezifische Sonderfähigkeit bestimmt. Ned Stark für den friedliebenden Spieler am Tisch, Tyrion für den diplomatischen, Khan Drogo für den Coolness-Faktor oder Joffrey, falls man einfach ein kleiner Sadist ist (ganz im Ernst: Wer wählt freiwillig Joffrey?!?). Die restlichen Persönlichkeiten des Hauses landen auf dem Schlachtfeld und versuchen in den folgenden Runden die Schlachten in Westeros für sich zu entscheiden.

Zu Beginn einer jeden Spielrunde bekommen wir dabei zufällig unseren nächsten Kriegsgegner zugelost und wählen den Anführer, der unsere Truppen in die Schlacht führen soll. Hat dies auch der Verteidiger getan, bieten sich die restlichen Häuser von Westeros reihum an und haben die Möglichkeit den Aggressor oder den Verteidiger zu unterstützen (oder halten sich raus). Dann geht der Kampf los. Jeder Spieler spielt verdeckt eine seiner Handkarten, die ihren Kampfwert zur Stärke der anwesenden Anführer hinzuzählt. Wer mehr hat, gewinnt. Ist das der Angreifer, lege ich einen Machtmarker aufs unterlegene Haus (im übrigen auch jedes Haus, dass mich unterstützt hat). Gewinnt der Verteidiger und darf seine Anführer stärken (auch die Unterstützer). In jedem Fall verlieren die unterlegenen Helden Machtpunkte (= Lebenspunkte). Geiseln können auch noch genommen werden, die wir später foltern dürfen (später mehr).


Der bloße Angriff ist aber nicht die einzige Kartenvariante, die in einer Schlacht gespielt werden kann. Richtig interessant wird es beiden Friedens- oder den charakterspezifischen Kampfkarten. Während letztgenannte tolle Spezialfähigkeiten aktivieren (sofern der gespielte Charakter auch der tatsächliche Charakter in der Schlacht ist), sorgen erstere dafür, dass (nur wenn beide eine solche Karte gespielt haben) die Streitparteien einen Deal machen dürfen. Hier kann alles verhandelt werden. Klassischerweise einigt man sich darauf, dass jede Partei einen Machtmarker auf der Gegenseite platzieren darf. Win-Win also.


Bis auf wenige Ausnahmen war es das auch schon regeltechnisch, was Kampf um den Eisernen Thron zu bieten hat. Karte aufdecken, Anführer auswählen, kämpfen. Das eigentliche Spiel findet jedoch zwischen den Regeln statt. Diese bilden quasi nur eine Art Gerüst, welches zwar erlernt werden muss, aber nicht den Hauptreiz ausmacht. Wirklich interessant sind die Verhandlungen zwischen den Spielern, die Intrigen, der Verrat, die Taktik, der Trashstalk am Tisch. Mit welchem Spieler kann ich kurzfristig ein Bündnis eingehen? Eine Hand wäscht ja bekanntlich die andere. Wenn ich hier ein dieser Schlacht meinem Gegner helfe, kann ich sicherlich auf seine Unterstützung in späteren Kriegen hoffen.... oder etwa nicht?

Kampf um den Eisernen Thron simuliert die Konflikte aus der TV-Serie perfekt. Es geht um wechselnde Allianzen, das Ausnutzen von vorteilhaften Situationen und das Abwarten des richtigen Momentes. Die sehr thematischen Sonderfähigkeiten der einzelnen Charaktere unterstreichen dieses Gefühl nochmals. Aber Achtung: Kampf um den Eisernen Thron ist dadurch sicherlich kein Spiel für jede Gruppe. Es ist eben kein Spiel, welches durch seine bloßen Mechanismen punktet. Es lebt vom Tischgespräch. Hat man nicht die passende Gruppe dafür, dann wird man hier eher mit fragenden Gesichtern den Spieltisch verlassen. Lässt sich jedoch die Gruppe auf das Spielen der Rollen ein und versetzt sich für eine oder mehrere Partien nach Westeros, dann kann man hier einen tollen Abend verbringen.


Noch kurz etwas zum Vergleich zu Cosmic Encounter. Cosmic Encounter hat mehr Vielfalt. Es lebt von den aberwitzigen Alienkombinationen, den teilweise mit Absicht völlig umbalancierten Spezialfähigkeiten und einer gehörigen Portion Chaos. Der Kampfkartenstapel bei Cosmic Encounter beispielsweise war riesengroß und stand für alle Spieler zur Verfügung. Es konnte also gut und gerne sein, dass manche Spieler nur starke Kampfkarten bekamen und manche Spieler nie wirklich gute. Bei Kampf um den Eisernen Thron wurde das geschickt gelöst. Jedes Haus hat jetzt seinen eigenen Stapel mit identischen Werten. Es ist also sicher, dass jeder die selben Werte ziehen kann - nur der Zeitpunkt ist ungewiss. Kampf um den Eisernen Thron fühlt sich generell einsteigerfreundlicher an als Cosmic Encounter. Es ist weniger chaotisch, zielgerichteter und das direktere Spiel. Das System mit den Geiseln bietet eine neue Möglichkeit zu verhandeln oder zu drohen, da im Zweifelsfall Hauptcharaktere zu Tode gefoltert werden können. Dieses neue Druckmittel gefällt mir äußerst gut. Für mich persönlich stehen sich beide Titel nicht im Weg. Klar ist, dass man nicht zwangsläufig beide Titel in seiner Sammlung haben muss, da sie sich doch im Grunde ähneln. Jetzt kommt es also nur auf thematische Vorlieben an und ob man mehr Chaos oder mehr Kontrolle in seinen Partien haben will.

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Game of Thrones: Kampf um den Eisernen Thron von Bill Eberle, Justin Kemppainen, Peter Olotka und Greg Olotka
Erschienen bei Fantasy Flight Games
Für 3 bis 5 Spieler in ca. 60 Minuten

sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Fantasy Flight Games)