Was ist klein, bärtig und stinkt nach Bier? Die Wikinger! Mit diesem Kalauer eröffne ich meine Rezension zu Vikings Gone Wild. Einem Deckbauer mit Kampfelementen. Wie funktioniert das genau? Alles nacheinander.
In Vikings Gone Wild haben wir es zunächst mit einem klassischen Deckbauspiel zu tun, bei welchem wir alle mit der exakt gleichen Starthand starten und versuchen müssen, selbige anhand geschickter Kaufentscheidungen zu verbessern und schlussendlich damit möglichst viele Siegpunkte zu machen.
Was zu Beginn bereits auffällt, ist, dass Vikings Gone Wild ein Deckbauer mit zwei Ressourcen ist. Wikinger mögen nämlich nicht nur Gold, nein sie mögen auch Bier. Einen spielmechanischen Grund für diese Einführung einer zweiten Ressource, die bei Deckbauern eher untypisch ist, konnte ich nicht erkennen. Bleibt also nur die thematische Erklärung. Später mehr dazu. Mit Hilfe dieser zwei Ressourcen versuche ich nun aus der gemeinsamen Auslage Karten zu kaufen: Angriffskarten, Verteidigungskarten und Gebäudekarten. Während letztere nicht in mein Deck wandern, sondern vor mir ausliegen und mir permanente Boni bringen (wie z. B. eine zusätzliche Rohstoffproduktion), kommen beide erstgenannten beim Hauptaspekt des Spiels zum Tragen.
Denn Vikings Gone Wild täte seinem Titel Unrecht, wenn es nicht zur Sache gehen würde. Haben meine Wikinger nämlich erstmal genug Bier getankt, geht es auf zum Nachbardorf und randaliere ein wenig. Spielmechanisch bedeutet das, dass ich meine Angriffskarten im Deck ausschließlich dazu verwende die Gebäudekarten meiner Mitspieler anzugreifen. Was bringt das? Siegpunkte. Grundsätzlich gilt: Je mehr Unruhe ich stifte, umso mehr fällt für mich dabei ab. Mein Gegenüber versucht natürlich dabei Verteidigungskarten abzuwerfen und den Angriff zu vereiteln (und sofern er es schafft, ebenfalls Siegpunkte zu sammeln). Verwüste ich das Gebäude erfolgreich, hat das aber fast nie eine negative Auswirkung für meinen Gegenüber. Es wird quasi nicht zerstört, sondern nur aufgemischt. Lassen sie ihn nur. Der will doch nur spielen!
Alternative Einsatzorte für meine betrunkene Wikingermeute ist Draco, der gefährlicher heißt, als er ist. Grundsätzlich bekommt er nämlich so gut wie immer einen auf die Nuss, wenn die Wikinger nicht mehr wissen wohin sie sollen. So als kleinen Absacker nach einer durchzechten Nacht quasi mal eben dem Draco eins übergeben. Als Belohnung lässt er uns ein Gold oder ein Bier da.
Weitere Möglichkeiten mein Deck zu optimieren habe ich auf Dings Pfad, bei dem auch hin und wieder ein Untoter auftaucht, dem ich eins auf die Mütze geben kann. Alternativ kann ich auch meine Missionen für Siegpunkte erledigen oder auf die offen ausliegenden Endbedingungen hinspielen, die für verschiedenste Mehrheitsverhältnisse Punkte bieten. Wer davon am meisten hat, gewinnt.
Vikings Gone Wild sieht schick aus. Die kleinen betrunkenen Wikinger sind knuffig gezeichnet, der gesamte Grafikstil bunt und auffordernd. Eine Partie ist zudem schnell gespielt und es kommt keine große Downtime auf.
Mich persönlich hat Vikings Gone Wild aber nicht vom Hocker gerissen. Okay, der Angriffsmechanismus in einem Deckbauer finde ich interessant, aber schlussendlich empfand ich ihn nicht als elegant umgesetzt. Es läuft schlussendlich nämlich einzig und allein darauf hinaus, dass es zu den ohnehin schon vorhandenen Ressourcen Gold und Bier noch eine dritte Ressource gibt - nämlich Kampfstärke. Mehr als ein bloßes Kaufen von Siegpunkten ist der Kampf nämlich nicht. Es ist spielmechanisch völlig egal, ob ich drei Bier und ein Gold für etwas ausgebe, oder ob ich x Schwerter ausgebe, um ein Gebäude „anzugreifen“ ergo Siegpunkte zu kaufen.
Insgesamt empfinde ich die Ressourcenvielfalt in Vikings Gone Wild eher als negativ, als positiv. Mehr von etwas in ein Spiel zu packen, muss für mich einen Grund haben. Ich packe mehr in ein Spiel, um einen gewissen Effekt zu erzielen, der für mehr Spielspaß sorgt. In Vikings Gone Wild ergibt das Mehr an Ressourcen aber nicht mehr Spielspaß. Im Gegenteil. Der einzige Effekt davon ist, dass ich mich noch auf weitere Ressourcen konzentrieren muss, diese produzieren und einberechnen muss. Bringt mir das mehr Spielspaß? Eher weniger. Eher mehr Kalkulation.
So bleibt für mich bei Vikings Gone Wild eher ein simpler Deckbauer mit niedlicher Grafik. Leicht runtergespielt ja. Innovativ dann doch eher nicht. Muss es für viele ja auch nicht sein. Kommt ein Spiel jedoch heute auf den Markt und bringt keine Innovation, dann muss es für mich das altbekannte besonders gut verzahnen und elegant machen. Aber auch das passt hier nicht. Vikings Gone Wild würde ich daher mitspielen, es aber nicht selbst vorschlagen.
Erschienen bei Corax Games
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 60 Minuten