04.07.2018

Pendragon


Ganz zu Beginn des Blogs habe ich mir mal Andean Abyss angeschaut - das erste Spiel der sogenannten COIN Serie. Bereits bei diesem ersten Titel war ich fasziniert und bin seitdem Fan - habe also alle Titel daheim (teilweise leider noch ungespielt). Mit Pendragon zeige ich Euch den mittlerweile achten (!) Teil der Serie und gehe ein wenig darauf ein, was dieser Teil anders macht und wie sich die Serie entwickelt hat.

In Pendragon spielen wir die Zeitepoche nach, in welcher das Römische Reich in Großbritannien zu Ende geht. Dabei spielen vier Fraktionen eine Rolle, die wir auch alle besetzen sollten. Denn - wie in jedem COIN - gibt es zwar einen sehr ausführlichen automatisierten Spieler für jede Fraktion, die nicht durch einen Spieler gesteuert wird, doch kein Flipchart kann einen menschlichen Spieler ersetzen. Die Fraktionen sind: Die Dux (das römische Militär), die Civitates (die britischen Aristokraten, die sich mit den Römern arrangiert haben), die Saxons (die Sachsen) und die Scotti (Barbaren aus Irland). Wie in jedem COIN Spiel gilt auch in Pendragon, dass gewisse Bündnisse bestehen, da sich Siebbedingungen ähneln, aber grundsätzlich jeder für sich alleine spielt und auch nur alleine gewinnen kann.


Das Grundprinzip aller COIN Spiele ist auch in Pendragon gleich. Es gibt einen Eventkartenstapel, der die Spieler wunderbar in das historische Flavor versetzt. In Pendragon wurde zudem beim mitgelieferten Playbook nochmal eine Schippe drauf gelegt. Zu jeder Karte gibt es eine ausführliche Erläuterung, was in dem beschriebenen Event historisch passiert ist, warum es passiert ist und was das für Auswirkungen hatte. Pendragon eignet sich also auch wunderbar, wenn ich mich historisch zu dieser sehr interessanten Epoche weiterbilden möchte.

Kommen wir aber doch zurück zum Eventkartenstapel. Hier liegt stets eine Karte offen aus, die nicht nur das aktuelle Event zeigt, sondern auch die Spielerreihenfolge festlegt. Zudem liegt die nächste Karte auch schon offen aus, sodass eine gewisse Vorausplanung erforderlich wird. Ich möchte an dieser Stelle garnicht zu tief in die grundsätzliche Mechanik eintauchen (wer dies tun möchte, den verweise ich an dieser Stelle einfach mal elegant auf meine Rezension von Andean Abyss), es sei nur so viel gesagt, dass ich als aktiver Spieler nun entscheiden muss, ob ich das Ereignis ausführen will, eine mächtige fraktionsspezifische Aktion ausführen will, eine schwache fraktionsspezifische Aktion ausführen will, oder passe. Meine Entscheidung ist daher auch interessant, da diese direkte Auswirkungen auf die Aktionsmöglichkeiten des nächsten Spielers hat. Es gilt: Je stärker meine Aktion, umso mächtiger die Optionen des nächsten. Passen ist auch eine valide Option, da jede Fraktion grundsätzlich nach einer Aktion für die nächste Runde inaktiv ist. Da ich die aufkommende Karte ja bereits kenne, gehen hier die Gedankenspiele bereits los. Ihr versteht wohin das führt. Soweit aber klassisch COIN.


Pendragon unterscheidet sich aber in diversen Punkten von den Vorgängertiteln der Serie und hierauf möchte ich nun etwas mehr eingehen. Da wären zunächst einmal die fraktionsspezifischen Ereignisse. Jede Fraktion hat nämlich exakt eins davon, was sie auch zu jeder Zeit spielen können, solange sie aktiv sind und was den Spielverlauf gehörig auf den Kopf stellen kann. Dieses Event kann auch nur einmal gespielt werden. Der richtige Zeitpunkt will also gut geplant sein und kann - unter Umständen - auch spielentscheidend sein. Diese kleine Besonderheit bei Pendragon empfinde ich als echte Bereicherung des Systems, da es immer wieder bei anderen Titeln Phasen gab, in welchen eine Fraktion für eine lange Zeit unter dem Radar fliegen und Kräfte sammeln musste. Das Event kann nun einen kleinen Schub bedeuten, der - gerade vor den entscheidenden Wertungsrunden - Gold wert sein kann.

Interessant ist auch das Kampfsystem in Pendragon. Hier gilt es zunächst einmal zu beachten, dass es verschiedenste Einheiten und Befestigungen gibt, die alle unterschiedliche Stärke im Kampf haben. Dass es überhaupt einen Kampf gibt ist zwar in der Serie nicht neu, aber war anfangs in den ersten Titeln (z. B. Cuba Libre) auch keine Selbstverständlichkeit. Das passt aber prima zum Thema. Beim Kampf gilt grundsätzlich, dass das römische Militär natürlich die stärksten Einheiten hat, was immer wieder versuchen muss die Plünderer der Scotti und Saxons zu vertreiben, die brandschatzend über unsere Siedlungen herfallen. Was auch neu in Pendragon ist, ist, dass es terrainspezifische Unterschiede beim Kampf gibt. Das passt thematisch klasse, gibt dem Spiel aber auch eine weitere strategische Komponente. In den Bergen kämpft es sich halt blöd als Kavallerie beispielsweise. Grundsätzlich ist der Kampf nicht ganz so simpel wie in anderen Titeln der Serie, aber hat man ihn erst einmal grundsätzlich verstanden, so bietet er eine völlig neue Ebene. Es ist schon fast eine Art Wargame im COIN Spiel selbst. Ich persönlich fand das toll, ich verstehe aber auch, wenn sich ein Spieler in einem COIN lieber eine einfache Abhandlung wie in den ersten Titeln wünscht.


Interessant in Pendragon ist auch der politische Status und die damit einhergehenden Phasen des Spiels. Grundsätzlich werden die Siegbedingungen auch hier nur in den regelmäßigen Wertungsrunden geprüft, welche in festen Abständen daherkommen. Das Spiel startet zunächst mit Römischem Recht. Das bedeutet, dass die Römer den Hut (oder den Helm) aufhaben. Das hat zur Folge, dass sie über das Einkommen der Civitates frei verfügen können. Im Laufe einer Partie kann sich das aber je nach Spielverlauf hin von einer militärischen Herrschaft der Römer zu einer zivilen Herrschaft der Civitates entwickeln (was diese natürlich begrüßen und fortan den Römern zwar Geld geben können, aber nicht müssen). Wenn es ganz schlimm läuft, findet sogar eine Spaltung von Britannien statt, sodass jede Fraktion fortan für sich kämpft und auch auf eigenes Einkommen angewiesen ist.

Die Siegbedingungen der einzelnen Fraktionen sind, wie immer in COIN Spielen, vielschichtig. Grundsätzlich geht es den Dux darum die Herrschaft zu behalten und Ansehen zu erhalten. Das bekommen sie beispielsweise, wenn sie viele Einheiten im Kampf erledigen und es Britannien gut geht. Die Civitates versuchen sich aus dem Würgegriff der Römer zu befreien und die Barbarenfraktionen versuchen mit kurzen schnellen Angriffen die Städte zu überfallen, den Wohlstand abzugreifen und wieder abzuhauen. Pendragon hat an dieser Stelle eher selten ein Zusammenspiel verschiedener Fraktionen. Die Rollen sind hier doch eher klar verteilt.


Wie bereits eingangs erwähnt kann ich an dieser Stelle Pendragon nicht in seiner ganzen Pracht vorstellen. Man sollte es jedoch spielen! Pendragon ist kein Einsteiger-COIN. Habt Ihr noch kein Spiel der Serie auf dem Tisch gehabt, dann empfehle ich klassischerweise Cuba Libre, welches simpel aber dennoch lohnend ist und auch gut in 2-3h gespielt werden kann. Pendragon würde ich vielleicht sogar am obersten Rand der Komplexitätsskala der Serie anordnen. Auch von der Spielzeit kommt hier einiges zusammen (5-6h sollten eingeplant werden). Pendragon ist für Kenner der Serie, die noch ein ausgeklügeltes Militärsystem dazu haben wollen und natürlich Liebhaber der Epoche. Es macht erfrischend viel anders und beweist, dass die Serie noch lange nicht am Ende ist und durchaus neue Sachen zu bieten hat. Gerade die fraktionsspezifischen Events finde ich eine tolle Neuerung. Der Kampfmechanismus ist groß und komplex, bietet dem Spiel aber nochmal eine neue Dimension. Der Fokus liegt in Pendragon sicherlich mehr auf dem Kampf und der Wirtschaft (wie bekomme ich Ansehen - wie klaue ich Ansehen), als auf den diplomatischen Verhandlungen am Tisch.

Insgesamt ist Pendragon ein gelungenes Paket. Materialtechnisch hat GMT natürlich mal wieder eine 1A Qualität geliefert. Das fängt beim Material an und geht bis hin zu den Spielerhilfen und dem tollen Playbook. Klasse!


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Pendragon von Marc Gouyon-Rety
Erschienen bei GMT
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 360 Minuten
Boardgamegeek Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier GMT)