29.08.2018

The Pirate Republic

Ich mag Piratenspiele. Mein bisheriger Favorit? Ganz klar, Merchants & Marauders. Was mich aber immer so ein bisschen daran gestört hat, ist die Tatsache, dass man dieses Spiel nicht kooperativ spielen konnte. Gut, dass dann auf Kickstarter im zweiten Anlauf The Pirate Republic finanziert wurde und mittlerweile bei den Spielern zuhause liegt - so wie auch bei mir. Das ist nämlich kooperativ. Unter anderem.

Würde ich The Pirate Republic mit wenigen Worten zusammenfassen wollen, bzw. es viel eher mit bekannten Spieletiteln vergleichen wollen, so würde ich sagen, dass es ein kooperatives Merchants & Marauders mit Anleihen aus Mage Knight, Dead of Winter und Sid Meier´s Pirates ist. Klingt nach einer geilen Mischung, oder? Für mich zumindest. Gehen wir aber doch mal etwas mehr in die Tiefe.


In The Pirate Republic müssen wir uns zunächst entscheiden, ob wir kompetetiv (wer bekommt den meisten Ruhm?), kooperativ (erfüllen wir das Missionsziel?) oder semi-kooperativ (erfüllen wir das Missionsziel, ohne, dass der Saboteur und dazwischenfunkt?) spielen möchten. Da The Pirate Republic hammer schwer sein kann, empfehle ich zunächst als Einstieg die voll kooperative Variante.

Aber erstmal zur Spielmechanik. Diese ist recht simpel erklärt und hat deutliche Anleihen aus Mage Knight. Jeder Pirat hat sein eigenes 12-Kartendeck, welches er im Laufe einer Partie mit verbesserten Karten aufpeppen und erweitern kann. Anhand dieser Karten und der zu Beginn zufällig erwürfelten Bewegungspunkte bewege ich mich auf der - zugegebenermaßen wunderschönen - Karte der Karibik hin und her und versuche Händler, Piraten, Kriegsschiffe oder Städte zu überfallen. Warum? Weil das Piraten eben so machen. Außerdem bringt das Swagger (Erfahrungspunkte), was uns aufleveln lässt und unser Deck verbessert.


Der Kampf wird zwar im Regelheft zunächst anhand einiger Beispiele recht kompliziert geschildert, habe ich aber erstmal einen hinter mir und weiß die sehr übersichtliche Grafik auf der Rückseite des Regelheftes zu nutzen, ist auch dieser super schnell verstanden. Prinzipiell geht es zunächst erstmal stets darum, ob ich meinen Gegner überrasche und ihn zuerst angreifen kann, oder ob er mich kommen sieht und ich zuerst verteidigen darf. Das wird mit dem sogenannten Initiativen-Würfel entschieden, welcher zu Beginn einer Partie exakt eine Wahrscheinlichkeit von 50/50 aufweist. Erreiche ich höhere Level, verbessere ich diese Wahrscheinlichkeit sukzessive.

Gekämpft (egal ob Angriff oder Verteidigung) wird anhand der bereits beschriebenen Handkarten. Dabei gibt es im Kampf grundsätzlich drei unterschiedliche Kampfwerte (Nah- und Fernkampf, sowie Angst einjagen), welche ich anhand meiner Handkarten generieren muss. Habe ich die Initiative kann ich im besten Fall den Gegner versenken ohne verteidigen zu müssen und nur wenige Karten spielen. Muss ich erst verteidigen, kann es durchaus vorkommen, dass ich im Anschluss nicht genug Karten mehr habe, um ihn zu versenken und fliehen muss.


Auch in The Pirate Republic gibt es bei fast jeder Handkarte eine aufgepimpte Aktion, die ich anhand sogenannter Reputation-Tokens aktivieren kann. Da diese - gerade zu Beginn einer Partie - Mangelware sind, muss ich gut überlegen, ob ich diese einsetzen möchte. Das Kampfsystem gleicht dem von Mage Knight fast gänzlich. Ich finde das gut. Ich mag Mage Knight. Das bedeutet aber auch, dass Spieler, die eben kein Mage Knight mögen, mit ziemlicher Sicherheit auch The Pirate Republic nicht mögen werden. Das erleichtert vielleicht schon einigen die Kaufentscheidung. Das Kampfsystem ist dadurch aber natürlich auch in gewisser Weise vorbestimmt. Ich kann im Vorfeld sehr gut planen, ob ich ein Schiff erledigen kann, oder nicht. Diese Planbarkeit gibt The Pirate Republic einen sehr hohen taktischen Anteil.

Oft laufen Entscheidungen in The Pirate Republic aber - und gerade am Anfang - darauf hinaus, ob ich die Initiative im Kampf bekomme oder nicht. Mit anfangs vier Handkarten sind meine Optionen doch relativ begrenzt, sodass - gerade bei stärkeren Schiffen - meine Gedanken fast ausschließlich so aussehen: "Okay, ich kann dieses Schiff besiegen, wenn ich die Initiative bekomme und zuerst angreifen darf. Muss ich erst verteidigen, dann habe ich nicht mehr ausreichend Karten, um ihn danach zu versenken und muss fliehen.“ Besagter Initiativenwürfel zeigt, wie bereits erläutert, zu Beginn einer Partie eine 50/50 Chance, sodass wohl oft die Frage gestellt werden muss: Sind wir Piraten oder sind wir Bürokraten? Sprich, ich muss ein Risiko eingehen. Das passt einerseits perfekt thematisch für mich in ein Piratenspiel, kann aber auch zu gehörigem Frust führen.


Okay, einen Weg aus dieser evtl. auftretenden Misere gibt es doch. Sollte ich den Initiativenwurf mal nicht packen, kann ich danach immer noch versuchen zu fliehen (wieder Initiativenwürfel werfen) und bei erfolgreicher Flucht einfach nochmal ins Feld mit dem Gegner reinfahren. Das Spiel beginnt erneut. Das mildert zwar etwas den angesprochenen Glücksfaktor, führt aber zu thematisch abstrus anmutenden Situationen. Hey, voller Angriff! Oh, nein, sie haben uns entdeckt, wir fliehen. Puh, geschafft. Los, nochmal. Haha! Jetzt haben sie uns nicht erwartet! Bum. Kaputt!

Versteht mich nicht falsch. The Pirate Republic hat hier wirklich einen erheblichen Glücksanteil. Wer den nicht vertragen kann, der ist hier falsch. Wer jetzt noch dabei ist, der wird The Pirate Republic lieben!

In The Pirate Republic zählen die Details. Man merkt einfach an jeder Stelle, dass das Spiel ein Liebhaberprodukt ist. Das fängt bei der wunderschön gestalteten Karte an, und geht über die unfassbar vielen Karten mit unterschiedlichsten Storyevents und immensem Wiederspielreiz bis hin zu den tollen Geschichten, die das Spiel erzählt. Da wären nämlich u. a. noch die Chaoskarten. Hiervon erhält jeder Spieler ab und zu eine. Diese richtet sich aber nicht an ihn, sondern an den Sitznachbarn und enthält eine Bedingung. Z. B. „falls der aktive Spieler ein Piratenschiff angreift, dann lies folgendes vor“. Dead of Winter lässt grüßen.


Eine tolle und auch notwendige Sache in The Pirate Republic ist das kooperative Angreifen von Schiffen oder Städten. In jedem Spielmodus haben wir nämlich auch die Möglichkeit uns temporär zu verbünden und gegnerische Schiffe gemeinsam auszuschalten. Das bringt und zwar nur geteilte Beute, aber dafür dürfen wir unsere Handkarten kombinieren und schalten stärkere Gegner deutlich einfacher aus. Nicht unerheblich ist zudem, dass man mit mehreren Schiffen auch deutlich wahrscheinlicher die Initiative im Kampf erlangt.

The Pirate Republic bietet noch viel mehr. Schatzflotten, die angegriffen werden wollen, Missionen, die man in Stützpunkten aufschnappen und erledigen kann, Piratenjäger und, und, und. The Pirate Republic ist für mich eine tolle Alternative auf dem Piratenspielmarkt. Allerdings muss man gerne Risiken eingehen können.

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The Pirate Republic von Tom Butler
Erschienen bei Green Feet Games
Für 1 bis 5 Spieler in ca. 130 Minuten
Boardgamegeek Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Green Feet Games)