02.11.2018

Alien vs. Predator: The Hunt Begins


Ich möchte gerne vorweg schicken, dass ich großer Fan der Alien Lizenz bin. Dass mit Alien vs. Predator: The Hunt Begins ein Miniaturen-Brettspiel auf den Markt kommt, welches die offizielle Filmlizenz sein Eigen nennen darf, hat mich total gefreut und neugierig gemacht.

Ich muss jedoch noch ein bisschen ausholen. Bei Alien vs. Predator: The Hunt Begins handelt es sich um die mittlerweile Second Edition. Die erste Edition wurde vor ein paar Jahren über Kickstarter mehr als erfolgreich finanziert und - meines Wissens nach - warten noch zahlreiche Unterstützer auf die komplette Auslieferung dieses Kickstarters. 

Die Second Edition, welche mittlerweile auf den Markt geworfen wurde, hat verschiedene Stellschrauben verändert. Größter Unterschied ist wohl, dass die beiliegenden Miniaturen nicht mehr zusammengebaut werden müssen, sondern in sogenannter Unicast Version beiliegen. Aber auch das Regelbuch wurde an manchen Stellen signifikant geändert und die Box hat eine komplett neue Form erhalten. Was jeder einzelne jetzt über das Vermarkten einer Second Edition hält, bevor die erste Edition überhaupt komplett ausgeliefert wird (und vielleicht nie wird), müsst Ihr selbst entscheiden. Ich befasse mich in dieser Rezension nur mit dem Spielreiz der Second Edition.


Wow, ungewohnt großes Vorwort, aber ich finde das musste an irgendeiner Stelle rein. Aber um was geht es eigentlich bei Alien vs. Predator: The Hunt Begins  In 10 mitgelieferten Szenarien übernehmen drei Spieler die Rollen der Predatoren, der Marines und der Aliens. Gespielt wird auf einem modularen Spielplan, der, je nach Szenario, unterschiedlich groß ist und unterschiedlich zusammengebaut wird. Jede Fraktion hat unterschiedliche Ziele, die mehr oder weniger abwechslungsreich von Mission zu Mission sind. Höchst thematisch geht es für den Alienspieler aber eigentlich immer darum gegnerische Truppen zu töten, bestimmte Räume zu infizieren und dergleichen. Die Predatoren müssen meistens Trophäen in Form von getöteten Kriegern sammeln und die Marines versuchen irgendwie zu überleben und bestimmte Checkpunkte in die Luft zu sprengen bzw. die Raumstation Theseus zu retten. Gespielt wird ohne Teams 1 vs. 1 vs. 1.

Eines der Grundprinzipien, welches zudem höchst thematisch umgesetzt wurde, ist das der Dunkelheit. Einheiten der Fraktionen starten zunächst als sogenannte Ping-Tokens und werden als solche so lange bewegt, bis sie in Sichtlinie zu gegnerischen Truppen geraten. Erst dann offenbart sich, welche Einheiten die ganze Zeit herumgeschlichen sind und mit was wir es hier überhaupt zu tun haben. Das simuliert ziemlich gut die Atmosphäre der Alien-Filme. Man kann sich nie sicher sein, welches Übel hinter der nächsten Ecke tatsächlich lauert. Die Predatoren haben zudem eine Art „Niete“, die sie ebenfalls voran bewegen. Das soll deren besonders tolle Jagdkünste symbolisieren und kommt im Spiel auch echt super rüber. Hut ab für thematische Umsetzung!


Das grundsätzliche Spielprinzip ist denkbar einfach in Alien vs. Predator: The Hunt Begins  Abwechselnd aktivieren die Spieler jeweils eine ihrer Truppen und verwenden für jede davon zwei Aktionspunkte. Diese können in allgemeine Aktion wie etwa Bewegung, Nah- und Fernkampf oder aber auch Interagieren investiert werden. Sie können aber auch für eine der zahlreichen fraktionsspezifischen Sonderaktionen genutzt werden. Hier bekommt Alien vs. Predator: The Hunt Begins noch eine extra Brise Thema. Die Marines können sich strategisch vorwärts bewegen. Die Predatoren können sich heilen. Die Aliens können sich verstecken. Und auch wenn man die zahlreichen Aktionsmöglichkeiten erstmal im Kopf haben muss, sorgen gerade die für eine Menge Thema. Ich fühle mich zeitweise wirklich wie in den Filmen.

Der Kampf in Alien vs. Predator: The Hunt Begins erinnert stark an an ein Miniaturenspiel. Jede Einheit kommt mit einer Vielzahl an Zahlenwerten für diverse Eigenschaften und einer ebenso großen Anzahl an Spezialfähigkeiten, die anhand zahlreicher D20 Würfel getestet und verglichen werden wollen. Hat man das hinter sich, wird geschaut, ob eine Einheit Schaden nimmt, oder nicht.

Klingt alles gut. Empfehle ich Alien vs. Predator: The Hunt Begins und hatte ich Spaß? Leider überhaupt nicht. Würde ich Alien vs. Predator: The Hunt Begins empfehlen? Leider, nein. Und das tut mir wirklich unendlich leid. Ich wollte das Spiel so sehr mögen. Aber nicht nur mir ging es so. Auch in meinen Spielerinnen waren die Augen stets vor dem Spiel groß mit voller Vorfreude. Im Nachgang war dann die Enttäuschung richtig zu greifen und die Meinung einheitlich: Alien vs. Predator: The Hunt Begins ist eine vergebene Chance. Woran liegt das?


Angefangen werden muss an dieser Stelle mit dem Regelbuch. Normalerweise gehe ich darauf eher weniger ein und habe eine recht hohe Toleranzgrenze. In Alien vs. Predator: The Hunt Begins kam ich jedoch an meine Grenzen. Wie Ihr sicherlich am Anfang meiner Rezension gelesen habt, handelt es sich hier bereits um eine Second Edition mit überarbeitetem Regelheft. Man kann also davon ausgehen, dass die Fehler und Unklarheiten der ersten Edition ausgemerzt sind. Das ist leider nicht so. Als merkwürdig empfinde ich an erster Stelle auch die Größe der Anleitung. Die ist nämlich nicht in gewohntem A4 Format fürs angenehmere Lesen, sondern im A5. Allein das empfand ich als nervig.

Dann ist es leider so, dass das eigentlich so simple Format des Spiels (ich habe Aktionspunkte und aktiviere diese) auf gut 30 Seiten so umständlich erläutert wird, dass ich alleine fürs Lesen der Anleitung gut 3h gebraucht habe. Die Struktur passt irgendwie nicht und der logische Aufbau. Erst werden verschiedene Begriffe erklärt, die man aber vielleicht besser in eine Art Index am Ende der Anleitung gepackt hätte, da sie zu Beginn der Regel mich eher mit Informationen überfluten, mit denen ich noch gar nichts anfangen kann. Das ist wirklich anstrengend.


Außerdem fehlt in der Anleitung bzw. in der Packung von Alien vs. Predator: The Hunt Begins etwas ganz entscheidendes und essentielles: Drei Spielerübersichten. Warum? Alien vs. Predator: The Hunt Begins ist gespickt mit Sonderfähigkeiten der einzelnen Fraktionen. Warum liegen keine Übersichten bei? Okay, ich habe ganz tolle bei Boardgamegeek gefunden, aber eigentlich gehört das ins Spiel von Hause aus!

Ein weiterer interessanter und nerviger Aspekt ist die Packung. Toll, denke ich erst, wenn ich diese öffne. In der Packung befindet sich ein Schaumstoffinlay, in welchem jede einzelne Miniatur ihr eigenes Fach hat. Super mitgedacht. Problem ist nur, dass die Bodenteile - sollten sie erstmal ausgestanzt sein - nicht mehr in die Packung passen, sodass das Inlay bei mir leider nach dem ersten Spielen auf dem Müll landete. Gut gemeint, schlecht gemacht. 

Kommen wir aber mal zum Hauptpunkt: Der Spielspaß. Der ist leider nicht vorhanden, bzw. zieht seinen Reiz nur aus der Lizenz selbst und den wirklich genialen Miniaturen (die sind wirklich genial!). Wirklich gut gefallen hat mir der Aspekt der Dunkelheit, sodass Miniaturen erstmal mit Ping-Tokens bewegt werden und man nicht genau weiß, wo wer welche Einheiten hat. Das erlaubt grundsätzlich ein strategisches Vorgehen. Strategisch spielt sich Alien vs. Predator: The Hunt Begins ber leider garnicht. Zu Beginn einer Mission macht sich jeder so seine Pläne und bewegt seine Truppen langsam und gewitzt durch die Korridore des Schiffs, bis es zu einer Begegnung mit einer feindlichen Truppe kommt. Dann werden alle Tokens aufgedeckt und bis auf die Alienfraktion haben die anderen auch keine Möglichkeit sich wieder zu verstecken. In manchen Mission führt das dann dazu, dass alle Tokens einer Fraktion in einer Runde vollends aufgedeckt werden und dieser eigentlich tolle Mechanismus nicht mehr zum Tragen kommt. Schade. Denn gerade die Marines müssen sich strategisch gesehen zusammen als Gruppe bewegen, da sie nur dann ihre volle Stärke ausspielen können.


Kommt es dann erstmal zum Konflikt artet Alien vs. Predator: The Hunt Begins in eine sehr komplizierte und glücksbasierte Würfelschlacht aus. Diese wurde leider nicht mit Spzielwürfeln gelöst, sondern mit simplen D20. Man merkt, dass es ein Partnerprodukt des Verlages für eine reines Miniaturenspiel gibt. Wie schön wären Spezialwürfel gewesen, die die unterschiedlichen Stärken der Rassen wiederspiegeln, aber stattdessen muss man in einem simplen Angriff zahlreiche Werte vergleichen und Proben auswürfeln. Will ich beispielsweise einen Fernkampf machen, dann muss ich zunächst auf meinen RS (Fernkampfwert) würfeln, schaffe ich das, dann vergleiche ich meinen ST (Stärkewert) auf einer Tabelle und erkenne einen Modifikator, den der Verteidiger jetzt auf seinen AV (Armorvalue) anwenden muss und erwürfelt, ob er verteidigt. Dann kann es noch sein, dass man einen erhöhten ROA (Rate of Attack) Wert hat, der mich mehr Angriffe durchführen lässt oder ich habe eine Spezialfähigkeit (sehr wahrscheinlich sogar), die mich bei erfolgreicher Probe ausweichen lässt oder beim Tod bei erfolgreicher Probe Gift spritzen lässt. Ein simpler Angriff ist kompliziert und dauert unnötig lange!

Komplizierter wird es dann noch mit den rassenspezifischen Aktionskarten, die ich jede Runde einsetzen kann. Dann bekommt man beispielsweise plötzlich noch einen Modifikation auf einen Angriffswurf oder dergleichen. Man muss bei Alien vs. Predator: The Hunt Begins einfach gefühlte tausend Sonderregeln im Kopf haben. Aber nicht nur die eigenen, sondern im besten Falle auch die, der Gegner, da ich nur dann erfolgreich spielen kann. Erfolgreich spielen. Das ist ein guter Punkt. Das Hauptproblem in Alien vs. Predator: The Hunt Begins liegt genau da. In keiner meiner Partien hatte ich das Gefühl, dass Sieg oder Niederlage von guten oder schlechten Entscheidungen der Spieler abhingen, sondern vielmehr vom Würfelglück bzw. Würfelpech. Würfle ich gut, dann kann ich schier aussichtslose Situationen überleben. Würfle ich extrem schlecht, dann kann ein noch so gut geplanter Schachzug vollkommen ins Leere laufen. Nicht selten hat sich bei einer Partie Alien vs. Predator: The Hunt Begins extremer zeitweiser Frust bei manchen Spielern breit gemacht. Und das ist nie gut bei einem Spiel.

Zusammenfassend? Alien vs. Predator: The Hunt Begins hat eine tolle Lizenz und tolle Miniaturen. Es sind viele tolle Konzepte im Spiel, die aber leider nicht zu Ende gedacht sind bzw. noch etwas mehr Ausarbeitung benötigt hätten. Gerade die Vereinfachung des Kampfsystems stünde da an erster Stelle. So ist es für mich leider nicht empfehlenswert und eine vergebene Chance. Schade!

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Alien vs. Predator: The Hunt Begins von Jared Ewertowski und Grzegorz Oleksy
Erschienen bei Prodos Games
Für 1 bis 3 Spieler in ca. 120 Minuten
Boardgamegeek Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Prodos Games)