22.11.2019

1941: Race to Moscow


In 1941: Race to Moscow spielen wir (auf Seiten der Deutschen) die Operation Barbarossa nach. Das geht sowohl solo, als auch mit bis zu drei Spielern, wobei sich jene auf die unterschiedlichen Kampfgruppen der deutschen Wehrmacht aufteilen (Nord, Süd und Mitte). Dabei ist Race to Moscow aber keinesfalls ein kooperatives Wargame, wie es sich zwar zunächst so anhören mag, denn einerseits handelt es sich hier vielmehr um ein Logistikspiel, als um ein Wargame (darüber gleich mehr) und andererseits kann es nur einen Gewinner geben - nämlich die Kampfgruppe, die als erstes ihr historisches Ziel (große Städte in Russland) erreicht und eingenommen hat - es entwickelt sich also ein spannendes Wettrennen.


Warum ist denn nun aber Race to Moscow kein Wargame, obwohl uns optisch, als auch thematisch alles daran erinnern mag? Ninja ganz einfach. Wie bereits in seinem mechanischen Vorgänger (1944: Race to the Rhine) spielt in Race to Moscow vielmehr die Logistik und der Transport von Nahrung, Benzin und Waffen an die jeweilige Front eine Schlüsselrolle. Während nämlich der Kampf gegen Partisanen und russisches Militär vielmehr eine bloße Abhandlung von gezogenen Karten ist, stellt uns die Frage der Logistik vor ein permanent spannendes Puzzle, das es Runde für Runde zu lösen gilt.

Kurzum: Armeen rücken gegen Osten zwar vor, verlieren aber bei Kampfaktionen fast immer Ressourcen. Ein Krieg ist eben teuer und mächtige Panzer fressen viel Benzin. Damit der Blitzkrieg aber nicht zur Stehparty wird, muss aus dem jeweiligen Hauptstützpunkt Nachschub geliefert werden. Hier stellt sich aber nicht nur die Frage, ob ich auf kostengünstige und schnell einsetzbare LKWs setze oder auf Eisenbahnen, deren Schienen zwar erst gebaut werden müssen, die aber deutlich effektiver zu Werke gehen, sondern es stellt sich vor allem die Frage, wie ich meine Transportlinien vor Vergeltungsangriffen der russischen Bots (und teilweise auch vor gemeinen Mitspielern) schützen kann. 


Ein wildes Vorpreschen Richtung Moskau ist also in zweierlei Hinsicht schwierig. Einerseits gehen mir schnell die Vorräte zu Neige und andererseits muss ich stets meine Transportlinien, welche hinter mir liegen, schützen. Da kommt dann meistens die gute alte langsame Infanterie zum Einsatz, welche zwar wenig Offensivpower besitzt, aber oft geschickt den flinken Panzern den Rücken freihält. So ein Krieg will halt gut geplant sein.

Race to Moscow entwickelt sich schon ab dem ersten Zug zu einem interessanten Gedankenspiel, bei dem zwar weniger die Interaktion die Spieler vor ein echtes Problem stellt, sondern vielmehr die ständige Frage aufgeworfen wird: „Wie zur Hölle bekomme ich nun diese Waffen ganz nach vorne an die Front?“. Der besondere Reiz der Mechanismen, welcher sich bereits bei seinem Vorgänger gezeigt hat, wurde nun durch den Designer in Race to Moscow weiter verfeinert. Das Zusammenspiel von Infanterie und Panzern, die sinnvolle Kombination von Eisenbahnen und LKWs oder aber auch die leicht unterschiedlichen Kampfgruppen sind Dinge, die Race to Moscow zu einem wirklich spannenden Spiel machen, das ich Taktikern und Strategen gleichermaßen ans Herz legen mag. Der Clou in Race to Moscow liegt darin bereits ab dem ersten Zug einen Plan im Hinterkopf zu haben, denn frühe Fehler werden bestraft, wenn am Spielende das berühmte eine Benzin fehlt, um nach Moskau zu tuckern. Ein wirklich schönes Spiel, was mit zunehmender Anzahl der Partien noch stets weiter an Finesse gewinnt.


Bleibt die Frage der Spieleranzahl. Die Antwort hierzu lautet definitiv drei. Zwar werden unterschiedliche Teile der Karte bei Spielen ohne dritten Mitspieler abgesperrt, aber sein volles Potential entfaltet Race to Moscow mit allen drei Kampfgruppen. Dabei hält sich die Downtime mehr als in Grenzen, sodass eine Partie Race to Moscow fast immer in maximal 120 Minuten gespielt ist und oft Lust auf eine Revanche macht.

Noch ein kurzer Satz zum Material, welches wirklich hervorragend ist (und das bereits in meiner Prototypenversion). Kleine schicke Miniaturen, individuell geformte Ressourcen und ein stimmiges Gesamtdesign. Das Auge spielt halt mit.

Problematisch könnte Race to Moscow für Spieler sein, die es ablehnen die Rolle von Nazis übernehmen zu wollen oder einen solchen Angriffskrieg nicht nachspielen möchten. Hierzu ist aber anzumerken, dass das Spiel vollends auf verfassungsfeindliche Symbole verzichtet und an keiner Stelle grausame Szenen darstellt (z. B. auf Ereigniskarten). Spieler, die damit ein Problem haben, haben vermutlich die Rezension ohnehin nicht zu Ende gelesen, aber der guten Ordnung halber sei darauf hingewiesen. Alle anderen mögen zugreifen.

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1941: Race to Moscow von Waldek Gumienny
Erscheint bei Phalanx Games
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 90 Minuten
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Phalanx Games)