24.02.2020

Cities Skylines


Als im Jahre des Herrn 1989 das erste Sim City erschien (vielleicht war es hier in Deutschland auch etwas später, aber wer weiß das schon so genau?), war ich noch in der Grundschule und trotzdem erinnere ich mich noch sehr gut daran, wie mich dieses Spiel in seinen Bann zog. Grafik und Mechaniken wirken aus heutiger Sicht nicht mal mehr steinzeitlich, aber zur damaligen Zeit war das schon sehr fortschrittlich. Und eins kann Sim City heute keiner mehr nehmen: Es begründete ein ganzes Genre, das bis heute noch sehr erfolgreich ist.

Als ich dann ein paar Jahre später erstmals den Nachfolger Sim City 2000 ins CD-Laufwerk einlegte, war ich total baff. Isometrische Perspektive, Terrainunterschiede, diagonale Wege, eine behutsame Steigerung des Mikromanagements und eine Zeitung zur Lage der Nation. Sim City 2000 gehörte damals zusammen mit Civ 2 zu meinen absoluten Lieblingsspielen (die CD habe ich tatsächlich noch bis heute) und ist bis heute tatsächlich der beste Teil der Serie. Denn von da an ging es nur noch bergab mit Sim City. Das Genre der Städteaufbausimulationen lieferte immer schlechtere Ableger und war irgendwann völlig tot.


Und dann las ich vor ein paar Jahren davon, dass eine kleinere Spieleschmiede aus Finnland, die mit Cities: Skylines das Genre wiederbeleben wollten. Meine Erwartung damals: „Das wird doch eher wieder nix“…manchmal ist es doch ganz schön, sich so zu täuschen ;)

Cities: Skylines ist seit nunmehr 5 Jahren auf dem Markt und noch immer (auch dank zahlreicher DLCs) ein absoluter Dauerbrenner und hat das gute alte Sim City 2000 mit Raketenantrieb in die Neuzeit verfrachtet…und dabei vieles nochmal deutlich besser gemacht. Und nun, erschien also ein Brettspiel zum Videospiel und auch hier war ich (natürlich) erstmal seeehr auf Habacht. Kann das funktionieren? Schließlich wuselt man am PC ja hauptsächlich alleine vor sich hin. Das kann man zwar in so manchem Eurogame auch am Spieletisch ganz gut, aber macht das ein gutes Brettspiel aus? Hm…die Lösung des Brettspiels ist hier aber ganz einfach: Wuselt doch einfach gemeinsam einsam vor Euch hin!


Und so handelt es sich hier um ein kooperatives Städtebauspiel, das – so viel sei schon mal verraten – keine „Portierungsleiche“ ist, sondern seinem Ursprung absolut gerecht wird: Zu Beginn wird der modulare Spielplan in die Tischmitte gelegt und jeder Spieler bekommt eine Handvoll Baukarten. Auf diesen sind anfangs Wohn-, Gewerbe- und Industriegebiete sowie Spezialgebäude (Versorgung, Gesundheit, etc.) zu finden. Später kommen hier noch besondere Gebäude, Nachrichten und Stadtvorhaben hinzu, die das Spiel etwas herausfordernder und komplexer machen. Außerdem bekommt jeder Spieler eine Rolle zugewiesen, die eine Sonderregel für den jeweiligen Spieler für diesen Durchgang mit sich bringt. Und los geht’s: Der erste „Bauabschnitt“ wird erschlossen und von dem gemeinsamen Bargeld bezahlt. Anschließend baut jeder Spieler ein Gebiet oder ein Dienstleistungs- oder Versorgungsgebäude, je nachdem welche Karten man so hat in die auf dem Spielplan abgedruckten Stadtteile. Dabei hat jede Karte andere Kosten, die auf der eigens dafür vorliegenden Tafel abgetragen werden. Es gibt Versorgungskosten (Strom, Wasser, Müll), aber auch Arbeitskräfte, Umweltbelastung, Verkehr und Kriminalität. Jede Baukarte kostet ein paar Zähler einer oder mehrerer dieser Leisten, und bringt manchmal auch wieder etwas zurück. Zudem haben die Baugebiete noch Boni, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, wie bspw. „wird das Wohngebiet bei einer Kriminalitätsrate von 0 gebaut, steigt die Zufriedenheit um 3 Punkte“. 


Apropos Zufriedenheit: Das sind hier quasi die Siegpunkte. Kann oder möchte nämlich ein Spieler nicht bauen kann er auch den Meilenstein beenden und eine Wertung herbeiführen. Die negativen Versorgungspunkte werden nun von der Zufriedenheit abgezogen, der aktuelle Zufriedenheitswert wird auf die Wertungstabelle der Gesamtzufriedenheit (= der Hochaus-Pappaufsteller) übertragen, die Arbeiter müssen bezahlt werden und ein neues Spielplanteil wird gekauft. Anschließend darf man noch bestehende Baukarten für je ein Geld gegen eine neue Karte tauschen. Apropos tauschen: Statt eine Karte zu nutzen oder eine Wertung herbeizuführen, darf man auch in der laufenden Runde eine eigene Baukarte für 2 Geld umtauschen.


Aus Balancegründen sind die Baukarten zudem in 3 Stapel eingeteilt. Je höher die „Stufe“ des Kartenstapels, desto mehr Anforderungen/Kosten haben sie auch und desto mehr bringen sie auch wieder ein. Außerdem tauchen einzigartige Gebäude, Stadtrichtlinien und News nur im zweiten und dritten Stapel auf. Einzigartige Gebäude bringen diverse Sonderboni, News bringen dagegen diverse Nachteile, die bis zur Wertung oder dem Ziehen einer anderen News bleiben und Stadtrichtlinien helfen beim Ressourcenmanagement, ohne dass hierfür etwas gebaut werden muss.

Apropos Ressourcenmanagement: Das ist natürlich das Herz von Cities: Skylines und auch dass, woran man am Ende gemessen wird. Beim letzten Meilenstein hagelt es nämlich zusätzlich zu der normalen Wertung noch einmal Minuspunkte für jeden Punkt in den Bereichen Umwelt, Verkehr und Kriminalität. Zu guter Letzt wird das Spielerlebnis noch an der erreichten Gesamtzufriedenheit gemessen und klargestellt, ob man denn nun eine Weltmetropole erschaffen hat oder eher eine Geisterstadt. Und sinkt die Zufriedenheit bereits während des Spielens unter den kritischen Punkt oder geht die Stadt gar Pleite, ist das Spiel auch ganz schnell vorzeitig verloren.


Cities: Skylines spielt sich an vielen Stellen tatsächlich wie sein PC-Pendant und macht vom Flair her seine Sache wirklich gut. Ständig ist man am tüfteln, welche Baukarten dringend gespielt werden sollten, damit andere Karten gespielt werden können, um letztlich den Bonus der eigentlichen wichtigen Karte auch zu bekommen. Optisch kommt das ganze ebenfalls durch und durch im Design der Vorlage und in ordentlicher Qualität daher. Im Kern ist es aber (natürlich) als Familienspiel konzipiert und somit meilenweit von der Komplexität des Vorbilds entfernt. Ist hier ein Gebiet einmal gebaut und die Boni kassiert, so kann es auch direkt wieder vergessen werden. Die bestehenden Gebiete produzieren bspw. keine (Un-)Zufriedenheit oder ähnliches, nachdem sie einmal gebaut wurden. Alles andere würde aber vermutlich in endlosen Mikromanagementodysseen enden…und das kann niemand wollen. Insofern wurde auch hier die richtige Balance für ein Familienspiel gefunden, ohne für die Altherrenrunde uninteressant zu werden. Denn: grade am Anfang ist es gar nicht so leicht, das Spielende mit einer halbwegs guten Punktzahl zu erreichen. Hier macht Übung definitiv den Baumeister!

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Cities Skylines von Rustan Hakansson
Erschienen bei Kosmos
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 70 Minuten

sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Kosmos)