16.03.2021

Baron Voodoo


Brauchen abstrakte Spiele wirklich ein Thema? Es mag vielleicht Spieler geben, die lediglich an den Spielemechaniken interessiert sind und für die das Thema bestenfalls sekundär ist, und das ganz besonders in abstrakten Spielen. Ich gehöre definitiv nicht dazu! Ein Spiel lebt natürlich auch von den Mechaniken, aber ohne passende Thematik, die im besten Fall elegant mit den Mechaniken im Spiel verzahnt ist, kann ich einem Spiel einfach nichts abgewinnen. Doch wie ist es bei Baron Voodoo? Hierbei handelt es sich im Kern nämlich um ein abstraktes Spiel, das jedoch mit einem sehr interessanten Thema daherkommt: Der König der Voodoo-Götter ist gewillt seinen Thron für diejenige Voodoo Gottheit – Loa genannt – zu räumen, die es schafft die meisten Seelen für ihn zu beschaffen. Also worauf warten wir? Die Seelen fangen sich nicht von alleine ein!


Material

Das Material in Baron Voodoo ist sehr hochwertig und die Spielschachtel vorbildlich genau so gestaltet, dass alles ohne Aufwand und Plastiktüten hineinpasst – und so würde ich mir das immer wünschen! Der Hauptspielplan ist double layered und mit Einkerbungen für die insgesamt 48 Holzwürfel in fünf verschiedenen Farben versehen. Zudem liegt für jeden der maximal vier Spieler ein eigenes Playerboard aus dicker Pappe bereit, das unten ebenfalls mit 21 Löchern so gestaltet ist, das jeder Spieler mit seinem kleinen hölzernen Miniwürfel ganz einfach die Siegpunkte tracken kann. Schließlich findet man noch insgesamt 33 Token, die ebenfalls aus dicker, stabiler Pappe bestehen und sich wirklich hochwertig anfühlen. Das Hauptspielbrett ist simplizistisch gestaltet, was jedoch in Anbetracht der darauf zu platzierenden bunten Würfel schon Sinn ergibt. Ansonsten ist das Design recht charmant und thematisch stimmig. Alles in allem also ein klares Plus fürs Material!


Ablauf

In einer Partie Baron Voodoo führen die Mitspieler im Uhrzeigersinn solange ihre Züge aus, bis ein Spieler entweder die von der Spielerzahl abhängige Zielpunktzahl erreicht oder keinen legalen Zug mehr ausführen kann. Doch wie sieht ein Zug überhaupt aus?

Dafür sollte man zunächst wissen, dass auf dem Spielbrett, wie beim Material beschrieben, insgesamt 48 „Seelenwürfel“ platziert werden, die jeweils mit immer denselben sechs verschiedenen Symbolen versehen sind. Zudem ist jeder Spieler einer Würfelfarbe zugeordnet und hat eine Spezialfähigkeit, mit der sich die Würfelpositionen auf dem Spielbrett auf verschiedene Weisen manipulieren lassen. Als Hauptaktion geht es immer darum eine Seele einzufangen, also einen Würfel vom Board zu nehmen. Hierfür wählt man einen seiner eigenen Würfel, springt mit diesem nach bestimmten Regeln über einen anderen Würfel, sammelt den übersprungenen Würfel ein und platziert diesen in die Capture Zone auf seinem Spielertableau. Um einen Würfel erfolgreich überspringen zu können, muss dieser benachbart zu einem eigenen Würfel sein und der „springende“ Würfel muss nach dem Überspringen eine legale Landefläche haben, d.h. er darf nicht aus dem Rand herausspringen und das Feld, auf dem er landet, darf maximal aus einem Turm mit zwei Würfeln bestehen, da Würfeltürme maximal drei Würfel hoch sein dürfen. 


Hat man einen Würfel bzw. eine Seele eingefangen kommt das Würfelsymbol zum Tragen, denn je nach Symbol darf man nun verschiedene Effekte ausführen: Man bekommt ein Offering Token, mit dem man später die Spezialfähigkeiten der anderen Spieler benutzen, das Symbol und somit den Effekt des gerade eingesammelten Würfels ändern, oder einen Extrazug durchführen darf; man bekommt einen Siegpunkt; man darf das Symbol eines bereits gefangenen Würfels in seiner Capture Zone beliebig verändern; man darf eine gefangene „Seele“ eines Gegenspielers in dessen Spirit Zone stehlen; man darf einen Würfel von zwei Spielern vertauschen; oder man schützt sich für eine Runde vor Stehlaktionen der Mitspieler. Doch wofür es gut sein kann, Würfel der Mitspieler zu vertauschen und die Symbole der eigenen Würfel in der Capture Zone zu verändern, wird dann klar, wenn man sich ansieht, wie man in diesem Spiel punktet. Denn im Grunde sammelt man stets gleichfarbige Würfel mit unterschiedlichen Symbolen und/oder Würfel mit unterschiedlichen Farben aber dem gleichen Symbol. Im eigenen Zug darf man dann nämlich mit den zuvor beschriebenen Würfel-Kombinationen „Seelen“ von der eigenen Capture Zone in die eigene Spirit Zone verschieben und dafür Siegpunkte kassieren. Darüber hinaus gibt es am Ende des Spiels jeweils Siegpunkte für die meisten gesammelten Seele einer Farbe.


Schließlich darf man zu Beginn oder am Ende des eigenen Zugs gratis die eigene Spezialfähigkeit nutzen oder einen Offering Token ausgeben, um die Spezialfähigkeit eines Mitspielers zu benutzen. Diese erlauben es, die Würfel auf verschiedene Weisen auf dem Hauptspielplan umzuplatzieren. Und abschließend gibt es zusätzlich noch weiße Würfel, die bei Kombos als Farbkoker zählen und denjenigen, der aktuell die meisten von ihnen in der Spirit Zone hat, zum Baron Samedi machen, der gratis alle Spezialfähigkeiten der Spieler nutzen darf.

Fazit

Wie eingangs bereits erwähnt, handelt es sich bei Baron Voodoo im Kern um ein abstraktes Spiel, das wirklich hübsch ausschaut und im Grunde auch gut funktioniert. Besonders gefällt mir die thematische Einbettung und die Möglichkeit, kleine Würfeltürme zu bauen, mit denen man durch geschickte Platzierung ja beispielsweise auch die Würfel der Mitspieler unzugänglich verdecken kann. Auch das Sammeln und Vorbereiten verschiedener Kombos ist eine gute Idee und es bringt Spaß eine große Kombo zu werten, aber auch Spannung noch einmal abzuwarten, um die Kombo zu vergrößern – natürlich mit der Gefahr, dass ein Mitspieler einem doch noch ein Symbol vertauscht und die Kombo damit zunichtemacht. 


Und hier kommen wir auch schon zu einem wichtigen Punkt, denn Baron Voodoo ist eben durch jene Würfeltausch-, Symbolmanipulations- und Stehlaktionen sehr interaktiv und führt dadurch auch immer wieder zu ärgerlichen Momenten. Denn es kann schon frustrieren, wenn einem mal wieder eine wunderschön vorbereitete Kombo kaputt gemacht wird. Doch es ist sicher Geschmacksfrage, wie gemein ein Spiel sein darf, und viele Spieler werden sicherlich Freude daran finden, sich gegenseitig ins Handwerk zu fuschen. 

Darüber hinaus ist das Thema zwar sehr charmant, aber trotzdem fühlt es sich nicht wirklich so an als würde man nun auf Seelenjagd gehen, denn dafür ist die Aufmachung dann doch zu abstrakt. Doch das ist bei anderen abstrakten Spielen zumeist auch nicht anders, wie beispielsweise beim zuletzt von mir in unserem neuen Podcast (Monkey Talk) gelobten Bumúntú, das mit einem stark afrikanischen Setting daherkommt. Letzteres ist zwar auch interaktiv, aber vielleicht nicht ganz so fies und nicht ganz so düster. Außerdem kommt durch die Tiersymbole auf den Plättchen doch ein wenig mehr Thematik rüber als bei den abstrakten Symbolen auf den Würfeln in Baron Voodoo.


An dieser Stelle eine kurze Bemerkung zum Regelwerk, denn das lässt leider die ein oder andere Regelfrage offen, sodass man ggf. das gute alte Internet für weitere Aufklärung konsultieren muss. Hier hätte man sicher genauer arbeiten können.

Am Ende ist es dann aber wohl wie immer Geschmacksfrage, wie das Spiel bei euch ankommt, und all diejenigen, die auf abstrakte und etwas gemeinere, interaktive Spiele stehen, können gerne mal einen Blick auf Baron Voodoo werfen. Ich werde es vielleicht auch noch ein paar Mal mit einem Kumpel spielen, dem es gut gefallen hat, doch wenn ich persönlich die Wahl habe, spiele ich wohl lieber die anderen abstrakten Spiele in meiner Sammlung. Doch das ist natürlich nur mein persönlicher Geschmack und BBaron Voodoo ist, auch wenn es mir persönlich nicht allzu viel gegeben hat, sicher kein schlechtes Spiel. 

Und am Ende wie immer noch etwas Positives: Denn auch zu viert lässt sich das Spiel dadurch gut spielen, dass man in Teams gegeneinander spielt und sich zu zweit ein Playerboard teilt. Ich bin gespannt, wie euch das düster-fröhliche Einfangen von Seelen gefällt. Ich wünsche viel Erfolg bei der Jagd!

In a nutshell

Baron Voodoo ist ein abstraktes Würfelmanipulationsspiel mit interessantem Thema. Denn als Voodoo-Gottheit trachten wir nach dem Thron und gehen dafür auf Seelenjagd. In unserem Zug wählen wir dann auf einem Spielbrett mit insgesamt 48 Würfeln verschiedener Farben einen Würfel mit unserer Spielerfarbe, überspringen mit diesem einen anderen Würfel, fangen diesen damit ein und aktivieren dadurch den Effekt, den das Symbol auf der sichtbaren Würfelseite zeigt. Hierbei können Würfeltürme mit bis zu drei Würfeln entstehen und die Effekte erlauben es u.a. Würfel der Gegner zu stehlen und zu manipulieren, wobei man selbst versucht bestimmte Würfel zu sammeln, um durch unterschiedliche Kombos Siegpunkte zu generieren. Schließlich erlauben es individuelle Spezialfähigkeiten noch, die Position der Würfel auf dem Hauptspielplan zu verändern. Durch all diese Mechaniken wird das Spiel sehr interaktiv und an der ein oder anderen Stelle auch recht fies. Das Material ist qualitativ sehr hochwertig und Fans von abstrakten Spielen, die sich nicht vor teils gemeinen Interaktionen fürchten, könnten durchaus einen Blick auf Baron Voodoo wagen, das mich persönlich zwar nicht vollends überzeugt hat, aber mit Sicherheit seine Fans finden wird.
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Baron Voodoo von Yann Dentil
Erschienen bei Lucky Duck Games
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 45 Minuten ab 10 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Lucky Duck Games)