03.02.2023

Challengers!


Ein kartenbasierter Deckbuilder und Autobattler, in dem wir im Turniermodus mit Clowns gegen Dinosaurier, Enten gegen Roboter, und Papageien gegen Tiefseekreatur um die Eroberung der heißbegehrten Flagge kämpfen. Habe ich eure Aufmerksamkeit? Challengers! ist eines dieser Spiele, von denen man kein auch nur ansatzweise ähnliches Spiel in der Sammlung hat, einfach weil es halt ziemlich einzigartig ist. Doch Einzigartigkeit alleine macht ein Spiel noch nicht gut. Ist Challengers! also nur ein besonders einfallsreicher Blender oder ein wahrhaft einzigartiges Spieleerlebnis?

Eine Partie Challengers! geht über sieben Turnierrunden mit einem großen Finale am Ende. Und in jeder Runde tritt man wieder gegen einen anderen Mitspieler an. Doch bevor in einer Runde der Kampf um die Flagge beginnen kann, wird zunächst Deckbau betrieben, indem man zuerst eine bestimmte Anzahl an Karten von einem Level-Stapel zieht, ein oder zwei davon seinem Deck hinzufügt und im Anschluss noch beliebig viele Karten unwiderruflich aus seinem Deck entfernt. Von Runde zu Runde bekommt man auf diese Weise vor den eigentlichen Kämpfen immer die Möglichkeit, das eigene Deck zu verbessern, wobei drei verschiedene Level-Decks (A-C) zur Verfügung stehen, aus denen je nach aktueller Runde gezogen werden darf.


Die Kampfphase verläuft immer im Duell. Hierfür mischen beide ihr zuvor getuntes Deck gut durch und legen es jeweils gegenüber der in der Mitte des Kampffelds liegenden Flagge bereit. Und dann kann es losgehen, und zwar völlig automatisch. Der bisher erfolgreichere Turnierspieler beginnt und deckt die oberste Karte seines Decks auf und erobert damit die Fahne. Auf den Karten sind neben den teils speziellen Effekten immer Zahlenwerte aufgedruckt. Wenn nun also der andere Spieler die oberste Karte seines bzw. ihres Decks aufdeckt, hofft er bzw. sie darauf, eine mindestens genauso hohe Zahl aufzudecken, wie die Karte im Fahnenbesitzt des Gegners zeigt. Denn dann wechselt die Flagge den Besitzer und die Karte, die die Flagge verloren hat, kommt auf die Bank desjenigen Spielers. Sollte der Zahlenwert jedoch nicht ausreichen, wird eine weitere Karte aufgedeckt und ihr Wert mit dem der bereits ausliegenden addiert. Dies wird solange wiederholt, bis die Summe ausreicht, um die Flagge zurückzuerobern. Beim Verteidigen der Flagge gegen die folgenden Angriffe des Gegners zählt jedoch nur der Zahlenwert der zuletzt ausgespielten Karte. Natürlich gibt es, wie bereits erwähnt, neben den Zahlen auch immer wieder Effekte auf den Karten, die es beispielsweise erlauben, bestimmte Karten aus dem Deck herauszusuchen und auf oder unters Deck zu legen. Oder die Karten werden stärker je mehr Karten bereits auf der eigenen Bank liegen. Oder sie bringen eine bestimmte Anzahl an Fans, also Siegpunkte, ein. Oder oder oder…


Ein Match endet, sobald ein Spieler die Flagge mit der letzten gezogenen Karte nicht mehr zurückerobern kann, oder eine Karte auf die Bank gelegt werden müsste, dort aber kein Platz mehr ist – wodurch natürlich das Gegenüber den Sieg davonträgt. Allerdings bietet die Bank lediglich Platz für sechs verschiedene Karten, d.h. gleiche Karten werden übereinandergestapelt. Daher kann es beim Deckbau u.U. auch sinnvoll sein, Karten ins Deck zu holen, die häufiger vorkommen, sodass man mehrere des gleichen Typs hat, um die eigene Bank nicht ganz so schnell zu verstopfen.

Der Sieger des Matches erhält eine Trophäe mit einem geheimen Fan-Wert, wobei die Trophäen je Turnierrunde immer wertvoller werden. Am Ende der siebten Turnierrunde wird geschaut, welche zwei Spieler die meisten Fans gesammelt haben. Diese beiden treten in einem finalen Match (ohne vorherige Deckbauphase) nochmals im Duell gegeneinander an. Der Sieger bzw. die Siegerin dieses Matches gewinnt das ganze Turnier.


Und war es wirklich nötig, die gesamten Regeln hier in diese Rezension zu packen? Wieso habe ich nicht einfach den groben Ablauf skizziert? Warum die ganzen Details? Ganz einfach, weil ich das Spiel liebe und verdammt gerne im Detail davon rede bzw. schreibe! Das Spielprinzip ist so unheimlich simpel und der Ablauf in wenigen Sätzen erklärt. Und dennoch bietet Challengers! ein episches Turnierfeeling mit unfassbar simplen Mitteln. Man trifft ein paar Deckbauentscheidungen und lässt sein Deck den Rest machen. Natürlich erlauben es bestimmte Karteneffekte noch ein wenig Einfluss auf den Kampfverlauf zu nehmen, doch im Grunde rennt das Ganze völlig automatisch mit den bereits dargelegten und verdammt eingängigen Regeln. Spannung ist hier also garantiert! Hinzu kommt das herausragende Material. Neben den insgesamt 327 Karten in guter Qualität (wobei ich sie angesichts des Spieltyps eher sleeven würde) und teils recht lustigem (wenn auch nicht allzu spektakulärem) Design sowie den Papptrophäen und Fanmarkern, wartet das Spiel mit drei Kartenspendern aus Plastik für die Levelstapel von A-C, den vier Fahnenchips aus Holz sowie vier Neoprenmatten als Kampfarenen für die einzelnen Turnierduelle auf. Und das Ganze für ein Spiel auf Familienniveau! Challengers! macht auf dem Tisch also schon was her, auch wenn das Artdesign für meinen Geschmack noch ein wenig ausgereifter hätte sein dürfen.


Doch ist das Spiel nun tatsächlich für Familien? In Sachen Zugänglichkeit und Kartengestaltung (Clown, Papagei, Roboter etc.) mit Sicherheit! Doch der Deckbuildingaspekt ist wohl vor allem auch für Vielspieler durchaus reizvoll, sofern man über den natürlich vorhandenen, relativ hohen Glücksfaktor beim Ausgang der Duelle hinwegsehen kann. Es handelt sich halt nicht um ein ernstzunehmendes Deckbuilding-Game. Vielmehr möchte Challengers! eines erreichen: spannende Duelle und eine Menge Emotionen am Tisch. Und das schafft es meiner Meinung nach sehr gut. Da geht dem Gegenüber das Deck fast aus und mit seiner letzten Karte schickt er meine ausliegende Karte auf die Bank, die jedoch bereits voll ist… tja… Pech gehabt! Dabei hätte ich doch noch weitere fünf Karten gehabt. Da muss ich wohl noch ein wenig ausdünnen, bevor die neue Runde losgeht. Ja, genau diese kleinen Justierungen zwischen den Turnierrunden machen echt Spaß, genauso wie im Anschluss voller Spannung dabei zuzusehen, ob die Feinjustierungen den gewünschten Effekt erzielen.


Aber natürlich kommt es dabei ganz stark auch darauf an, in welcher Reihenfolge die Karten gezogen werden. Der Glücksfaktor lässt sich schlichtweg nicht wegrationalisieren. Darauf muss man sich halt einstellen. Ich habe bei meinem ersten Turnier jämmerlich versagt und das Herz der Karten, wie es bei Yu Gi Oh immer so schön heißt, hat mir ziemlichen Herzschmerz verursacht. Doch durch die immer wertvolleren Trophäen hätte ich trotz meiner vier Niederlagen in Folge fast noch ein Comeback geschafft und bin knapp dritter geworden.

Da es sich um ein Turnierspiel handelt, macht es natürlich vor allem mit vielen Spielern Spaß, doch auch zu viert kommt bereits ein kleines Turnierfeeling auf. Einziger Wehrmutstropfen ist vielleicht das Problem, dass man immer mit einer geraden Anzahl an Spielern spielen muss, und ansonsten einen Bot mit eigenem Deck als Extraspieler im Turnier bemühen muss. Der Bot ist ebenfalls schnell erklärt und funktioniert so, dass er von Runde zu Runde stärker wird. Dennoch kann der Bot den fehlenden Spieler nicht 100%ig ersetzen, sodass ich Runden mit gerader Spieleranzahl immer den Vorzug geben werde.


Alles in allem hat mich Challengers! vollends überzeugt! Ich hoffe, es kommt noch Nachschub mit noch mehr Decks und Karten! Solltet ihr also über die angemerkten Kritikpunkte hinwegsehen können und euch mit der richtigen Erwartungshaltung in den Kampf um die Flagge werfen wollen, dann gibt es von mir an dieser Stelle eine klare Empfehlung! Viel Spaß und möge das Herz der Karten euch gewogen sein!

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Challengers! von Johannes Krenner & Markus Slawitscheck
Erschienen bei Z-Man Games
Für 1 bis 8 Spieler in ca. 45 Minuten ab 8 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Z-Man Games)
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