17.11.2023

Vienna


Vienna, Viena, Viin, Vine oder eben Wien ist der Schauplatz des 5. Teils der Stefan Feld City Collection bei Queen Games. Wer jetzt den süßen Geruch von Wiener Melange und Apfelstrudel in der Nase hat, der ist am Spieleregal falsch abgebogen und muss ich an dieser Stelle leider enttäuschen. Stattdessen knallen wir auf den harten Boden der Nachkriegszeit und finden uns im Wiener Agentenmillieu wieder. Schokolade und Kaffee finden wir hier tatsächlich wieder. Allerdings nicht zum verköstigen, sondern um sie neben Zigarren, Wein und Nacktmagazinen als Bestechungsmittel einzusetzen. 
Denn in Vienna geht es darum, möglichst geschickt seine Agenten in besetzten Gebäuden unterzubringen und die über Wien verteilten Geheiminformationen zu sammeln. Selbstverständlich seinen Konkurrenten stets einen Schritt voraus. 

Im Test hatten wir die Deluxe Version von Vienna und beim auspacken hatte ich direkt ein paar Wow Momente. Zum Verstauen der zahlreichen Komponenten liegen insgesamt 7 Pappschachteln dabei. Passend eingelegt ergeben sie sogar ein ganzes Bild: 


Daneben zeichnet sich die Deluxe Version durch Acryl Komponenten aus. Die Agenten, sowie die auf dem Spielplan ausliegenden Geheiminformationen, sind aus Acryl. Das sieht zweifelsfrei einfach super aus und macht auf dem Tisch ordentlich was her: 



Doch leider haben die Acryl Teile – wahrscheinlich Produktionsbedingt – scharfe Kanten. Wer seine Meeple also gerne in der Hand hält und damit spielt, wird kein schönes Erlebnis dabei haben. Handschmeichler sind sie leider keine. 

Insgesamt ist die Qualität aber hervorragend – was man bei einer Deluxe Version durchaus erwarten darf – und die Playerboards, die kleine Schreibtische darstellen, sind double layer. 


Nun zurück zum Spiel: 
Der Hut sitzt, der Agentenmantel ist umgeworfen. 
Eine Runde besteht aus 4 Phasen, wobei die erste Phase von allen Mitspielern - Pardon Geheimdiensten - gleichzeitig ausgeführt wird. 


Jeder Spieler erhält drei Karten. Jede Karte ist in drei Bereiche eingeteilt und muss nun entsprechend an das Playerboard gelegt werden. Je nachdem wo die Karte abgelegt wird, wird später in der entsprechenden Phase ein anderer Teil der Karte aktiviert. Es wird ein dauerhafter Effekt aktiviert, man erhält ein Bestechungsmittel oder eine Geheiminformation wird gelevelt, wofür man direkt Siegpunkte erhält, insofern man bereits im Besitz dieser Geheiminformation ist. 

Hat sich jeder für seine ideale Action Queue entschieden, geht es los mit dem Startspieler. Neben der Aktivierung der Karten wird jetzt zusätzlich ein Agent in einem Gebäude platziert. 
Um die Agenten zu platzieren werden jeweils zwei in dem Gebäude verlangten Bestechungsmittel benötigt. Außer, man hat entsprechende Dauereffekte ausliegen, die das Einsetzen günstiger oder sogar kostenlos machen.

So lange der Agent in dem Gebäude steht und seinen Einfluss ausübt, beherrscht er gleichzeitig den angrenzenden Platz. Hat man seinen Einfluss an allen Zugängen dieses Platzes verteilt, erhält man die dort vorhandene Geheiminformation und die entsprechenden Siegpunkte. Ist eine Geheiminformation abgegriffen, gehen alle anderen an der Stelle natürlich leer aus. 



Haben alle Spieler ihre Aktionen gespielt, wandert der Startspieler weiter und die Runde beginnt von Neuem. 
Eine feste Rundenanzahl gibt es nicht.
Beim Leveln der Geheiminformationen schreitet in gewissen Abständen ebenfalls der Detektiv auf der Leiste voran. Abhängig von der Spieleranzahl endet das Spiel, wenn der Detektiv eine bestimmte Schwelle überschreitet. Gewonnen hat natürlich der Spieler mit den meisten Siegpunkten. 
Neben den Punkten die während des Spiels gesammelt wurden, erhält man zum einen noch Punkte für die Geheiminformationen. Die Höhe ist abhängig davon, wie stark die Geheiminformation während des Spielverlaufs gelevelt wurden. Bei der Einsteigerversion erhält man zusätzlich noch Punkte pro Set aus Geheiminformationen. 

Expertenversion
Neben dieser Einsteigerversion enthält Vienna noch eine Voll- bzw. Expertenversion und die bringt einige Änderungen mit und macht das Spiel für Vielspieler erst richtig interessant, da mehr Strategie ins Geschehen kommt.

Das Spielbrett wird einmal gewendet und die Gebäude erhalten nun weitere Merkmale. 
Zusätzlich erhalten Aufträge und Geld Einzug und Updates für den eigenen Schreibtisch können ab sofort erworben werden. Dazu wollen die Agenten für ihre Arbeit nun auch hin und wieder entlohnt werden, da sie ansonsten ihren Heimweg antreten und das Gebäude räumen. Geld erhält man durch das Aufnehmen und erledigen von Aufträgen. 

Um Aufträge zu erfüllen, benötigt man entweder Agenten auf bestimmten Gebäuden oder den Besitz von Bestechungen oder Geheiminformationen. Da man diese lediglich haben, aber nicht abgeben muss, kann man sich durch das Sammeln bestimmter Auftragsarten tolle Kombinationen zusammenstellen. 


Fazit
Vienna ist die überarbeitete Version von La Isla, welche 2014 bei alea erschienen ist. 
Zum ersten Mal gespielt habe ich Vienna auf dem Queen Games Event im September und fühlte mich zu Beginn von dem Spielfeld etwas erschlagen. Es enthält viele Informationen und wirkt zunächst unübersichtlich und unstrukturiert. Das muss man erstmal durchblicken. 

Doch das hielt mich nicht ab und ich war schnell begeistert. Besonders die Mechanik mit der Action Queue hat mir sehr gut gefallen. Jede Runde auszutüfteln, wie man die Karten optimal miteinander kombiniert und sich zusätzlich eine Kette aus Dauereffekten aufzubauen, macht Vienna für mich besonders. Jede Runde aus lediglich 3 Karten das Optimum rausholen ist fast schon eine Knobelaufgabe.


Darüber hinaus ist die Downtime übersichtlich, da alle gleichzeitig überlegen und ihre Karten legen. Die Züge danach gehen eigentlich immer recht zügig. Außer ein Spieler hat seinen ursprünglichen Plan bei der Wahl der Karten vergessen oder die Pläne wurden von einem Mitspieler durchkreuzt und man wird zum umplanen gezwungen. 

Unsere Erstpartie (4 Spieler) beim Queen Games Event Schritt voran und irgendwann kam der Punkt an dem es begann sich zu ziehen. Das Spielbrett war leer, es schien kaum noch sinnvolle Aktionen zu gebe und das Spielende war weit weg. 
Doch was war passiert? 
Wie bereits erwähnt, löst der Detektiv das Spielende aus. Dieser bewegt sich immer einen Schritt weiter, sobald eine Geheiminformation über eine Schwelle schreitet. Allerdings passiert dies maximal einmal pro Runde. Mehr Schritte darf der Detektiv nicht laufen. 

Jetzt kam es bei uns zu dem Phänomen, dass wir alle gleichmäßig die Geheiminformationen bewegt hatten und so 2-3x pro Runde über die Schwelle gingen. Der Detektiv sich also extrem langsam bewegt hat. Wir haben das Spiel dann irgendwann abgebrochen. 
Ich fühlte mich sehr ernüchtert, da mir Vienna zu Beginn so gut gefallen hatte. 

Wie wir später erfahren hatten, wurde diese Regel – dass der Detektiv sich nur einmal pro Runde bewegen darf – erst sehr spät dem Spiel hinzugefügt. Damit sollte die Problematik geheilt werden, dass das Spiel ansonsten zu schnell voranschreitet und zum einen dann viel zu schnell endet und zum anderen keine Münzen vorhanden sind um Updates zu kaufen oder Agenten zu bezahlen. 

Tja, wir blieben an der Stelle ratlos zurück und fragten uns, ob wir jetzt einen super selten Einzelfall und damit einfach nur Pech hatten.

Da der anfängliche Eindruck so positiv war, wollte ich Vienna noch eine Chance geben und habe es nach dem Queen Games Wochenende noch einige Male gespielt. 
Und was soll ich sagen? Diese merkwürdige Situation hatten wir anschließend nicht mehr. Vienna war immer genau im richtigen Moment zu Ende. Allerdings haben wir auch immer zu dritt gespielt. Ich kann daher nicht sagen, ob es nicht eventuell ein Problem ist, das gehäuft bei 4 Spielern auftritt. 

Was mir an Vienna am besten gefällt ist definitiv die Mechanik mit den Karten und das alle gleichzeitig überlegen. Die Aktionen gehen schnell und die Interaktion untereinander hat ebenfalls ein angenehmes Level. Auch wenn es mal zu der Situation kommen kann, dass man aufwendig seine Agenten postiert und dann ein Mitspieler kommt, der einem im letzten Moment die Geheiminformationen und die Siegpunkte wegschnappt.

Durch die Daueraktionen auf den Karten lassen sich zusätzlich tolle und starke Kombinationen schaffen. Wobei man bei den Karten natürlich auch abhängig ist vom Glück. Bei der Expertenversion hat man im Spielverlauf die Möglichkeit durch upgraden des Schreibtisches eine zusätzliche Karte als Auswahl zu erhalten und hat damit etwas Auswahlmöglichkeit. Insgesamt lassen sich durch die Upgrades  verschiedene Strategien verfolgen, wodurch Vienna mehr Tiefe erhält. 

Bewegt man seine Agenten geschickt durch die Stadt und hat passende Dauervorteile ausliegen, kann man mit wenigen Bestechungssmitteln optimal die Geheiminformationen absammeln und somit den anderen immer einen Schritt voraus sein. 

Allerdings sollte man immer den nötigen Obulus auf der hohen Kante haben, wenn der Zahltag näher rückt. Denn ansonsten machen sich die Agenten vom Acker. Bei einer Partie konnte ein Mitspieler nur einen Agenten bezahlen und musste die übrigen abräumen. Davon hat er sich nicht mehr erholt. Die Agenten aus dem Vorrat zurück auf den Plan zu bringen hat ihn viel Zeit und Bestechungsmittel gekostet. Er war deutlich Letzter bei dieser Partie. 

Vienna ist relativ schnell erklärt, passt in die Kategorie "Easy to learn, hard to master." und hat mich definitiv überzeugt. Zusätzlich sieht es auf dem Tisch (und in der Box!) sehr hübsch aus. 

Aber bitte nicht anfassen ;)

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Vienna von Stefan Feld
Erschienen bei Queen Games
Für 2 bis 4 Spieler in 60-90 Minuten ab 14 Jahren

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Queen Games)
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