09.04.2024

Age of Rome


Mit Age of Rome bringt uns Strohmann Games ein Workerplacement-Spiel mit einem wortwörtlichen Twist. Denn thematisch im alten Rom angesiedelt, dreht sich Runde für Runde der Spielplan/die Provinzscheibe, was dazu führt, dass wir unsere Arbeiter in einer anderen Provinz als in der Vorrunde einzusetzen haben. Das Spielgeschehen findet 44 v. C, kurz nach der Ermordung Cäsars statt, und wir nehmen die Rollen von verschiedenen potenziellen Nachfolgern ein, welche seinen Platz übernehmen wollen. Dies gelingt indem wir innerhalb von neun Runden den meisten Ruhm erlangen. Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten wie Einfluss im Senat nehmen, der Bau eines Pantheons oder von Gebäuden sowie die Entsendung von Legionen in entfernte Provinzen.

 


Age of Rome ist das Erstlingswerk des griechischen Autorenduos Vangelis Efthimiou und Antonius Yannopoulos, welche das Spiel 2022 sehr erfolgreich über Kickstarter finanziert haben. Das Spiel ist in zwei Versionen erschienen: In der sehr aufwendigen Kickstarter-Version mit vielen Extras und Acrylteilen sowie in der hier besprochenen Retail-Version. Letztere ist auf Deutsch bei Strohmann Games erschienen, ist auch sehr hochwertig produziert aber eben "nur" mit Holz- sowie dicken Cardboardteilen.

 


Bei dem Spiel handelt es sich um ein Arbeiter-Einsatzspiel für 1-4 Personen. Es ist also auch solo spielbar. Vorwegschicken möchte ich an dieser Stelle schon einmal, dass ich das Spiel zu dritt nicht empfehlen kann. Dazu aber später mehr. Von der Komplexität her handelt es sich um einen mittelschweren Euro. Ein Kennerspiel, welches sich jedoch sehr flott erklären lässt. Es vereint Elemente aus Worker-Placement-, Set-Collection- und Area Majority-Game. Außerdem ist mit dem Element der Intrigen noch eine kleine Take That-Komponente im Spiel enthalten. Ein buntes Potpourri aus der Welt der Eurogames also. Es ist also quasi für jeden etwas dabei.

Jede Runde in Age of Rome gliedert sich in vier Phasen:

  • Intrigenphase
  • Bauphase
  • Aktionsphase
  • und Einkommensphase

Die ersten drei dieser Phasen werden jeweils in Spielerreihenfolge bestritten, während man die letzte Phase paralell abhandelt. Während der Intrigenphase werden Intrigen umgesetzt, welche in Vorrunden platziert wurden, eine Ereigniskarte abgehandelt und man erfährt durch die Intrigenkarte auch wie sich das Spielfeld am Ende der Runde drehen wird. Weiterhin zeigt uns die Intrigenkarte noch an ob im oder gegen den Uhrzeigersinn gespielt wird. Zum Drehen des Spielfeldes ist an dieser Stelle noch zu sagen, dass in dem eigentlichen Spielbrett eine Holzscheibe mittig eingelassen ist. Hierum aufgelegt wird beim Spielaufbau noch unser drehbares Spielfeld - die Provinzscheibe. Man kann es sich ähnlich wie eine Schallplatte auf dem Plattenspieler vorstellen. Unterteilt ist diese drehbare Fläche in vier Provinzen. Diese Provinzen sind dann im Spiel stets auf die Spielenden ausgerichtet. Ich bespiele in der Bau- und Aktionsphase dann also die Provinz, welche in der gegebenen Runde vor mir liegt.

 


 

In der Bauphase tue ich dies indem ich mein Geld für neue Gebäude ausgebe. Hierfür erhalte ich dann sofort Siegpunkte. Jede Provinz ist gleich aufgebaut. Es gibt jeweils fünf Baufelder. Eines für jeden Gebäudetyp. Die zu bauenden Gebäude ermöglichen in der Aktionsphase dann das Durchführen von Aktionen. Man bestimmt durch den Gebäudebau also die späteren Handlungsoptionen. Die jeweiligen Gebäude sind immer in drei Stufen vorhanden. In ihrer Funktion unterscheiden sich die Gebäudestufen einzig dadurch, dass höhere Gebäudestufen mehrfach die Aktion des Gebäudes zulassen. Eingebaut in die Bauphase ist noch eine kleine Wettrennkomponente. Wer als erstes das Stufe 3-Gebäude eines Types baut, erhält die dazugehörige Medaille. Diese ermöglicht im weiteren Spielverlauf eine Sonderfähigkeit zu nutzen.

 


Während der Aktionsphase kann ich dann meine Anhänger/Arbeiter auf den Gebäuden einsetzen und die dazugehörigen Aktionen nutzen. Außerdem kann ich mit meinen Anhängern auch noch Intrigen planen. Sechs verschieden Aktionsmöglichkeiten plus die Intrigen bietet uns die Aktionsphase. Wir können:

  • Legionen in entfernten Provinzen einsetzen. Hier geht es um eine Area-Majority-Wertung am Spielende.
  • Wir können am Pantheon bauen. Dabei haben wir ein Wettrennen um punkteträchtigere Pantheonteile.
  • Wir können Stimmen im Senat einsetzen. Hierbei versuchen wir eine Senatsmehrheit von drei obenauf liegenden eigenen Stimmen zu erreichen und punkten damit sofort.
  • Wir können Ackerbau betreiben und damit Geld generieren,
  • Weiterhin ist noch Handel möglich. Mit dieser Aktion ziehen wir Karten. Diese sind für Set-Collection-Punkte wichtig, wobei wir versuchen gleichfarbige Dreiersets zu sammeln. Weiterhin lassen sich die Karten aber auch als Aktionkarten oder für Geld einsetzen.
  • Als letztes können wir noch eine weitere Aktion nutzen, welches keines Gebäudes bedarf. Durch das Einsetzen im Kolosseum erwerben wir unmittlbar einen Siegpunkt. Dies ist meines Ermessens eher eine Notaktion.

Bleiben als allerletzte Handlungsaktion noch die Intrigen. Auch hierfür brauchen wir wieder einen unseren Anhänger, weiterhin aber noch ein Intrigenplättchen. Wir platzieren beides in unsere aktuellen Provinz und können die Intrige dann in einer späteren Intrigenphase auslösen, wenn das Spielbrett sich gedreht hat und unser Intrigenplättchen dann vor jemand anderem als uns selbst liegt. Diese Intrigen sind nicht furchtbar böse, eher kleine Nadelstiche. Man verliert dadurch bspw. Siegpunkte, Legionen oder Pantheonteile. Was mehr weh tut sind die Fehdemarker. Wird eine Intrige gegen uns gespielt, so erhalten wir mit ihr nämlich auch so einen Marker und diese blockieren auf unserem eigenen Tableau die darauf liegenden Bonusmarker. Dies wiederum tut weh, denn Bonusmarker ermöglichen uns doppelte Aktionen. Hieraus entsteht dann ein Incentive selbst Intrigen zu spielen, auch wenn die Intrige einem oft wenig bis gar nichts selbst einbringt. Man hält sich damit aber die eigenen Bonusmarker frei und dies ist sehr wichtig.

 


In der abschließenden Einkommenphase erhält man dann noch ein Einkommen, welches sich durch die in der Provinz errichteten Gebäude ergibt. Man kann sich hierbei dann entscheiden doppelt zu besteuern und gegen Siegpunkte mehr Geld zu erhalten. Weiterhin wird dann noch die Provinzscheibe gedreht. Möglich sind dabei 90° oder 180°-Drehungen in beide Richtungen.

 


Am Ende der neunrundigen Partie werden dann zusätzlich zu dem im Spiel erhaltenen Punkte noch einmal Siegpunkte vergeben für:

  • Mehrheiten unsere Legionen in den drei entfernten Provinzen
  • Position unserer Stimmscheiben im Senat
  • Sets von Handelskarten
  • Gebaute Pantheonteile
  • Erfüllte Aufträge. Von diesen erhält man bei Spielbeginn zwei auf die Hand.
  • Restgeld

Wer nach dieser Wertung dann die meisten Ruhmespunke auf der Leiste vorweisen kann, der oder die darf dann als Sieger*in  von Age of Rome die Herrschaft übernehmen.

Es gibt mehrere Momente, welche ich bei Age of Rome wirklich spannend finde. Zum einem wäre da natürlich die drehbare Provinzscheibe. Dies ist wirklich ein schönes Gimmick. Weiterhin mag ich auch sehr die Idee, wie man zu weiteren Anhängern kommt: Man muss Schwellenpunkte auf der Ruhmesleiste überschreiten. Für jede Person, welche diese überschreitet fallen die Schwellenpunkte dann aber für die nachfolgenden Mitspielenden. Klasse finde ich auch die Verbindung Fehde-Marker/Bonusmarker. Dies macht es sehr unattraktiv sich aus den Ränkespielen komplett rauszuhalten. Über die Materialqualität muss man bei Age of Rome sowieso nicht sprechen.  Die Qualität der Materialien ist  auch in der Retail-Version sehr hochwertig und ansehnlich. Auch bei der Spielregel wurde sich sehr viel Mühe mit der Illustrierung und der thematischen Einbettung gegeben. Ein wirkliches Plus ist auch, dass das Spiel sehr eingängig und leicht zu erklären ist.

 


 

Mir persönlich und meinen Mitspielenden durch die Bankdurch hat es aber nur eher mittelmäßig gefallen und das hat nachfolgende Gründe. Einmal wäre zu nennen, dass der Zufall wirklich arg viel beim Spielgeschehen in der Hand hat. Zuvorderst wäre da die Drehung der Provinzscheibe zu nennen. Diese passiert durch die Ereigniskarten bestimmt. Hier kann es passieren, dass die Scheibe in Folge mehrfach um 180° gedreht wird oder vielleicht immer hin und zurück um 90°. Das kann im Dreipersonenspiel fatale Folgen haben. Während zwei Personen am Tisch dann stets gut ausgebaute Provinzen vor sich haben, muss die dritte Person sich jedes Gebäude selbst bauen. Ein immenser Nachteil. Ähnliche Auswirkungen kann die Ereigniskarte auch auf die Wahl des/der Startspieler*in habe. Es kann sein, dass man bis zum Spielende nie in die Position kommt eine Runde zu beginnen. Weiterhin spielt der Zufall auch bei den Handelskarten und dem damit verbundenen Set-Collection-Element hinein. Man hat nicht viele Möglichkeiten Handelskarten zu tauschen und auf Sets hinzuarbeiten. Man zieht einfach immer nur einzelne Karten nach. Dies kann glücklich enden oder eben nicht. Gleichzeitig sind diese Karten aber auch eine wichtige potentielle Ruhmespunktquelle. Ein wenig unzufrieden bin ich auch mit der Spielregel. Einerseits ist diese wirklich sehr ambitioniert umgesetzt: Viele Grafiken, große Schrift, zahlreiche Beispiele, 30 Seiten und nochmal 16 weitere Seiten für die Solo- und Coop-Variante in einem weiteren Heft. Ich finde sie aber trotzdem nicht gut gelayoutet. Man sucht lange bis man die benötigten Infos findet. Man sieht dem Ganzen aber an, dass das keinesfalls ein Mangel an Liebe zum Produkt ist. Die Spielregel sieht toll aus. Meines Ermessens ist es eher die Unerfahrenheit der Autoren im Gliedern von Spielregeln. Hinweisen möchte ich an dieser Stelle noch darauf, dass das Spiel auch sowas wie leicht asymmetrische Spielerfähigkeiten hat. Zu Spielbeginn erhält man ein persönliches Spieltableau. Hierauf abzulesen sind mit wievielen Senatsstimmen, Legionen und Anhängern, Fehdemarken, Ruhmespunkten, Ankerkarten (Einschränkung der Handkarten) und Geld man startet. Weiterhin variiert die Position der Bonusmarker auf dem Tableau und man hat unterschiedliche Intrigefähigkeiten. Eigentlich finde ich dies gut. Assymetrie gibt vielen Spielen ja einen zusätzlichen Reiz und mehr Wiederspielbarkeit. Bei Age of Rome empfinde ich die Unterschiede jedoch als so marginal, dass es mir persönlich stets vollkommen gleich wäre, welchen Charakter ich nun spielen würde.

 


Nach dieser etwas längeren Aufzählung von Punkten, welche ich als eher negativ empfinde, möchte ich diesen Text mit einem Aspekt abschließen, welcher mir wirklich ganz gut gefallen hat - der Solo- bzw. Koopvariante. Man kann das Spiel auch gegen einen Automa spielen, welcher durch zwei Kartendecks gesteuert wird. Man selbst spielt das Spiel dabei mit im Grunde den gleichen Regeln wie auch sonst. Unser Automa-Gegner Cassius wird hingegen vornehmlich durch ein Aktionkarten-Deck gesteuert. Hierüber werden leicht abgewandelte Versionen der regulären Aktionen ausgelöst. Spannnend finde dabei vor allem, dass die Wahl der eigenen Aktionen Auswirkungen auf das Deck von Cassius hat. Führe ich eine bestimmte Aktion aus, zum Beispiel das Einsetzen von Legionen, so bekommt Cassius eine weitere Militärkarte in sein Deck. Es wird also wahrscheinlicher, dass Cassius auch Legionen einsetzt. Gut finde ich an der Variante, dass nach Aufdecken der Karte ziemlich unmittelbar klar ist was man für Cassius vollführen muss. Bei manch anderen Automas musss man ja dann noch längere wenn -> dann-Listen konsultieren. Dies geht aber natürlich leider wieder ein wenig zu Lasten der Balance. So setzt Cassius seine Legionen eben nicht gezielt in Provinzen, sondern komplett zufallsbestimmt durch ein weiteres Kartendeck. Das kann für mich im Sinne der Mehrheitenwertung super laufen oder eben nicht. Der Zufall entscheidet es eben. Selbiges gilt für die Bauentscheidungen von Cassius und damit auch was er uns vorlegt bzw. ob er eine Medaille erlangt oder nicht. Er entscheidet sich halt einfach nicht für die für ihn beste Option, sondern für eine beliebige. Im Sinne einer flotten Spielbarkeit ist das super und macht Age of Rome zu einem Solospiel an dem ich persönlich mehr Freude habe, als an einem Titel wo ich ewig mit der Verwaltung des Automas beschäftigt bin. Man muss aber eben damit leben können, dass man nicht gegen einen intelligenten Gegner spielt, sondern gegen einen reinen Zufallsmechanismus.

 


Age of Rome ist in meinem Augen ein Titel, welcher seinen Sellingpoint in der Optik, seinem Material und dem ungewöhnlichen Twist mit der drehenden Provinzscheibe hat. Spielmechanisch sehe ich jedoch deutliche Schwächen und würde dazu raten den Titel nur allein, zu zweit oder viert zu spielen. Dann hat man einen schnell erklärtes Kenner-Spiel vor sich, welches man in 60-90 Minuten gespielt hat. Mit leichten Take-That-Elementen und Gevater Zufall sollte man aber auf jeden Fall leben können, um Freude an dem Titel zu haben. Im positiven Sinne bietet Age of Rome mechanisch gewissermaßen einen bunten Strauß Euro-Mechaniken in einem Spiel. Auch wenn ich nicht voll der Überschwanges für Age of Rome bin, so sehe ich in dem Titel für ein Erstlingswerk doch eine beachtliche Qualität und bin gespannt auf den kommenden Titel der beiden Autoren: Restart.

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Age of Rome

Autor: Vangelis Efthimiou und Antonius Yannopoulos

Erschienen bei Strohmann Games

Für 1-4 Spieler*innen ab 12 Jahren.

Spieldauer etwa 60-90 Minuten



Sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Hier Strohmann Games)
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