08.04.2024

Frontier Wars




Spiele mit Weltkriegs-Thema spalten wahrscheinlich die Brettspieler, wie kein anderes Thema. Es gibt jede Menge taktische Klopper, die zum Teil super komplex daherkommen und viele nicht nur thematisch abschrecken. Oder wir haben wilde Würfelei und Figurengeschiebe, wie z.B. bei Axis & Allies. So oder so, allein das Thema “Krieg” ist für viele ein No Go. Ich persönlich habe zwar kein Problem damit, finde es aber schon schön, wenn es dann historische Bezüge hat und ich evtl. etwas aus dem Spiel mitnehmen kann.

Mit Frontier Wars nun also ein Vertreter, der sich wahrscheinlich “dazwischen” sieht und als Einsteiger-Kriegsspiel verstanden werden will. Autor Maniel Agustín Burrueco Pizarro (was für ein Name!) hat ein Spiel geschaffen, das optisch an Spiele mit Würfel erinnert, aber tatsächlich keinen solchen enthält.



Spieler übernehmen eine von vier möglichen Rollen bzw. Staaten, zur Auswahl stehen die USA, das Vereinigte Königreich, Deutschland und Russland. Jede Nation hat dabei auch eine Sonderfähigkeit und unterschiedlich Start-Voraussetzungen. Des Weiteren wählt man je nach Spieleranzahl von 2–4 einen entsprechenden Plan und legt die Hex-Felder wie vorgegeben aus. Neben einfachen Landschaftsfeldern gibt es hier z.B. Städte, Flughäfen und Häfen. Diese Pläne geben dann auch die Siegbedingungen und eventuelle Regeländerungen vor.

Generell gibt es stets drei Wege, eine Partie zu gewinnen: alle gegnerischen Hauptquartiere zerstören, die vorgegebene Anzahl an Siegpunkten zu erhalten oder die Forschung an der Atombombe zu beenden.

Die Regeln und der Ablauf sind hierbei relativ einfach gehalten, so dass es tatsächlich als Einsteigerspiel dienen kann, zumindest innerhalb dieses Themenbereichs. Zu Beginn einer Runde wird stets die Zugreihenfolge bestimmt und zwar Anhand der aktuellen Siegpunkte, allerdings werden diese über die Runden hinweg nicht addiert, sondern in jeder Runde NEU bewertet. Heißt also, wenn die Siegbedingung 10 Siegpunkte ist, dann muss ich diese zu Beginn der Runde erhalten.



Weiter geht es mit Ressourcen-Karten, die es in drei Kategorien gibt: Angriff, Verteidigung und Taktik. Man darf immer mindestens eine Karte ziehen plus jeweils eine extra für jede Stadt, die man kontrolliert, dabei kann ich die Kategorien auch mixen. Bevor es zur Action übergeht, gibt es noch einen eher bürokratischen Akt und zwar Verstärkungen, die ins Feld kommen. Es gibt insgesamt vier Einheits-Arten: Infanterie, Artillerie, Panzer und Flugzeuge. Ein Hauptquartier produziert immer je Runde eins hiervon, jede Fabrik, die man besitzt eine mechanische Einheit und Zeltlager bringen uns Infanterien.

Haben alle Beteiligten entsprechend produziert, geht es mit der Action weiter und zwar in der entsprechenden Spielerreihenfolge. Der aktive Spieler kann hierbei alle Aktionen durchführen, die er möchte, aber in der vorgegebenen Reihenfolge! Zunächst können je eine Taktik- und Angriffskarte gespielt werden, danach dürfen alle Einheiten entsprechend ihrer Werte bewegt werden. Achtung: bewege ich meine Einheiten in ein Feld mit gegnerischen Einheiten, löse ich damit einen Angriff aus!



Nach der Bewegung kann ich aber erst noch neue Gebäude bauen, wofür ich eine Infanterie abgeben muss und damit dieses Gebäude überhaupt was produziert muss, eine weitere Infanterie im selben Feld vorhanden sein. Aber immerhin gibt es eine Medaille dafür. Danach werden dann eventuell entstehende Schlachten abgearbeitet und wie eingangs erwähnt ganz ohne Würfel! Wie genau läuft das jetzt?!


Zunächst darf der Verteidiger die entsprechenden Ressourcen-Karten spielen, die noch Einfluss nehmen, genau wie die bereits gespielte Angriffskarte. Weiter geht es mit zwei Initiativ-Leisten, die von links nach rechts abgearbeitet werden. Sofern vorhanden, startet immer die Artillerie des Verteidigers und zerstört eine Einheit entsprechend der Prioritätenliste, dann kommen die Panzer des Angreifers zum Zug und so weiter und so weiter. Die Nation, welche am Ende noch Einheiten hat, gewinnt die Schlacht und erhält eine Medaille zur Belohnung. Übrigens sind Gebäude automatisch zerstört, wenn sie nicht mehr verteidigt werden und gegnerische Hauptquartiere nehmen am Kampf teil, wie eine weitere Einheit.



Nach dem Kampf darf der aktive Spieler seine Taktik-Karten nutzen und darf final entscheiden, ob er eine seiner Ressourcen-Karten in die Erforschung der Atombombe investieren möchte. Jede Karte hat hier einen speziellen Wert von 1 bis 3 und sobald man die Summe 15 erreicht hat, ist die Forschung beendet und man hat gewonnen! ABER - Es gilt zu beachten, dass man immer nur so viele Karten in die Forschung legen kann, wie man Medaillen besitzt. Zum Abschluss gibt es noch ein wenig Aufräumarbeit, wenn man evtl. zu viele Einheiten an einem Ort hat und der nächste Spieler ist an der Reihe.

So nüchtern wie ich die Regeln nun erläutert habe, so nüchtern spielt sich dieses Spiel leider auch. Prinzipiell kann man alles vorab durchrechnen und kalkulieren, was natürlich den Initiativ- und Prioritätslisten geschuldet ist, aber dafür gibt es immerhin Karten, die Leben und Unplanbarkeit hineinbringen. Spielerisch geht das alles auch in Ordnung, wenn man diese Art von Rechnerei mag und man kann sicherlich daran seine Freude haben, aber ihr merkt wahrscheinlich schon, bei mir kam eher Langeweile auf.



Mir fehlt es hier an Emotion im Spiel. Allein die Missionspläne in der Anleitung sind sooooo knapp und trocken beschrieben und ohne jeden historischen Bezug! Es sind einfach lieblose Pläne, die thematisch alles sein könnten. Ganz am Ende gibt es ein paar wenige Pläne, die historische Schlachten zum Vorbild genommen haben, aber viel zu wenig. Auch die Optik und Darstellung ist alles eher langweilig und lieblos. Die Karten sind mit 0815-Bildern aus dem Zweiten Weltkrieg versehen, es gibt keine zusätzlichen Informationen oder dergleichen. Auch die “Miniaturen” erinnern mich an altes Kinderspielzeug, sie erfüllen zwar ihren Zweck, aber mehr auch nicht.

Ich will nicht abstreiten, dass die Kritikpunkte eher meinen persönlichen Geschmack betreffen, denn wie erwähnt spielerisch kann man sich hier sehr taktische Duelle liefern, aber eben auch verbunden mit viel Rechnerei und Grübelei. Die Schlachten sind prinzipiell schon fertig, bevor sie begonnen haben, zumindest wenn man keine Karte spielen konnte oder wollte. Hier fehlt mir wirklich ein Würfelwurf oder Ähnliches, was noch mehr Emotion und Schadenfreude an den Tisch bringt. Apropos Emotion: In der heutigen Zeit wünsche ich mir auch bei einem solchen Titel, dass ich aufgeklärt werde, wie schlimm das alles auch war. Aber nein, im Gegenteil - wir sind hier sogar aufgefordert, die Atombombe zum Sieg zu entwickeln! WTF?! Da lob ich mir z.B. Undaunted, welche sooo behutsam mit der Thematik umgegangen ist.



Zum Abschluss bleibt mir nur zu sagen, dass es kein Spiel für mich ist! Aber für Fans von taktischer Rechnerei erfüllt Frontier Wars sicherlich seinen Zweck und hat dank einiger Variationen und besonderer Felder auch einiges an Abwechslung taktischer Natur zu bieten. Also aus meiner Sicht eher ein Liebhaberstück und nicht massentauglich.



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Frontier Wars von Manuel Agustín Burrueco Pizarro
Erschienen bei Eclipse Editorial & Van Ryder Games
Für 2-4 Spieler in ca. 30-120 Minuten ab 12 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Eclipse Editorial / Van Ryder Games)