Das Leben in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts in den USA während der Prohibition war nicht leicht. Nicht nur, weil der Alkohol verboten war, sondern auch, weil man sich als Mafioso mit Monstern in den Schatten und Zaubertränken rumschlagen musste. Moment mal. Bitte was? Richtig gelesen. Wir haben mit With a smile & a gun also kein Spiel in einem realistischen Mafiasetting, wie es die Box vielleicht vorgaukeln mag. Was wir aber haben ist ein waschechtes 2-Personen-Spiel in einer kleinen Box und mit schickem Material, dass wir erstmal aufteilen: Beide Seiten bekommen eine Bossfigur sowie je 35 kleine Holzwürfel (= Handlanger). Die Polizei (= „das Spiel“) bekommt ebenfalls diese Würfel. Unsere Bosse kommen zusammen mit dem Schatten (ein „NPC“) auf die Leiste am Stadtrand und es gesellt sich ein kleines Board mit 13 W6-Würfeln dazu. Wir wählen eine Schatten- und eine Zaubertrankkarte zufällig aus und bestimmen damit quasi das Szenario für die Partie. Dann verteilen wir noch ein paar Plättchen und es geht los:
Gespielt wird über drei Runden mit je fünf Phasen. In Phase ein ziehen wir Ressourcenplättchen aus dem Beutel und legen sie zusammen mit den jeweils aufgedruckten Polizisten auf den Stadtplan. Außerdem wirft die Startspielende alle 13 Würfel und wir kommen zu Phase 2: Nach einander wählt jede/r je zwei Würfel aus. Mit einem Würfel lege ich fest, wie viele Felder sich mein Boss am Stadtrand bewegt. Anschließend lege ich in die so markierte Zeile oder Spalte des Spielbretts meine Handlanger: 3 ins benachbarte Feld, 2 ins Mittlere und 1 ins Entfernte. Anschließend bestimmt der zweite Würfel, welche Aktion ich machen darf. Es gibt 4 verschiedene Aktionen: Polizei in einen beliebigen Bezirk legen, einen eigenen Handlanger bewegen, einen beliebigen Holzwürfel entfernen, zwei eigene Handlanger in zwei benachbarte Bezirke legen. Sind alle Würfel bis auf einen verteilt, kommt der Schatten. Dieser bewegt sich ebenfalls entsprechend des Würfelwertes und führt dann die Aktion der Schattenkarte aus. Die Aktionen der Schattenkarte reichen von Polizei/Gegner entfernen, über Siegpunktverluste/-gewinne am Spielende, uvm (10 verschiedene an der Zahl). In Phase 4 addiert nun jede Seite die Augenzahl ihrer Aktionswürfel und bestimmt dadurch das eigene Fahndungslevel. Wer die niedrigere Zahl hat, bekommt eine Bonusaktion und darf einen eigenen oder zwei Polizeimarker in einen Bezirk setzen. In der letzten Phase werden die Bezirke nun nach einander gewertet. Wer die Mehrheit an Würfeln hat, darf sich als erstes eine Ressource von dort nehmen, danach Nummer zwei – und bei diesem Ranking spielt natürlich die Polizei eine Rolle und wählt Ressourcen nach einer festgelegten Prioritätenliste aus. Sollte es einen Gleichstand beim ersten Platz geben, wird der Bezirk gar nicht gewertet und alles bleibt liegen, wie es ist. Bei einem Gleichstand um den zweiten Platz, gehen beide leer aus. Hat es eine Wertung gegeben, werden anschließend alle Würfel und ggf. übrig gebliebenen Ressourcen entfernt.
Die erhaltenen Ressourcen haben immer zwei Seiten und ich muss mich jedes Mal direkt beim Erhalt entscheiden, welche ich nutze: Nutze ich die Seite, die mir am Ende des Spiels einen Siegpunkt bringt oder nutze ich die Seite, die am Spielende in die Mehrheitenwertung einfließt (bzw. beim Zaubertrank: die Seite, die den Zaubertrank auslösen kann)? Am Spielende wird nämlich geschaut, wer von jeder Plättchenart die meisten hat und es gibt Bonuspunkte. Hat man gar als einzige/r eine Ressource (ein Monopol), verdoppelt sich dieser Bonus sogar. Für die Zaubertränke gibt es keine Mehrheitenwertung, da mit dieser Ressource – sofern man nicht den Siegpunkt gewählt hat – der Effekt der Zaubertrankkarte genutzt werden kann und das Plättchen dafür abgegeben werden muss. Die Effekte reichen von Würfel neuwerfen, Ressourcen verdoppeln, über das Ändern der Reihenfolge beim Handlanger in Bezirke legen hin zu Extrapunkten am Spielende.
Wer nach den drei Runden und der Schlusswertung die meisten Punkte hat, gewinnt das Spiel. Wer später etwas mehr „Herausforderung“ sucht kann auch mit den Monster-Schatten spielen, die nicht auf der Leiste rumlaufen, sondern in einem Bezirk lauern und Boni bringen, wenn man sie für sich nutzt. Dazu gesellt sich noch ein Solo-Modus mit einer Automata-Gang und einer zehnteiligen Solo-Kampagne mit Sonderregeln für jede Partie.
Soweit der Spiel- und Materialüberblick. Meine Meinung lässt sich gar nicht so leicht fassen. Denn zuerst war ich etwas enttäuscht. Hatte ich doch ein Mafia-Spiel erwartet. Bekommen habe ich ein Spiel mit Monstern im Schatten und Zaubertränken, aber das Setting an sich ist eigentlich nicht schlimm, denn es spielt eigentlich keine Rolle. Nach den ersten Partien zeigt sich nämlich schnell, dass wir es hier eigentlich mit einem staubtrockenen, abstrakten Puzzle-Duell-Spiel zu tun haben. Und hätte ich das von Anfang an gewusst, wäre ich nicht enttäuscht gewesen. Durch das 3x3-Raster und die drei Runden mit je drei Aktionen und dem Wissen, dass wir 3-2-1 Steine legen, geht es hier eigentlich die ganze Zeit darum, zu zählen: Wo brauche ich eine Mehrheit? Wo kann ich sie erreichen? Wo muss ich dafür stehen? Wie weit läuft der Schatten, wenn ich jetzt diese Würfel für mich nehme und ist das gut für mich oder meinen Gegner? Das fordert, ohne anstrengend zu sein. ABER: So richtig punktet With a smile & a gun tatsächlich erst im Solospiel. Denn bei der Automata-Gang wissen wir (fast) immer, was sie als nächstes tun wird (= sie nehmen immer den Würfel, der sie am nächsten an unsere eigene Figur heranbringt) und das Spiel verwandelt sich in ein reines Knobelspiel mit Anspruch – und dank der Minikampagne laufend veränderten Grundbedingungen.
Was bleibt also? Ein recht schickes, im Herzen abstraktes Area-Control/Dice-Drafting-Duell mit aufgesetztem Thema und ein doch toller Solo-Knobel-Puzzler mit schönem Material.
With a smile & a gun von Amanda Vallerand
Erschienen bei Spiel das!
Für 1 - 2 Spielende in 30 Minuten ab 12 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Spiel das!)
*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine zusätzlichen Kosten, wir erhalten eine kleine Provision.