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30.06.2025

Obscurians


Wer jemals gedacht hat, dass der interstellare Schwarzmarkt ein dröger Ort ist, hat vermutlich nie die Wunderlampe in der Hand gehalten und drei Wünsche geäußert – etwa für bessere Würfel, raffiniertere Pläne oder einfach nur für ein wenig mehr Vorhersehbarkeit und Durchsicht. In Obscurians von Funtails tauchen wir ein in die zwielichtige Welt eines Schrottbasars auf einem Wüstenplaneten, wo niemand ist, wer er zu sein scheint und jede Handlung eine Finte sein könnte. Funtails sind Spezialisten für Deduktionsspiele, z.B. Feed the Kraken und die deutsche Lokalisation von Blood on the Clocktower, und servieren hier ein Spiel, das mit hochwertigem Spielmaterial glänzt und uns unsere Absichten verschleiern lässt.


Spielablauf: Würfeln, Waren tauschen, Verdächtigen

Jeder Spielende übernimmt die Rolle eines Obscurians, Schattenhändler mit geheimem Auftraggeber, der bestimmte Warenkombinationen verlangen. Ziel ist es, durch das geschickte Einsetzen von fünf Würfeln (Handlangeraktionen) Waren zu stehlen, zu tauschen, weiterzureichen oder zu sichern, dabei möglichst unauffällig zu bleiben und gleichzeitig andere zu enttarnen und ihre Rollen zu erraten.

Wer wem welche Ware warum gibt (oder nimmt), ist Kern der Deduktion: Mittels Verdachtchips versucht man, die Ziele der anderen zu erraten. Richtige Einschätzungen bringen am Spielende Punkte. Spannend wird es außerdem durch die asymmetrischen Rollen und die Rundenkarten, die jeder Runde einen neuen Effekt geben – von Sonderwürfen bis zu Aktionsverboten. Das Spiel endet abrupt, sobald der Sandsturm aufgedeckt wird – bis dahin sammelt man Punkte durch Waren, die dem eigenen Auftrag entsprechen und richtige Verdächtigungen.


Schnell verinnerlicht, abwechslungsreiche Aufträge

Besonders hervorzuheben in Obscurians ist zunächst die Materialqualität der Deluxe-Edition: Die Übersichtstableaus, Chips, Marker und Waren sind nicht nur hochwertig und funktional, sondern auch atmosphärisch gestaltet und vermitteln sofort das Gefühl, sich mitten auf einem schillernd zwielichtigen Weltraumbasar zu befinden. Die Illustrationen sind stimmig und heben das Setting zusätzlich hervor. In Kombination mit einem klaren und zugänglichen Spielablauf entsteht ein Einstieg, der auch weniger versierte Spielende nicht überfordert, zumal die zugrunde liegende Mechanik schnell verinnerlicht ist.

Die unterschiedlichen Auftragskarten für unsere Rollen greifen auf mehr oder weniger bekannte Mechanismen zurück – etwa Set Collection, Farbenmehrheiten oder gezielte Reduktion. Eine Rolle gibt es auch, mit der wir das Spiel gewinnen, wenn wir die wenigsten Punkte haben. So macht es Spaß, gezielt Waren zu sammeln (oder loszuwerden), um das eigene Ziel zu erreichen. Natürlich sollten wir dies aber nicht zu offensichtlich tun, weil unsere Rolle sonst schnell erraten ist. Die Mechanik mit den Verdächtigungen erinnert stellenweise an Camel Up, wenn mehrere gleichzeitig auf verdeckte Ziele wetten – nur eben mit gezieltem Kalkül.

Ergänzt wird das Ganze durch die Rundenkarten und die geschickte Steuerung der Spielerreihenfolge über die „Wunderlampe“, mit der sich taktische Möglichkeiten ergeben, die den eigentlichen Spielzug hinauszögern oder frühzeitig beenden können. Sie wird wie eine Ware gestohlen, verschoben, getauscht, um sich selbst in die beste Position zu bringen.


Würfelglück in größerer Runde

So weit, so gut – allerdings hat Obscurians auch ein paar Schattenseiten, die über den Basar hinausreichen. Die vielleicht größte Schwäche ist der starke Einfluss des Würfelglücks. Zwar darf man gegen Abgabe eines Verdachtchips neu würfeln, doch das grundsätzliche Dilemma bleibt: Wer schlecht würfelt, dem bleiben häufig nur die unattraktiven Aktionen. Zusätzlich wirkt es im Spielverlauf nicht selten frustrierend, wenn ein aufwendig geplanter Zug durch eine simple Gegenaktion des nächsten Spielenden direkt wieder ausgehebelt wird. Ein Tausch oder ein Raub genügt und der eigene Zug ist wieder rückgängig gemacht. Gerade bei den Aktionsarten entsteht dadurch teilweise ein Gefühl von Beliebigkeit.

Hinzu kommt, dass der Ablauf insgesamt doch recht mechanisch wirkt: Würfeln, Aktion wählen, Waren handeln, weitergeben – die Züge folgen einem strengen Rhythmus, bei dem selten wirkliche Überraschungsmomente entstehen. Auch das Spielende, das durch das zufällige Auftauchen der Sandsturmkarte ausgelöst wird, kommt extrem abrupt. Einerseits verhindert dies, dass das Spiel zu sehr ausrechenbar ist, andererseits kann ein geplantes Finale so einfach wegbrechen, ohne dass man seine Strategie zu Ende führen konnte.


Und schließlich: Obscurians lebt von seiner sozialen Dynamik – und die entfaltet sich nur bei einer höheren Spielerzahl. Zu viert funktioniert das Spiel zwar formal, aber die Dichte an Verdächtigungen, Wechselwirkungen und falschen Fährten erreicht dann nicht das Maß an Interaktion, das die Spielidee eigentlich verdient. Je größer die Runde, desto lebendiger und reizvoller das Spielgefühl. So viele Personen muss man aber erst mal an den Tisch bekommen.

Fazit: Deduktion mit solidem mechanischem Fundament

Obscurians bietet eine clevere Mischung aus verdeckter Zielverfolgung, taktischem Ressourcenmanagement und subtiler Deduktion. Die Materialqualität und das Spielkonzept wissen zu überzeugen, ebenso wie die unterschiedlichen Aufträge und die stetig wechselnden Bedingungen durch die Rundenkarten. Gleichzeitig bleibt ein Eindruck von mechanischer Routine und der Glücksfaktor ist nicht ganz zu leugnen. Als taktischer Absacker oder kurzer Bluff-Basar ist Obscurians gut platziert. Kein abendfüllendes Event, aber ein angenehm kurzes Scharmützel mit viel Raum für Verdacht, Verrat und intergalaktischen Waren-Tausch.
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Obscurians von Rocky Bogdanski und Kai Wetzel
Erschienen bei Funtails
Für 4-7 Spielende in ca. 30-60 Minuten ab 12 Jahren

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Funtails)