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31.10.2025

Video Game Champion


Die 90er – das waren Röhrenfernseher, durchgezockte Nachmittage und viel zu wenig Taschengeld für all die Spiele, die man unbedingt haben wollte. Video Game Champion greift genau dieses Gefühl auf und macht daraus ein Kennerspiel mit einer besonderen Aktionsauswahl und Set Collection-Mechanik. Zwischen Pixelnostalgie und Controllerwahl entsteht dabei ein Spiel, das mechanisch clever konstruiert ist, aber gleichzeitig der Übersichtlichkeit zu kämpfen hat.

Video Game Champion hatte bei mir keinen ganz leichten Start. Nachdem ich bei den Rezensions-Kollegen von „The Dice Tower“ auf das Spiel aufmerksam geworden war, stand es recht weit oben auf meiner Favoritenliste auf der SPIEL-Messe 2024. Ganz überrascht war ich, dass es dort sogar eine deutsche Variante des ursprünglich brasilianischen Spiels geben sollte. Leider war die Regelerklärung am Test-Tisch dann aber so unterirdisch, dass wir die Probe-Partie abbrechen mussten und ich erst einmal ziemlich konsterniert war von der Erfahrung. Nun ist das Rezensionsexemplar des belgischen Verlags (einem Ableger von SitDown Games) bei mir auf dem Schreibtisch gelandet und gerne wollte ich dem Spiel eine zweite Chance geben.


Spielablauf: Controller-Plättchen sammeln, Aktionen auslösen

In Video Game Champion steuern wir unsere Kindheitsträume über eine die Verzahnung der Controller- und Aktions-Plättchen. In jeder Runde wählen wir einen Controller mit einer Zahl von 0 bis 9 aus einem 4×4-Raster. Je nachdem von welcher Position wir den Controller aufnehmen, können wir die Aktion der Spalte oder der Reihe auslösen und durchführen. Zur Auswahl stehen Aktionen wie die Eltern um ein Videospiel-Geschenk anzuflehen, am Zeitungskiosk ein Spieleheft kaufen, die Großeltern besuchen, um Taschengeld zu erhalten oder natürlich in der Videothek Videospiele auszuleihen.

Die gesammelten Controller nutzen wir, um die geliehenen oder geschenkten Spiele anzuspielen oder durchzuspielen. Je nach Spiel erfordert dies Gruppen von Zahlen oder aufsteigende Zahlen in einer oder mehreren Farben. Durch das Adrenalin, das beim ersten Spielen eines Spiels frei wird, erhalten wir wieder ein neues Controller-Plättchen. Diesen Ablauf gilt es gut zu optimieren und so einerseits die richtigen Controller zu sammeln und andererseits passende Aktionen zu wählen, um überhaupt an die richtigen Spiele zu kommen.

Das Spiel läuft über 5 Wochen, in denen jeder 3 Aktionen durchführt. Am Ende erhalten wir Punkte für die Anzahl der angespielten Spiele, unsere durchgespielten Spiele, einige ausliegenden Ziele und ein kleines Spieler-Tableau, auf dem wir Kristalle sammeln, die wir erhalten, wenn wir ganz neue Spiele erhalten. Wer die meisten Punkte sammelt, wird zum Video Game Champion gekrönt.


Thematisch stark, aber unübersichtlich

Was Video Game Champion wirklich gut macht, ist die thematische Einbindung. Die Controller, die Spiele, die Aktionen: alles fühlt sich so an, als würde man seine eigene kleine 90er-Jahre-Zockerhöhle managen. Besonders gelungen ist die Verknüpfung aus dem Set Collection-Element und der Aktionsauswahl. Eigentlich will ich unbedingt die blaue 8, um meine Reihe zu ergänzen, aber ich brauche doch auch Geld für meine nächste Videospiel-Ausleihe! Das sorgt für spannende Entscheidungen. Auch die Adrenalin-Mechanik ist clever und lässt mich strategisch vorplanen. Wenn ich mit meiner 4-5 das Spiel nur anspiele, erhalte ich einen neuen Controller und gerade liegt da eine 2 aus, die ich für meine 2er-Gruppe brauche…

Leider wird dieser Spielfluss oft durch die Präsentation des Spiels ausgebremst. Die Spielregel ist unübersichtlich, Beispiele fehlen und Wichtiges ist nicht genug hervorgehoben. So sind Spielfehler vorprogrammiert und ich wundere mich gar nicht mehr über meinen negativen Ersteindruck von der Spielemesse. Außerdem wirkt die Auslage schnell überfrachtet. Es gibt kein Spielbrett, dafür aber eine Auslage für Controller- und Aktions-Plättchen, eine umfangreiche Auslage mit der Videospiel-Ausleihe, ein paar Karten im Geschäft, die Zeitungen im Kiosk, die Zielkarten… das macht insgesamt zu viele Farben, Symbole und Kartenbereiche, die ohne Spielerfahrung nur schwer zu durchdringen sind. Die Karten selbst sind liebevoll und gelungen im Retro-Pixel-Look gestaltet. Das zugegeben hübsche Artwork nimmt aber so viel Platz auf den Karten ein, dass die Symbole etwas untergehen. So wird das Grafikdesign dem Spiel eigentlich nicht gerecht und schreit schon jetzt nach einer Neuauflage.


Hinzu kommt: Der Wiederspielreiz ist begrenzt. In einer Partie sieht man alle verfügbaren Spiele, ihre Anforderungen ähneln sich und wir erleben alle Aktionsmöglichkeiten. Überraschungen oder Entdeckungen bleiben weitgehend aus.

Fazit: thematisch und mechanisch stark, aber sperrig

Video Game Champion ist ein Spiel mit viel Liebe zum Thema und einer mechanisch starken Grundidee. Wer die Einstiegshürde überwindet und sich in der überdimensionierten Auslage zurechtfindet, wird mit einem angenehm taktischen, thematisch eingebetteten Spielerlebnis belohnt. Das Spiel verlangt aber Übersicht und Geduld, gerade in den ersten Partien. Solide Leistung mit Potenzial, aber der Highscore ist noch nicht geknackt.
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Video Game Champion von Patrick Matheus und André Luiz Silva Negrao
Erschienen bei Huch
Für 2-5 Spielende in ca. 50-90 Minuten ab 14 Jahren

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Huch)