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26.10.2018

Fort Sumter


Fort Sumter hat eine eigenwillige Thematik, gerade für uns Europäer. US-amerikanische Geschichte ist – wenn sie nicht mit internationalen Ereignissen verknüpft oder besonders aktuell ist – weit entfernt von unserem Wissenshorizont. Zumindest geht es mir so. Klar, der Unabhängigkeits- und der Bürgerkrieg etwa sind mir ein Begriff, aber viel tiefer reicht das Geschichtsverständnis nun mal nicht. Entsprechend vorsichtig näherte ich mich Fort Sumter, das einen kleinen, aber essentiellen Punkt der US-amerikanischen Geschichte als Grundlage für ein Brettspiel nimmt. 


Es ist erstaunlich und großartig zugleich, in welch ein tolles Spiel diese Thematik eingepackt wurde. Trotz der anspruchsvollen (manch einer möchte vielleicht auch „dröge“ sagen) Thematik ist eine Runde Fort Sumter schnell erklärt und gespielt. Exakt zwei Spieler, nicht mehr und nicht weniger, schlüpfen in die Rollen der Nord- bzw. Südstaaten und lenken deren Geschicke in der politischen Krise, die den Ausbruch des Sezessionskrieges zur Folge hatte. Das Spiel endet mit dem Bombardement von Fort Sumter und dem Beginn des Krieges. Ziel der Spieler ist es also, im Verlauf der Krise eine bessere politische/militärische Stellung zu erlangen als der Gegner. Mit anderen Worten: Wer auf diese Weise mehr Siegpunkte erlangt, gewinnt auch.


In drei Runden spielt man abwechselnd drei seiner vier Handkarten aus, um mit ihnen die Kontrolle über bestimmte lokale oder abstrakte Aspekte der sich anbahnenden Krise zu erlangen. Die vierte Karte wird aufgehoben und kommt in der „finalen Krise“ zum Einsatz, um das Blatt durch einen Schuss Zufälligkeit vielleicht doch zu den eigenen Gunsten zu wenden. 

Die Karten, die die Spieler aus demselben Kartensatz zugeteilt bekommen, können für ihren Zahlenwert (1 bis 3) gespielt werden, um eine entsprechende Anzahl Holzwürfel der eigenen Farbe einem Aspekt der Krise zuzuordnen. Zu diesen Aspekten gehören das Militär, die Politik, die öffentliche Meinung und die Abspaltung der Südstaaten. Diese Aspekte werden jeweils mit drei Feldern auf dem Spielbrett repräsentiert. Wer nach einer Runde alle Felder eines Aspekts kontrolliert, erhält einen Siegpunkt. 

Daneben erhalten die Spieler in jeder Runde eine (geheime) Zielkarte, die sie mit der Kontrolle eines ganz bestimmten Feldes auf dem Spielplan beauftragt. Wer am Ende der Runde die aufgetragenen Felder kontrolliert erhält je einen weiteren Siegpunkt, soll heißen, kontrolliert der Gegner das Gebiet auf meiner Zielkarte, erhält dieser auch den Siegpunkt. Daneben erlauben diese Karten den Spielern eine zusätzliche Aktion, sofern es ihre eigene Karte ist, die sie erfüllt haben. 


Obwohl oder gerade weil die Aktionsmöglichkeiten relativ begrenzt sind – und zwar runden- wie auch spielübergreifend – fühlt sich Fort Sumter sehr kompakt und dicht an. Man hat das Gefühl, dass jede Entscheidung enorm wichtig ist und tatsächlich ist es mehr als einmal passiert, dass Fehlentscheidungen schwer bestraft werden. 

Die historische Asymmetrie, die zwischen den Konfliktparteien herrscht, wird durch die Karten widergespiegelt: Statt ihres Zahlenwerts können Karten auch für die abgedruckte Aktion eingesetzt werden, vorausgesetzt, sie darf von der eigenen Partei verwendet werden. Den Separatisten stehen dabei mehr Aktionen im Aspekt der Sezession zur Verfügung, während die Nordstaaten mehr Einfluss auf die öffentliche Meinung ausüben können. 

Der umfangreiche Anhang vermittelt nicht nur höchst unterhaltsam die historischen Umstände, die Fort Sumter zugrunde liegen, sondern auch den Anspruch des Autors Mark Herman, das Spiel so fair und zufallsunabhängig wie möglich zu gestalten. Und tatsächlich kann man nur sehr selten von Pech sprechen, wenn man das Gefühl hat, unpassende Karten gezogen zu haben. Und selbst dann ließe sich dieses scheinbare Pech durch kluge Züge ausgleichen. Fort Sumter ist leicht zu erlernen, aber sehr, sehr schwer zu meistern.


Das hat zum Teil auch mit der hohen Abstraktheit mancher Vorgänge zu tun, allen voran der finalen Krise: Die drei zuvor zurückgelegten Karten werden in drei Runden gleichzeitig aufgedeckt und die darauf abgebildeten Aspekte der Krise miteinander verglichen. Sind es dieselben Aspekte, müssen die Spieler Würfel vom Spielbrett entfernen; sind es unterschiedliche, dürfen Würfel in den angezeigten Aspekt verschoben oder neu eingesetzt werden. Danach wird die Kontrolle über die einzelnen Aspekte noch einmal gewertet. Einen Extrapunkt gibt’s dabei für die Kontrolle über Fort Sumter und einen weiteren, wenn man mindestens drei oder mehr ungenutzte Holzwürfel als der Gegenspieler besitzt.


Diese Mechanik nicht willkürlich, sondern mit strategischem Kalkül durchzuführen, ist überaus herausfordernd und dürfte nicht jedermanns Geschmack sein. Das muss natürlich auch von der Thematik und der Aufmachung des Spiels gesagt werden, die zwar stimmig, aber auch sehr braun und beige daherkommt.

Dennoch: Wer ein knackig-komplexes, schnelles Strategiespiel für zwei sucht, das durch seine abstrakten Mechaniken längere Zeit undurchschaubar bleibt, sollte über die Anschaffung von Fort Sumter durchaus nachdenken. Vorausgesetzt, man kann sich mit der Thematik anfreunden oder über sie hinweg sehen.

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Fort Sumter von Mark Herman
Erschienen bei GMT Games
Für 2 Spieler in ca. 30 Minuten
Boardgamegeek Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier GMT Games)