29.08.2019

KHG: Korrupte haben Geld


KHG – Geldsammeln für Satiriker

[Wiener Akzent an] Als kleiner Bursche hot mir mein Herr Vater immer g’soagt: „Den schnöden Mammon erlegst net mit ehrlicher Oarbeit.“ Wenn er doch nur sehen hätte könne, wir recht er doamit haben sollte. Als Stadtrat hoatte ich ein auskömmliches Einkommen. Oaber erst seit diesem Besuch in der Disko ist oalles anders. I doacht, i würde das werte Fräulein einfach nur einchampanier’n und dann bei mir ein wenig rumschnackseln. Doabei war sie gezielt wegen mir dort. Sie brauchte mich und wollte mir helfen, ebenfalls viel Geld zu verdiene. Dafür sollte ich mich nur mit der Redlichkeit etwoas einschränken. Noach einigen Zuwendiungen und Gefallen von Ihren Freunden aus Wirtschaft und Politik, stieg ich dann schnell zum Landrat auf. Mein privates Salär ist mittlerweile auf eine, soagen wir mal, ausreichende Summe angestiegen. Wenn ich so weiter mache, habe ich in naher Zukunft, oalles Geld der Staatskasse unter meiner bescheidenen Kontroll. [Wiener Akzent aus]


Stilsichere Korruption – Das Spielmaterial

KHG: Korrupte haben Geld ist ein hübsch gestaltetes Wettrennen um das große Geld. Alle Materialien folgen einem Stil, der zwischen 70iger Minimalisierung und Werbeanzeigen der 50iger liegt. Das lockert nicht nur die Atmosphäre auf, sondern unterstützt durch die fehlende aufwendige Bebilderung noch die Abstraktion. Bilder würden hier auch fast zu aufwendig wirken und die simplen Regeln konterkarieren.
Neben verschiedener Marker für die 4 Freundschaftsdienste, gibt es außerdem Korruptionsfälle, Depots und „Macht & Intrigen“ in Kartenform. Diese sind schön übersichtlich gestaltet. Die Symbole sind einfach zu verstehen, die Auswirkungen jeder Interaktion gut erkennbar und insgesamt sehr passend zum restlichen Spiel designt.


Hier fügt sich auch nahtlos das minimalistische Spielbrett und das kurze Regelwerk ein. Beim Regelwerk hätte man für meinen Geschmack mit einfachen Mitteln dafür sorgen können, dass sich die Grafiken besser vom restlichen Text abheben. So hätte man es mir ersparen können, dass ich mich frage, was dieser oder jener Wert bedeuten mag, bevor ich dies erst wesentlich weiter unten auf der Seite oder erst auf der Folgeseite erklärt bekomme.
Einzige das umfangreichere Heft zu den Hintergründen des Spiels wirkt durch diesen Stil etwas weniger einladend und hätte von einer aufwendigeren Gestaltung profitieren können.

Freundliches Geld vom Staat für mich – Das Spiel

Zu den Regeln von KHG gibt es im Groben nicht viel zu sagen. Jeder Spieler der 3 bis 4 Spieler startet mit 400.000 Kronen. Das restliche Geld bildet die Staatskasse. Ist diese leer endet das Spiel und der Spieler mit dem meisten Geld gewinnt. Geld gewinnt man durch Korruptionsfälle. Diese bekommt man, indem man auf diesen Fällen nach einem Würfelwurf mit einem D12 landet und die nötigen Ressourcen, in Form von Freundschaftsdiensten und Geld, bezahlen kann.


Korruptionsfälle unterscheiden sich in 2 Kategorien: die Normalen und die Packelei. Erstere kann man auch allein abschließen. Einfach bezahlen, würfeln und kassieren. Doch bei Packelei braucht immer einen anderen Spieler. Dabei ist die Teilnahme freiwillig und der Ausgang ungewiss. Auch der Ausgang ist nicht sicher. Denn nachdem sich zwei Spieler gefunden haben, muss jeder etwas zu diesem Korruptionsfall hinzufügen. Anschließend entscheidet jeder Spieler geheim, ob er darüber schweigen will oder damit an die Öffentlichkeit geht. Dabei profitieren nur dann beide Spieler, wenn beide Spieler die Klappe halten. Sagt einer was, verliert der andere alles. Sagen beide was, gehen alle leer aus. So entwickelt sich bereits mit der ersten Packelei eine Spannung zwischen den Spielern. Wen frage ich zuerst? Wer hat mich schon betrogen? Wer liegt vorn? Wer braucht meine Hilfe? Wer gönnt mir den Besitz des Korruptionsfalls?

Denn der Besitz von Korruptionsfällen ist nicht nur gut für den sofortigen Gewinn. Wenn man über Start oder Freundschaftsdienst kommt, erhält man zusätzliches Geld für jeden Korruptionsfall den man besitzt. Außerdem gibt es zusätzlich den Bonus eines Korruptionsprofis, wenn man die meisten Korruptionsfälle aus einer der 3 Kategorien hält.

Doch der Besitz ist nicht von Dauer und somit auch der Bonus des Korruptionsprofis nicht. Denn kommt ein anderer Spieler auf meinen Korruptionsfall, kann er diesen von mir klauen, was ihn Freundschaftsdienste kostet, oder einfach wieder für jeden verfügbar machen. Dabei entscheidet ein einfaches Würfelduell, wer gewinnt und wer kassiert. Ein einfacher Trick, der das Spiel bis zum Schluss spannend hält, die Monopoly-Routinen von KHG aufbricht und dabei extrem familienfreundlich bleibt.


Diese Mechanismen sorgen nicht nur für ein sehr spannendes Spiel, sondern auch für ein angenehm kurzes. Einzig die Gefahr, dass durch ein Spiel KHG Freundschaften in die Brüche gehen, ist wesentlich höher, als bei Monopoly. Manch einem mag ein kalter Schauer über den Rücken laufen, wenn er den Vergleich mit Diplomatie hört.

Winke, winke mit viel Pinke, Pinke – Das Fazit

KHG ist von der Siegoption in einer Kategorie mit Monopoly, es ist so einfach, wie Siedler von Catan, es hat das gleiche Freundschaften-Zerstörungspotenzial, wie Diplomatie und eine gehörige Portion Wiener Schmäh. Außerdem kann es für Experten genauso spaßig sein, wie für Anfänger. Was kann da noch schief gehen? Nichts, wenn man einen schönen Abend mit Familie und Freunden erleben will, beidem ein paar kleine spaßige Zwiste genauso wenig fehlen dürfen, wie das Gefühl, mal so richtig reich und korrupt zu sein.

Wenn ihr also die Möglichkeit habt eine Partie zu spielen, dann schnappt euch all eure Schwarzgeld-Koffer und würfelt euch vielleicht nicht reich, aber doch korrupt.

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KHG: Korrupte haben Geld von Christian Felsenreich und Klaus Hofegger
Erschienen bei Gamification
Für 3 bis 4 Spieler in ca. 120 Minuten
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Gamification)