07.09.2019

Jagged Alliance


Jagged Alliance ist eine erfolgreiche Videospiellizenz, die ich nicht kenne. Kein Problem für mich, da auch das Spiel dahinter überzeugen können muss. Oder kommt etwa der große Charme doch eher vom Thema selbst?

In Jagged Alliance spielen wir eine Kampagne, in der wir kooperativ eine Söldnertruppe steuern und immer wieder unterschiedliche Missionen absolvieren müssen. Während der Kampagne schalten wir nach und nach Gegenstände frei, bekommen Verbündete und treiben die Story voran. Vorweg: Das macht Spaß, erfordert aber – wie immer bei Kampagnenspielen – eine relativ feste Gruppe, die gewillt ist, die Kampagne möglichst zeitnah durchzuziehen. Für mich persönlich ist das immer schwierig und oft ein Ausschlusskriterium für ein Spiel. Ich habe einfach zu häufig Lust eine Neuheit zu spielen, anstatt wochenlang an einem Spiel zu tüfteln (Gloomhaven und KDM bilden die Ausnahme). Das ist aber eine höchst individuelle Entscheidung und ich weiß, dass viele andere genau in einer Kampagne den Reiz sehen. Die Kampagne bei Jagged Alliance ist allerdings recht kurzweilig. Die einzelnen Szenarien sind schnell gespielt und natürlich besteht auch immer die Möglichkeit den ein oder anderen Spieler aussetzen zu lassen bzw. gar auszutauschen.


Spielerisch definiert sich Jagged Alliance aber keineswegs nur über das Thema und die Kampagne – welche zugegebenermaßen recht schick aufgebaut ist und dabei nicht zu lang. Der Grundmechanismus ist wohl am ehesten mit dem von Conan/Batman von Monolith zu vergleichen. Jeder Charakter hat eine gewisse Anzahl an Aktionssteinchen, die gleichermaßen für Aktionen eingesetzt werden müssen, aber auch als Lebensmarker gelten. Das hat den Charme, dass die Verwundungen extrem thematisch dargestellt werden. Jede Verwundung zieht Aktionssteine ab, die den Charakter schwächen und dazu führen, dass er weniger Aktionen durchführen kann. Die ständige Entscheidung eines jeden Spielers ist, dass man mit seinen Aktionen haushalten muss, denn ich bekomme nur jede Runde eine gewisse Anzahl zurück. Verausgabe ich mich diese Runde, oder spare ich für den ultimativen Schlag auf?


Nicht umsonst hat mir dieser Mechanismus bei Conan/Batman bereits extrem gut gefallen, wobei er dort noch umfangreicher ist, da die Steine auch zum Verteidigen eingesetzt werden müssen, demnach noch die weitere Überlegung ins Spiel kommt, ob man nun eher angreift, oder für den Verteidigungsfall noch Aktionen aufhebt. Der Mechanismus in Jagged Alliance ist also simpler, aber keinesfalls weniger interessant. Er ist hier sogar schneller und führt zu weniger Grübeln. Mir persönlich gefällt das gut, da man so teilweise auch recht schnell und fluffig spielen kann.

Jagged Alliance ist dabei ein sehr taktisches Spiel. Unterschiedliche Gegnertypen warten in unterschiedlichen Zonen auf der Karte, die ich möglichst erledigen sollte, bevor sie die Möglichkeit haben zurück zu schießen – denn in Jagged Alliance kann es auch ganz schnell mit den Lebenspunkten nach unten gehen. Angegriffen wird über Aktionssteine, die ich investiere und anhand meiner mitgeführten Waffe unterschiedlich farbige Würfel werfe. Oft habe ich die Möglichkeit extra Aktionen zu verwenden, um besonders viele Würfel zu werfen. Risk and Reward ist also hier die Frage. Immer wieder stellt das Spiel die Spieler auch vor Situationen, dass man die Aktionen durchrechnen könnte. Das dauert aber keineswegs lange, da die Optionen (Aktivierungsreihenfolge, Waffenwahl) übersichtlich sind. Übersichtlich aber in einem positiven Sinne.


Insgesamt fühlt sich Jagged Alliance nach einem kurzweiligen und taktischen Spiel an. Ein Szenario kann auch gut und gerne in unter einer Stunde durchgespielt werden. Oft gibt es die Möglichkeit in einem Szenario länger zu verweilen, um Boni für die Kampagne freizuschalten oder alternativ schnell das Ziel zu erledigen, dafür aber hilfreiche Goodies nicht zu bekommen. Viel hängt natürlich auch vom Würfelglück ab, was aber durchaus gut durch entsprechende Planung unter den Spielern abgemildert bzw. kontrolliert werden kann. Jagged Alliance fühlt sich oft nach einer lockeren Runde an, bei der man ein paar Würfel wirft und sich durch den Jungel schießt. Dann gibt es aber auch wieder Situationen, bei denen man bewusst das Tempo nehmen sollte und genau überlegt, wie man nun taktisch am besten vorankommt – denn das Spiel kann hart sein.


Für mich persönlich stellt sich nun die Frage, ob Jagged Alliance einen Platz in einem Spieleschrank mit ähnlichen Titeln wie Conan oder Batman haben kann. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass alle drei Titel vom Spielgefühl und den Grundmechanismen schon sehr ähnlich sind, sodass es vermutlich wenig Gründe gibt, alle drei Titel in seinem Schrank zu haben. Schlussendlich kommt es vielmehr auf die eigenen Interessen bzgl. des Themas an. Conan und Batman haben zudem einen Overlord, während Jagged Alliance rein kooperativ ist. An dieser Stelle muss man aber nochmal erwähnen, dass die Gegeneraktivierung in Jagged Alliance übersichtlich ist. Ich sehe durchaus Fans des Videospiels, die im Brettspiel ihren heiligen Gral haben. Einer meiner Mitspieler kennt die Videospielreihe und erkannte die Charaktere, die Karten, die Welt. Ich persönlich bevorzuge weiterhin Conan und Batman, da ich dort mit den Themen mehr anfangen kann und sich dort einzelne Szenarien losgelöst spielen lassen und keine Kampagne nötig ist. Klar kann man in Jagged Alliance uch eine zufällige Karte zusammenwürfeln und ein lockeres Szenario spielen, aber das ist eben nicht das selbe, wie die thematisch konzipierten Einzelszenarien bei Conan und Batman.


Schlussfazit gefällig? Jagged Alliance ist ein tolles und spannendes Spiel, was eine gute voll-kooperative Alternative zu den Platzhirschen Conan und Batman in diesem Segment darstellt. Mit beiden muss es sich aber durchaus vergleichen lassen, da das Spielgefühl schon recht ähnlich ist. Ein letzter Satz gehört dann noch der Erweiterung. Diese implementiert einen Sci-Fi Modus und verlagert das Geschehen in den Untergrund. Neuer Oberbösewicht, neue Gegnertypen, andere Waffen. Insgesamt keine spielverändernde Erweiterung, sondern eher "mehr Abwechslung".

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Jagged Alliance von Marko Jeden und Jan Wagner
Erschienen bei Underground Games
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 120 Minuten
Boardgamegeek Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Underground Games)