31.08.2021

Grab dich frei


Chaotisch, brutal und unvorhersehbar – so stelle ich mich den Alltag in einem Knast vor. Oder zumindest vermitteln Serien wie Orange is the new Black oder Prison Break dieses Pseudowissen über Gefängnisse. Und dann kommt Grab dich frei und bestätigt all diese Klischees, was soll man da nur tun? Werfen wir mal einen Blick drauf:


Grab dich frei, auf Deutsch von Asmodee lokalisiert, ist ein hau-drauf, etwas chaotisches Taktik-Spiel. Im Prinzip geht es darum, dass wir alle Insassen in einem Knast sind und versuchen auszubrechen. Dafür wollen wir uns den Weg in die Freiheit ergraben. Da es aber auffällt, wenn einer raus ist, wird der Rest danach wohl in ein Hochsicherheitsgefängnis verlegt. Daher: Einer gewinnt, alle anderen verlieren. Um zu gewinnen, muss man Grab-Punkte sammeln – einfach schön buddeln, mit Löffel, Spitzhacke oder Schaufel. Diese kann man aus der Kantine mitgehen lassen, sich selbst aus Krempel bauen, kaufen oder von Mitgefangenen erpressen. Ist man dann im Besitz dieser Köstlichkeiten, muss man diese noch sicher in seine Zelle bringen und dort graben. Erst, wenn mit diesen bestimmten Gegenständen gegraben wird, sind die Buddel-Punkte sicher. 


Apropos in die Zelle gehen. Hin und her laufen ist in diesem Knast so ein kleines Problem. Wenn man am Zug ist, hat man zwei Aktionen. Mit diesen Aktionen kann man laufen. Dabei hat man die Wahl, ob man entweder für einen Aktionspunkt einen Würfel wirft und sich nur auf die Plätze bewegen kann, die angezeigt werden, oder aber, ob man direkt beide Aktionen nutzt und an einen Ort schleicht. Hierbei kann man sich sicher sein, dass man auch dort ankommt. Diese Mechanik ergibt im Spiel schon Sinn, da sie verhindern soll, dass man innerhalb eines Zuges geplant mit seinem ganzen Stuff in die Zelle verschwinden und dort alles verbuddeln kann. Aber thematisch? Bin ich als Knasti zu blöd zum Laufen? Ich weiß es nicht. Vielleicht ist auch immer so ein Gedränge im Gefängnis, dass kaum, wenn man sich bewegt, von den Massen mitgezogen wird… Mir bleibt das etwas schleierhaft. 


Taktisch und dennoch chaotisch, diese Beschreibung habe ich oben gegeben. Warum? Natürlich muss man mit einer gewissen Taktik planen, seine Grabwerkzeuge sicher in seiner Zelle zu verstauen. Am besten auch dann, wenn niemand weiß, wie viel Grabwerkzeug man besitzt, weil man sonst schnell zum Ziel für Erpressungen wird. Wirklich langfristig kann man aber nicht planen, dafür ist alles zu unvorhersehbar und zu chaotisch. Dies geschieht über die Karten. An so ziemlich allen Orten kann man auch vom allgemeinen Kartenstapel ziehen, also die entsprechenden Räume durchsuchen. Hier finden sich die ganzen Utensilien, die man zum Bauen oder Handeln benötigt. Ebenso finden sich hier Aktionskarten. Und einige davon verteilen beispielsweise alle Handkarten aller Gefangenen um. Da waren meine Schaufeln und Löffel dann alle weg. Dies sollte man stets im Hinterkopf behalten!


Was bleibt?

Grab dich frei ist lustig. Es macht Spaß, andere Mitspieler zu erpressen oder eine Revolte zu spielen (Kartenumverteilung), wenn ich weiß, dass meine Zellennachbarn gerade richtig viel Grabwerkzeug auf der Hand haben. Andererseits nervt das auch, wenn man nicht so schnell an den Ort kommt, an den man möchte und dann auch noch alles abgenommen bekommt, was man sich hart erarbeitet hat. Meine Meinung zu Grab dich frei ist daher etwas gespalten. Einerseits macht das wirklich viel Freude. Ist man jedoch selbst der Gemobbte und das über mehrere Züge hinweg, dann frustet das Spiel schon hart. 


Abseits dessen ist es recht leicht zu lernen, thematisch jedoch nichts für Kinder. Es gibt noch Banden, den man sich anschließen kann und jeder hat eine kleine (aus zwei bis drei Sätzen bestehende), zufällige Hintergrundgeschichte mit einem einmaligen Effekt. Gegendert wurde in diesem Spiel richtig gut, es gibt genau so viele Frauen wie Männer, alles wirkt zeitgemäß und das Material ist vollkommen in Ordnung. Auch muss ich hier den Service von Asmodee loben! Mir fehlte ein Teil, bzw. hatte ich ein anderes dafür doppelt: Mail an Asmodee mit Bild und ich hatte das Teil einen Tag später mit der Post zugeschickt bekommen. 

Nach einem Meinungsabsatz und zusammengefassten Rahmenbedingungen, ein paar letzte Worte: Kaufe Grab dich frei nicht blind, wenn du dir nicht sicher bist, ob du einen solchen Stil magst. Fordert dich hingegen jemand zu einer Partie auf, setz dich gern dazu, es erwartet dich eine Stunde lang Schadenfreude.
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Grab Dich Frei von David Simide
Erschienen bei Asmodee
Für 2 bis 6 Spieler in ca. 45 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Asmodee)
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