06.08.2021

Kannste Knicken



Welch eine Überraschung! Da bringen die von Schmidt Spiele doch tatsächlich noch ein Würfelspiel der Klein & Fein Reihe und somit nach Ganz Schön Clever, Nochmal und co das insgesamt 625ste heraus (alle Angaben ohne Gewähr). Doch ganz ehrlich gesagt: das stört mich überhaupt nicht, denn den bisherigen Erfahrungen nach waren die Titel der Reihe tatsächlich zumeist klein, aber eben halt auch fein und spaßig; und sobald man von einem Titel zunächst genug hat, taucht auch schon der nächste würfelbasierte Roll & Write Hit auf. Selbstverständlich gibt es wie in jeder Reihe auch hier stärkere und weniger starke Vertreter, und ob man Kannste Knicken tatsächlich als "Hit" bezeichnen kann, klären wir in den folgenden Zeilen.


Material

Wie von den Schmidt Roll & Writern gewöhnt kommt Kannste Knicken mit vier Stiften, ein paar Würfeln (in diesem Fall jedoch nur zwei custom dice) und den Blöcken, auf denen gekreuzt – und Spoileralarm! – geknickt wird. Die Qualität ist völlig ausreichend und wer die beigelegten Stifte benutzt, darf sich wie gewohnt auf eine Verjüngerungskur der Hände freuen, die am Ende einer Partie höchstwahrscheinlich mit so vielen schwarzen Schmierflecken versehen sind, dass man sich in seine Kindergarten- oder Grundschultage zurückversetzt fühlt. Der Block gibt schon einige Partien her, doch da es vier verschiedene Level gibt, kann es bei einem Lieblingslevel schon gut und gerne passieren, dass einem dann doch rasch die Einwegspielpläne ausgehen. Doch für ein paar Euros können Knickbegeisterte ganz leicht neue Blöcke kaufen und fröhlich weiterknicken.

Ablauf

Auch Kannste Knicken bleibt dem Grundprinzip der Klein & Fein Reihe treu. Also wird auch hier gewürfelt, ein aktiver Spieler wählt einen Würfel, trägt etwas auf seinem Spielplan ein, und alle anderen 'passiven' Spieler wählen den anderen Würfel und tragen ebenfalls etwas auf ihren Spielplänen ein. 


Die zwei Würfel (schwarz und weiß) zeigen entweder eine höhere (z.B. 5) oder zwei etwas kleinere Zahlen (z.B. 1 und 2). Auf jedem Spielplan gibt es in allen vier Ecken sogenannte vormarkierte "Start-End-Punkte". Hat man einen Würfel ausgewählt (z.B. die 5), sucht man sich als nächstes einen beliebigen Start-End-Punkt aus, setzt bei diesem an und kreuzt in gerade Linie in beliebiger Richtung fünf nebeneinander liegende Felder an, wobei das fünfte und letzte Kreuz zu einem weiteren Start-End-Punkt wird, von dem aus man später ebenfalls ansetzen darf. Das bedeutet also auch, dass man bei einem gewählten Würfel mit zwei Zahlen zwei voneinander unabhängige "Kreuzschlangen" eintragen darf, sodass hier automatisch auch zwei neue Start-End-Punkte entstehen werden.

Doch wo kommt nun das Knicken ins Spiel? In jeder Ecke gibt es zusätzlich zu den Start-Start-End-Punkten auch gut verteilte Symbole (im ersten Level Smilies), die es anzukreuzen gilt. Denn hat man alle Symbole in einer Ecke angekreuzt, darf man besagte Ecke so knicken, dass man auf der Rückseite weiterkreuzen kann. Allerdings gibt es stets die Möglichkeit, nur einen kleinen Teil der Ecke zu knicken oder noch die etwas schwerer zu erreichenden Symbole der 'erweiterten' Ecke anzukreuzen. Dadurch darf man nicht nur mehr Ecke umknicken, sondern schaltet zudem einen von vier dauerhaften Boni frei, die es einem entweder erlauben einen der Würfel als passiver Spieler auch dann zu wählen, wenn der aktive Spieler ihn schon für sich gewählt hat, oder die erwürfelten Zahlen leicht zu manipulieren.


Doch wie gewinnt man nun? Im Grunde ist Kannste Knicken ein Racing Game, denn man gewinnt, in dem man die vier Extra-Symbole, die beim Knicken der Ecken auf deren Rückseite zum Vorschein kommen mit dem großen Extra-Symbol in der Mitte des Spielplans verbindet. Wem das am schnellsten gelingt, gewinnt Kannste Knicken und darf sich von nun an Origami-Meister nennen. 

Zusätzlich zu den Symbolen befinden sich auf dem Spielplan zudem hier und dort noch Zahlen, die es einem bei erfolgreichem Ankreuzen erlauben, sofort ein paar Extrakreuze entsprechend der angekreuzten Zahl nach den üblichen Regeln einzutragen, wodurch sich eventuell die ein oder andere Ankreuz-Kombi ergeben könnte. Und natürlich sind die vier beigelegten Level nicht alle gleich, denn jedes Level führt einmalige leicht verändere Zusatzfelder und Möglichkeiten ein, wobei sich am grundlegenden Spielprinzip nichts ändert. Ich möchte gar nicht so viel verraten, aber wir werden hier je nach Level über Eis schlittern, uns herumteleportieren, und im letzten Level werden wir deutlich (!) mehr knicken.


Fazit

Doch ist Kannste Knicken nun der neue Roll & Write "Hit"? In jedem Fall kann man dem Verlag nicht vorwerfen, ihnen gingen die Ideen aus, denn das Knicken ist ein durchaus witziger und gut funktionierender Twist neben dem Rollen und Writen. Ebenfalls positiv aufgefallen sind die vier Level, die das Spielererlebnis immer wieder leicht verändern. Allerdings bauen die Level vom Schwierigkeitsgrad her doch aufeinander auf, auch wenn es nie wirklich kompliziert wird. Im Grunde genommen macht das ja auch Sinn, doch ich als Brettspielkenner und Vielspieler hätte mir mehrere leicht komplexere Level mit noch mehr Abwechslung gewünscht, da für mich das erste Level zum Kennenlernen des Spiels zwar ganz nett war, danach aber nicht mehr gespielt wurde, da die anderen Level mehr zu bieten haben. Und selbst dann beschränkt es sich bei mir i.d.R. auf zwei der vier Level, nämlich Level 3 und 4, wohingegen es für Familienspieler durchaus anders sein mag.


Kannste Knicken ist tatsächlich ein kleines und feines Spiel, macht vieles Richtig, doch sticht für mich persönlich nicht aus der Reihe heraus, wie es ein Ganz Schön Clever oder auch ein Nochmal So Gut für mich geschafft haben. Es lässt sich gut spielen, vor allem auch zu zweit – aber auch zu dritt oder viert –, und macht alles in allem durchaus Spaß. Jeder Wurf bringt den aktiven oder auch passiven Spieler in irgendeiner Weise weiter, und das Knicken sowie die Tatsache, dass wir es hier mit einem Racing Game zu tun haben, bringen irgendwie einen frischen Wind in die Reihe, auch wenn der Wind sich zumindest bei mir relativ schnell wieder beruhigt hat. Nichtsdestotrotz kann jeder Fan der Klein & Fein Reihe durchaus einen Blick wagen, und jeder, der hier zum ersten Mal etwas von der Erfolgsreihe des Schmidt-Verlags gelesen hat, kann hier auch getrost zuschlagen, ehe er oder sie sich ein etwas komplexeres Ganz Schön Clever zulegt, denn letzteres gehört in jede Sammlung eines Roll & Write Liebhabers!


Genau genommen sehe ich die gesamte Klein & Fein Reihe für mich als ein großes Spiel, dass durch die vielen Bestandteile für eine Menge Abwechslung sorgt. Haben wir zu Hause Lust auf ein Roll & Write der Schmidt-Reihe, holen wir vielleicht mal ein Ganz Schön Clever aus dem Regal, ein anderes Mal ein Doppelt So Clever, oder vielleicht ein Nochmal So Gut, und sicher auch mal ein Kannste Knicken  wenn auch nicht ganz so häufig, wie das ein oder andere unserer Favoriten. Wer also für kleines Geld ebenfalls mehr Abwechslung in die heimische Roll & Write Sammlung bringen möchte, sollte Kannste Knicken in Betracht ziehen.

Ich bin jedenfalls sehr gespannt, was sich der Verlag noch alles ausdenken wird und ob der Roll & Write Reiz irgendwann doch auch mal endet. Derweil jedenfalls noch nicht und irgendwie habe ich schon wieder Lust auf eine Runde Würfeln... und vielleicht auch eine Runde Knicken?
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Kannste Knicken von Ralph Querfurth und Klaus-Jürgen Wrede
Erschienen bei Schmidt Spiele
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 20 Minuten ab 8 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Schmidt Spiele)
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