Dichter Nebel liegt über dem Redwood-Nationalpark, als wir uns mit unseren Kameras in Position bringen. Vor uns erstreckt sich eine atemberaubende Landschaft, durchzogen von Lichtstrahlen, die durch das Blätterdach brechen. Es ist der perfekte Moment – jetzt heißt es: fokussieren, abdrücken, weiterziehen. In Redwood geht es nicht nur um das punkteträchtigste Motiv, sondern um die Kunst, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Als Naturfotografen bewegen wir uns vorsichtig durch die Wildnis, immer auf der Jagd nach dem besten Bild.
Der Spielablauf: in Position bringen und fotografieren
In Redwood versuchen wir über 5 Runden, Tiere und Landschaftselemente so ins perfekte Bild zu rücken, dass die meisten Siegpunkte für uns dabei herausspringen. Das zentrale Element des Spiels: die Bewegung und Sichtlinie, dargestellt durch durchsichtige Schablonen in verschiedenen Formen und Größen. Diese bestimmen, wohin sich unsere Figur auf dem kreisrunden Spielfeld bewegt und was sie mit ihrer Kamera ins Visier nimmt.
Jede Runde beginnt mit der Auswahl einer Pfadschablone. Diese legt fest, wie weit wir uns durch den Park bewegen. Anschließend wählen wir eine Kameraschablone, die unseren Kamerawinkel abbildet. Alles, was innerhalb dieses Kegels liegt kann potenziell Punkte bringen und wird in unser Panorama gelegt, auf dem wir die fotografierten Motive als Plättchen sammeln.
Zusätzlich zu den Grundpunkten, die wir durch das Fotografieren bestimmter Tierarten und Pflanzenkombinationen erhalten, wird zu Beginn jeder Runde ein spezielles Ziel aufgedeckt, das zusätzliche Punkte einbringt. In der letzten Runde können wir mit unserem Foto theoretisch also 5 Ziel-Bedingungen erfüllen für zusätzliche Punkte. Zuletzt werden die von uns fotografierten Tiere in ein anderes Biom gesetzt, wodurch etwas Bewegung in den Spielplan kommt.
Innovation trifft auf Detailarbeit
Zunächst einmal: Redwood ist ein echtes Schmuckstück. Die Materialien fühlen sich hochwertig an, die Illustrationen sind wunderschön, und die gesamte Gestaltung vermittelt das Gefühl, wirklich in einem Nationalpark unterwegs zu sein. Die Produktion ist eine der schönsten, die mir in letzter Zeit auf den Tisch kam und sorgt für ein immersives Spielerlebnis.
Das Gameplay ist ebenfalls außergewöhnlich: Die Idee, Bewegung und Sicht durch transparente Schablonen darzustellen, ist für ein Brettspiel auf Familienniveau total innovativ und erfrischend anders. Bewegungsschablonen kennt man sonst vielleicht von großen Miniaturspielen wie Warhammer oder ähnlichen Vertretern. Allerdings hat die Sache auch ihre Tücken: Die Schablonen sind zwar gut durchdacht und mit den stabilen Figuren praktisch umgesetzt, es bleibt aber eine gewisse Ungenauigkeit und Fummelei. Kleine Wackler können entscheidend sein, ob ein Tier noch im Bild ist oder nicht.
Die wechselnden Bonusziele bringen eine schöne taktische Ebene ins Spiel. Man muss abwägen, ob man sichere Punkte macht oder alles auf eine besonders lukrative Kombination setzt. Gleichzeitig bleibt der Einstieg angenehm leicht – nach einer kurzen Erklärung kann fast jede Person loslegen, was Redwood auch für Gelegenheitsspielende attraktiv macht. Nach einigen Partien zeigt sich allerdings, dass Redwood seine größten Überraschungen früh ausspielt. Sobald man die Mechanik verstanden hat, bietet das Spiel kaum noch neue Herausforderungen. Die Schablonen, so innovativ sie sind, nutzen sich mit der Zeit ab, nicht vom Material her, sondern vom Spielreiz.
Fazit: ein optisch wie mechanisch außergewöhnliches Spiel
Redwood ist ein Erlebnis. Die Verbindung aus wunderschöner Gestaltung und innovativem Schablonen-Mechanismus bietet einen tollen Ersteindruck und macht die ersten Partien zu einem echten Highlight. Wer Spaß an außergewöhnlichen Spielideen hat und sich nicht an ein bisschen Fummelei stört, bekommt hier ein Spiel, das man gesehen und ausprobiert haben sollte. Langfristig fehlt es jedoch an Tiefe. Die anfängliche Faszination weicht schnell einer gewissen Routine, und das Spiel verliert an Spannung. Für alle, die Freude an ungewöhnlichen Spielmechaniken haben und ein optisches Highlight suchen, lohnt sich daher ein Blick durch den Sucher. Auch wenn der Nebel im Nationalpark sich irgendwann lichtet – die ersten Fotos bleiben beeindruckend.
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Redwood von Christophe Raimbault
Erschienen bei Sit Down!
Erschienen bei Sit Down!
Für 1-4 Spielende in ca. 30-45 Minuten ab 10 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Sit Down!)
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