30.12.2019

#mylife


Hieß es letztes Jahr bei Amigo noch "Mein Haus, mein Boot, mein Pferd" (Titel: LifeStyle) greift man dieses Thema quasi nochmal auf, aber dieses Mal von Geburt an bis wir 100 Jahre alt sind. Wir sammeln dieses Mal auch keine Autos, sondern möchten mit 16 unsere erste Liebe finden, mit 45 eine Weltreise unternehmen und mit 88 eine Familienfeier abhalten. Und wie genau wir das im Spiel #mylife von Amigo tun schauen wir uns jetzt an. Das Spiel ist für 2-6 Spieler ab 10 Jahren und eine Partie dauert ca. 30 Minuten.

[AUFBAU]

Zunächst sortieren wir die vorhanden Karten nach den Ereignissen (jeweils 50 der frühen Jahre und 50 der späten Jahre), sowie die 10 Lebensabschnitte, 14 Lebensziele und 6 Babys. Die Lebensabschnitte legen wir sortier bereit, beginnend mit 1-10 und dann fortlaufend bis 91+. Die Lebensziele werden gemischt und verdeckt bereit gelegt, die Babys werden ebenfalls gemischt und per Zufall erhält jeder Spieler eins und legt es offen als Startpunkt seines Lebenswegs aus.

Dann mischen wir noch 14 Ereignissen aus den frühen Jahren in die 50 Ereignisse der späten Jahre und legen diese für die zweite Spielhälfte beiseite. Die übrigen Ereignisse der frühen Jahre werden gemischt und jeder Spieler erhält 6 Karten auf die Hand. Übrige Karten kommen zurück in die Schachtel.


[ABLAUF]

Das Spiel wird über 10 Runden gespielt, wobei die ersten 5 Runden die frühen Jahre betreffen und die restlichen 5 Runden die späten Jahre. Zu Beginn jeder Runde decken wir den entsprechenden Lebensabschnitt auf und zusätzlich dazu ein Lebensziel. Bereits aufgedeckte Lebensziele bleiben liegen und neue kommen einfach dazu.
Nun wählt jeder Spieler ein Ereignis aus seinen Handkarten und legt dieses verdeckt vor sich aus und gibt die restlichen Karten seinem linken Nachbarn weiter.

Nun wird jedes Ereignis in die jeweiligen Lebenswege eingebaut und zwar aufsteigend sortiert nach Alter. Dann wird geprüft ob das Ereignis aktiv eingebaut wird, das ist sofort der Fall, wenn das gewählte Ereignis in den aktiven Lebensabschnitt passt. Gehört das gewählte Ereignis nicht in den aktiven Lebensabschnitt, müssen wir prüfen, ob wir die nötige Erfahrung gesammelt haben, um dieses Ereignis zu aktivieren. Diese Erfahrung muss natürlich im niedrigerem Alter erreicht worden sein. Es gibt folgende Bereiche in denen wir Erfahrung sammeln können: Glück, Wohlstand, Weisheit und Gesundheit. Jedes Ereignis gibt vor in welchen Bereichen wir wieviel Erfahrungen gesammelt haben sollten. 


Bestimmte Ereignisse geben uns auch Stress, diese können wir wiederum mit Gelassenheit ausgleichen, manche Karten geben durch Stress und Gelassenheit unterschiedlich Siegpunkte. Zu guter Letzt gibt es auch Liebe (natürlich), die bei manchen Ereignissen ebenfalls die Siegpunkte erhöhen. Und natürlich gibt es Ereignisse die uns nur Siegpunkte oder Siegpunkte mit Erfahrung in bestimmten Bereichen geben. 
Kann ich ein Ereignis aufgrund fehlender Erfahrung oder zu vielem Stress nicht aktiv legen, kann ich dies zunächst inaktiv dazulegen und es später im Spiel aktivieren. 

Zum Abschluss einer Runde prüft jeder ob er eines der ausliegenden Lebensziele erreicht hat und kann sich dieses dann nehmen. Falls mehrere Spieler das Ziel erreicht haben, bekommt der Spieler die Karte, der das niedrigste Alter in dieser Runde gespielt hat.


Nach fünf Runden wechseln wir zum zweiten Stapel. Jeder Spieler erhält wieder 6 Karten und wir spielen in gleicher Form die restlichen 5 Runden und am Ende des Spiel zählt jeder die Siegpunkte in seinem Lebensweg zusammen und der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt das Spiel.

Beim Spiel zu Zweit gibt es eine kleine Änderung, so erhält jeder Spieler noch einen Hilfsstapel und so hat man quasi vier Stapel im Umlauf, von denen man jeweils eine Karte wählt und eine Karte abwirft.

[FAZIT]

Joa, #mylife ist sicherlich kein Total-Ausfall und für den aufgerufenen Preis absolut in Ordnung. Die Illustrationen sind gelungen und bringen einen immer wieder zum Schmunzeln und es ist immer wieder nett, was man hier mit dem jeweilige Alter in Verbindung gebracht hat.


Spielerisch ist das ganz auf jeden Fall Durchschnitt. Wir haben hier klassisches Drafting, allerdings mit einer kleinen Hürde des, in nenne es Mal, "Ressourcen-Managements". Denn diese ist gar nicht immer so einfach und eingängig. Bin in ich im richtigen Zeitalter und kann sie "umsonst" legen oder muss ich doch auf die Vorgaben achten? Das klingt zunächst einfach, aber je mehr Karten vor einem liegen, desto umständlicher kann es werden und hin und wieder zu Fehler führen. Alles kein Beinbruch, aber wenn ich als Vielspieler da schon Probleme mit hatte, kann ich mir vorstellen, dass es bei Familien- und Gelegenheitsspielern häufiger vorkommt. 

Am Ende lebt das Spiel dann sicherlich von der Zusammenfassung seines Lebens am Spielende, aber auch das wird auf Dauer sicherlich nicht fesseln. Es bleibt also ein Spiel was ein paar Mal unterhält und dann erstmal wieder im Schrank verschwinden wird. Die Zielgruppe sehe ich hier im Gelegenheitsspieler, der wahrscheinlich bisher noch nicht viel mit Drafting in Berührung gekommen ist. Das Gute: abgeschreckt werden sie wohl nicht, aber man kann hoffen, dass sie dann doch schnell auf andere Titel im Drafting-Genre kommen.

Material an sich wie Amigo-typisch im guten Bereich, die Illustrationen sind mehr oder weniger das Highlight des Spiels. In Familienabenden wird es seine Freunde finden und das ist auch gut so.


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#mylife
Erschienen bei Amigo Spiele
Für 2 bis 6 Spieler in ca. 30 Minuten
Boardgamegeek-Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Amigo Spiele)


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27.12.2019

Mice to Meet you


Bin ich ein Fan von Kartenspielen? Klar. Bin ich ein Fan von Würfelspielen? Eigentlich nicht, wobei es Ausnahmen gibt (das grandiose Escape zum Beispiel!). Was mache mich mit einem Spiel, bei dem es sich eigentlich um ein reines Würfelspiel handelt, bei dem Karten aber als Hilfsmittel dienen? Skeptisch dreinschauen. Hat es Mice to meet you also besonders schwer bei mir? Ich glaube nicht. Trotzdem hält sich meine Begeisterung ein wenig in Grenzen. Aber fangen wir mal langsam an:


Das Spiel besteht aus 5 Kartendecks (jeweils mit den Zahlen 1 bis 18), 2 roten und 3 gelben Würfeln sowie 15 braunen Klätzchen („Nüsschen“). Jeder Spieler bekommt ein Kartendeck und legt die Karten mit den Zahlen 6, 9, 12 und 15 vor sich ab. Auf diesen vier Karten sind gelbe und/oder rote Würfel aufgedruckt. Von den vorhandenen Nüsschen werden drei je Spieler in die Tischmitte gelegt und der Rest weggepackt. Nun geht es auch schon los: Der Startspieler würfelt mit allen 5 Würfeln und addiert die Zahlen auf den beiden roten Würfeln. Wenn er mag, darf er nun noch die Ergebnisse von einem, zwei oder allen gelben Würfeln addieren. Anschließend darf er die Karte, die der so erstellten Summe entspricht, ablegen oder aber eine der offen vor sich liegenden Karten umdrehen. Der darauf abgebildete Würfel steht ihm aber dann nicht mehr zur Verfügung. Die Karte mit der 6 darf allerdings nur dann umgedreht werden, wenn es die letzte offen ausliegende Karte ist. Diese beendet nämlich das Spiel. Kann oder möchte man keine Karte ablegen/umdrehen gilt dies als Fehlwurf und man nimmt entweder die oberste Karte seines Ablagestapels zurück auf die Hand oder dreht eine bereits gedrehte Karte wieder um.


Hat der Startspieler seinen Zug gemacht, sind alle anderen dran. Sie dürfen die vom Startspieler nicht benutzten gelben Würfelaugen nutzen, um selbst Karten abzulegen/umzudrehen. Bei einem Fehlwurf dürfen sie alle Würfel nutzen. Nutzt einer der anderen Spieler so die Würfel des Startspielers, so erhält letzterer ein Nüsschen aus dem Vorrat bzw. von dem jeweiligen Spieler, wenn der Vorrat leer ist. Diese Nüsschen wiederrum kann jeder Spieler nutzen, wenn er an der Reihe ist, um die Summe der jeweiligen Augen um 1 zu erhöhen oder abzusenken. Die Würfel werden dabei gedreht. Das heißt, wenn nach dem Starspieler ein anderer Spieler einen gelben Würfel verändert, bleibt dieser für die nachfolgenden Spieler auf diesem Wert liegen. 

Hat jeder Spieler eine Entscheidung getroffen, rückt der Startspieler im Uhrzeigersinn weiter und es beginnt von vorne. Das Spiel endet, sobald ein Spieler die Karte mit der 6 umdreht. Alle Werte der Handkarten und nicht umgedrehten ausliegenden Karten werden addiert. Es gewinnt, wer am wenigsten Punkte hat.


Die Grundidee von Mice to meet you ist durchaus nett. Durch die Nüsschen kommt auch eine gewisse Dynamik ins Spiel, ohne die das ganze sehr schnell sehr langweilig werden würde. Das Problem liegt aber darin, dass durch das Ganze „ich darf diese Würfel nicht nehmen und lasse Euch jene Würfel übrig, und ihr dreht die Würfel dann mal um“ das Spielerlebnis ganz schnell sehr wirr wird (vor allem mit jüngeren Kids). Hier wäre es einfach besser gewesen, wenn jeder Spieler seine eigenen Würfel bekommen hätte und dann die gestrichenen Würfel einfach weglegen könnte, anstatt dass vor jedem Würfeln erstmal geschaut werden muss, mit welchen Würfeln man eigentlich würfeln darf. Das ist in reinen Erwachsenenrunden vielleicht ok, mit Kindern führt das Ganze aber zu leicht chaotischen Zuständen. Das Material ist dabei ausreichend stabil und die Mäuse sehen ganz nett aus, doch sieht man sich leider auch sehr schnell satt. Wirklich schön ist das ganze leider nicht. Vor allem, wenn man davon ausgeht, dass es sich hier um ein Kinderspiel handelt (denn, sind wir mal ehrlich, für Erwachsenenrunden dürfte es nicht gemacht sein).


Lobenswert erwähnt sei aber noch, dass die Regeln noch eine Solo-Variante mit sich bringen, die eher einem kleinen Puzzlespiel ähnelt. Hier muss der Spieler versuchen, alle Karten loszuwerden. Die Regeln ähneln denen des Hauptspiels, sind aber natürlich leicht modifiziert. Diese Variante wiederrum spielt sich besser als das eigentliche Spiel und könnte ich mir durchaus auch als Handyapp für zwischendurch vorstellen.
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Mice to Meet you von Daniel Bernsen
Erschienen bei Skellig Games
Für 1 bis 5 Spieler in ca. 20 Minuten

sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Skellig Games)
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25.12.2019

Fish `n´Flips


Der spielerischste Ansatz die Meere zu retten

Wie rettet man die Menschheit? Indem man das Klima rettet. Das war ja noch leicht. Aber wie rettet man das Klima? Indem man die Umwelt rettet. Ok guter Punkt. Aber wie rettet man die Umwelt? Indem man die Wälder und Meere schützt? Und wie schützt man die Meere? Indem man die Überfischung stoppt und den Müll rausholt. Und wie bekommt man diese einfache Wahrheit in die Köpfe der Menschen? Mit einem Spiel. Und genau dieses Spiel ist Fish’n’Flips.

Beim Klabautermann! Da fehlt ja das Netzt! - Das Spielmaterial

Fish’n’Flips aus dem Hause Gaiagames kommt mit sehr wenig Spielmaterial aus. Es gibt nur 3 Arten von Karten und davon auch nur relativ wenig: Meeresbewohner, wie Wahle, Fische, Quallen und Schildkröten, Müll und Aktionskarten. 

Alle Bilder sind leicht zu deuten. Der Comic Stil ist zwar gewöhnungsbedürftig, erfüllt aber seinen Zweck. Dass die Karten auf meinen Bildern so abgenutzt wirken, liegt vor allem daran, dass es sich um den aktuell einzigen Prototypen handelt. 


Warum es davon nur einen gibt? Weil Gaiagames sich nicht nur mit der Rettung der Umwelt beschäftigt sondern auch ressourcen- und umweltschonend produziert. Schon die früheren Projekte (über die ich noch berichten werde) wurden über ecocrowd.de finanziert und nahezu CO2-neutral produziert. Genauso soll es auch bei Fish’n’Flips laufen. 

Dabei läuft der kleine Indie-Verlag keinem Trend hinterher, sondern folgt nur dem Gewissen, der beiden Gründer. Kennenlernen durfte ich die beiden auf dem Corax-Tag in Merseburg dieses Jahr. Sympathisch und innovativ, wie ihre Ziele und ihr Spielmaterial, kamen sie rüber. 

Nur Fish’n’Flips, wenn auch smypathisch ist spielerisch nicht so innovativ.

Ein Schwarm, zwei Schwärme und noch ein Schwarm! - Das Spiel


In Fish’n’Flips geht es je nach Szenario darum gemeinsam oder gegeneinander Fische aus dem Schleppnetz eines bösen Schiffes zu befreien (das Schiff guckt wirklich böse). Dafür müssen wir Schwärme bilden und die Effekte der einzelnen Bewohner ausnutzen. Das beginnt damit dass man je nach Szenario platz für ein bis zu 6 x 5 Fische großes Netz auf dem Tisch macht und die ersten 3 Reihen füllt. Anschließend bekommt jeder Spieler 2 Aktionskarten. Ebenfalls je nach Szenario beginnt nun der Spieler, der als letztes am Meer war oder der mit seiner Aktion glaubt die meisten Fische befreien zu können. 

Eine Aktion ist dabei denkbar einfach: Entweder ihr ändert die Richtung aller Meeresbewohner einer Reihe, Spalte, eines Viererblocks oder eines Einzelnen oder aller Meeresbewohner mit dem gleichen Hintergrund, ihr flippt sie also. Oder ihr tauscht 2 Meeresbewohner, die vertikal oder horizontal nebeneinander liegen. Manchmal flippt ihr sie dabei auch. Außerdem kann man mit einer Aktion einfach einen Fisch aus dem Netz befreien und nehmen.


Anschließend wird geschaut, ob sich Schwärme gebildet haben. Ein Schwarm besteht aus 2 oder mehr Tieren, die in die gleiche Richtung schwimmen und von dem wenigstens ein Tier bewegt, als geflippt oder getauscht wurde. Ist dies der Fall darf man die entsprechenden Schwärme sofort aus dem Netz entfernen. Alle darüber im Netz liegenden Tiere rutschen nach und man schaut erneut, ob sich Schwärme gebildet haben usw. Sollten keine Schwärme mehr vorhanden sein, endet der eigene Zug, indem man in jede Reihe ein Tier nachlegt, bis die maximale Höhe erreicht ist.

Können am Beginn einer Runde keine Schwärme mehr gebildet werden und ist der Nachziehstapel leer, endet das Spiel und der spieler mit den meisten geretteten Meeresbewohnern gewinnt.

Wenn euch das Prinzip so bekannt vorkommen mag, dann kann ich euch nur zustimmen, denn im Prinzip ist es ein 3-Match-Spiel, wie Bejeweled oder Candy Crush, nur das zwei Matches reichen. Großen Spaß macht das Spiel trotzdem und das liegt an zwei Punkten:

1. Die Sonderfertigkeiten der Meeresbewohner

Diese sind sehr gut gewählt, ergeben spielerisch und biologisch Sinn und erhöhen den Knobel-Faktor.

2. Die Level und Varianten


Trotz des geringen Umfangs haben die Entwickler es geschafft 8 Level und 3 Varianten zu designen, die das Spiel sinnvoll verbessern und den Puzzel-Charakter hervorheben. So sind z.B. in den Level nur die Spezialfähigkeiten bestimmter Meeresbewohner aktiv.

Sobald die Regeln gelernt sind (was ungefähr 5 min gedauert hat), kann man ein Spiel zu zweit in 15 min abschließen. Diese Geschwindigkeit hat es sich von seinen großen Vorbildern erhalten und ist eine weitere Stärke des Spiels.

Butter bei die Fische! - Das Fazit

Fish’n’Flips ist ein kleines, kurzweiliges und extrem einsteigerfreundliches Spiel. Die kurze Spieldauer und die Comic-Optik machen es zu einem idealen Kinderspiel. Die Kombinationen und Effekte sorgen auch dafür, dass es für Erwachsene nicht langweilig wird. 

Dieses Spiel ist so spaßig, wie es ökologisch ist. Jedem der ein paar Euro übrig kann ich nur empfehlen, sich an dem Crowdfunding zu beteiligen. Ihr werdet es nicht bereuen.
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Fish `n´ Flips von Kevin Luhn
Erschienen bei Gaiagames
Für 1 bis 6 Spieler in ca. 25 Minuten
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Gaiagames)
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23.12.2019

Snowman Dice


Als ich die Beschreibung dieses Spiel gelesen habe, hatte ich darauf sofort Lust. Ich mag Würfel und daraus nun einen Schneemann bauen oder den Würfel als Schneeball schnipsen um diese kaputt zu machen?! Klingt lustig, oder? Das Spiel ist für 2-4 Spieler ab 6 Jahren und dauert ca. 10 Minuten. Autor ist Mike Elliott und der Verlag ist Brain Games. Cooles Gimmick: das Spiel kommt in einer Ball-Tasche aus so einer Art Neopren daher.

[MATERIAL]

In dieser coolen Tasche finden wir 20 Würfel, von wirklich schöner Qualität. Liegen schön schwer in der Hand und sind aus Plastik. Leider sind die Ecken nicht abgerundet, ich bilde mir immer ein, dass diese sich dann besser werfen lassen. Dazu gibt es noch ein Nordpol-Marker aus Plastik.


[ABLAUF]

Der Nordpol-Marker wird zwischen alle Spieler gelegt und sollte für jeden gut erreichbar sein, jeder Spieler erhält fünf Würfel, die er vor sich bereit legt. 

Wichtig: während des ganzen Spiels darf man nur EINE Hand verwenden! Mit dieser Hand nimmt man alle fünf Würfel und nach einem Countdown wie z.B. "1,2,3...SCHNEE!" kann es losgehen. Wir dürfen jederzeit jede Anzahl an Würfel neu werfen. Aber was wollen wir genau erreichen? Also es gibt drei verschiedene Seiten, die zusammen ein Schneemann ergeben (Unterteil, Mittelteil und Kopf). Wenn ich diese also geworfen habe, lege ich sie in der richtigen Reihenfolge aufeinander.


Nebst den Schneemann-Seiten gibt es noch eine Schneeflocken-Seite, die ich beim Schneemann bauen als Joker für fehlende Teile verwenden kann.Dann gibt es noch eine Schneeball-Seite, mit der darf ich den Würfel als Schneelball verwenden und schnipse damit andere Schneemänner kaputt. Zu guter Letzt gibt es noch eine Pfeil-Seite, nur wenn ich diese habe, darf ich den Schneemann mit EINEM Finger in Richtung Nordpol-Marker schieben. Sobald ein Schneemann diesen Marker erreicht hat, endet die Runde. Sollte mir auf den Weg zum Marker oder durch ein Schneeball der Schneemann kaputt gehen, MUSS ich alle Würfel neu werfen und von vorne anfangen.

Der Schneemann, welcher ins Ziel gekommen ist, wird dann gewertet. Wurde ein Joker verwendet gibt es 1 Punkt, ohne Joker 2 Punkte. Sobald ein Spieler 3 Punkte gesammelt hat, gewinnt er das Spiel.

[FAZIT]

Ein lustiges, schnelles und hektisches Würfelspiel mit liebevollem Thema. Darauf muss man Lust haben und ist sicherlich nicht jedermanns Geschmack. Mit Kindern toll, auch Kinder untereinander haben Spaß daran. Auch als spaßiger Absacker gut geeignet, auch wenn der Lärmpegel während des Spiels immens ist.


Es ist nicht leicht, diese Art von Spielen zu bewerten, da sie einfach sehr speziell sind. Kleiner Minus-Punkt ist für mich das Schnippsen der Würfel, denn diese fliegen natürlich quer durch den Raum und führen zu noch mehr Gewusel. Vielleicht wären kleine Styropor-Bälle cooler gewesen, weniger laut und mit mehreren davon, müsste man nicht erstmal Würfel suchen gehen. Aber so ist das Spiel was es ist. Wer sonst mit dieser Art von Spielen nichts anfangen kann, sollte auch darum ein Bogen machen, alle anderen einfach mal einpacken und am Glühweinstand auf den Weihnachtsmärken eine Runde Schneemänner bauen.

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Snowman Dice von Mike Elliott
Erschienen bei Brain Games
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 15 Minuten
Boardgamegeek-Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Brain Games)


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22.12.2019

Ecos: Der Erste Kontinent


Wer Ecos gespielt hat, weiß warum viele ältere Menschen gerne Bingo spielen. Das Mitfiebern beim Ziehen der Zahlen, das Missgünstige Beäugen der Gegenspieler, wenn sie eine Zahl ankreuzen, das Adrenalin, wenn gerade noch eine einzige Zahl fehlt und dann natürlich die unbändige Freude, wenn es heißt: Bingo! Ich habe ein Bingo! Her mit der Salatschleuder von Tupper. Ich bin der Größte! Bingo! Bingo!! 

Wer nun bereits nach dieser Einleitung mein beschriebenes Gefühlschaos nachempfinden kann und wen es nun auch dringend in den Fingern juckt ins nächste Seniorenstift zu fahren, um beim Nachmittagskaffee eine gepflegte Runde Bingo zu spielen, der kann den Mantel und die Keksdose wieder in den Schrank räumen. Ecos: Der Erste Kontinent von AEG bringt genau diese Emotionen auf den heimischen Spieletisch - nur noch besser.


Das Grundprinzip von Ecos habe ich ja nun bereits geschildert. Mit bis zu 6 Spielern bauen wir am namensgebenden Ersten Kontinent, der aus Wasser, Grasland, Wüste, Bäumen, Bergen und massig Tieren besteht. Doch all das will erst einmal gebaut werden. Was bei Ecos bereits zu Anfang auffällt, ist die Schönheit des Materials. Ja, Gras- und Wüstenlandschaften hätten ein wenig Detailverliebtheit nötig gehabt, aber nicht nur die kleinen hölzernen Bäume und Berge lassen das Spielerherz höher springen, sondern auch, dass die individuellen Pappschälchen für die Ressourcen mit einem Deckel ausgestattet wurden, der das lästige Herumpurzeln in der Schachtel verhindert und somit bares Geld für ein teures Inlay eines Drittanbieters spart. 

Ecos wird über individuelle Karten getrieben, die ich mir wahlweise in einer Anfängervariante in einem Deck bereits zusammengestellt aus der Schachtel nehmen kann oder wahlweise (und das empfehle ich spätestens ab der 4ten Partie) zu Beginn einer Runde Ecos draften kann. Auch ein Mix zwischen den Spielern ist (bei unterschiedlichen Erfahrungsleveln) möglich, was von mir ein Sonderlob verdient. Alles, was auf dem Ersten Kontinent passiert, wird über Karten aktiviert. Wie aktiviere ich selbige? Über einen Bingomechanismus. Während ein Spieler (wir nennen ihn in unseren Runden „Gott-Spieler“) aus einem Sack fertige Holzplättchen mit Symbolen zieht, können alle Spieler selbiges Symbol mit einem Klötzchen abdecken. Habe ich bei einer Karte alle Symbole abgedeckt, rufe ich laut Bing… ähm Ecos und handle selbige Karte ab. Das geht so lange, bis ein Spieler 60 oder wahlweise 80 Siegpunkte generiert hat.


Was macht Ecos nun zu so einem guten Spiel? Zuerst wird Ecos zeitgleich gespielt. Alle Spieler schauen gleichzeitig auf ihren ausliegenden Karten nach dem gerade gezogenen Symbol, decken es ab oder drehen ihre Startkarte um 90° weiter, um ggf. neue Karten zu spielen oder Klötzchen zu bekommen. Hierdurch kommt selbst in größeren Runden wenig Downtime auf. So ganz ohne kleinere Pause kommt Ecos dann aber doch nicht aus. Sobald nämlich einer oder gar mehrere Spieler Ecos ausgerufen haben (was ab dem 5ten bis 6ten Zug durchaus regelmäßig vorkommt), heißt es nämlich warten, bis alle Spieler ihre Karten abgehandelt haben. Nicht selten führt das auch zu echten Kettenreaktionen. Ich rufe Ecos  baue eine Graslandschaft, baue einen Baum, bekomme Punkte und erhalte zwei Jokersymbole, die ich dann wieder hier einsetze und wieder ein Ecos habe, dann mache ich… und so weiter. Aus diesem Grund empfinde ich eine Partie Ecos auch am elegantesten mit 3 oder 4 Spielern.


Der wahre Reiz bei Ecos entsteht durch das Finden von Kombinationen in den eigenen Karten und ggf. das spontane Wechseln der eigenen Strategie, wenn die Mitspieler den Kontinent anderweitig umbauen, sodass er nicht mehr zur eigenen Spielweise passt. Baue ich mir beispielsweise eine Strategie mit viel Wasser auf, die Fische produziert und die dann durch Haie gefressen werden, was mir massig Punkte generiert, aber die Mitspieler Wasser oft austrocknen lassen, um ihre Strategie zu verfeinern, muss ich mich spontan anpassen und andere Wege finden. Dieses Finden von mächtigen Kombinationen macht nicht nur in den vorgefertigten Decks enormen Spaß, sondern auch im fortgeschrittenen Drafting. Um nicht völlig dem Glücksfaktor beim Ziehen der Plättchen ausgesetzt zu sein, macht es zum Beispiel durchaus Sinn auch sogenannte „Support-Karten“ ins Deck zu nehmen, welche mit einfachen Mitteln zwar keine Punkte aber mächtige und seltene Symbole generieren, welche wiederum kompliziertere Karten aktivieren.


Emotionstechnisch bietet Ecos aber großes Kino, welches ich bereits in meiner Einleitung habe anklingen lassen. Ich würde sogar soweit gehen, dass Ecos für mich ein heißer Kandidat auf den Spiel des Jahres Preis 2020 ist. Klar ist diese erste deutsche Auflage von AEG nicht ganz frei von Fehlern und die Anleitung liest sich teilweise etwas holprig, aber Ecos überzeugt mit einem altbekannten Prinzip (Bingo) und verpackt es nicht nur optisch, sondern auch spielerisch in ein überzeugendes Gesamtpaket. Die Emotionen, die Bingo hervorruft, locken jedermann an den Tisch, jeder versteht das Prinzip innerhalb weniger Minuten und dennoch ist es eine Herausforderung die möglichen Kombinationen zu finden, der man sich bereits nach einer Erstpartie durchaus gewachsen fühlt und die dennoch jedes mal eine neue Herausforderung (auch für Kennerspieler) bietet.

Ecos: Der Erste Kontinent von AEG. Großes Kino!
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Ecos: Der erste Kontinent von John D. Clair
Erschienen bei AEG
Für 2 bis 6 Spieler in ca. 60 Minuten
Boardgamegeek Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier AEG)

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20.12.2019

Wizard Würfelspiel


Wizard das Kartenspiel von Ken Fischer ist schon seit Jahrzehnten ein Klassiker. Damals noch mit ganz normalen Spielkarten, kennen wir Wizard heute nur noch als buntes Kartenspiel mit Abbildungen von Menschen, Zwergen, Elfen und Riesen bzw. blauen, roten, grünen und gelben Symbolen. Wizard ist ein Stichspiel, bei dem es darum geht vorherzusagen, wie viele Stiche man mit den eigenen Handkarten machen wird. Dabei muss man ausgespielte Farben bedienen, und wie das so oft bei einem Kartenspiel ist, spielt das Glück natürlich eine gewisse Rolle.

Nach Wizard Extreme, Wizard Junior und Witches, kommt mit Wizard das Würfelspiel nun ein Ableger, der sich vom Kartenspiel verabschiedet und ausschließlich mit Würfeln gespielt wird. Das klingt zunächst vielversprechend, da ich es persönlich sehr spannend finde, wenn ein Spiel das Medium wechselt, während es verspricht das Spielgefühl beizubehalten. Ob Wizard das Würfelspiel es hinbekommt erfahrt ihr nach der Regelzusammenfassung.


Wizard das Würfelspiel kommt in einer kleinen Box mit 7 Würfeln, 11 Regelkarten und einem doppelseitigem „Block der Vorhersage“; Recht überschaubar also. Die 7 Würfel tragen alle die gleichen Symbole, das sind die, uns bekannten, vier Wizard Formen/Farben, ein Wizard „W“ und eine Narrenmütze. Auch im Würfelspiel von Wizard geht es darum, Vorhersagen zu machen und für die Richtigkeit dieser zu punkten. Dafür muss zunächst ein Spieler gewählt werden, der in der ersten Runde der Seher sein darf. Der Seher macht seine Vorhersage als erster. Dazu wählt er auf einem Blatt aus dem „Block der Vorhersage“ eine der vier Farben und notiert in der jeweiligen Spalte, mittels eines Kreises, die Anzahl an Symbolen der entsprechenden Farbe an, die er würfeln wird. Außerdem bestimmt er, welche Farbe das „Wizard W“ annimmt, um seiner Chancen zu erhöhen oder die gegnerischen zu mindern. Danach geht es Reihum weiter, wobei kein Spieler exakt dieselbe Vorhersage machen darf wie der Seher. Haben alle Spieler ihre Vorhersage gemacht, darf der Seher, und nur der Seher allein, bis zu dreimal würfeln und dabei Würfel bei Seite legen oder wieder reinmischen. Es ist jedem Spieler nach jedem Wurf gestattet aus der Runde auszusteigen. Ein Ausstieg bedeutet, dass man die gerade gefallenen Würfel für sich alleine werten kann, dies ist besonders dann sinnvoll, wenn die eigene Vorhersage gewürfelt wurde oder es keinen Sinn macht weiterzumachen, da der Seher bereits zu viele Würfel entfernt hat und die eigene Vorhersage nicht mehr eintreffen kann. Letzteres bedeutet Minuspunkte und zwar in Höhe der Differenz zur Vorhersage. Ein weiterer Weg um Minuspunkte zu vermeiden, neben der richtigen Vorhersage, ist die Wertung der Narren. Wenn man möchte, kann man aussteigen, wenn Narren gefallen sind, die Anzahl an Narren in seinem Block durchstreichen und eine Null im Feld seiner Vorhersage eintragen. Dies ist höchstens fünfmal möglich und setzt voraus, dass der Seher auch Narren würfelt. Hier ein Beispiel aus einer typischen Spielrunde, die die Regeln zusammenfasst: 


Andreas ist der Seher, er schnappt sich die 7 Würfel, macht die Vorhersage 5-mal Rot zu würfeln und sagt, dass jedes Wizard W die Farbe Rot bekommt. Dann ist André dran, er sagt, dass 2 Grüne Symbole fallen werden. Roy entscheidet sich für 4 rote. Und Oli schließlich für 5 gelbe.

Andreas würfelt 3 rote, 2 grüne und 2 Narrensymbole. André lag mit seiner Vorhersage richtig, er steigt aus und notiert sich im entsprechenden Feld ein X, das in diesem Fall für 2 Punkte steht. Roy hofft auf ein weiteres, rotes Symbol und bleibt drin. Oli weiß, dass er keine 5 gelben Symbole mehr erreichen kann, da Andreas die 3 roten Würfel bei Seite legen wird, weswegen er sich die 2 Narren durchstreicht und eine 0 im Feld seiner Vorhersage einträgt. 

Schließlich legt Andreas die 3 roten Symbole und einen Narren, für den Fall der Fälle, beiseite und würfelt zum zweiten Mal mit den restlichen 4 Würfel. Er würfelt ein rotes Symbol und das W, damit hat sich seine Vorhersage erfüllt und er beendet die Wurfphase. Roy liegt mit einem Punkt daneben, die Narrenkappe kann er nicht für sich beanspruchen, da er diese bereits in einer anderen Runde gestrichen hat. Also notiert er sich eine -1 im entsprechenden Feld.

Da André neben Andreas als einziger richtig lag und die Farbe seiner Vorhersage nicht dieselbe war wie von Andreas, ist er in der nächsten Runde der Seher und darf würfeln. Wer nach 9 bzw. 12 Runden die meisten Punkte hat, gewinnt.

Wizard das Kartenspiel ist schon sehr glückslastig, bietet aber gerade noch genug Strategiemöglichkeiten, um nicht vollkommen willkürlich zu sein, da man ja schließlich sehen kann mit welchen Handkarten die Vorhersage getroffen werden muss. 


Wizard das Würfelspiel macht aber aus dem bereits sehr glückslastigem Kartenmechanismus, einen noch unberechenbareren Würfelmechanismus, der logischerweise, irgendwie, durch die Spieler, manipulierbar sein muss, da man ja sonst einfach was vorhersagen, dann würfeln und dann so tun kann, als ob man ein Spiel spielt. Und hier kommt als erster Faktor das Wizard W ins Spiel, mit dem der Seher die Wahrscheinlichkeit beeinflusst, und das entweder zu seinen Gunsten, wie im Falle des obigen Beispiels, oder um seine Mitspieler zu ärgern, wenn diese beispielsweise nur 1 Symbol vorhersagen. Die zweite Option das Würfelglück etwas weniger bedeutsam zu machen, ist das Integrieren der beiliegenden 11 Regelkarten, die beispielsweise aus dem W jede Farbe machen oder bestimmen, dass sich der Seher vor dem ersten Wurf, für 2 Symbole entscheiden muss, die liegen bleiben. Die Regelkarten werden vom Spiel als Erweiterung vorgeschlagen, wenn man mit dem Grundspiel vertraut ist. Meiner Meinung nach, macht es ohne diese Karten eigentlich keinen Sinn, das Spiel zu spielen, da es sonst einfach zu willkürlich ist. Zwei der Regelkarten sollten meiner Meinung nach aber irgendwo vergraben werden, dies ist zum einen die Karte, die in einer Runde alle Punkte, sowohl negative als auch positive, verdoppelt und zum anderen die, die eine Minuswertung entfernt. Grund dafür ist, dass beide Karten die Willkür belohnen bzw. fördern, in einem Spiel, das auf Stochastik basiert. 

In unserer Spielrunde waren wir gespaltener Meinung über Wizard das Würfelspiel  Für manche war es extrem frustrierend zu sehen, dass die Wahrscheinlichkeit gegen Glück verliert, andere wollten gar nicht erst viel denken, sondern einfach abschalten und würfeln, zocken also. Letztere hatten viel Spaß, wohingegen erstere einfach nur frustriert waren. In einer Sache waren wir uns jedoch alle einig, Wizard das Würfelspiel hat mit dem klassischen Wizard nur wenig gemein. Ja man sagt auch hier Stiche an, jedoch, und das ist der entscheidende Unterschied, bevor man weiß, welche Farben man bekommt und das Würfelglück darüber entscheidet. 

Wizard das Würfelspiel ist ein netter Absacker, aber definitiv keine Alternative zum Klassiker.
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Wizard Würfelspiel von Daan Kreek
Erschienen bei Amigo Spiele
Für 2 bis 5 Spieler in ca. 20 Minuten
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Amigo Spiele)

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18.12.2019

6 nimmt! Brettspiel


Wenn ein Spiel, welches 25 Jahre alt ist, noch heute einen der größten Youtube-Brettspiel-Kanäle aus England dazu bringt eine Review zu veröffentlichen und dann nur aus Karten in der typisch kleinen Amigo-Box besteht, will das doch was heißen oder? Welchen Kanal ich mein? Shut Up & Sit Down, toller Kanal. Welches Spiel? 6 nimmt! oder wie es bei SUSD klingt "Sex nimmt"... 6 nimmt! ist ein Klassiker von Wolfgang Kramer, feiert sein 25jähriges Jubiläum, wofür es auch schon mit einer Sonder-Edition versehen wurde und nun gibt es auch noch eine Brettspiel-Variante für 2-6 Spieler ab 8 Jahren. Eine Partie dauert im Schnitt 20 Minuten.

[MATERIAL]

Statt der bekannten Karten aus dem normalen Spiel bringt das Brettspiel 100 Plättchen mit sich, dazu Sichtschirme, Zählsteine und Aktions- sowie Glückskarten. Und wie der Titel schon verrät ein doppelseitiges Brett. Die Qualität der Plättchen ist absolut in Ordnung mit guter Dicke auch das Brett macht einen wertigen Eindruck. Karten sind bei Amigo eh standardmäßig in guter Qualität. Für den aufgerufenen Preis von ca. 20 € alles okay.


[ABLAUF]

Wer das alte Basisspiel nicht kennt, hier ein kurzer Abriss. Beim Kartenspiel versuchen wir unsere Handkarten in vier ausliegenden Kartenreihen abzulegen. Jede Zahlenkarte kommt nur einmal vor. Alle Spieler wählen jeweils eine Karte aus und legen diese verdeckt vor sich aus. Der Spieler mit dem niedrigsten Zahlenwert beginnt und muss diese Karte in eine der vier Reihen aufsteigend anlegen und zwar an die Karte mit der geringsten Differenz zu der ausgespielten Karte. Wenn man in einer Reihe die sechste Karte legen würde, muss man die fünf ausliegenden Karten nehmen und mit der "sechsten" eine neue Reihe starten. Jede Zahlenkarte hat Hornochsen aufgedruckt, die wir vermeiden wollen und wer zu erst 66 Hornochsen gesammelt hat, verliert das Spiel, der Spieler mit den wenigsten Hornochsen gewinnt.

Soweit das Basisspiel in Kartenform. Im Brettspiel wurden die Karten, wie erwähnt, durch Plättchen ersetzt, aber das Grundprinzip bleibt gleich. Insgesamt gibt es vier Versionen, die man spielen kann. Ein Grundspiel, eine Profi-Variante und die jeweiligen Varianten mit Glückskarten. 

Fangen wir mit dem Grundspiel an. Jeder Spieler erhält 12 zufällig gewählte Zahlen-Plättchen und legt diese offen hinter sein Sichtschirm, so dass nur der Spieler sie sehen kann. Das Spiel endet sobald ein Spieler alle seine Plättchen ausgespielt hat, im Spiel zu zweit und zu dritt spielt man zwei Runden mit je 12 Plättchen. 
In einer Runde wählt jeder Spieler ein Plättchen mit einer Zahl und legt diese verdeckt vor seinen Sichtschirm, wenn dies alle getan haben, drehen wir alle um und der Spieler mit der niedrigsten Zahl und dann aufsteigend, darf sein Plättchen in eine der vier Reihen auf dem Brett ablegen und zwar immer dort wo die Differenz zum zuletzt ausliegenden Plättchen am geringsten ist. Ist meine gewählte Zahl kleiner als alle vorhandenen Zahlen am Ende der Reihen, muss ich mein Plättchen hinter die höchste Zahl platzieren. Beim Kartenspiel war es noch so, dass man dann eine Reihe seiner Wahl komplett nehmen musste und mit dieser Karte eine neue Reihe startet. 


Durch das Brett ist es nun auch nicht immer die sechste Karte, die vorgibt, dass man die Reihe nehmen muss, denn es gibt verschieden große Reihen von 4 Plätzen bis 8. Wer dann in der jeweiligen Reihe sein Plättchen auf das Feld mit dem "Reihe nehmen"-Symbol legt, muss die Reihe nehmen und sich die Hornochsen auf der Punkteleiste abziehen. Die Plättchen kommen aus dem Spiel und mit dem letzten Plättchen fängt man eine neue Reihe in der ersten freien Reihe unter den ausliegenden an. 

In den Reihen gibt es auch noch Felder mit grünen und roten Hornochsen. Lege ich dort ein Plättchen ab, muss ich mir sofort Punkte in Höhe der Hornochsen auf diesem Plättchen abziehen (rot) oder addieren (grün). Ähnlich geht es auch bei den Feldern, in denen einfach eine +/- Zahl gezeigt wird. Diese Punkte bekomme ich oder muss ich mir abziehen. Zu guter Letzt gibt es noch Felder mit "Zwei Plättchen ausspielen", lege ich dort ein Plättchen ab, kann ich sofort noch ein weiteres ablegen.

Wer am Ende des Spiels die meisten Punkte bzw. die wenigstens Minuspunkte hat, gewinnt das Spiel.

Für die Profivariante drehen wir das Spielbrett und finden dort noch weitere Sonderfelder. Des Weiteren erhält jeder Spieler zwei Aktionskarten auf die Hand, die man während des Spiels verwenden kann und zwar immer dann, wenn man sein Plättchen legen würde. Was die genau bringen erkläre ich gleich. In der Profivariante startet ebenfalls jeder mit 12 Plättchen, aber das Spiel endet, egal in welcher Konstellation, wenn ein Spieler keine Plättchen mehr hat. Für nicht verwendete Aktionskarten bekommt man am Spielende jeweils ein Pluspunkt und für noch nicht verwendete Plättchen erhält man die dortigen Hornochsen als Minuspunkte. 

Was gibt es für neue Felder? Es gibt nun zwei Arten von "Reihe nehmen" und zwar zum einen mit Plättchen, was bedeutet dass ich mir die Reihe nehme und alle Plättchen hinter mein Sichtschirm lege und diese von jetzt an mir zur Verfügung stehen. Das Plättchen mit dem ich diese Aktion ausgelöst habe, fängt eine neue Reihe an. Zum anderen gibt es das klassische Reihe nehmen mit Hornochsen, bei dem die Plättchen aus dem Spiel kommen und ich Minuspunkte in Höhe der Hornochsen erhalte. Dann gibt es Felder auf denen ich dann neue Plättchen ziehen muss oder eine Aktionskarte ziehen darf.


Was gibt es für Aktionskarten? Hier ein kleiner Überblick:

- STOP! - mit dieser Karte darf ich ein Stop-Plättchen ans Ende einer beliebigen Reihe legen und fortan darf kein Spieler mehr in dieser Reihe etwas anlegen, so lange bis eine andere Reihe komplett genommen wurde. Dann verschwindet das STOP-Schild auch wieder. 

- Plättchentausch - wie der Name schon verrät, darf ich damit mein eigentlich gewähltes Plättchen mit einem anderen hinter meinem Sichtschirm tauschen, falls es mir doch nicht mehr passt. 

- Überspringen - mit dieser Karte darf man in der Reihe immer ein Feld überspringen und das Plättchen auf das übernächste Feld legen, falls mir dort der Bonus besser gefällt.

- An den Anfang legen - wenn mein Plättchen kleiner als ein Plättchen an erster Stelle einer Reihe ist, kann dieses nun vorne anlegt werden und alle weiteren Plättchen rücken ein Feld nach rechts. Das Plättchen am Ende löst ein Sonderfeld aus und nicht dein eigentlich gelegtes!

- Aufsteigend anlegen - so lange mein Plättchen höher im Wert ist, kann ich dieses in jede Reihe legen, ich muss also nicht mehr auf die niedrigste Differenz achten. 

- noch ein Plättchen - funktioniert wie das Sonderfeld und ich kann sofort ein weiteres Plättchen meiner Wahl spielen

Ich bin der Meinung, dass es so ähnliche Aktionskarten auch in der Jubiläumsedition gab, kann das aber nicht 100%ig sicher sagen, da ich nur das normale 6 nimmt! besitze. 


Wie erwähnt kann ich beide Versionen auch noch mit Glückskarten spielen. Auf der Punkteleiste entlang findet ihr Kleeblätter und immer wenn ihr durch Minuspunkte an welche vorbeizieht, erhaltet ihr je Kleeblatt eine Glückskarte, die ihr, wie die Aktionskarten von der ProfiVersion, verwenden könnt. Es gibt zum einen eine Karte mit 5 Pluspunkten, womit ich auch Minuspunkte die ich eigentlich bekommen würde, verringern kann und es gibt es eine Karte mit positiven Hornochsen. Diese Karte spielt man, wenn man die Reihe nimmt, nun muss ich mir aber keine Minuspunkte für die Hornochsen geben, sondern werte zwei beliebige Plättchen der Reihe als Pluspunkte und verrechne dies mit den Minuspunkten der anderen Plättchen.

Puuh...länger geworden als ich wollte. Entschuldigt bitte. Aber hey ich hab euch quasi gerade 4 Spiele plus altes Kartenspiel in einem erklärt. Ist doch was oder?

[FAZIT]

Ich finde das alte 6 nimmt! schon toll, denn es bringt mit kleinen Mitteln große Emotionen an den Tisch. Mag es zu Beginn alles etwas trocken wirken und sehr mathematisch, entwickelt es sich schnell zu Gefühlsausbrüchen, in denen man seine Mitspieler verflucht, weil sie den perfekten Zug kaputt machen und man auf einmal mit 20 Minuspunkten da steht. Der Moment wenn jemand genau da eine Karte hinlegt, wo man seine haben wollte und nun an andere Stelle muss... immer wieder spaßig! 

Auch das Brettspiel bringt diese Emotionen mit sich und kann daher von mir nur empfohlen werden. Die Sonderfelder in beiden Varianten bringen tolle taktische Momente mit sich und der Ärger-Faktor bleibt erhalten. Auch die Aktionskarten bringen ein schönes Element mit sich, da man nie weiß, was der Mitspieler eigentlich plant, er könnte ja eine Aktionskarte legen, die alles anders aussehen lässt. Die Glückskarten sind okay, sind für mich aber nicht so wichtig wie das Brett oder die Aktionskarten. 


Trotz meiner ausschweifenden Erklärung ist das Grundprinzip einfach soooo simpel. Zahlenreihen aufbauen und dabei beachten dass man immer im niedrigsten Abstand legen muss. BOOM. Mehr nicht, aber dennoch bringt es schon so viel Spieltiefe mit sich. Durch die Brettspiel-Variante noch mehr und das find ich toll.

Die Anleitung ist hervorragend aufgebaut und es bleiben keine Fragen offen. Über die Optik lässt sich streiten. Mir wäre glaub ich ein aufgedrücktes Thema lieber gewesen, da man so manche Spieler schneller überzeugt bekommt, das Spiel mitzuspielen, denn so sieht es auf den ersten Blick sehr abstrakt und mathematisch aus. Lasst euch also nicht von der Optik abschrecken und gibt diesem wirklich schönen Spiel mit viel Ärger-Faktor eine Chance. Ich hätte mir für die Brett-Variante noch einen Beutel gewünscht, aus dem ich die Plättchen ziehen kann, so muss man anders behelfen.

Wer sollte eher die Hände davon lassen? Wenn man keine Take-That-Momente mag und am liebsten alles selbst in der Hand hat, wird mit 6 nimmt! Brettspiel weniger seine Freude haben, aber ich kann für mich und meine Runde sprechen, dass es immer Spaß bringt und ein wirklich großartiger Auftakt oder Abschluss eines Spieleabends sein kann. Auch meine Tochter (7) gefällt das Spiel sehr gut und lernt fleißig damit die Zahlen bis 100. 

Ihr seht schon. Ich bin begeistert. Shut up & Sit Down übrigens auch. Amen. Aus die Maus. Kaufen!

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6 nimmt! Brettspiel von Wolfgang Kramer
Erschienen bei Amigo Spiele
Für 2 bis 6 Spieler in ca. 25 Minuten
Boardgamegeek-Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Amigo Spiele)


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16.12.2019

Copenhagen: Nyhavn


Cøpenhagen NyhavN – Ein Nachtrag

Nun ist meine Rezension zu Cøpenhagen schon einige Zeit her, jedoch kam mir in den letzten Tagen die Mini-Erweiterung Nyhavn unter die Finger. Und was soll ich sagen? – Es passt.

Diese kleine Erweiterung fügt sich elegant ins große Spiel ein und bietet dabei mehr Möglichkeiten als die Basisvariante. Worum geht’s?


Ins Spiel kommen neue Fassaden-Plättchen, dieses Mal tragen sie jedoch unterschiedliche Farben. Und wer hätte es gedacht: Man benötigt nun genau die abgebildeten Farben. Der Vorteil hierbei besteht nun darin, dass man ein begehrtes 5er-Plättchen nicht mehr mühsam mit fünf Karten gleicher Farbe oder einigen Spezialaktionen bekommt, sondern z.B. für drei rote und zwei lila Karten. 

Die Anleitung schlägt vor, die im Grundspiel enthaltenen 5er-Plättchen durch die der Erweiterung zu ersetzen und die 3er einfach dazu zu legen. Meiner Meinung nach, kann man sie auch schlicht alle hinzu packen, da sollte jeder nach persönlichem Belieben verfahren.

Ohne noch viele Worte zu verlieren: Diese kleine Erweiterung ist rund, passt ins Spiel und macht Spaß. Fertig.

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Copenhagen: Nyhavn von Anger Harding Granerud und Daniel Skjold Petersen
Erschienen bei Queen Games
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 35 Minuten
Boardgamegeek Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Queen Games)

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15.12.2019

Arctic Scavengers


Mittlerweile haben wir alle eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie unsere Welt nach der Apokalypse aussehen könnte. Trockene Sandwüsten ohne Leben, von der Natur zurückeroberte Großstädte oder vom Schnee bedeckte Landschaften so weit das Auge reicht. Wir sahen genug Filme und spielten genug Spiele, um mit dem apokalyptischen Szenario warmzuwerden, denn das Endzeitthema ist spätestens seit Mad Max so beliebt wie kaum ein anderes. So unterschiedlich die aufgezählten Endzeit-Szenarien auch sein mögen, so haben sie dennoch eine große Gemeinsamkeit: Es geht immer ums nackte Überleben. Die Ressourcen sind knapp, Selbstjustiz ist an der Tagesordnung und wenn man keine Waffen hat, sollte man alle anderen Menschen besser meiden.

Arctic Scavengers Überleben im Jahr 2097 -was ein Glück, dass nur die wenigsten von uns in diesem Jahr tatsächlich überleben müssen- orientiert sich genau an diesen Klischees und versucht mit seiner Deckbuilder Mechanik etwas Neues zur Brettspielgemeinde beizusteuern. Ob das gelingt?


Arctic Scavengers kam bereits 2009 bei Rio Grande Games raus und wurde von einigen als das bis dato beste Deckbuilder Spiel bezeichnet, wobei besonders das Thema als stark präsent gelobt wurde. Nach und nach kamen Erweiterungen, bis man sich 10 Jahre später entschied, das Spiel auch auf deutsche, samt all diesen Erweiterungen zu veröffentlichen. Wer Dominion und Co. Kennt, der kann in etwa erahnen, wie AArctic Scavengers funktioniert. Für alle, die mit der Deckbuilder Mechanik nichts anfangen können, hier eine kurze Zusammenfassung:

Jeder Spieler startet zunächst mit den gleichen Handkarten, versucht aber im Spielverlauf ein Kartendeck aufzubauen, das sich nicht nur vom gegnerischen Unterscheidet, sondern im Idealfall eine kumulative Verkettung der ausgespielten Karten erzeugt. Dafür liegen auf dem Tisch weitere Karten, die durch das Ausspielen der vorhandenen gekauft werden können. Meistens spielt man dafür alle seine gezogenen Handkarten aus, schaut, wie viel Geld man aus diesen zusammenkratzen kann und kauft Karten aus dem ausliegenden Markt. Der Clou hierbei ist, dass sowohl die ausgespielten als auch die frisch gekauften Karten auf die Ablage kommen. Erst wenn der eigene Nachziehstapel leer ist, darf man die Ablage mischen und so zum neuen Nachziehstapel mit nun neuen Karten machen. Ein bestimmtes Ereignis triggert das Spielende und es gewinnt meist derjenige, der die meisten Karten gekauft hat, die Siegpunkte bringen. So funktionieren 99% aller kompetitiven Deckbuilder. Genauer betrachtet, ist ein Deck Builder also wie ein Engine Builder nur mit Karten. Die zwei größten Kritikpunkte hierbei sind jedoch der Mangel an Spielerinteraktion und der früh vorhersehbare Sieger, da man ja immer sehen kann, welche Karten das Gegenüber kauft.


Arctic Scavengers tanzt hier aber aus der Reihe und versucht genau diese Schwachpunkte der Deckbuildermechanik zu beseitigen. 

Das Ziel bei Arctic Scavengers ist es, zum Spielende die meisten Personen in seinem Stamm zu haben, das heißt, dass man Karten kaufen muss, die ein Männchensymbol in der unteren linken Ecke besitzen, je mehr, desto besser. Hier bleibt Arctic Scavengers dem typischen „kaufe die meisten Siegpunkte Karten um zu gewinnen“ eines Deckbuilders treu. Der Clou ist aber, dass man nicht immer sieht, welche Karten die Gegenspieler ergattern. Dafür sorgt die Aktion mit dem Namen „Schrottplatz Durchsuchen“. Der Schrottplatz ist ein geheimer Kartenstapel, in dem man, wie der Name schon sagt, vielen nutzlosen Schrott findet, aber auch besonders mächtige Karten und das Beste daran, euer Gegner weiß bis zum Ausspielen dieser nicht welche es sind, denn ihr zieht verdeckt. Eine weitere Besonderheit bei Arctic Scavengers ist das Kombinieren von Karten. Dabei kann die Erfolgschance einer fast jeden Aktion erhöht werden, indem mindestens zwei Karten, die sich meist aus einer Person und einem Werkzeug zusammenstellen, kombiniert werden. Möchte man beispielsweise „Jagen“, was eigentlich nur bedeutet, dass man Karten kaufen möchte, die ein oder mehr Nahrungssymbole kosten, braucht man zunächst eine Person, die die Fähigkeit Jagen hat und beispielsweise einen Speer. So wird der Grundwert des Jagenden mit dem Bonuswert des Speers addiert und man kann sich eine teurere Karte ergattern, als ohne Speer. Gleiches gilt auch für die oben beschriebene Schrottplatzaktion, nur braucht man dort die Schaufel. Was aber die wohl beste Besonderheit von Arctic Scavengers ist, ist das Ausspielen von Karten während gegnerischer Züge, um ihnen das Leben zu erschweren. Möchte einer meiner Gegenspieler z.B. durch das Ausspielen einer Plünderer Karte, eine Karte von seinem Nachziehstapel ziehen, kann ich einen Scharfschützen einsetzen, der ihn sofort daran hindert. Hier muss man aber aufpassen, denn vorm Ende jeder Runde gibt es eine Kampfphase, in der jeder Spieler seine bis dato nicht genutzten Karten verwenden kann, um an der Schlacht teilzunehmen. Hierbei handelt es sich lediglich um das Vergleichen von Kampfwerten der restlichen Karten, wobei der Gewinner sich die oberste Karte vom Stapel „Umkämpfte Ressourcen“ nehmen darf. Dieser Stapel beinhaltet besonders wertvolle und starke Karten und triggert außerdem das Spielende, wenn er leer geht. Wer also am Kampf teilnehmen möchte, sollte Karten aufsparen, um diese dann einzusetzen, oder einfach bluffen, indem sie oder er, durch das Aufsparen der Karten, die Gegenspieler dazu animiert weniger Karten auszuspielen um für den Kampf gewappnet zu sein. 


Das Basisspiel von Arctic Scavengers  welches vom Regelwerk für den Einstieg empfohlen wird, ist relativ überschaubar und besonders für Vielspieler einfach zu wenig. Die Erweiterungen Hauptquartier und Aufklärung machen da schon einen riesigen Unterschied, da sie zum einen ganz neue Spielmechaniken mitbringen und zum anderen etablierte Aktionen noch spaßiger und immersiver machen. Mit den Erweiterungen könnt ihr beispielweise Reaktionskarten spielen um gegnerische Attacken zu verhindern oder Gebäude bauen, die permanent liegen bleiben und z.B. als Lager für bestimmte Karten dienen können. Stammesanführer-Karten verleihen jedem Spieler individuelle Fähigkeiten und der Spion oder das Fernglas lassen euch die Handkarten der Gegner oder einiger Stapel ansehen.

Anm. d. red.: In meinem Fazit bewerte ich das Spiel so, wie es auf dem deutschen Markt erscheint, d.h. mit den erweiterungen HAUPTQUARTIER und AUFKLÄRUNG.


Arctic Scavengers ist eigentlich schon lange ein Klassiker unter den Deck Building spielen. Warum es so lange gedauert hat, bis ein deutscher Release kam, kann ich mir bei bestem Willen nicht erklären. Das Spiel wirft so ziemlich alles, was mich an einem Deckbuilder stört über Bord und liefert vielseitige und vor allem interaktive Runden ohne das Deckbuilder-Feeling zu verwaschen. Ich kann aber verstehen, dass all die vielen Aktionen und Phasen einer Runde vor allem Dominionliebhaber abschreckt, da die Downtime bei Arctic Scavenger genauso deckbuilder-untypsch ist, wie viele seiner Mechaniken, was dazu führt, dass es eben nicht so flott gespielt werden kann. Eben mal eine Runde Dominion geht easy, aber eben mal eine Runde Arctic Scavenger eher nicht. 


Nichtsdestotrotz dominiert Arctic Scavengers im Hinblick auf Spieltiefe und Interaktion seine Konkurrenz mit Leichtigkeit. Die Möglichkeiten zum Angriff, die individuellen Spielerfähigkeiten und die unzähligen Varianten sich ein individuelles Deck zu bauen, welches über die Handkarten hinaus geht habe ich bisher in keinem anderen Deckbuilder gesehen. Und was ich ebenfalls bei kaum einem anderen Deckbuilder gefühlt habe, war ein so stark präsentes Thema. Das graben im Schrott um dann doch enttäuscht nur Müll aufzusammeln, die Angst, dass ein gegnerischer Scharfschütze die nächste Aktion zunichtemachen kann, aber auch das Aufbauen einer eigenen Kolonie mit einer funktionierenden Dynamik und das Dominieren der Gegner im Kampf runden die bereits hervorragenden Spielmechaniken zu einem schönen Paket ab.

Wer Deckbuilder mag, aber frischen Wind und vor Allem einfach mehr Spiel braucht ist hier genau richtig.
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Arctic Scavengers von Robert K. Gabhart
Erschienen bei ASS Altenburger
Für 2 bis 5 Spieler in ca. 60 Minuten
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier ASS Altenburger)

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