28.12.2018

3x8


Wer kennt es nicht, das gute alte Solitaire, das bereits so manchem half, dem schnöden Büroalltag zumindest gedanklich zu entkommen? Und auch wenn Solitaire ja eigentlich nur eine Abwandlung des deutlich älteren Patience ist, können mit dem Microsoft-Begriff gefühlt viel mehr Menschen etwas anfangen. Liegt das allein an der Verbreitung von Windows?...aber ich schweife ab… Unser Thema heute: 3x8 von Amigo, das aber im Geiste seine Verwandschaft mit Solitaire, ähm FreeCell, nein Patience nicht ganz von der Hand weisen kann.

Worum geht es also? Jeder Spieler erhält vier Handkarten und es werden drei weitere Karten offen in die Tischmitte gelegt. Ist ein Spieler an der Reihe, darf er entweder Zahlenkarten von der Hand in eine vor sich liegende Reihe ablegen, die Anzahl seiner Handkarten erhöhen (= offene Karten weglegen, neue auslegen und eine auswählen) oder eine der besonderen Blockerkarten in einer gegnerischen Reihe ablegen. 


Die von der Hand in eine eigene Reihe gelegten Karten dürfen ausschließlich in aufsteigender Reihenfolge abgelegt werden und müssen (sofern man mehrere Karten gleichzeitig ablegen will), alle die gleiche Farbe haben, wobei die Farbe der abgelegten Farben nicht der Farbe der Reihe entsprechen muss. Letzteres wäre auch gar nicht möglich, da die Karten jeweils in 10er-Päckchen die Farbe wechseln. Anschließend darf man eine beliebige Reihe oder nur einen Teil einer Reihe auf eine andere Reihe (dies kann auch eine neue Reihe sein) verschieben. Maximal darf man 4 Reihen vor sich liegen haben. Hat man anschließend in einer Reihe 8 Karten, legt man alle bis auf eine auf den Ablagestapel und dreht die verbliebene Karte einfach um (und blockt sich somit für den Rest des Spiels eine Kartenreihe). Am Ende des Zuges zieht man soviele Karten nach, wie man ausgespielt hat.

Interaktivität kommt dann noch durch die Blockerkarten ins Spiel. Diese können nur an bestimmte farbige Karten in einer gegnerischen Reihe angelegt werden und verbieten dem Spieler, dem die Reihe gehört, Karten einer bestimmten anderen Farbe auf diese Reihe auszuspielen. Anschließend darf man selbst zwei Karten nachziehen, erhöht hierdurch also auch gleichzeitig die Anzahl der eigenen Handkarten.

Wer als erstes drei umgedrehte Karten vor sich liegen hat, gewinnt das Spiel sofort.

3x8 bietet schnellen Spielspaß für zwischendurch und versucht das eigenbrödlerische Spielprinzip einer Patience in ein Gesellschaftsspiel zu verwandeln. Als kleiner Happen mag dies ganz nett sein, letztlich fehlt es aber natürlich etwas an Tiefgang. Als Reisespiel kann es leider aufgrund der Kartenreihen nicht punkten, aber als Absacker nach einem strategisch tiefgründigen Spieleabend ist es ein netter Zeitvertreib.


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3x8 von Knut Happel und Christian Fiore
Erschienen bei Amigo
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 30 Minuten
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sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Amigo)
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26.12.2018

A Thief´s Fortune


Willkommen bei A Thief´s Fortune - dem neuen super duper Drafting-Kombo-Kartenspiel mit coolem Thema von Artipia Games. Cooles Thema? Ganz recht. Die Jungs aus Griechenland haben es wieder geschafft ein Spiel zu designen, bei dem Thema und Mechanismen Hand in Hand gehen. Das gefällt mir, aber worum geht´s thematisch?

In A Thief´s Fortune spielen wir einen Dieb in einer orientalischen Welt. Halt. Vielmehr spielen wir alle einen Dieb und zwar ein und denselben. Wir haben nämlich eine magische Sanduhr gefunden, die es uns erlaubt einen Blick in die Zukunft zu werfen. Dadurch versuchen die Spieler am Tisch kompetetiv die bestmögliche alternative Zeitlinie zu finden. Und die ist - wie es sich bei einem Dieb gehört - die, mit dem meisten Ruhm.


Der Hauptmechanismus in A Thief´s Fortune ist ein Kartendrafting. Drafting allerdings mit einem Kniff. Drei Arten von Karten gibt es: Orte (geben passive Boni), Charaktere (lassen sich aktivieren) und Ereignisse (sorgen für Einmaleffekte). Diese Karten drifte ich, indem ich mir eine Karte aus meiner Hand aussuche und in meine individuelle Zukunft spiele und im Anschluss nur zwei, meiner insgesamt fünf Startkarten weitergebe. Dann selbes Spiel. Eine ausspielen, zwei weitergeben. Das hat zur Folge, dass ich in A Thief´s Fortune Karten während des Draftings zurückhalten kann. Sehr angenehm. So kann ich beispielsweise bei guter Starthand mit meinen Karten besser vorausplanen, nehme mir aber nicht die Option bei Gefallen der neuen Karten meine Strategie zu ändern. Cool!


Wurde fertig gedraftet und wir haben insgesamt vier Karten in unsere individuelle Zukunft gespielt, kann ich diese Karten teilweise in meine Gegenwart holen, indem ich die darauf liegenden Ressourcen nehme. Thematisch ist dies an dieser Stelle ebenfalls toll eingebunden. Wenn auf einem Charakter beispielsweise eine Schwertressource liegt, kann ich das beispielsweise so deuten, dass ich in meiner Zukunft sehe, dass ich ihn bekämpfen muss oder in einem Duell besiegen, dass er sich mir anschließt und in meiner Gegenwart hilft. Ich mag, wenn das Thema durchkommt.

In meiner individuellen Gegenwart kommt es dann zur nächsten Hauptphase bei A Thief´s Fortune  Hier aktivieren die Spieler abwechselnd ihre Charaktere der Gegenwart, um Siegpunkte, weitere Ressourcen oder allerlei anderen Schabernack zu veranstalten. In der Gegenwart präsente Orte geben Boni, bereite Ereignisse geben den gewünschten Boost zur richtigen Zeit. Dabei ist Kombis ausspielen gefragt. Davon hat A Thief´s Fortune nämlich eine ganze Menge. Hier ein Charakter schnell aktiviert und eine Ressource gesammelt. Diese anschließend mit dem anderen Charakter weiterverarbeitet und mit dem Ort geboostet und schwups, da sind die Siegpunkte. A Thief´s Fortune bietet hier reichlich Befriedigung. Nicht selten hat man in dieser Phase das Gefühl etwas großes zu vollbringen. Man generiert massig Effekte und erfreut sich an seiner aufgebauten Kombokette.


A Thief´s Fortune bleibt an dieser Stelle regeltechnisch simpel. Natürlich gibts noch die Vergangenheit zur Zukunft und zur Gegenwart. Hier werden die meisten Punkte generiert. In die individuelle Vergangenheit gerät eine Karte, sobald die fünfte Karte eines Typs (Charakter oder Ort) in die Gegenwart gelangt. Dann rutscht die erste in die Vergangenheit, bringt Punkte am Spielende, kann aber nicht mehr für Kombos genutzt werden. Genau hier liegt nun also der entscheidende strategische Knackpunkt bei A Thief´s Fortune  Ich stelle mir in einer Partie stets die selben Fragen: Wie baue ich eine funktionierende Kombo auf? Wie kann ich diese bestmöglich nutzen und vor allem WANN muss ich anfangen diese Kombo aufzulösen, meine Karten in die Vergangenheit zu ziehen und Punkte zu machen?


Timing ist entscheidend in A Thief´s Fortune  Spiele ich eine Kombo zu lange, dann ernte ich vielleicht massig Ressourcen, aber ich punkte zu wenig. An dieser Stelle macht sich dann die Spielerfahrung bemerkbar, weshalb erfahrene Spieler in A Thief´s Fortune vermutlich oft am längeren Hebel sitzen. Es ist nämlich garnicht so einfach den richtigen Augenblick abzuschätzen. Es macht jedoch höllisch Spaß diese Kombos aufzubauen und durchzuexerzieren. Das ganze ist dabei auch noch herrlich thematisch, sodass A Thief´s Fortune schnell zu einem Dauerbrenner in meiner Runde wurde. Einfache Regeln, die durch die Kombination von verschiedenen Karten und Effekten tiefe Wirkungen haben. Ein tolles Spiel!
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A Thief´s Fortune von Konstantinos Kokkinis und Sotirios Tsantilas
Erschienen bei Artipia Games
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 60 Minuten
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Artipia Games)


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24.12.2018

Cool Runnings


"Muahahaha nun meine Attacke mit Salz, nimm das!!" - "Oh man, immer auf mich, reib doch mal am anderen Würfel!" - "...acht Eiswürfel, neun Eiswürfel, ZEHN Eiswürfel! Los, lass jetzt los!!!" 

So oder so ähnlich läuft die Kommunikation bei einer Partie Cool Runnings aus dem Hause Ravensburger, für 2-4 Spieler ab 8 Jahren geeignet und dauert ca. 30 Minuten. Und ihr merkt schon, es handelt sich dabei um kein normales Spiel, denn hier spielen wir mit echten Eiswürfeln. Dem Spiel liegen acht Eiswürfelformen bei, so dass ich immer zwei Partien in voller Besetzung vorbereiten kann. Möchten wir eine Partie spielen, nehmen wir die Anzahl an Eiswürfeln aus dem Gefrierfach und holen diese aus den Formen. Die Eiswürfel kommen nun in etwas größere Formen in jeweiliger Spielerfarbe, welche wiederum auf die Eiswürfelformen gesteckt werden, so dass tropfendes Wasser gleich wieder in die Form geht. 

Für das Spiel legen wir dann noch einen Teelöffel (oder etwas mehr) Salz parat, sowie eine Schüssel mit Wasser und ein Handtuch sollte man auch in der Nähe haben. Zu guter Letzt legen wir den Spielplan aus, welcher aus 5 abwischbaren Tableaus und einer Endzone besteht. Ziel des Spiels ist es nun unseren Eiswürfel als erster ins Ziel zubringen oder aber die anderen Eiswürfel so zum schmelzen zu bringen, dass nur noch mein Eiswürfel übrig bleibt.


Wie gelingt mir das? Jeder Spieler erhält zu Beginn vier Karten auf die Hand. Die Karten bestehen immer aus zwei Feldern, die obere zeigt an, welche Attacke ich gegen andere Eiswürfel ausführen kann. Es gibt folgende Attacken: 10 Sekunden Anhauchen, 10 Sekunden in einer Faust halten, 10 Sekunden mit dem Daumen reiben, den Eiswürfel ins Wasserbad schmeißen, eine Pipette Wasser auf den Eiswürfel spritzen, eine Prise Salz auf den Würfel streuen und zu guter Letzt kann ich den Eiswürfel des Gegners so lange in eine meiner beiden Hände verstecken bis der Besitzer des Eiswürfels richtig geraten hat, in welcher Hand er sich befindet. Aber Vorsicht ist geboten, hat der Mitspieler, dessen Eiswürfel ich angreife, die gleiche Attacke auf der Hand, kann er kontern und die Karte gegen mich ausführen, was ich wiederum auch kontern kann usw.

Die unter Hälfte der Karte zeigt uns eine Zahl zwischen -2 und +4, entscheide ich mich für diese Hälfte kann ich diesen Wert mit meiner oder einer Figur meiner Wahl verwenden. Aber auch hier: Achtung! Auf dem Spielplan gibt es z.B. Lavafelder, lande ich auf diesem wird die oberste Karte vom Nachziehstapel gezogen und die Attacke gegen mein Eiswürfel ausgeführt, ohne dass ich kontern kann. Aber es gibt auch Eisfelder, auf denen ich gegen Angriffe geschützt bin und andere Felder schicken mich sofort Felder weiter oder zurück. Es ist also gar nicht so leicht unbescholten ins Ziel zu kommen. 


Das Spiel geht dann so lange bis einer ins Ziel samt Eiswürfel gekommen ist oder alle geschmolzen sind bis auf einer. Derjenige gewinnt dann das Spiel. 

Das Spiel ist für mich eine riesige, positive Überraschung und ein Lichtblick zwischen all den Pipi-Kacka-Gimmick-Kinderspielen, die es mittlerweile gibt. Es macht einfach tierischen Spaß die Angriffe auf die Eiswürfel durchzuführen und mit der Zeit leidet man mit seinem Eiswürfel mit, wenn die nächste Prise Salz naht und der Eiswürfel nur noch wie der Grand Canyon aussieht. Und diese Freude habe ich bei allen Altersgruppen (warum eigentlich erst ab 8??) gesehen, sei es bei meiner 6jährigen Tochter (die alles verstanden hat) oder bei meiner 62jährigen Mutter, alle wollten ihren Eiswürfel retten, die anderen angreifen und es hat sich eine tolle Stimmung am Tisch entwickelt. Cool Runnings ist ein hervorragendes Familienspiel, welches zu Recht den Innovationspreis bei der SPIEL'18 gewonnen hat. 


Einziges Manko sind die nicht wasserfesten Karten, was ich nicht wirklich verstehen kann, da man sonst überall auf Wasserfestigkeit geachtet hat und sorry, aber für einen Verlag wie Ravensburger können die Mehrkosten nicht so viel höher sind, dass es sich nicht gelohnt hätte. Zum anderen stört mich ein wenig die Schachtelform, denn die ist riesig! Ein riesiger Würfel, den man für den Inhalt nicht gebraucht hätte. Ich kann schon verstehen, dass man im Kaufhausregal auffallen will und deswegen eine recht große Schachtel wählt, aber zu Hause im Spieleregal findet sich kein Platz dafür. 

Ihr seht, die Mankos sind gering und tun dem Spaß kein Abbruch. Egal ob im Sommer im Garten oder im Winter am Weihnachtsabend, ich würde das Spiel immer vorschlagen und eine Runde Cool Runnings spielen wollen. Kauft Cool Runnings und lasst den Pipi-Kacka-Kram im Kaufhausregal stehen!
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Cool Runnings von Olivier Mahy
Erschienen bei Ravensburger
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 30 Minuten
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Ravensburger)


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23.12.2018

Die rote Kralle


Mist! Erwischt! Das kann doch nicht wahr sein!! Schnell wird uns bewusst, wir müssen die Stadt so schnell es geht verlassen. Ab jetzt zählt jede Minute, jede Sekunde. Jeder Schritt könnte der falsche sein. Jetzt bloß keine Fehler machen und wenn, dann hoffentlich von den Kollegen. Jedem ist bewusst, Die rote Kralle wird nicht ruhen, bis sie zumindest einen von uns in ihren Fängen hat. Aber wer wird es sein??

Willkommen bei der wilden Agentenjagd aus dem Hause "Corax Games". Die rote Kralle ist für 2-4 Spieler ab 8 Jahren und eine Partie dauert ca. 30 Minuten. Das Spiel wurde, wie bei Corax üblich, erfolgreich über die Spieleschmiede finanziert und ist nun für ca. 15-20€ zu haben. 
Wir schlüpfen jeweils in die Rolle eines Maus-Agenten und versuchen mit so wenig Beweisen wie möglich die Stadt zu verlassen, denn den Spieler mit den meisten Beweisen, die zu ihm führen, wird Die rote Kralle (ein Kater) gefangen nehmen. 


Zu Spielbeginn legen wir die 11 Ermittlungsstand-Karten in aufsteigender Reihenfolge (0 bis 10) aus und jeder Spieler stellt seinen Agenten-Aufsteller auf die Null ("In Sicherheit"). Auf die 10 ("Geschnappt!") kommt der Aufsteller der roten Kralle. Die restlichen Spielkarten werden nach den vier Farben (rot, grün, gelb und blau) sortiert, separat gemischt und dann von jeder Farbe 7 Karten in einer Reihe ausgelegt. Von den restlichen Karten nimmt man dann noch zufällig zwei Karten je Farbe, mischt diese zusammen und verteilt jedem Spieler zwei Karten. Diese werden offen vor dem Spieler ausgelegt. Die restlichen Karten werden als offener Nachziehstapel hinter der jeweils dazugehörigen Farbreihe gelegt. Zwischen der Reihe und dem Nachziehstapel wird ein wenig Platz gelassen, denn nun mischen wir in der kleinen, handlichen Spielschachtel (erinnert ein wenig an eine Streichholzschachtel) die Hinweismarker und lässt nun nach und nach einen Marker herausfallen. Hinter jede Reihe kommen zwei Hinweismarker (diese müssen unterschiedlich sein), die restlichen bleiben zunächst in der Schachtel.


Der Spieler, welcher am Zug ist, wählt nun eine seiner beiden Karten und handelt die darauf abgebildeten Fluchtsymbole ab, dies können z.B. die vier Farben sein. Habe ich z.B. ein rotes und ein gelbes Symbol, nehmen ich mir aus den jeweiligen Reihen, die Karten, welche am weitesten links liegen. Diese lege ich offen zu meinen anderen. Nebst den Farben gibt es noch ein Fragezeichen, hier darf ich mir die Reihe nach Belieben aussuchen und es gibt einen roten Kratzer. Ist die auf der gespielten Karte, so darf der Mitspieler nach mir, für mich eine Reihe aussuchen. 

Es kann vorkommen, dass man keine Karten mehr im Besitz hat und an der Reihe ist. In diesem Fall muss ich die erste Karte von der längsten Reihe nehmen, sowie eine Karte von einem der vier Nachziehstapel. Als Bestrafung muss dieser Spieler dann den Aufsteller der roten Kralle zu sich nehmen, welcher wie ein Beweis gegen ihn gezählt wird. Passiert einem Mitspieler das selbe, kann ich dadurch den Aufsteller und somit den Beweis gegen einen wieder verlieren.


Im Laufe des Spiels werden die Farbreihen immer kleiner, bis keine Karte mehr ausliegt, für diese Reihe findet dann eine sogenannte Beweissicherung statt. Nun wird überprüft, wer von den Spielern die meisten Karten in dieser Farbe bei sich liegen hat, in dem man die Karten der gleichen Farbe vor sich zählt. Der Spieler mit den meisten, erhält den ersten (linken) Beweismarker und der Spieler mit den zweitmeisten den rechten. Bei Gleichstand überprüft man welcher Spieler die Karte mit dem höchsten Sichtbarkeitswert hat. Nach der Auswertung werden alle Karten wieder gemischt und 7 neue Karten ausgelegt, sowie zwei neue Beweismarker aus der Schachtel geschüttelt. 

Die Beweismarker sind das A und O des Spiels, denn hier gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ärgerlich wird es, wenn es Beweise sind, die mir zugeordnet werden können. So gibt es Fußspuren (Wert 1), Fingerabdrücke (2) und Fotos (3). Erhalte ich einen solchen, so lege ich diese zu mir und bewege in Höhe des Wertes meine Figur auf der Ermittlungsstand-Reihe in Richtung der roten Kralle. Erreiche ich mit meiner Figur die 10 (Geschnappt!) habe ich das Spiel verloren und meine Mitspieler konnten erfolgreich fliehen. Es gibt aber auch Beweismarker, die heben bisherige Beweise auf und sind falsche Fährten, damit kann ich meine Figur wieder zurücksetzen um die jeweilige Anzahl. Und zu guter Letzt, gibt es Marker mit denen man Beweise fingieren kann. Erhalte ich so einen Marker, kann ich diesen, einem Mitspieler geben, der nun einen Beweis gegen sich vorliegen hat und seine Figur ein Feld weiter bewegen muss. 


Das Bewegen der Figur bringt uns aber nicht nur dem Ende näher, sondern kann auch noch andere Einflüsse auf das Spiel haben. So sind z.B. die Karten Nr. 2, 4, 5 und 8 lila markiert und bringen Effekte, die ich einmalig vor meiner Aktion ausführen darf, sobald ich sie erreicht oder überschritten habe. So kann ich z.B. Karten in einer Reihe vertauschen u.ä.. Dann gibt es noch grünmarkierte Karten, die einen dauerhaften Effekt mit sich bringen, so bald ich diese erreicht oder überschritten habe, wie z.B. dass ich meine Karten nun verdeckt halten darf. 

Wie bereits erwähnt, endet das Spiel, sobald ein Spieler 10 oder mehr Beweise gegen sich vorliegen hat, dieser verliert das Spiel sofort und der Spieler mit den wenigsten Beweisen gegen sich ist der Super-Agent. 

Ich hatte bei diesem Spiel irgendwie keine großen Erwartungen, muss ich zugeben. Das Thema spricht mich jetzt nicht sofort an, auch die wirklich kleine Größe fand ich zunächst etwas abschreckend, was kann sich schon dahinter verstecken?! Jetzt weiß ich es, ein ziemlich spaßiges Spiel, welches spannend bis zum Schluss ist. Das Spiel ist ziemlich simpel, ich gebe eine Karte ab, nehme neue auf...mehr ist es nicht, aber dahinter verstecken sich mannigfache Möglichkeiten und es gibt viele Dinge zu beachten. Im Laufe des Spiels wird einem bewusst, wie wichtig die einzelnen Aktionen sind. Beende ich erst die eine Reihe? Oder lieber doch nicht? Wieviele Karten von dieser Farbe haben die anderen? Spannend ist auch, dass man in manchen Reihen erster sein will und bei anderen am liebsten gar nicht und das sich das dann wiederum in der nächsten Runde wieder ändern kann. 


Beim Material bin ich aber weiterhin etwas zwiegespalten. Die Größe ist natürlich ideal zum mitnehmen, denn es passt tatsächlich ohne Probleme in eine Hosentasche und es ist wirklich verwunderlich was man alles hineinbekommen hat, ABER das führt auch dazu, dass die Karten ziemlich klein sind, sowie die Pappaufsteller, die sich in den überdimensionierten Plastikhaltern etwas verlieren. Hier hätte es vielleicht ein Plättchen oder Meeple getan, zumal die Figuren auch nicht 100% schnell zu erkennen sind und sich farblich zwar unterscheiden, aber doch recht ähnlich sind. Im wahrsten Sinne des Wortes haben wir aber ein großes Problem, mit dem Platz, welches das Spiel benötigt. Denn dafür, dass ich das Spiel überall mithin nehmen kann, werde ich in der Bahn oder dergleichen, kaum Platz finden, dieses Spiel aufzubauen. Die Reihen nehmen Platz weg, verrutschen sollte auch nichts und so macht es dann kaum noch Sinn, dass ich es in der Hosentasche transportieren kann, aber einen gefühlt (min.) 1 m² Tisch benötige.


Die grafische Gestaltung find ich persönlich gelungen, auch wenn mich die Thematik nicht wirklich anspricht und sich im Spiel auch nur bedingt wieder findet. So richtig nach Flucht, Agenten und Spione fühlt sich das alles nicht an und wahrscheinlich hätte man auch zig andere Themen auf dieses Spiel legen können. Auch über die Wahl von Katz und Maus kann man diskutieren, ich glaube ich hätte es mit Menschen dann doch stimmiger gefunden und in der heutigen Zeit sehe ich kein Problem, dass Kinder mit solchen Themen in Berührung kommen. Zumal man ja selbst darauf hinweist, dass die Grundidee auf einer wahren Begebenheit der DDR-Zeit beruht.

Das alles ändert aber nichts daran, dass sich hinter Die rote Kralle ein wirklich spaßiges Spiel versteckt, in der man schön konfrontativ vorgehen kann und eine gewisse Schadenfreude entwickelt, wenn jemand anderes Beweise gegen sich sammelt und man selbst verschont bleibt. Ich würde daher jederzeit einer Runde zustimmen und es selbst auch immer mal wieder vorschlagen. Der Preis ist vielleicht ein wenig zu hoch, gerade wenn man bedenkt wie klein die Schachtel wirkt, aber das Spiel bringt auch einiges mit, womit das gerade noch so in Ordnung ist.

Probiert es auf jeden Fall mal aus, auch zu zweit funktioniert das Spiel bemerkenswert gut.
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Die rote Kralle von Antoine Noblet
Erschienen bei Corax Games
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 20 Minuten
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Corax Games)


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21.12.2018

Lost Galaxy


Der Galaxie droht aufgrund einer Supernova der Untergang. Die lokalen Völker sollen sich bei der Evakuierung gegenseitig unterstützen, doch im All gilt: Jeder ist sich selbst der Nächste. Das Überleben des eigenen Volks hat Vorrang und gibt am Ende mehr Punkte. Moralisch verwerflich? Ein bisschen. Machts trotzdem Spaß? Durchaus.

Das hat auch damit zu tun, dass es sich bei Lost Galaxy um ein Kartenspiel handelt, das sich digitale Unterstützung holt. Ein Smartgerät verwandelt sich – dank kostenloser App – nicht nur in eine Spielrequisite, sondern auch in ein Werkzeug. Die App fungiert unter anderem als Spielanleitung (in Papierform liegt keine bei), sie passt das Spielgeschehen an die Spielerzahl an und merkt sich die Punktzahlen, die die Spieler in den einzelnen Runden erspielen.


In einer Spielrunde selbst dient die App als Timer: Das Smartgerät liegt in der Tischmitte und zeigt eine Sonne, die, wenn sie explodiert, die Runde beendet. Was genau tun nun die Spieler? Reihum legen sie Planetenkarten auf acht Stapeln ab, die um die instabile Sonne (bzw. euer Handy oder Tablet) gruppiert sind. Diese Planetenkarten gibt es in den vier Spieler- bzw. Völkerfarben mit den Werten „1“ bis „4“.

Von den sechs Handkarten dürfen die Spieler beliebig viele auf die acht Stapel ablegen, solange das in numerischer Ordnung (aufwärts ODER abwärts) geschieht. Die Farbe spielt an dieser Stelle keine Rolle. Danach wird wieder auf sechs Karten aufgezogen und der nächste Spieler ist an der Reihe. Liegt auf einem Stapel eine 4er-Planetenkarte, kann dieser Stapel mit einer Raumschiffkarte gerettet werden. Am Ende der Runde gibt es 5 Punkte für jeden Stapel, den man „evakuieren“ konnte. Die Werte der geretteten Planetenkarten werden aber den Spielerfarben zugerechnet. Das sorgt natürlich dafür, dass man bevorzugt die eigenen Planeten in Sicherheit bringen möchte, auch wenn das Retten eines Stapels selbst ebenfalls viele Punkte bringt.


Verschiedene Spezialkarten und Ereignisse auf dem Bildschirm des Geräts bringen zusätzliche Würze in dieses Grundprinzip, indem beispielsweise ganze Stapel an Karten zerstört werden können oder sich die Zugreihenfolge umkehrt. Diese und die zusätzliche Unwägbarkeit durch das verschleierte Zeitlimit, das ja nur durch eine bald explodierende Sonne dargestellt wird, lassen schwer erahnen, ob die eigenen Pläne am Ende noch aufgehen oder es bereits zu spät ist.

Lost Galaxy bietet genug Kurzweil für einige spannende Runden und zeigt gut, wie Apps ein Spielerlebnis bereichern können, ohne es zu dominieren. Der Bildschirm als zentraler und dennoch dezent verwendeter Aspekt im Spiel ist äußerst gut gelungen. Daher bietet sich Lost Galaxy bestens als Eröffnung für einen langen Spieleabend an oder um die Mitspieler mit der gewitzten Kombination aus Pappkarten und App zu beeindrucken.
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Lost Galaxy
Erschienen bei rudy Games
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 15 Minuten
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier rudy Games)
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19.12.2018

1500 m


Ich mag Sportspiele und ich mag Rennspiele. Um mal einige meiner Favoriten zu nennen: Formula D, Flamme Rouge, Race! Formula 90. Perfekte Voraussetzungen für 1500 m vom mir bisher völlig unbekannten spanischen Verlag Lucky Loser? Eben jener Verlag ist sozusagen exklusiv für Sportspiele fokussiert. In seiner äußerst jungen Historie hat der Verlag bis dato Basketball Age (ein Basketball-Spiel) in seinem Portfolio, Segundos…Fuera! (ein Box-Spiel) in der Pipeline, sowie eben jenes angesprochene 1500 m  Autor aller Spiele ist Eduardo Crespo, selbsternannter Sportfreak und auch Chef des Verlages.

Auf 1500 m wurde ich durch meine Liebe zu Sportspielen aufmerksam. Eine realistische andere Möglichkeit gab es im Vorfeld zur Messe 2018 auch irgendwie nicht. Der Verlag ist in der deutschen Bloggerszene eher unsichtbar und das Cover des Spiels auch nicht wirklich ein Eyecatcher. Hier müssen wir unsere Rezension leider auch beginnen. Das Cover! Für viele Spiele ein Türöffner. In 1500 m ist es eher ein Riegel, der die Tür blockiert. Die Läufer auf dem Cover (1500 m ist ein Leichtathletik Laufspiel, wenn man es nicht bereits erraten hat) wirken äußerst komisch gezeichnet. Die Muskelpartien stechen merkwürdig hervor, die Gesichter wirken entstellt und warum zur Hölle laufen die Damen und Herren aus der Kurve heraus?!? Eine Mitspielerin am Tisch meinte sogar, dass 1500 m auch gut als Zombiespiel durchgehen könnte, da die Läufer eher wie solche wirken. Nein, ansprechend ist etwas anderes.

Der Inhalt weiß da schon eher zu gefallen. Wir erhalten eine Aschenbahn, die durchaus Erinnerungen an die Bundesjugendspiele hervorruft, mittelmäßig gezeichnete Handkarten, aber auch schicke individuelle Läuferfiguren aus einem durchsichtigen, glasähnlichen Material. Die wirken nicht nur einzigartig, sondern sehen auch schick aus. Großes Lob an dieser Stelle. Die Schönheit hat aber auch ihren Preis. Denn vermutlich sind es genau diese einzigartigen, schicken Läuferfiguren, die den Stückpreis für eine Kopie 1500 m auf 40,00€ steigen lassen. Und das ist schon ein ganzer Brocken, wenn man bedenkt, wie spärlich das restliche Material ist.


Kommen wir aber mal zum Hauptgang - der spielerischen Komponente in 1500 m  In 1500 m müssen wir eben jene Distanz als erster auf der Aschebahn zurück legen. Das sind genau 3 Runden á 400 m und eine 3/4 Runde. Sinn ergibt eine Partie 1500 m aber erst ab 5 Mitspielern, auch wenn die Regeln für die das Feld auffüllende Bots erstaunlich klasse funktionieren. Im Herzen ist 1500 m ein Konditionsspiel, denn natürlich macht es überhaupt keinen Sinn die ganze Zeit im Läuferfeld vorneweg zu laufen und volles Tempo zu gehen. Daher starten alle Spieler mit einer gewissen Anzahl an Kondition, die es im Verlauf einer Partie einzuteilen gilt. Logischerweise gilt: Je mehr Tempo ich mache, umso mehr Kondition verbrauche ich.

Die Regeln bei 1500 m sind dabei schnell erklärt. Jede Runde startet damit, dass die Spieler verdeckt mit Kondition auf gewisse Sonderaktionen bieten. Wer mehr bietet, erhält ein Erstwahlrecht. Dabei kann ich im groben wählen mich zu erholen, das Tempo anzuziehen oder schneller zu laufen. Wurde das ausgewählt, kommt es zur Laufphase, in welcher die Spieler eine zuvor abgelegte Tempokarte aufdecken und die darauf abgebildete Anzahl an Feldern zurücklegen. Wichtig dabei sind zwei Dinge: Jeder Spieler hat genau 4 identische Tempokarten, die man erst wieder auf die Hand bekommt, wenn man alle ausgespielt hat UND dass das sich diagonal bewegen in einer Kurve durchaus problematisch sein kann, da man nicht immer glasklar sehen kann, welches denn nun das diagonal vorne liegende Feld ist. Hier wären kleine Pfeile zur besseren Sichtbarkeit auf dem Plan toll gewesen.

Es folgt bei 1500 m jedoch noch eine zweite Laufphase in der selben Runde, wonach jeder Spieler so viele Felder vorrückt, je nachdem wie hoch sein Grundtempo ist (separate Leiste auf dem Plan). Je nachdem wie hoch sein Grundtempo ist, desto mehr Kondition verliert der Läufer. Ein hohes Grundtempo kann man also logischerweise nicht lange durchhalten und muss dieses vermutlich von Zeit zu Zeit deutlich drosseln. Das gibt dem Konditionsmechanismus noch eine weitere sehr interessante Komponente. In welchem Moment ziehe ich das Tempo an? Reicht meine Kondition dafür aus? Was machen die anderen? Können sie mir vielleicht garnicht folgen, wenn ich jetzt anziehe, da sie ein viel zu niedriges Grundtempo haben?


Das sind im Prinzip auch schon die ganzen Regeln von 1500 m  Es gibt noch einige kleine Stellschrauben, die zwar als Module für Fortgeschrittene im Regelbuch aufgeführt sind, aber meiner Meinung nach das Spiel sofort verbessern. Dabei bekommt beispielsweise der Führende Spieler stets einen zusätzlichen Konditionsverlust bzw. ab einer gewissen Stelle auf der Konditionsleiste verliert der Spieler auch mehr Punkte (die Lunge ist quasi am Anschlag).

Wie gefällt mir 1500 m?  1500 m erinnert sehr stark in seinen Grundprinzipien an eines meiner Lieblingsrennspiele Flamme Rouge. Das Managen der Kondition, das sich Aufhalten im Windschatten, um ja nicht den Malus für den Führenden Spieler zu früh abzubekommen, oder aber das Renntaktikelement. 1500 m ist kein Sprint. Man muss sich schon sehr genau überlegen, in welcher Situation man sein Tempo erhöht und wann man zum Überholen ansetzt. Interessant ist es beispielsweise auch, wenn man relativ weit hinten im Feld liegt. Hier kommt noch ein weiterer sehr interessanter Aspekt zum Tragen - das Positionieren. In 1500 m kann man nämlich nicht ganz einfach eine Läuferfigur überspringen, sondern muss an ihr vorbeilaufen. Das kostet zusätzliche Bewegungspunkte (wenn ich eine Bahn nach außen wechsle) und will gut geplant sein. Plane ich diese Aktion nicht im richtigen Zeitpunkt, kann es gut sein, dass ich im Läuferfeld nach außen gedrängt werde und wertvolle Energie für nichts verschwende. Für solche Situationen gibt es aber ein Feld auf das ich zu Beginn der Runde mit Kondition bieten kann, mit wessen Hilfe ich durch Figuren durchziehen kann und meine Tempokarte als Erster ausführen darf. Durch wie viel Kondition muss ich bieten, um auch sicher Zugriff darauf zu erhalten?


1500 m bietet sehr viele taktische Überlegungen während des Rennens. Ich muss die Mitspieler im Auge haben. Wie viel Kondition haben diese? Werden sie den folgenden Zug vielleicht dazu nutzen, um ein wenig zu regenerieren? Ist das dann meine Möglichkeit an ihnen vorbei zu ziehen? 1500 m gefällt mir an dieser Stelle unheimlich gut. Dabei spielt es sich auch verdammt schnell mit eigentlich keiner Downtime. Wie viele Rennspiele macht es aber mit mehr Spielern deutlich mehr Spaß. In 1500 m würde ich zudem empfehlen mindestens 5 Mitspieler an einen Tisch zu bringen. Das restliche Läuferfeld wird stets mit Bots aufgefüllt, welche stets im Gleichschritt laufen und sich am derzeitigen Höchsttempo orientieren. Das funktioniert dabei erstaunlich gut und es ist nicht selten vorgekommen, dass die Bots auch mal ein Rennen gewonnen haben. In 1500 m ist das obligatorische Auffüllen des Feldes mit Bots also keine bloße Notwendigkeit, sondern auch gut gelöst.

Auch der gesamte Konditionsmechanismus wirkt rund. Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Punkte, scheint ziemlich gut ausgetestet. Der Gewinner einer Partie 1500 m kam eigentlich immer ziemlich am Ende seiner Konditionsleiste am Spielende an. Dabei gibt es natürlich Phasen, in welchen man sich zwangsläufig regenerieren muss, um die Distanz durchhalten zu können. 1500 m ist dabei an jeder Stelle spannend. Das Positionieren im Feld ist äußerst wichtig. Die optimale Position ist dabei stets direkt hinter dem Führenden im Windschatten bzw. gerade so weit hinter ihm, um im entscheidenden Moment den Energieüberfluss ausnutzen zu können und zum Überholen anzusetzen.

Fans von Rennspielen müssen unbedingt einen Blick auf 1500 m werfen und eigentlich darf es bei Fans dieses Genres in keiner Sammlung fehlen. Es ist schnell, bietet interessante Entscheidungen und weckt Emotionen. Eine kleine Perle im Spielejahrgang 2018.
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1500 m von Eduardo Crespo
Erschienen bei Lucky Loser Games
Für 3 bis 8 Spieler in ca. 60 Minuten
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Lucky Loser Games)


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17.12.2018

Lighthouse Run und Speed Cups 6


Beim Gedanken an Amigos Lighthouse Run muss ich direkt an Pharell Williams „Happy“ denken und summe vor mich hin „because I’m happy…clap along if you feel…“. Ihr fragt Euch, warum ich so Happy bin? Weil Amigo es immer wieder hinbekommt, Familienspiele auf den Markt zu bringen, die Klein wie Groß ordentlich Spaß machen und weit entfernt sind von den Kindergeburtstags-Kack-und-Pups-Spielen anderer Verlage.

Anfangen möchte ich mit Speed Cups 6. Dem Grunde nach handelt es sich nur um eine Sonderedition für 6 Spieler mit 12 neuen Aktionskarten, also kein wirklich neues Spiel, aber mit 5 Gegenspielern ist die Hektik, die hier entsteht, natürlich nochmal um einiges greifbarer und die Hände mitunter noch schneller blau geschlagen, als bei der 4-Spieler-Variante.

Worum es bei Speed Cups geht? Das ist schnell erklärt: Jeder Spieler hat fünf Becher mit unterschiedlicher Farbe. Nach und nach werden die 36 Karten des Spiels aufgeckt und jeder Spieler versucht so schnell wir möglich, die 5 Becher in die farbliche Reihenfolge zu bringen, die durch die Karte vorgeben werden. Dies kann mal horizontal oder auch mal vertikal (also gestapelt) erforderlich sein. Die einzelnen Karten sind zudem mit unterschiedlichsten Motiven bedruckt, die hierdurch auch unterschiedliche „Schwierigkeitsgrade“ erzeugen. Der schnellste Spieler haut auf die Glocke in der Tischmitte und gewinnt die Karte. Am Ende gewinnt, wer die meisten Karten einheimst.


Speed Cups ist ein schnelles, kurzweiliges Spiel, das sich sowohl für die reine Kinderrunde, als auch für die Altherrenrunde eignet (oder eben für die ganze Familie zugleich). Erwachsene sollten dabei natürlich nicht zu stürmisch auf die Glocke hauen, um keine Kinder zu verletzen. Ansonsten gibt es hier rein gar nichts auszusetzen. Das Material ist wertig und ausreichend stabil, die Packung macht den Kindern schon vor dem Auspacken Spaß, da die Glocke von außen betätigt werden kann, es ist schnell „aufgebaut“ und erklärt. Und ganz ganz wichtig: Es macht allen Spaß ohne albern zu sein!

Kommen wir nun zu Lighthouse Run und somit zu einem komplett neuen Spiel, das mich wirklich positiv überraschte („Haappyyy“…). Die Grundidee fand ich erstmal – ich gebe es zu - recht unspektakulär: Mit Booten vor einem Unwetter fliehen und dabei darauf achten, dass die richtigen Leuchttürme eingeschaltet sind. Doch bereits beim Auspacken kam ein erster Aha-Effekt: Das Material macht einen durchweg hoch qualitativen Eindruck und ist wirklich schön passend gestaltet, weder kindlich, noch kitschig, noch dröge und langweilig. Im Spielplan gibt es ausgestanzte Stellen, in welche die die Leuchttürme eingesetzt werden, so dass das ganze System nicht fällt, wenn jemand mal ans Spielbrett anstößt. Die Regeln sind durchaus etwas anspruchsvoller (daher die Altersempfehlung ab 8), lassen sich aber trotzdem schnell erklären und gut behalten. Das Spielsystem an sich ist ein Wettrennen, mit nicht zu verachtender taktischer Komponente. Natürlich nichts für Hardcore-Taktiker, denn auch die jüngeren Mitspieler sollen eine Siegchance haben, aber durchaus weit entfernt von einem einfachen Würfelrennspiel im Stile von „Tempo, kleine Schnecke“ (das by the way für die kleinsten ein perfekter Einstieg ins Brettspieluniversum ist).


Worum geht es also konkret beim Leuchtturmrennen? 
Jeder Spieler startet mit einem identischen Kartenstapel und drei Handkarten. Der Startspieler spielt eine Karte aus und führt die beiden Aktionen aus: 1. Einen der auf der Karte abgedruckten Leuchttürme beleuchten (und hierdurch in einem anderen das Licht auspusten) und 2. Schiffe bewegen. Je nachdem, was die Karte sagt, darf man dabei ein eigenes Schiff, alle eigenen Schiffe von einem Feld oderje ein Schiff von jeder Farbe eines Feldes bewegen und zwar um soviele Felder, wie die Karte anzeigt (1 bis 3). Allerdings nur, sofern die zu begehenden Felder auch durch ein Leuchtfeuer ausgeleuchtet werden. Ohne Licht darf man nicht reisen. Am Ende jeder Runde bewegt sich das Unwetter ein Feld weiter. Die Felder des Unwetters sind dabei aber in größere Schritte eingeteilt, als der Fluss selbst, so dass das Unwetter früher oder später (aber frühestens nach der 6. Runde) die Schiffe einholt. Schiffe, die in das Unwetter geraten, dürfen bis Spielende nicht mehr bewegt werden. Die unterschiedlichen Flussabschnitte geben unterschiedliche Punktzahlen. Am Ende des Spiels werden alle erreichten Punkte zusammengezählt und es gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten.

Zu diesen Grundregeln sind noch zwei Varianten für 2 Spieler in der Anleitung enthalten, die als nette Ergänzung herhalten: Ein Dritter „NPC-Spieler“, der automatisch spielt oder aber jeder Spieler spielt mit zwei Farben.


Was aus der Anleitung nicht hervorgeht ist die Frage, ob neue Schiffe auf das Spielfeld gezogen werden dürfen, wenn die Wolke bereits auf dem Fluss ist. Dies hat uns aber nicht gestört, wir haben uns da einfach eine Hausregel verpasst, aber fraglich war das schon. Da in der Anleitung aber steht, dass Schiffe raus sind, die von der Wolke „eingeholt oder überholt“ werden, war für uns eigentich klar, dass hinter der Wolke der Fluss wieder befahren werden kann. Aber ob das auch so gemeint ist, wissen wir nicht so ganz.

Alles in allem haben wir mit Lighthouse Run ein Familienspiel, welches man mit etwas älteren Kids wunderbar spielen kann und sie mit etwas Übung und taktischen Tips auch eine realistische Siegchance haben. Für eine Gruppe Kinder untereindander besteht genug Potenzial, sich in die Haare zu kriegen und für die Altherrenrunde dürfte auch ein Ründchen drin sein. 

So schlicht und einfach es daher kam, so positiv hat es mich überrascht. Und das verdient ein Extrakrönchen…bzw. Kapitänsmützchen. Volle Fahrt vorraus!....

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Lighthouse Run von Jim Harmon
Erschienen bei Amigo
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 20 Minuten
Boardgamegeek-Link


Speed Cups 6 von Haim Shafir
Erschienen bei Amigo
Für 2 bis 6 Spieler in ca. 15 Minuten
Boardgamegeek-Link


sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Amigo)
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16.12.2018

Warigin


Ich stehe auf kompetitive Spiele die, wie ich immer sage, leicht zu lernen aber schwer zu meistern sind. Go ist, wie vielleicht einige bereits wissen, mein Lieblingsspiel. Und das obwohl es abstrakt ist, und ich eigentlich immer meine Portion Thema brauche.

Umso erfreuter war ich, als ich von Warigin hörte: Ein Spiel das aussieht wie eine verrückte Schachversion, aber mit Aktionskarten und mehr oder weniger individuellen Spielerfähigkeiten, abgerundet durch ein asymmetrisches Spielprinzip.

In Warigin kämpfen drei Fraktionen gegen- bzw. miteinander. Die Krieger des Himmels, der Hölle und der Leere. Ziel ist es, auf dem sechseckigen Feld die Basis des Gegners oder der Gegner einzunehmen oder alle gegnerischen Truppen zu vernichten. Das Spiel ist für drei Spieler ausgelegt, wobei ein Spieler gegen zwei spielt.

Zu Spielbeginn werden Aktionskarten verdeckt ausgeteilt. Diese Karten können im eigenen Zug gespielt werden. Außerdem werden sechs weitere Karten offen in die Tischmitte gelegt. Danach schaut sich jeder seine Karten an und ein zufälliger Spieler kann entscheiden ob er eine Karte aus der Mitte nehmen und gegen die anderen beiden Spieler alleine spielen möchte. Entscheidet sich dieser Spieler dagegen, wird der nächste und beim Ablehnen der übernächste gefragt. Dann darf der erste Spieler entscheiden ob er zwei Karten nehmen und alleine Spielen möchte usw.

So hat der Spieler, der alleine Spielt den Vorteil, mehr Aktionskarten zu haben als die anderen beiden. Dies ist aber nur der erste seiner fünf Vorteile. Außerdem wird ein Ereigniskartenstapel verdeckt ausgelegt.


Zu Beginn einer Runde wird eine Karte vom Ereignisstapel aufgedeckt und stellt entweder Regeln für diese Runde auf oder aktiviert einen einmaligen Effekt.

Jedem Spieler stehen Krieger in Form von Pöppel zur Verfügung. Diese Krieger sind aber nicht alle gleich, denn am Boden des Pöppels sind Schwerter abgebildet. Hat der Pöppel nur ein Schwert ist er ein einfacher Soldat und würfelt im Falle des Kampfes nur einen Würfel. Ist er hingegen ein Held, hat also zwei Schwerter, würfelt er zwei Würfel. Jeder Spieler bekommt fünf Soldaten und drei Helden. Außer der Spieler der alleine Spielt, er bekommt einen zusätzlichen Helden. Dies ist der zweite seiner fünf Vorteile.

Jeder platziert nun seine Krieger in und um seine Basis. Der Clou hierbei ist, dass der Gegner nicht weiß, wie stark die Einheit ist, die gerade auf der linken oder rechten Flanke platziert wird. Der dritte Vorteil des einsamen Spielers ohne Kumpanen: Er darf einen Krieger in die Feld Mitte platzieren. 


Nachdem das Set-Up vorbei ist, und eine Ereigniskarte aufgedeckt wurde, geht das Spiel beim einsamen Egoisten los. Er hat im Gegensatz zu den verbündeten Spielern eine Aktion mehr, das heißt drei. Sein vierter Vorteil also. In seiner Runde darf er eine Karte aus seiner Hand spielen und zwei Bewegungen mit seinen Kriegern durchführen.

Sein letzter Vorteil ist, dass einige Aktionskarten, sogenannte ELITE Karten, einzig dem Solo Spieler besonders Starke Fähigkeiten geben. So darf einer der verbündeten Spieler durch die Aktionskarte „Rebellen“ nur einen zusätzlichen Soldaten aufs Spielfeld bringen, während der Solo Spieler zwei Einheiten rekrutieren kann.
Danach geht das ganze Reihum weiter, bis ein Krieger auf das Feld eines feindlichen Krieger gestellt wird, und der Kampf beginnt.

Beim Kampf wird zuerst die Stärke des Kriegers demonstriert, also der Pöppel umgedreht, und dann gegeneinander gewürfelt. Nachdem alle Modifikatoren die durch irgendwelche Aktions- oder Ereigniskarten abgehandelt sind, gewinnt der Krieger mit dem höher gewürfelten Wert und der Verlierer wird vom Feld genommen. Bei einem Unentschieden gewinnt immer der Angreifer.

Das Ganze geht also so lange weiter, bis ein Spieler keine Einheiten mehr hat oder eine Basis eingenommen wurde.


Warigin hat mich bei meiner ersten Partie wirklich enttäuscht. Ich hatte eine Strategie, die aufgrund von Ereigniskarten und Würfelglück zunichte gemacht wurde. Obwohl ich vieles richtig gemacht hatte, wurde ich vom Spiel bestraft. Doch bereits in meiner zweiten Partie entfaltete sich die Schönheit des Spiels.

Ich wusste welche Karten auf mich zukommen könnten, und so passte ich meine Strategie an. Ich lernte die Karten und wurde besser. Die Glücks- bzw. Zufallskomponenten wurden irgendwann zweitrangig. Natürlich hatte ich dadurch einen Vorteil gegenüber Spielern die das Spiel zum ersten Mal spielten, aber diese wurden dann häufig mit einem besseren Würfelwurf entschädigt. Und da merkte ich, dass auch diese Komponente ihre Daseinsberechtigung hat.

Warigin passt nicht ganz in die Kategorie leicht zu lernen schwer zu meistern. Dafür ist es einfach zu unberechenbar. Aber es ist auch ein ganz besonderes Spiel, das ich in dieser Form noch nicht erlebt habe. Es ist schon fast ein Kunstwerk aus abstraktem Spielprinzip, modernen Elementen wunderschönen Illustrationen und hässlichen Pöppel. Wie ein Geheimtipp für Kenner und gleichzeitig ein Gateway Game für Einsteiger.

Wer bereit ist dem Spiel etwas entgegenzukommen, und sich nicht auf seiner mathematisch ausgeklügelten Strategie festbeißt, wird eines der schönsten und meiner Meinung nach besten drei Spieler Spiele der letzten Jahre entdecken.

Nachtrag:
Um das angesprochene  Glücksmoment mit den Würfeln zu umgehen, liegt dem Spiel eine Variante bei. Hierbei hat man ein Set an Kampfkarten, die man stattdessen ausspielen kann.

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Warigin von Christian Sauer
Erschienen bei 3-headed-dog
Für 2 bis 3 Spieler in ca. 30 Minuten
Boardgamegeek Link
www warigin.com (P.S. Kleinstverlag und daher nur da bestellbar)

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier 3-headed-dog)


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14.12.2018

UltraQuest


Lässt man den Spieletitel und das Artwork auf der Spieleschachtel etwas auf sich wirken, werden dem Betrachter dabei zwei Dinge bewusst: Zum einen klingt UltraQuest schon sehr prahlerisch und man fragt sich, ob da der Mund nicht etwas zu voll genommen wird. Zum anderen legt die Gestaltung des Spiels (Halblinge auf Heuschrecken reitend!) nahe, dass man den Inhalt nicht ganz so ernst nehmen sollte. Und das ist auch gut so, denn UltraQuest bietet in leicht quatschigem Rahmen die Erfahrung eines Pen&Paper-Rollenspiels, ohne dass zuvor ewig viele Regeln gewälzt werden müssen. Dennoch ist der Einstieg nicht der leichteste.


Bis zu fünf Spieler (theoretisch sind aber auch mehr möglich) stürzen sich mit einer von ihnen erstellten Heldentruppe in die Welt von Ultimor, um Abenteuer in den unterschiedlichen Landstrichen zu erleben, Quests zu erfüllen und am Ende 100 Ehre! (ja, das Ausrufezeichen gehört dazu) vorweisen zu können, um zu gewinnen. Findet man einen legendären Schatz, ist das Spiel ebenso vorbei und man hat sogar ultra-gewonnen. Großartig. Doch der Weg dahin ist steinig und vor allem auch lang. Es ist unwahrscheinlich, eines dieser Spielziele in einer Sitzung zu erreichen. Wie bei Pen&Paper-Spielen ist auch bei UltraQuest der Weg das Ziel.


Kreatives Kernstück des Spiels ist das Ereignisbuch, das die Spieler mit Herausforderungen bombardiert. In jedem Gebiet des auf einer großen Karte dargestellten Kontinents Ultimor warten 100 Ereignisse darauf, von den Spielern durch Würfeln entdeckt zu werden. Die Rolle des Erzählers bzw. Vorlesers geht dabei genauso reihum wie es die regulären Spielzüge tun. Dadurch ist – gerade in kleinerer Runde – die Wartezeit relativ kurz. Und selbst wenn man weder mit Vorlesen noch mit seinem aktiven Zug beschäftigt ist, ist es spannend zu erfahren, was den anderen Heldentruppen so widerfährt. 

Jeder Spieler kontrolliert vier Helden, die er sich zu Beginn des Spiels nach bestimmten Regeln aus acht Rassen (z.B. Mensch, Oger oder Halbente) und sechs Berufen (z.B. Kämpfer, Dieb, Seefahrer) erstellt und die Daten auf den hübschen Charakterbögen einträgt. Ein Gruppenbogen fasst die wichtigsten Eigenschaften der Helden zusammen, was vor allem das Kämpfen erleichtert. Die Gegner, die in den Seiten des Ereignisbuchs lauern, erzwingen oft eine bestimmte Kampfform: Nahkampf oder Fernkampf. Die Stärke der einzelnen Helden wird in den jeweiligen Disziplinen zusammengerechnet und auf dem Gruppenbogen eingetragen. Manchmal ist es aber auch möglich, mit einer Mischung aus Fern- und Nahkampf anzugreifen, um mit den besten Werten eurer Helden das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Zu diesem Grundwert wird dann das Ergebnis eines Würfelwurfs dazugerechnet. Übertrifft man die Stärke des Gegners, trägt man den Sieg davon und erhält Ruhm! und Ehre!


Während Letzteres die bereits erwähnten Siegpunkte sind, können mit Ruhm! die Helden verbessert werden. Auf diese Weise erlernen sie neue Zaubersprüche und Fähigkeiten, die den Kampf gegen stärkere Gegner erleichtern. Je mehr Ehre! gesammelt wurde, desto weiter kann man sich in gefährlichere Gebiete vorwagen.

Im Kern geht es also darum Gold, Ruhm! und Ehre! zu sammeln und diese nach einiger Zeit in neue Fähigkeiten und Ausrüstung zu investieren. Dieser Spielefluss wird auch nicht so schnell langweilig, sobald man die Begrifflichkeiten verinnerlicht hat, die zumindest für Neulinge gewöhnungsbedürftig sein dürften. Auch die Darstellung von Informationen im Ereignisbuch ist nicht sehr intuitiv und man ist sich manchmal nicht sicher, ob man Dinge an den aktiven Spieler weitergeben darf oder nicht. Die manchmal etwas unklaren Formulierungen und Abkürzungen in Anleitung und Ereignisbuch sorgen dafür, dass man viel mit Nachschlagen beschäftigt ist. 

Zwar setzt sich die Anleitung dafür ein, die Regeln etwas nach den eigenen Vorstellungen zu beugen, um allen Spieler ein angenehmes Spielerlebnis zu ermöglichen, doch Frust kann trotzdem aufkommen. Der Tod eines Helden ist möglich und oft genug präsent, was zu herben Rückschlägen für eine Heldentruppe führt.


Dazu kommt noch der ganze Verwaltungskram, der nicht zu unterschätzen ist. Neu erbeutetes Gold oder neue Gegenstände, die eure Fertigkeiten und Kampfwerte verbessern, müssen auf den Bögen eingetragen werden. Dann muss viel radiert und ausgebessert werden, was auf der genutzten Papierart oft zu Schmierereien führt. Rekrutiert oder erstellt ihr einen neuen Helden müssen auch dessen Eigenschaften, Gegenstände und Werte neu aufgelistet werden. Das ist alles zeitraubend, wenn man doch eigentlich nur neue Abenteuer erleben möchte. Klar gehört das irgendwie auch zu einem Rollenspiel dazu, aber hier fühlt es sich aufgrund der hohen Frequenz, mit der die Anpassungen stattfinden, zeitraubend an. 


Was sich aber stimmig anfühlt, ist die kuriose Spielwelt. Die einzelnen Aspekte, wie Rassen und Klassen, deren Eigenheiten, die unterschiedlichen Gebiete und die manchmal cleveren Ereignisse sorgen für eine heitere Atmosphäre. Da lässt es sich auch über die etwas sparsame Ausstattung hinwegsehen, die – abgesehen vom Motiv auf der Spieleschachtel – visuell auch nicht immer überzeugt.

Dennoch: Wer eine variablere, fantasievollere Geschichte in einer Fantasywelt und nicht den x-ten stumpfen Dungeon Crawler erleben möchte, der ist hier genau richtig. Vorausgesetzt, die Spieler bringen genug Zeit und Geduld mit, um die Welt von Ultimor und deren eigentlich nicht mal so schwierigen Regeln zu erkunden.
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UltraQuest von Markus Still
Erschienen bei Flying Games
Für 2 bis 5 Spieler in bis zu 600 Minuten
Boardgamegeek Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Flying Games)
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