31.08.2020

Rune Stones Erweiterungen


Der liebe Kollege Andreas hat es in seiner Review zu Rune Stones schon angedeutet, dass dieses Spiel Potential zu weiteren Erweiterungen hat, allerdings sogar so viel, dass man nicht einfach nur weitere Runensteine als Queenies veröffentlichte, sondern sogar zwei größere Erweiterungen parat hatte. Gleich mit Veröffentlichung des Grundspiels gab es noch böse Kreaturen (Nocturnal Creatures), die dazu gekommen sind und nun mit dem Wald (Enchanted Forest) gibt es ein kleines Extra-Brettchen. Ob sich die Anschaffung dieser beiden lohnt, wollen wir uns nun ansehen.

[MATERIAL & ANLEITUNG]

Das Material passt sich dem Hauptspiel nahtlos an. In Nocturnal Creatures finden wir weitere Karten, sowie ein kleines Brettchen für neue Token, die ebenfalls dabei sind. Die Token sind unterteilt in Nacht-Token und etwas größere Irrlicht-Token.

Bei der Enchanted Forest Erweiterung finden wir für jeden Spieler eine weitere Holzscheibe, mit je einem Waldbewohner, der uns zur Seite steht. Diese werde auf ein Waldtableau gelegt. Zusätzlich gibt es einen kompletten Satz neue Runensteine und Pilzplättchen. Hier ebenfalls alles in der Grundspiel-Qualität. 

Optisch passt sich alles nahtlos ein und ergibt insgesamt ein stimmiges Gesamtbild, welches mir gefällt. 


[ABLAUF]

Vorweg sei gesagt, dass man jede Erweiterung für sich verwenden kann oder beide zusammen fügen kann. Aber was sie nun genau tun, dazu kommen wir jetzt. Wer das Grundspiel nicht kennt, sollte vielleicht zunächst unsere Rezension dazu lesen.

Die Nocturnal Creatures bringen uns zunächst weitere Karten, die beim Verwenden der Fähigkeiten zu mehr Interaktionen zwischen den Spielern führt. So gibt es nun die Fähigkeit “Stehlen”, wodurch ich meine Mitspieler zwingen kann mir einen Edelstein in einer vorgegebenen Farbe zu geben. Dann gibt es “Wiederbelebung”, wodurch ich mir eine Karte aus dem allgemeinen Ablagestapel nehmen darf und auf meinen Ablagestapel lege. Beim “Kartentausch” wähl ich eine Karte aus der Auslage und nehme diese direkt auf die Hand, die zuvor gespielte Karte wird allgemein abgelegt. Zu guter Letzt gibt es noch die Fähigkeit ein Irrlicht-Plättchen zu nehmen. 


Von den Irrlicht-Plättchen liegen immer vier offen aus, beim Verwenden der Aktion, kann ich mir nun eines davon aussuchen und erhalte den gezeigten Sofort-Bonus. Ein weitere Möglichkeit um an ein solches Irrlichtplättchen zu kommen sind die Nachtplättchen, welche auf der Siegpunkt-Leiste verteilt liegen. Zu Spielbeginn mischen wir alle Nachtplättchen verdeckt und legen diese dann im Abstand von 5 Feldern offen aus, dabei gibt es Irrlichter oder “nichts”. Erreiche ich eine bestimmte Siegpunktzahl auf dem ein Irrlicht liegt, darf ich mir als Belohnung ein Irrlichtplättchen nehmen.


Mit der Erweiterung Enchanted Forest kann ich nun entscheiden auf die Fähigkeit einer Karte zu verzichten und stattdessen meinen Vertrauten auf dem Waldtableau ein Feld weiter zu schicken. Auf dem Waldtableau befindet sich ein Pfad mit Boni und wer zuerst das Ende erreicht, erhält mehr Siegpunkte als die folgenden. Ein neuer Bonus ist das Pilzfeld, wodurch ich mir ein Pilzplättchen nehmen darf. Diese Plättchen bringen mir besondere Fähigkeiten, die ich im Laufe des Spiels verwenden kann. Das muss aber nicht sofort sein. So gibt es z.B. die Fähigkeit, dass jeder Edelstein für eine Runde als Jokerstein dienen kann.


Eine weitere Möglichkeit auf dem Waldtableau voranzukommen finden wir beim Runenschmieden. Auf die zweite Schmiede wird ein Marker gelegt, welcher uns daran erinnert, dass man beim Schmieden dort, ein Feld im Wald vorrücken darf. 

Zu guter Letzt gibt es, wie erwähnt, einen kompletten Satz neue Runensteine. Diese kann ich entweder komplett austauschen oder nur zum Teil oder aber ich verwende den mitgelieferten Beutel und ziehe hier per Zufall neue Runensteine im Laufe des Spiels, wenn einer genommen wurde. Die neuen Fähigkeiten der Runensteine sind auch hier sehr interessant und z. T. mächtig. Hier wird auch ein wenig Interaktion hineingebracht, da es nun auch Runensteine gibt, die aktiviert werden, wenn andere Mitspieler etwas durchführen.


[FAZIT]

Braucht man diese Erweiterungen oder nicht? Ich sag mal so: essentiell sind sie nicht! Zumindest die neuen Karten, sowie Runensteine hätte man meines Erachtens gleich in die Grundbox legen können, denn die kleinen Interaktionen zwischen den Spielern tun dem Spiel gut.
Die weiteren Zusätze verkürzen ein wenig die Spieldauer, da man aufgrund der Boni schneller zum Ziel kommt. 

Wer dem Grundspiel aber nicht viel abgewinnen konnte, der wird mit Hilfe der Erweiterungen seine Meinung kaum ändern, dafür fühlt sich das Spiel mit Erweiterungen zu ähnlich an. Ich habe eher das Gefühl, dass die Bestandteile am Anfang eingeplant waren und dann aus irgendwelchen Gründen herausgenommen wurden. Gerade bei den Nocturnal Creatures drängt sich der Verdacht auf, da diese ja auch zeitgleich mit dem Grundspiel erschienen ist.

Was bleibt zu sagen: Fans des Grundspiels, die mehr Abwechslung und Interaktion suchen, sollten ein Blick riskieren, macht es aus einem guten Spiel, ein etwas besseres Spiel, aber es sind sicherlich keine Must-Have-Erweiterungen.


[FÜR WEN IST DAS SPIEL/ERWEITERUNG?]

Kinder: 1 von 5 (mit viel Wohlwollen und Hilfe kann man sicherlich Kinder ab 8 Jahren schon heranführen, aber schlussendlich sind es doch eine Menge Symbole die man kenne muss, was manches Kind überfordern wird.)

Familie: 3 von 5 (für meine Begriff die eigentlich Zielgruppe, ABER der Wust an Symbolen kann manchen Spieler schon etwas überfordern)

Kenner: 4 von 5 (auf Dauer wohl ein wenig zu seicht für den richtigen Kennerspieler, wer aber einen Einstieg in diesen Bereich sucht, könnte hier fündig werden)

Experte: 2 von 5 (der Experte und Stratege wird wohl etwas weniger Freude an diesem Titel haben, dafür hängen dann doch zu viele Aspekte vom Glück ab)

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Rune Stones von Rüdiger Dorn
Erschienen bei Queen Games
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 60 Minuten ab 10 Jahren
Boardgamegeek-Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Queen Games)


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30.08.2020

Way 2 Go


Nichts sehen. Nichts sagen. Das sind Bestandteile in Spielen, die immer höher im Kurs stehen. Spiele wie The Mind, The Game, Team3 etc. haben alle ihren Teil dazu beigetragen und nun wirft Queen Games ebenfalls ein Spiel in den Ring um die Gunst der Spieler. Mit Way 2 Go hat man hier ein kooperatives Partyspiel für 2-14 Spieler ab 8 Jahren. Eine Partie kann wenige Minuten dauern und ob es Spaß bringt, wird sich nun zeigen.

[MATERIAL & ANLEITUNG]

Das Material gefällt mir leider gar nicht gut, auch wenn ich nachvollziehen kann warum dies so gewählt wurde und zwar ist alles aus gaaaanz dünner Pappe bzw. dickem Papier. Dies macht bei den zwei Masken, die dabei sind zwar sind, Sinn damit diese sich besser biegen lassen, aber viele Partys wird das Spiel so nicht überstehen. Seien es die Fähigkeitskarten, die Teamkarten mit den Schwierigkeitsstufen oder die angesprochenen Masken, mit Dauer wird man hier schnell Abnutzungserscheinungen erkennen. Einzig die abwischbaren Tafeln sind in Ordnung. Als Maske hätte ich mir eher so eine Art Schlafmaske gewünscht und für den Rest halt wirklich Pappe oder zumindest gute Kartenqualität.


Die Optik würde ich hier auch eher als zweckmäßig bezeichnen und erinnert mich ein wenig an eine alte Tabu-Version, die ich mal hatte. 

Die Anleitung ist nur 4 Seiten lang und erklärt alles vernünftig, da gibt es nicht auszusetzen.

[ABLAUF]

Zusammen versuchen wir den Maler, der nichts sehen kann, durch unsere Anweisungen einen Parcours entlang zu zeichnen ohne dass dieser den vorgegebenen Weg verlässt. 

Für jeden Konstellation von 2 bis 7 Spielern gibt es eine Karte mit verschiedenen Schwierigkeitsstufen, die vorgibt, welche Fähigkeiten in der Runde verteilt werden. Die Spieler setzen sich in der vorgegebenen Reihenfolge um den Tisch, so dass der letzte immer der “blinde” Zeichner ist. 


Insgesamt gibt es 9 Fähigkeiten:

Du setzt die Maske auf und musst mit dem Stift den Parcours entlang zeichnen. Darfst dabei nicht sprechen, nicht berühren und berührt werden 
Du setzt die Maske auf und musst mit der “falschen” Hand zeichnen. Sonst wie 1. 
Du setzt die Maske auf, darfst nicht sprechen, aber du darfst deinen linken Nachbarn berühren und der dich. 
Du kannst sehen und sprechen aber darfst niemanden berühren. Dein linker Nachbar darf dich berühren 
Du bekommst eine Karte mit Geheimsprache, welche du nur verwenden darfst. Vorab klärst du deinen linken Nachbarn über die jeweilige Bedeutung auf. 
Du kannst sehen aber nicht sprechen. Du darfst den rechten Nachbarn berühren und vom linken berührt werden. 
Du musst die Augen schließen und darfst nicht sprechen. Darfst deinen rechten Nachbarn berühren und vom linken berührt werden. 
Augen schließen und du darfst sprechen, aber niemanden berühren. Vom linken Nachbarn darfst du berührt werden. 
Du sprichst die Geheimsprache und informierst den Spieler mit der Maske über die Bedeutung. Du hältst die Augen geschlossen und darfst niemanden berühren, aber der Spieler mit der Maske darf dich berühren. 


Ihr seht schon, durch Konstellationen entstehen Ketten verschiedenster Kommunikationsweisen und frei nach dem Stille Post Prinzip fängt der erste an die Anweisung zu geben, wie der Spieler mit der Maske zeichnen soll. Das Spiel wird sofort unterbrochen, wenn der Spieler mit der Maske den Parcours verlässt. Er darf dann an der Stelle neu ansetzen. Dies darf allerdings nur so oft passieren, wie Spieler mitspielen.

Das war es eigentlich schon. Es gibt insgesamt vier verschiedene Strecken, die ebenfalls immer schwerer werden. Der Endgegner wäre also eine Partie zu siebt mit Parcour D auf der siebten Schwierigkeitsstufe. 

Falls man mehr als 7 Spieler hat, kann man hier noch eine Team vs Team Variante spielen, dafür wurde eine zweite Maske, sowie ein zweiter Stift beigelegt
Und dann gibt es noch ein Verfolgungsszenario, bei dem ein Team ein 20 Sekunden Vorsprung erhält und das zweite Team versucht, das andere zu überholen.


[FAZIT]

Es ist ein Party-Spiel. So steht es auf der Schachtel und so müssen wir es auch bewerten. Es erfüllt seinen Zweck und wird in der richtigen Runde seinen Spaß bringen, wenn sich jeder darauf einlassen kann.

Etwas holprig finde ich hier nur tatsächlich dieses Stille Post Prinzip, denn die Verzögerung der Anweisungen führt schon dazu, dass der Zeichner entweder immer zu schnell aus dem Parcours fliegt oder aber immer nur Millimeter für Millimeter malt, wodurch dann schnell zig mal die gleiche Anweisung folgt, die rumgehen muss. In unseren Runde, war das wirklich das große Manko, zumal der erste Spieler auch gerade zu Beginn dazu neigt hinein zurufen und somit gegen die Regel verstößt. Das kann bei mehrmaligem Spielen natürlich besser werden, aber kommt es so häufig dazu?

Ihr seht schon, meine Gruppen und ich, wurden nicht wirklich warm mit Way 2 Go  zu holprig verlief bei uns der Spielablauf und so richtig packen konnte das Thema “Parcours zeichnen” auch nicht. Alles in allem wirkt das Spiel auf mich auch ein wenig lieblos in der Gestaltung und der Qualität. 
Schade, denn der Ansatz an sich funktioniert, das beweist z.B. das Spiel Team3 und kann Spaß bringen. Aber gerade der Konkurrent Team 3 hat hier weit die Nase vorn, sei es bei der Qualität, aber auch beim Erlebnis. Schlafmaske mit Tetris-3D-Teilen ist halt schon geiler als Papp-Maske mit abwischbarem Brett. Wenn man dann sogar bedenkt, dass Way 2 Go mit 25 € angeboten wird und Team 3 zu 20 €, kratzt man sich schon ratlos am Kopf.

Sollte man die Titel überhaupt vergleichen? Unbedingt, denn beide versprechen das gleiche Spielerlebnis.


[Für wen ist das Spiel?]

Kinder: 2 von 5 (ab 8 Jahren steht auf der Schachtel. Klar vom Prinzip möglich, aber die vielen Fähigkeiten in einer selbst auferlegten Drucksituation kann überfordern)

Familie: 4 von 5 (hier liegt die Zielgruppe. Familien- und Party-Spieler. Dem Wenigspieler könnten aber zu Beginn die Fähigkeiten überfordern und durcheinander bringen. Auch so hängt es einfach stark von der Gruppe an sich ab)

Kenner: 0 von 5 (kein Kommentar nötig)

Expert: 0 von 5 (auch hier kein Kommentar nötig)

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Way 2 Go von Urtis Sulinskas
Erschienen bei Queen Games
Für 2 bis 14 Spieler in ca. 30 Minuten ab 8 Jahren
Boardgamegeek-Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Queen Games)


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28.08.2020

Zen Garden


Wohlan! Der Kaiser verlanget nach seinen Getreuen, da seiner Herrlichkeit nach einem neuen Garten gelüstet, welcher sein Auge zu erfreuen hat. Lasset uns keine Zeit vergeuden und dem Wunsche des Kaisers mit unseren Bestrebungen Folge leisten. Möge dem besten Gartenbauer unter uns die Ehre der Gunst des allmächtigen Kaisers zu Teil werden. Doch wehe dem, der seinen Wünschen nicht entsprechen kann!

Dass es sich hierbei nicht etwa um einen typisch europäischen Garten handelt, wird bereits aus dem Spieltitel klar. Und diesen wunderschönen Zen Garten sollen zwei bis vier SpielerInnen nun im kompetitiven Wettstreit errichten. Also jeder natürlich seinen eignen Garten und am Ende schauen wir, wessen Garten den Wünschen des Kaisers am ehesten entspricht und belohnen das mit Siegpunkten. 


Zen Garden von Queen Games ist ein klassisches Familienspiel und mit seinen 20-40 Minuten (abhängig von der Spielerzahl) auf fix gespielt. Ein Runde verläuft dabei recht einfach in zwei Phase: Ein Gartenplättchen kaufen und dieses Plättchen in den eigenen Garten einbauen. Beim Einkauf hat man die Wahl, ob man ein kostenloses Plättchen nimmt, oder aber ein bis zwei Geld dafür ausgibt. Nachdem alle dran waren, wechselt der Startspieler und kostenlose ungewollte Plättchen fliegen raus und werden von oben aufgefüllt. Damit werden die ehemals teuren Plättchen nun günstiger und neue Plättchen starten mit einem höheren Einkaufswert. Hat man kein Geld mehr, ist man gezwungen, ein günstiges Plättchen zu kaufen. Beim Anlegen kommen wieder recht einfach Regeln zum Tragen: Es muss Kante an Kante gebaut werden. Fertig. 

Was macht Zen Garden nun interessant? Es ist die variable Wertung. Diese kann in verschiedenen Stufen dem Spiel zugeschaltet werden, sodass man sich von Anfang an entscheiden muss, ob man eher ein einfacheres Spiel mit übersichtlicher Wertung wünscht, oder ob es durchaus komplexer sein darf. Zudem werden die einzelnen Hauptwertungen auch jedes Mal zufällig verteilt, sodass es kaum bei zwei Spielen Zen Garden die exakt gleiche Wertung geben kann. Variabilität ist also gegeben.


Im allgemeinen Teil will ich zuletzt noch das Material erwähnen: Solide, dem Spiel angemessen. Die Plättchen sind alle dick genug, dass sie viel Spielen aushalten. Auch die Ikonografie ist deutlich und nach einer Startpartie gibt es absolut keine Schwierigkeiten, diese zu lesen. Zudem gibt es schöne Holzfiguren für den Startspieler, den Geldmarker und den Ruhmes/Punktemarker. Tatsächlich sind es auch so viele Plättchen, dass die relativ große Box von Queen Games auch gut gefüllt ist.

Ein Garten ist bekanntlich Geschmackssache – Der Versuch eines Fazits.

Zen Garden ist schnell gespielt und birgt eine gewisse Eleganz. Das Kaufen der richtigen Teile im passenden Moment bringt Freude und wenn der Lege-Plan aufgeht, macht es enorm viel Spaß. Die Regeln sind simpel und auch Einsteigern wirklich fix erklärt. Nach einer Runde ist eine Revanche zeitlich gesehen nie ein Problem. Dennoch sträubt sich etwas Kleines in mir. Ich versuche es zu ergründen: Ich glaube, dass es etwas am Thema liegt. Ich war neulich in einem japanischen Garten und bin mir also bewusst, wie die Elemente von Wasser und Kiesel, Kirchblüten, Bambus und roten Toren zusammen wirken und wirken sollen. Nur tun sie dies in Zen Garden oft nicht. Die verschiedenen Wertungen erlauben viele Wege zum Sieg; Doch ist es keine Seltenheit, dass ein grausig zusammengestellter Garten dennoch gut Punkte generiert. Klar, letztlich bewertet der Kaiser, was ihm gefällt, doch ist es nicht ureigenstes Wesen eines Zen Gartens, dass ihn auch Menschen schön finden, die eigentlich keine Ahnung haben? Ja, weil Harmonie durch Symmetrie erzeugt wird. Diese Art von Gärten kann auch in Zen Garden gebaut werden und sie sehen dann auch wahrlich schön aus, doch es geht hier auch das Gegenteil. 


Außerdem habe ich das Gefühl, dass das Spiel ein kleines Wertungsproblem hat: Wenn auf der 2-Punkte-pro-Plättchen-Wertung ein Symbol liegt (also keine Landschaft oder Wegesart) und jemand ungehindert darauf spielen kann, ist das etwas over powered. Denn viele gleiche Symbole bringen so schon enorm viele Punkte zumal sie zusätzlich noch Geld generieren. Leicht zu verhindern indem man ein solches Plättchen einfach austauscht. 

Wenn man diese Kritik jedoch verkraften kann, bzw. denkt, dass ich damit eh komplett allein auf weiter Flur stehe, dann ist Zen Garden ein schönes Familienspiel. Nicht wirklich mehr, auch wenn die komplexer werdende Wertung es zunächst suggerieren mag. Doch als Familienspiel macht es viel richtig! Bietet genug Abwechslung über ein paar Runden hinweg und wenn es dann paar Wochen/Monate später wieder auf den Tisch kommt, hat niemand die Regeln vergessen und die Freude ist wieder groß. Wer also noch kein familientaugliches Puzzle- und Legespiel besitzt, kann hier ruhig mal einen Blick riskieren.


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Zen Garden von Mike Georgiou
Erschienen bei Queen Games
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 30 Minuten ab 8 Jahren
Boardgamegeek Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Queen Games)

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26.08.2020

Robin Hood and the Merry Men


Wer kennt ihn nicht? Robin Hood, der Held, der den Reichen das Geld klaut um es den Armen zu geben. Bereits im späten Mittelalter werden seine Taten in Balladenzyklen erwähnt und entwickelten sich im Laufe der Zeit zu der heutigen Sage. Die Geschichte von Robin Hood und seinen Gefährten wurde bereits in Dramen, Romanen, Opern und in Filmen mehrfach wiedergegeben. Sicherlich kennt ihr mindestens eines davon! Aber habt ihr schon einmal selbst die Kutschen des Sheriffs ausgeraubt? Oder den Wächtern eine Falle gestellt? Nein? Dann solltet ihr mal ein Blick auf dieses Brettspiel werfen!

In dem semi kooperativen Spiel Robin Hood and the Merry Men von Final Frontier Games, sind wir einer von Robin Hoods Gefährten oder Robin Hood selbst und versuchen das einfache Volk vor der Tyrannei von Prinz John und seinen Wächtern zu schützen und selbst für Recht und Ordnung in Nottingham zu sorgen. Doch wenn es Prinz John schafft, alle Silberpennies einer Straße mit den Kutschen in die Burg zu geleiten oder der Sheriff und seine Wächter uns in der Überzahl sind, verlieren wir das Spiel. Wer Nottingham mit größter Inprunst verteidigt und am Ende die meisten Siegpunkte hat, wird jüngster Held und neuer Anführer der Gesetzeslosen.


Kurze Andeutung des Spielaufbaus:

Es gibt ein Spielbrett auf dem Nottingham dargestellt ist. Darauf zu erkennen sind, die Burg und verschiedene Unterschlümpfe, sowie ein paar Straßen. Hier werden mit Silberpennies befüllte Kutschen aufgestellt und der Sheriff, Prinz John und Guy von Gisbourne platziert.
Die Spieler erhalten einen Helden mit individueller Fähigkeit und ein Spielertableau mit Barrikaden, Fallen, Gefährten und Ressourcen. Zudem 3 Aufträge des Königs und 4 fröhliche Gefährtenkarten.


Spielablauf:

Jede der vier bis fünf Spielrunden ist in zwei Phasen unterteilt.

1. Fröhliche Gefährtenphase:

Reihum wird 1 Fröhliche Gefährtenkarte entweder passiv oder aktiv ausgespielt und 1 fröhlicher Gefährte auf eine Versammlungsstädte (Ressourcen erhalten), den Bauhof (Fallen oder Barrikaden bauen) oder König Richards Kreuzzug (Auftrag freischalten), gestellt und die entsprechende Option ausgeführt. 
Durch Passiv ausgelegte Gefährtenkarten kann man nur den Hauptbereich einer Versammlungsstädte nutzen und erhält wenig Ressourcen oder kann auf dem Marktplatz versuchen die Reichen auszurauben. Zudem bringen passive Gefährtenkarten am Spielende Siegpunkte ein. Sie können aber auch noch zur aktiven Seite gelegt werden.
Aktiv eingesetzte Gefährtenkarten sind auf eine bestimmte Aktion bzw. einen bestimmten Ort festgelegt und bringen für diesen meist Vorteile mit sich (mehr Ressourcen, Kampfkraft, günstiger bauen o.a). Mit Ihnen nutzt man immer den versteckten Bereich der Versammlungsstädte, kann im Bauhof bauen oder die Aufträge bei König Richard freischalten.


2. Heldenphase: 

Die Heldenphase wird ebenfalls Reihum ausgeführt. Jeder Spieler deckt eine Schurkenkarte auf und führt danach zwei Züge mit seinem Helden durch. 
Durch die Schurkenkarten werden neue Wachen ins Spiel gebracht, Barrikaden zerstört, Kutschen zum Schloss gefahren, Silberpennies entfernt oder fröhliche Gefährten gefangen genommen.
Im Anschluss sind die Helden an der Reihe und können von folgenden Aktionen 2 asführen:
• Wachen bekämpfen
• Kutschen überfallen
• Häftlinge befreien 
• beim Bogenschießwettbewerb antreten
• Waffen erwerben
• den Armen im Dorf etwas zurück geben


Am Rundenende gibt es die Möglichkeit gefangene Wachen gegen Lösegeld freizugeben. 

Nach spätestens 4-5 Runden endet das Spiel und es folgt die Schlusswertung. Punkte gibt es für aufgestellte Fallen, errichtete Barrikaden, freigesetzte und erfüllte Aufträge des Königs, sowie für passive Gefährtenkarten und verbliebenes Material auf dem Spielertableau.

Fazit:

Robin Hood and the Merry Men besticht durch eine tolle Optik und gutes Material. Die Barrikaden, Fallen, Kutschen und Ressourcen sind allesamt aus Holz und die Helden- und Bösewichtfiguren sind sogar mit einem Bildaufdruck versehen. Die Würfel, Stoffbeutel und Karten machen ebenfalls einen hochwertigen Eindruck. Die stilvollen Illustrationen ergänzen das Material und man fühlt sich wirklich nach Nottingham ins Jahr 1100n.Chr. entführt. Lediglich die vielen Piktogramme wirken unübersichtlich und sind teilweise schlecht voneinander zu unterscheiden.


Ich habe noch kein Spiel erlebt, bei dem das Thema so detailreich in den Aktionen wiedergegeben wurde. Man kann reiche Leute bestehlen und bei einem Scheitern verhaftet werden, man überfällt Kutschen des Sheriffs und erlangt dadurch Ansehen, baut Barrikaden und Fallen, um die Kutsche und Wächter auf dem Weg ins Schloss aufzuhalten. Die Helden können an Wettbewerben mit Pfeil und Bogen teilnehmen, um ihr Münzkonto aufzustocken und müssen natürlich auch passende Waffen für den Kampf sammeln. 

Genug geschwärmt! Werfen wir noch ein Blick auf die Spielanleitung. Diese ist gut strukturiert und bebildert und war klar verständlich. Nichtsdestotrotz sind die Regeln üppig und ziemlich fordernd, denn überall gibt es kleine Sonderregeln, die das Spiel verkomplizieren. Gerade in den ersten Spielrunden mussten wir deshalb oft nachlesen und es entstand kaum Spielfluss.

Leider hat sich der Spielspaß auch eher in Grenzen gehalten. Ich hatte immer das Gefühl bei den vielfältigen Möglichkeiten nichts positives bewirken zu können, selbst wenn wir Nottingham tapfer bis zum Schluss verteidigen konnten. Durch das knappe Ressourcenmanagement, die unterschiedlichen Baukosten und die Belegung der Wachen auf den Verstecken, sind die Möglichkeiten immer sehr eingegrenzt. Klar, man kann die Karten passiv spielen, aber hier erhält man nur wenig Ertrag und kann zudem nicht alle Felder wie z.B. das Bauen aktivieren. 

Zudem ist es kaum möglich seine Heldenphase zu planen. Dadurch das jeder Spieler eine Schurkenkarte aufdeckt, ist der Spielplan in kürzester Zeit total verändert. Versammlungsstädten sind nicht mehr nutzbar oder Kutschen, die man ausrauben wollte, sind verschwunden. Klar wäre es auch zu einfach wenn die Kutsche darauf warten würde ausgeraubt zu werden und ein gewisser Ressourcenmangel bringt auch Spannung ins Spiel. Aber diese Ausweichhandlungen die man dann ausführt, wenn die Pläne zunichte gemacht wurden, fühlen sich meist negativ an. Sie fühlen sich an, wie ein erzwungenes reagieren auf Ereignisse. 

In Teothiuacan beispielsweise, verändern sich auch mit jedem Spielerzug die Möglichkeiten die Arbeiter einzusetzen. Dort bleibt aber auch immer ein statischer Teil erhalten. Die einzelnen Aktionstafeln werden in ihrer Funktion nicht behindert und bei jeder "Plan B" Ausführung fühlt es sich so an, als hätte ich was positives geleistet. Dieses Gefühl hat mir bei Robin Hood and the Merry Men gefehlt. 


Leider stellten sich zu allem Übel die Auftragskarten als unausgeglichen heraus. Während die einen Punkte für Silberpennies auf den Straßen der Kutschen erhalten und dieses Ziel bewusst steuern können, indem sie dort Silberpennies auffüllen und Barrikaden errichten. Müssen andere alle Verstecke, einer Versammlungsstädte möglichst frei von Wachen bekommen. Die Wachen können Sie zwar gezielt bekämpfen, sofern sie die passenden Kampfwürfel erhalten. Jedoch können beim nächsten Spieler sofort wieder neue Wächter eintreffen und bis das Spiel zu Ende ist, sind womöglich alle Verstecke wieder voll und man erhält keine SP, obwohl man einen Gefährten für das Freischalten dieser Karte auf Kreuzzug geschickt hat. 

Allem in allem ist Robin Hood and the Merry Men ein schönes, thematisches Spiel mit anstrengendem Spielcharakter.

Für Ich wen ist das Spiel geeignet?

Kinder: 0 von 5 (Kinder verlieren hier die Übersicht, zu viele Regeln und Piktogramme)

Familie: 2 von 5 (größere Kinder ab 14 Jahren, finden gefallen an dem Thema und dem sehenswerten Material, für die ersten Runden benötigen sie jedoch Hilfe)

Kenner: 3 von 5 (Ressourcen müssen gezielt eingesetzt werden, Arbeiter sinnvoll platziert werden und das große ganze im Blick behalten werden, hier ist das Spiel Zuhause)

Experte: 1 von 5 (Den Experte stört der hohe Glücksfaktor und der zähe Spielfluss)

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Robin Hood and the Merry Men von Ivana Krstevski, Vojkan Krstevski, Maja Matovska, Martyn Poole, Toni Toshevski
Erschienen bei Final Frontier Games
Für 1 bis 5 Spieler in ca. 80 Minuten ab 13 Jahren
Boardgamegeek-Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Final Frontier Games)


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24.08.2020

Operators


Wir stehen alle geduckt um die Tür herum. Die Läufe unserer Gewehre im Anschlag, bereit vorzupreschen. „Status?“ – „Geladen und entsichert!“. „Alles klar, dann bereit machen zum Zugriff. Wir nehmen den ganzen Laden hier hoch in drei… zwei… eins…“ – Die kurze Szene stammt nicht etwa aus dem neusten Call of Duty (nein, nein, wir bleiben schön anlog), sondern beschreibt das, was Operators auf den Tisch zu bringen versucht. Zwei Teams treten gegeneinander an und hauen sich nach guter alter Manier mit Messern und Kugeln die Köpfe ein. Was es dabei zu erleben gibt und ob sich dieser Spaß auch für deine Gruppe lohnt, erfährst du jetzt!


Operators ist ein Spiel für 2 bis 10(!) Wagemutige von Cogitate Games, im Deutschen wird es von Taverna Ludica vertrieben und soll in 15 bis 90 Minuten zu spielen sein. Wie wir hier schon sehen, sind die Spannweiten äußerst groß, nicht nur in der Spieleranzahl, sondern auch in der Spieldauer. Nun will ich euch nicht weiter auf die Folter spannen und Details preisgeben: Die Spieler werden in zwei Teams geteilt und treten gegeneinander an. Dabei spielt jeder einen Operator, einen militärisch-taktischen Spezialisten. Mechanisch haben wir es mit einem Team-Bag-Builder zu tun. Ungewöhnlich? Und ob! Jedes Team startet mit einer Basis an Gegenständen, bisschen Geld, paar Patronen, paar Messer. Alles wird als Plättchen ins Team-Säckchen geworfen und wenn sich die ersten beiden duellieren, ziehen sie aus diesem Sack. Drei gezogene Plättchen werden in einer bestimmten Reihenfolge ausgewertet und dann darf der Angreifer (welcher übrigens zufällig bestimmt wird) entscheiden, ob weiter gezogen, oder abgebrochen wird. Sollte abgebrochen werden, wird mit dem verdienten Geld eingekauft. Hier kommen die Spezialisten zum tragen, denn jeder steuert andere Gegenstände dem Team-Säckchen bei. Der Medic bringt Heilung, andere Granaten, Panzerung oder einfach mehr Geld und besseren Schaden. Das Schöne: Der nächste Operator kann mit etwas Glück direkt von den gekauften Plättchen profitieren – kann. Denn, wie man sich schon denken kann, ist das ein ganz schönes Glücksspiel. Und gegen Ende einer Partie befinden sich durchaus Unmengen von Plättchen im Säckchen, dabei an das Passende zu kommen, kann zu einem wahren Sackgang werden. 


Dennoch macht es Freude! Endlich die Messer zu ziehen, welche mein Gegenüber nicht mit Panzer abwehren kann und ihm ordentlich Schaden zufügen: Das macht schon richtig Laune. Für mich. Denn spielen mehr als 1 gegen 1, dürfen die Anderen durchaus lange warten. Daher macht es mir Operators in seiner Bewertung nicht gerade leicht: Als Teamspiel (Partyspiel) gedacht, drückt doch die enorme Downtime bei mehr als zwei Spielern pro Team. Und sollte man gefallen sein (was durchaus oft vorkommt, denn Operators ist ein Last-Man-Standing-Game), darf ich dem ganzen Spektakel nur noch passiv beiwohnen. Zudem bringen mehr Spieler nicht wirklich viel Mehrwert für das Spiel an sich.


Und dann gibt es da noch zwei weitere Modi: Geiselbefreiung und eine Art Häuserkampf. Beide bringen ihren jeweils eigenen kleinen Twist ins Spiel, so bedeuten die verschiedenen Räume beim Häuserkampf verschiedene Boni auf bestimmte Objekte, zum Beispiel macht ein Messer dann zwei statt nur einem Schaden. Interessant, aber da es eh zufällig ist, was man zieht, nur bedingt strategisch. Die Geiselbefreiung wiederum hat einen super gegenläufigen Mechanismus: Wenn man eine Schlacht gewinnt, befreit man Geiseln, diese wandern als Plättchen ins Team-Säckchen. Ziehe ich sie dann in kommenden Schlachten, sind sie eine Niete. Ergo: Je mehr Punkte mein Team hat, desto schwächer ist der Beutel, da die Geiseln, die unser Team die ganze Zeit mit sich rumschleppt, es ein Stück langsamer machen. 

Dennoch: Auch durch die Modi bleibt das Spiel ein Plättchen aus dem Säckchen, egal welche Geschichte man drumrum erzählt. Lohnt es sich nun? Es ist interessant und das Team-Bag-Building hat seinen Reiz. Trotzdem bin ich mir unschlüssig, ob ich es mir zulegen würde. Wahrscheinlich würde ich aus Neugier zum Thema auf einem Brettspielflohmarkt zuschlagen. Und genau das würde ich euch auch raten: Wenn ihr nicht absolut hart auf Thema und Mechanik abfahrt, dann ist es kein Muss. Entdeckt ihr es jedoch mal für bisschen weniger Geld, dann ist es doch mal was ganz Witziges für 2 bis 4 Spieler. Meinetwegen auch mit ein bis zwei mehr. Aber bitte nicht zu zehnt, diese Party geht in die Hose.


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Operators von Csepi Balazs
Erschienen bei Cogitate Games
Für 2 bis 10 Spieler in ca. 60 Minuten ab 14 Jahren
Boardgamegeek Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Cogitate Games)

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23.08.2020

Stellar Conflict


„PEW PEW PEW!“ Das schreit die Spieleschachtel von Stellar Conflict den geneigten Betrachtenden förmlich zu. Selten zuvor wurde man so von einem Cover überfahren, das nur eines mitteilen will: Hier wird geballert, bis der Arzt kommt! Im Weltraum!
Stellar Conflict ist der kleinste, größte Weltraumschlacht-Simulator, den man sich vorstellen kann. In nur zehn Minuten haben bis zu vier Spieler*innen eine Schlacht hinter sich gebracht, in der reihenweise Raumschiffe ins interstellare Nirwana geschossen werden. Kann das gut werden?

Jede*r Spieler*in repräsentiert eines von vier kriegerischen Völkern, die sich ordentlich auf die Omme geben wollen. Aus dem Arsenal der Völker dürfen die Spielenden zu Beginn ihre Armee – je nach gewählter Spiellänge – zusammenstellen. Von kleinen, wendigen Jägern über mittelgroße Korvetten ist bis zu den massiven Flaggschiffen jedes Kaliber vertreten. Dieses Deck bzw. diese Flotte wird dann zeitgleich von jeder Fraktion innerhalb weniger Sekunden bzw. Minuten (wieder gilt: je nach gewählter Spiellänge) auf den Tisch gelegt. Wo sie auf der vorher bestimmten Spielfläche abgelegt werden ist grundsätzlich egal, aber es müssen einige Faktoren beachtet werden.


Auf den Karten ist immer zu sehen, in welche Richtung die Schiffe schießen. Daher ist es wichtig die Karten korrekt auszurichten, damit die Laser die Gegner*innen und nicht versehentlich ein eigenes Schiff treffen. Manche Schiffe sind mit einem Schutzschild ausgestattet, das am Kartenrand entlangläuft und so einen Teil des Schiffsrumpfs vor Treffern schützt. So lassen sich Laserstrahlen blocken, die vielleicht sonst das verwundbare Frachtschiff getroffen hätten, das jede*r Spieler*in mit in die Schlacht bringt.

Nach dem hektischen Platzieren der Karten wird es gediegen: Nun feuern nach und nach alle Schiffe ihre Laser ab und pulverisieren sich gegenseitig zu kleinen Prisen Sternenstaub. Dies geschieht nach Initiativewert der einzelnen Schiffstypen. Meist feuern zunächst die kleinen Jäger und verteilen, je nach Laserfarbe, unterschiedlich viel Schaden.
So lichtet sich nach und nach das Schlachtfeld; riesige Kampfpötte zerbersten in tausend Trümmer, ohne dass sie selbst auch nur einen Schuss hätten absetzen können und mit Schrecken stellt man fest, dass man aufgrund der Schneise der Verwüstung im Kampfgeschehen mittlerweile die eigenen Verbündeten ins Visier nimmt.


Das Chaos einer Weltraumschlacht, so theoretisch man es sich bislang nur vorstellen kann, wird wunderbar eingefangen. Man flucht und schimpft aufgrund der dämlichen taktischen Fehler, die man begangen hat, weil man etwa die Initiativreihenfolge nicht beachtet oder eine Karte falsch ausgerichtet hat. Und obwohl sich eine Partie in Worten wunderbar beschreiben lässt, richtig gezündet hat Stellar Conflict nie. Das Spielprinzip fühlt sich dann doch zu beliebig, zu zufällig an. Man versucht, halbwegs clever seine Schiffsflotte zu platzieren, dann lasert man sich die Hucke voll und am Ende hat niemand so recht das Gefühl, verdient gewonnen zu haben. 

Außerdem ist es eine ungemein fummelige Aufgabe, mit den mitgelieferten Gummibändern auszumessen, welcher Laserstrahl welche Karte trifft. Viel zu oft verschiebt man dabei das Kampfgeschehen und macht die vorher taktisch brillanten Platzierungen der Karten hinfällig. Da hilft nur das Ausweichen auf Komponenten der Marke Eigenbau. Oder ein popeliges Lineal.


Die Menge an Siegpunkten errechnet sich aus den Siegpunkten der zerstörten Schiffe (durch Friendly Fire zerstörte Schiffe werden den Gegner*innen angerechnet) und den Frachtwürfeln, die man durch das Beschießen des gegnerischen Transportschiffs gestohlen hat. Das klingt aufregend und clever; in der Regel bietet es aber kaum taktischen Tiefgang.

Nichtsdestotrotz bin ich überzeugt, dass es Abnehmer*innen für diese Art Spiel gibt, die damit auch großen Spaß haben werden. Alternativ kann man sich auch in Star Realms prügeln oder – wenn man deutlich pazifistischer im Weltraum unterwegs sein will – sich in Space Base eine schöne Flotte zusammenwürfeln.
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Stellar Conflict von James Ernest und Tom Jolly
Erschienen bei Artipia Games
Für 2 bis 4 Spieler in 10 Minuten ab 10 Jahren
Boardgamegeek Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Artipia Games)


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21.08.2020

Wald der Wölfe


Stellen wir uns einmal vor, wir leben in einem Märchenwald. Bitte aber keinen aus einem Grimms-Märchen, in dem böse Hexen Kinder und böse Wölfe alte Omas fressen, sondern in einem Wald, in dem ein Wolfsrudel sich anschickt, die sieben magischen Wölfe zu finden, um letztlich ihrem legendären Wolfshäuptling Lupos zu begegnen. Ein Wald, voller Magie und leuchtender Farben. Bist Du angekommen?

Spätestens nach dem Aufbau des Spielbretts von Wald der Wölfe, dürfte wohl jeder hier angekommen sein. Ein dermaßen stimmungsvolles und einladendes Spielbrett samt zugehöriger Komponenten sieht man nicht oft. Dieses Spiel verdient es wirklich, als schönes Spiel bezeichnet zu werden. Und das macht – gepaart mit den erstklassigen Komponenten drum herum – hinsichtlich der Zielgruppe (Kinder und Familien) auch absolut Sinn!


Beginnen wir also damit, das Spielbrett zusammen zu puzzeln und uns einen von drei möglichen Schwierigkeitsgraden auszusuchen und den Beutel mit den entsprechenden Ortsplättchen vorzubereiten. Dazu legen wir noch insgesamt 16 Waldplättchen auf das Spielbrett, ziehen zufällig drei Lupos-Plättchen und platzieren unsere Wolfsfamilie in die Mitte. Aus unserem Ortsplättchen-Beutel ziehen wir nun drei Orte und platzieren diese ebenfalls auf dem Spielfeld. Los geht’s: Reihum ziehen die Spieler Lauf-Plättchen aus dem Lauf-Plättchen-Beutel und dürfen einen Wolf der Familie zu einem der nächstgelegenen Felder mit diesem Symbol ziehen, die Richtung darf man selbst aussuchen. Dabei gibt es drei verschiedene Symbole (Pilze, Baumstümpfe und Steine). Steht auf einem entsprechenden Feld bereits ein Wolf, so wird dieses Feld nicht gezählt und man darf zum übernächsten Feld, usw. Ziel ist es, mit der Wolfsfamilie die gezogenen Orte zu erreichen. Denn auf den Orten steht – je nach Schwierigkeitsgrad unterschiedlich – welche Wölfe diesen Ort besuchen müssen. Schafft man es, die richtige Kombination von Wölfen an dem Ort zu versammeln, so entdeckt man dort einen magischen Wolf. Pro Runde kann man also maximal drei magische Wölfe finden (da es drei Orte gibt, die nach der Runde ausgetauscht werden) und insgesamt muss man es schaffen, in vier Durchgängen sieben magische Wölfe zu finden, damit diese dann Lupos herbeirufen können. 


Würden die Regeln hier enden, bräuchte man also zwei Runden plus den Beginn der dritten und hätte das Spiel geschafft. Dann wäre Wald der Wölfe ein nett anzusehendes Kinderspiel ohne jeglichen Anspruch. Doch war das nur das Grundgerüst: In dem Beutel mit den Lauf-Plättchen sind auch drei Eulen enthalten. Wurden alle drei Eulen gezogen, endet die Runde und die nächste beginnt mit neuen Orten. Wir hatten direkt in der ersten Runde des ersten Spiels das „Glück“, dass wir sehr schnell drei Eulen gezogen haben und hatten nicht einen Wolf erweckt. Entsprechend frustig waren wir und dachten, dass wir das Spiel so ja eigentlich nicht mehr gewinnen können (was wir letztlich aber doch taten ;). Aber zurück zu den Regeln: Neben den Eulen gibt es noch zwei Chips, durch welche die Wolfkinder in einen See springen müssen und sie somit „vom rechten Weg abkommen“ lässt. Außerdem gibt es Chips mit wegfliegenden Eulen, die die Runde etwas verzögern können, da hierdurch eine ausliegende Eule wieder in den Beutel fliegt.


Hinzu kommen die bereits erwähnten Wald-Plättchen. Zieht man auf ein solches, dreht man dieses um und darf entweder nochmal laufen, bekommt zusätzliche (positive) Lauf-Plättchen für den Beutel, oder aber ein Eichhörnchen stiehlt kurzzeitig ein Lauf-Plättchen aus dem Beutel oder eine Spinne verjagt den Wolf aufs Startfeld. Einmal gedrehte Wald-Plättchen kommen nicht zurück aufs Spielbrett und es bleibt ein leeres Feld zurück, wodurch die Wege im Wald im Spielverlauf also faktisch „schrumpfen“. Durch die zusätzlichen Lauf-Plättchen, die man erhalten kann, hat man aber gleichzeitig mehr Chancen, keine Eule aus dem Sack zu ziehen. Sprich: je mehr Wald-Plättchen man aufdeckt, desto besser werden nachfolgende Runden. Aber zielloses Herumlaufen durch den Wald bringt eben auch keinen Erfolg, da man so nie an die benötigten magischen Wölfe herankommt.


Außerdem hat das Spiel noch Lupos-Plättchen parat, von denen es drei Stück gibt. Die wegfliegende Eule ist uns bereits bekannt, eine Höhle ermöglicht es einem Wolf, die auf dem Spielbrett aufgedruckten Höhlensysteme als Abkürzungen zu nutzen und das Heulen ruft einen beliebigen Wolf vom Spielbrett zu einem anderen beliebigen Wolf. Von diesen Plättchen hat man zu Beginn je eines und erhält pro erweckten Wolf ein weiteres, zufällig gezogenes. Die Plättchen können jederzeit im Spielverlauf eingesetzt werden, sind dann aber aus dem Spiel. Es muss hiermit also gut gehaushaltet werden! Wie bereits erwähnt: Das Spiel ist gewonnen, wenn der siebte magische Wolf gefunden wurde und Lupos erweckt wurde; es ist verloren, wenn dies nach vier Runden nicht geschafft wurde.


Wald der Wölfe ist ein wirklich erstklassiges Familienabenteuer, beginnend bei der wundervollen Optik, über die umfangreicheren aber nicht komplizierten Regeln, bis hin zu dem Erfolgserlebnis, dass man trotz einer völlig verbockten Runde immer noch die Chance auf einen Sieg hat. Als Sahnehäubchen kommt es dann noch mit verschiedenen Schwierigkeitsstufen daher und ist – grade für die jüngeren – ein wirklich toller Einstieg ins Thema kooperativer Brettspiele.
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Wald der Wölfe von Wolfgang Dirscherl und Julien Gupta
Erschienen bei Queen Games
Für 1 bis 5 Spieler in ca. 30 Minuten ab 7 Jahren

sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Queen Games)
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20.08.2020

Ratland


Puh… was stinkt denn hier so? Ist es die Kanalisation, in der wir uns gerade befinden? Oder ist es der große Haufen Käse dort drüben? Wahrscheinlich beides! Und jetzt schlüpfen wir noch geschwind in die Rolle einer Ratte, oder wenn wir gerade schon dabei sind, gleich in die eines ganzen Rattenclans, holen nochmals tief Luft… und der Gestank weicht und macht Platz für ein heimisches Gefühl der Geborgenheit. Willkommen in Ratland

In diesem rattenscharfen Familienspiel – und ich bitte vorab um Entschuldigung für die gelegentlichen in dieser Rezension auftauchenden mittelmäßigen bis schlechten Wortwitze – spielen wir tatsächlich einen Rattenclan, der im Grunde nur eines zum Ziel hat, nämlich das zu tun, was Ratten nun mal am besten können, sich möglichst schnell vermehren, um so der größte und gefürchtetste Clan der gesamten Kanalisation zu werden. Blöd nur, wenn nicht genug Nahrung vorhanden ist, um alle durchzufüttern. Also schaut nicht so tatenlos dabei zu, wie eure Brüder und Schwestern langsam verhungern und macht euch besser auf die Suche nach lecker-saftig wohlstinkendem Käse! Und am besten teilt ihr euch auf und durchsucht die Müllkippe, die Stadt und die Felder, wobei der Rattenclan von nebenan in der gestrigen Nacht wohl ne Menge löchrig-sämige Delikatessen gefunden haben soll, die nur darauf warten, von uns stibitzt zu werden… Also, worauf wartet ihr? Der Käse findet sich nicht von alleine, und ihr zwei dort drüben, ihr bleibt hier und beschützt unseren eigenen Vorrat, denn man weiß ja nie, was die anderen Clans so im Schilde führen!


Material

Neben insgesamt 80 Käsestücken aus Plastik in verschiedenen Farben und einem mit dem Spieltitel beschrifteten Stoffbeutel, aus dem der Käse im Laufe des Spiels gezogen wird, findet man in der Spielschachtel noch 85 Rattenmarker aus Pappe, 6 doppelseitig bedruckte Spielerboards, 6 Sichtschirme, einen Spielrundenmarker sowie 48 Karten, die sich in Ereignis-, Nahrungs-, Clan-, Friedhofs- und Übersichtskarten gliedern. Am Material gibt es im Grunde nichts auszusetzen, denn es ist alles da, was man braucht, nichts scheint überflüssig, die Spielerboards sowie die Sichtschirme wirken sehr stabil und eines möchte ich euch noch verratten, der 3D-Käse in sechs verschiedenen Farben ist schon ziemlich genial! Da macht es in jedem Fall doppelt Spaß, die generischen Clans zu überfallen und ihnen den Käse zu stehlen. Außerdem sind die Illustrationen wirklich gut gelungen und enthalten viel Witz! 

Ablauf

Eine Partie Ratland geht über 5-9 Runden. Ja genau, einige Partien dauern fast doppelt so lang wie andere, alleine aufgrund der Rundenanzahl. Dies kommt dadurch zustande, dass nach fünf zufällig gezogenen Anfangsereignissen, die jeweils zu Beginn der Runde ausgeführt werden, vier Schlussereignisse bereitgelegt werden, denen jedoch die Spielende-Karte beigemischt wird. Somit werden immer alle Anfangsereignisse gespielt, jedoch nicht immer alle Schlussereignisse. Und die Ereignisse selbst haben immer einen Einfluss auf alle Spieler und verändern den Rundenablauf leicht, zum Beispiel indem in der aktuellen Runde alle Spieler automatisch mit einer Ratte mehr angreifen oder ein giftiges Käsestück wieder in den Beutel zurückwerfen dürfen. Zudem bekommen alle Spieler zu Spielbeginn zwei zufällige Rattenclans mit verschiedenen Spezialfähigkeiten ausgeteilt, von denen sie sich jeweils einen aussuchen dürfen. Die Clankarten sind doppelseitig bedruckt und zeigen eine schwache Fähigkeit, die solange aktiv ist, bis die erste Schlussereigniskarte gezogen wird. Dann darf man die Karte umdrehen und ab sofort mit einer verstärkten Fähigkeit weiterspielen.


Nach der Ereignisphase kommt die Planungsphase, in der alle Spieler gleichzeitig hinter ihren Sichtschirmen à la Roll for the Galaxy ihre Aktionen für die aktuelle Runde programmieren, indem sie ihre Rattenmarker – und zu Beginn des Spiels sind es sieben – auf die verschiedenen Aktionsfelder ihres Spielerboards verteilen. Diese umfassen Angriffe auf den linken Nachbarn, Angriffe auf den rechten Nachbarn, Verteidigung des eigenen Käsevorrats, Vermehrung des Clans in der Kinderstube und die Suche nach Käse in der Müllkippe, der Stadt oder den Feldern. Im Anschluss werden die Sichtschirme entfernt und die Aktionen in einer festgelegten Reihenfolge durchgeführt.

Als erstes werden die Angriffsaktionen abgehandelt. Hierfür wird stets die Anzahl der angreifenden Ratten mit der Anzahl der verteidigenden Ratten verglichen. Sind mehr Angreifer als Verteidiger vorhanden, bekommt der Angreifer so viele Käsestücke vom Verteidiger, wie er überzählige Angreifer hat. Sollten mehrere Spieler erfolgreiche Angriffe auf denselben Rattenclan starten, wird er Käse unter den Angreifern aufgeteilt. Nach den Kämpfen findet die eigene Clanvermehrung statt, indem die Spieler sich für jede Ratte, die sie auf der Kinderstube platziert haben, eine weitere Ratte nehmen. Danach kehren verirrte Ratten wieder zurück und vergiftete Ratten werden wieder geheilt. 


Als nächstes gehen die Ratten auf Käsesuche an drei verschiedenen Orten. Diese Orte werden der Reihe nach abgearbeitet, indem zunächst auf der aktuellen Nahrungskarte geschaut wird, wie viele Käsestücke welcher Farbe für den aktuellen Ort in den Stoffbeutel kommen. Der Spieler mit den wenigsten platzierten Ratten an diesem Ort zieht nun als erster so viele Käsestücke aus dem Beutel wie er Ratten platziert hat. Es folgt der Spieler mit den zweitmeisten Ratten vor Ort usw.. Sollte der Beutel leer gehen, obwohl ein Spieler noch weitere Käsestücke ziehen dürfte, hat dieser Spieler halt Pech gehabt. Nach dem Abhandeln des ersten Ortes wird der Beutel geleert und mit den angezeigten Käsestücken des nächsten Ortes wieder aufgefüllt – und das Ziehen geht von vorne los. Während gelber Käse als genau ein Käsestück zählt, den man sich in seine Vorratskammer legt, darf man für einen orangenen Käse, den man zieht, gleich zwei gelbe Käsestücke nehmen. Bei weißem Käse findet die Ratte nichts, bei schwarzem Käse stirbt die Ratte und kommt zurück in den allgemeinen Vorrat, bei lila Käse wird sie vergiftet und bei blauem Käse verirrt sie sich. Vergiftete Ratten kommen in die Krankenstube auf dem Spielerboard, müssen in der folgenden Phase mit durchgefüttert werden, können aber in der Planungsphase der folgenden Runde nicht genutzt werden. Die verirrten Ratten kommen wiederum auf die Verirrtenkarte des Spielers und stehen in der folgenden Planungsphase ebenfalls nicht zu Verfügung, müssen in der aktuellen Runde dafür aber auch nicht miternährt werden. 

Nachdem Angriffe, Vermehrung und Suche stattgefunden haben, folgt vor dem Rundenende noch die Ernährungsphase, in der man Käse entsprechend der Größe seines Rattenclans abgeben muss, z.B. 3 Käse für 7-9 und 6 Käse für 16-18 Ratten. Für jedes Käsestück, das einem fehlt, stirbt eine Ratte, kommt auf den persönlichen Friedhof und zählt am Spielende einen Minuspunkt. Zum Glück startet jeder Spieler mit zwei Käsestücken!


Das Spiel endet, sobald die Spielendekarte beim Aufdecken der Ereignisse erscheint. Jede Ratte des eigenen Rattenclans zählt dann einen Pluspunkt, jede Ratte auf dem eigenen Friedhof einen Minuspunkt. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt. 

Alternativ zum Standard-Spielerboard können die Spieler auch die „Aggressive Kanaltafel“ wählen, deren Einsatz zur Folge hat, dass bei einem erfolgreichen Angriff eine Ratte des angegriffenen Spielers stirbt und bei einer erfolgreichen Verteidigung eine des angreifenden Spielers. 

Fazit

Ratland ist meiner Meinung nach ein wirklich gelungenes Familienspiel. Die Illustrationen sind witzig und zugleich stimmungsvoll, die Regeln und der Rundenablauf sind schnell verstanden und vor allem die Interaktion zwischen den Spielern wird hier großgeschrieben. Greifen mich meine Nachbarn diese Runde an? Sollte ich meinen Vorrat verteidigen oder lieber Ratten auf Käsesuche schicken? Schicke ich all meine Suchratten zur lukrativen Müllkippe oder verteile ich sie besser, um am Ende nicht vollkommen leer auszugehen? Soll ich es riskieren, ein paar Ratten mehr zu produzieren oder lasse ich meinen Clan langsam aber sicher wachsen? In diesem Worker-Placement-Programmierspiel geht es darum, die Gegner richtig einzuschätzen und entsprechend zu handeln. Schaffe ich es, meine Ratten in einer Runde gerade so durchzufüttern, brauche ich mit meiner leeren Vorratskammer keine Angriffe der Mitspieler fürchten und kann mich voll und ganz auf das Besorgen von Käse und die Vermehrung konzentrieren. Sammle ich in einer Runde jedoch mehr Käse als ich für die Ernährung meines Clans brauche, muss ich in der Folgerunde weniger Käse dazugewinnen, um alle Ratten zu ernähren, bin u.U. aber auch ein attraktiveres Angriffsziel für feindliche Clans. So ärgerlich es ist, drei oder vier Ratten völlig umsonst zur Verteidigung des eigenen Käsevorrats eingesetzt zu haben, so befriedigend ist das Gefühl, wenn man einem anderen Clan den gesamten Vorrat wegstiehlt oder orangenen Käse aus dem Stoffbeutel fischt.


Obwohl das Spielziel und der Ablauf immer derselbe ist, fühlt sich jede Partie Ratland immer wieder etwas anders an. Natürlich ist man in seinen strategischen Überlegungen auf ein paar wenige Aktionen limitiert, aber für ein Familienspiel reichen die zur Verfügung stehenden Aktionen völlig aus. Abwechslung kommt ansonsten vor allem auch durch die unterschiedlichen Spezialfähigkeiten der einzelnen Rattenclans zustande. Während ein Clan vergifteten Käse als normalen Käse horten darf, vermehrt sich ein anderer Clan ganz von selbst, ohne den Einsatz seiner Ratten in der Kinderstube. Einem anderen Clan ist es erlaubt, Ratten nach dem Entfernen der Sichtschirme noch umzupositionieren, und wieder ein anderer darf sich stets die oberste Karte des Ereignisstapels ansehen. Insgesamt gibt es ganze 12 Clans, die es zu entdecken gibt, sodass einem zunächst nicht langweilig wird. Und auch die Möglichkeit, mit zwei unterschiedlichen Spielerboards zu spielen, sorgt für weitere Varianz und einen längeren Langzeitspielspaß. 


Was den Strategen unter euch jedoch missfallen wird, ist der hohe Glücksfaktor im Spiel. Denn bei der Suche nach Käse kommt es schlicht und ergreifend darauf an, möglichst gut zu ziehen. Während ein Spieler an einem Ort, an dem er zwei Ratten eingesetzt hat, zwei orangene Käsestücke aus dem Beutel zieht, verzweifelt ein anderer Spiele mit gleichvielen Ratten am selben Ort beim Anblick des blauen und schwarzen Käses, den er gerade aus dem Beutel gefischt hat. Umso rattloser wird derselbe Spieler dann in der Ernährungsphase sein, wenn er seinen Rattenclan mit nahezu leerer Vorratskammer ernähren soll. Denn gute Ratte ist teuer!

Obwohl die einzelnen Spielphasen im Grunde sehr rasch abgehandelt sind und die Downtime dadurch sehr gering ist, kann es in der Käsesuchphase doch auch mal etwas länger dauern, da der Beutel immer wieder aufgefüllt und entleert werden muss und die Spieler nacheinander ziehen. Doch auch hier hält sich die Downtime in Grenzen und tut dem Spielfluss keinen wirklichen Abbruch.


Die variable Rundenanzahl ist zwar an sich eine gute Idee, da sie für mehr Spannung gegen Ende des Spiels sorgt, aber in diesem Spiel ist diese Variabilität doch recht extrem. Ob nur fünf oder neun Runden gespielt werden, macht schon einiges aus und die verstärkten Spezialfähigkeiten der einzelnen Clans stehen zudem erst ab der sechsten Runde zur Verfügung und kommen bei einer 5-Runden-Partie gar nicht zum Einsatz, was für mich dann doch das ein oder andere Mal ein wenig enttäuschend war. Darüber hinaus sind manche dieser Fähigkeiten deutlich stärker als andere, sodass die Spieler oftmals mit einem kleinen Vor- oder Nachteil starten, je nach dem, welchen Rattenclan sie sich ausgesucht haben.

Alles in allem kann ich Ratland ruhigen Gewissens all denjenigen empfehlen, die auf interaktive Familienspiele stehen, in denen es auch mal etwas rauer zugeht. Solltet ihr jedoch zu denjenigen gehören, die bereits bei einer Partie Mensch ärgere dich nicht den Titel gekonnt ignorieren, solltet ihr entweder an eurer inneren Ruhe arbeiten oder die Finger von Ratland lassen. Denn es kann hier und dort schon frustrierend sein, dabei zuzusehen, wie der eigene Käsevorrat Stück für Stück an die beiden angreifenden Nachbarn aufgeteilt wird. Zudem muss jeder selbst überlegen, wie taktisch oder glückslastig ein Spiel sein darf. Ratland hat von beidem etwas und hat mir und den Spielegruppen, mit denen ich es gespielt habe, wirklich Spaß gemacht. Vor allem das Element des geheimen Planens und Programmierens (hinterm Sichtschirm), wie man es aus Spielen wie Roll for the Galaxy, Gladigala (bereits als Rezension auf dieser Website zu finden) oder Tiny Epic Mechs (bald als Rezension auf dieser Website zu finden) kennt, sorgt immer wieder neu für Spannung, da man sich nie sicher sein kann, was die Mitspieler gerade so aushecken. Das Spiel lässt sich mit bis zu 6 Spielern spielen und mit zwei Exemplaren sogar mit bis zu 12 Spielern, wobei fünf Spieler bei meinen Spielerunden das Maximum war. Zu zweit lässt sich das Spiel zwar auch spielen, doch erst ab 3 Spielern, entfaltet es sein volles Potenzial. 


Ratland wird sicher noch eine Weile in meiner Sammlung verharren und kommt bestimmt noch das ein oder andere Mal zum Einsatz, wenn mir der Sinn gerade nach lustigen und raschen Rattenschlachten steht. Und jetzt mache ich mir noch ein Käsebrot, denn in meinem Kühlschrank darf ich mir den Käse aussuchen, den ich heraushole!


In a nutshell…

In Ratland spielen wir einen Rattenclan mit einer gewissen Spezialfähigkeit und versuchen diesen über 5-9 Runden so viel wie möglich wachsen zu lassen, um der mächtigste und gefürchtetste Rattenclan der gesamten Kanalisation zu werden. Doch je größer der Rattenclan ist, desto mehr Käse brauchen wir, um am Ende der Runde alle ernähren zu können. Gelingt uns das nicht, sterben unsere Ratten und verursachen Minuspunkte am Spielende. In jeder Runde platzieren die Spieler geheim hinter Sichtschirmen ihre Ratten auf verschiedene Aktionsfeldern, mit denen sie anderen Spielern Käse klauen, den eigenen Käse verteidigen, Käse an verschiedenen Orten wie der Mülldeponie suchen und sich weiter vermehren können. Wer am Ende die meisten Pluspunkte in Form von eigenen Ratten hat, gewinnt das Spiel. Das Material, und vor allem die 3D-Käsestücke, haben insgesamt überzeugt und ich kann dieses schöne und sehr thematische Familienspiel vor allem denjenigen empfehlen, die auf sehr interaktive Spiele stehen, die hin und wieder auch mal etwas rauer werden können, und denen ein gewisser Glücksfaktor im Spiel nichts ausmacht.

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Ratland von Eduardo Martin
Erschienen bei Taverne Ludica Games
Für 2 bis 6 Spieler in ca. 30 Minuten ab 8 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Taverne Ludica Games)
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