30.01.2019

BiberClan


Ich mag ja Kartenspiele, egal ob als TCG, als LCG, als eigenständiges Mitbringspiel oder einfach eine Partie Rommé. Kartenspiele sind oftmals schnell eingepackt, schnell ausgepackt, schnell erklärt und können trotzdem jede Menge Tiefgang bieten, wenn man das denn möchte. Klar, bei den Trading und Living Card Games kommt noch jede Menge Metagaming hinzu, für dass dann doch oftmals keine Zeit mehr vorhanden ist, aber dafür gibt es ja dann die übrigen Kartenspiele, die man wirklich aus der Box holt, die Regeln nach Bedarf kurz zusammenkratzt und einfach losspielt. Und auch da kann es gewaltige Unterschiede geben.

Ich habe ja kürzlich ein paar Kartenspiele rezensiert (3 x 8 und Götterdämmerung), die bereits unterschiedlicher kaum sein konnten (zugegeben, Götterdämmerung ist im engeren Sinne auch gar kein Kartenspiel, aber sei’s drum) und nun hatte ich mit dem BiberClan erneut ein völlig anderes Exemplar dieser Gattung auf dem Tisch.


Die Regeln passen (inklusive Bildern) auf ein zweiseitig bedrucktes Blatt Papier und mit einem empfohlenen Mitspielalter von mindestens 7 Jahren ist klar: Wir haben ein Familienspiel vor uns (nicht, dass allein das Cover und der Titel das schon suggerieren würden).

Los geht es also: Jeder bekommt eine Biberburg und ein Stapel mit Zahlenkarten wird verdeckt bereitgelegt und der älteste (!) Spieler beginnt, zieht eine Karte und schaut sie sich verdeckt an. Ist auf der Karte eine Zahl (von 0 bis 9) darf er diese nun in der eigenen Burg oder in der eines Mitspielers auf einen freien Platz (es gibt insgesamt 5 Plätze) legen oder mit einer bestehenden Karte austauschen. Dabei darf er wählen, ob die neue Karte offen oder verdeckt in die jeweilige Burg gelegt wird. Beim Tausch der Karte in einer gegnerischen Biberburg muss die ausgetauschte Karte in die eigene Biberburg (auch hier offen oder verdeckt nach Wahl) gelegt werden. In der eigenen Burg getauschte Karten werden abgelegt. In der eigenen Burg sind dabei zwei Kartenreihen vorhanden: Drei Karten in der unteren Reihe und zwei in der oberen. Man beginnt immer mit der unteren Reihe. Liegen Karten in der oberen Reihe, sind die darunter angelegten Karten geschützt. Auch Spieler, die nur eine Karte in ihrer Burg haben, sind vor Tauschräubern geschützt.


Neben den Zahlenkarten befinden sich im verdeckten Stapel noch Sonderkarten, die Aktionen auslösen (Fremde Karte ablegen oder umdrehen). Zieht man eine solche Karte darf man nach der Aktion eine weitere Karte ziehen.

Das Spiel endet, sobald der erste Spieler fünf Karten in seiner Burg hat und die laufende Runde beendet wurde. Die letzte Karte darf dabei grundsätzlich nur durch den Besitzer einer Burg in diese gelegt werden und die Burg gilt ab dann als geschützt. Nach Ende der Runde zählen alle Spieler die Zahlen auf den Karten zusammen. Diese stellen die Siegpunkte dar. Bis hierhin wäre es ein sehr unspektakuläres Spiel, da jeder einfach nur versuchen würde, die höchsten Zahlen zu ergattern. Nun kommt aber das Element, das dem Spiel eine Brise Taktik verleiht: Hat ein Spieler drei gleiche Zahlen in seiner Burg, gibt es 15 Bonuspunkte und bei vier gleichen sogar 25. Hat ein Spieler aber tatsächlich alle fünf Karten mit der gleichen Zahl in seiner Burg, hat er das Spiel – unabhägig von der Anzahl seiner bisherigen Siegpunkte – gewonnen. Und dann gibt’s nochwas obendrauf: Steht der Spieler, der das Spiel beendet hat, am Ende nicht als Sieger da, erhält er 10 Minuspunkte als Strafe.


Wozu das Ganze? Ganz einfach. Eine Partie BiberClan besteht nicht etwa aus einem Durchgang samt Wertung, denn dann läge die Spielzeit vermutlich bei 5 Minuten…sondern aus fünf Durchgängen mit jeweiliger Wertung. Am Ende gewinnt dann natürlich derjenige, der insgesamt die meisten Punkte einfahren konnte.

Für Besitzer der Spiels Biberbande gibt es noch Sonderregeln, um die beiden Spiele zu kombinieren, dies konnte durch uns mangels der Biberbande jedoch nicht getestet werden. Dem Grunde nach handelt es sich aber scheinbar lediglich um zwei weitere Sonderaktionen, die hinzukommen (Tauschen von Karten und verdeckte Karten anschauen).


So. Und nun die eigentlichen Fragen: Ist es ein reines Kinderspiel? Taugt es als Familienspiel? Macht es auch reinen Erwachsenenrunden Spaß? Ist es albern? Ist es taktisch Anspruchsvoll? Kann man es gut als Filler nutzen? Lange Fragen, kurze Antworten: Nein. Absolut! Mit Sicherheit. Nein. Nicht wirklich. Oh ja ;) Und im Ernst: BiberClan ist knackig kurz und einfach zu spielen, bietet aber auch den Erwachsenen (auch ohne Kids) 20 Minuten gute Unterhaltung.

_________________________________________________________________________________



BiberClan von Jörg von Rüden
Erschienen bei Amigo
Für 2 bis 6 Spieler in ca. 20 Minuten
Boardgamegeek-Link



sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Amigo)
zum Artikel...

28.01.2019

Der Schrecken der Meere


Leute, heute will ich Euch mal wieder von einem Prototyp erzählen. Vor einiger Zeit schrieb mich Michal Vitkovsky an und fragte mich, ob ich daran Interesse hätte seinen Prototyp namens Der Schrecken der Meere anzuschauen dazu gabs eine ausführliche Beschreibung inkl. Bildmaterial.

Die geplante Veröffentlichung ist für das Frühjahr 2019 per Kickstarter angestrebt. Warum Kickstarter? Das wurde bereits nach dem ersten Öffnen der sehr sehr fortgeschrittenen (fast finalen) und sehr liebevoll gestalteten Prototypenbox klar. Der Schrecken der Meere setzt auf großartiges Material, welches man natürlich per Crowdfunding wunderbar finanzieren kann. Herzstück des Spiels sind die individualisierteren Piratenschiffe. Piratenschiffe? Achja, Der Schrecken der Meere ist ein Piratenspiel. Ein Sandbox-Piratenspiel. Aber mal ganz auf Anfang zurück.

In Der Schrecken der Meere können bis zu vier Spieler in einer Spielzeit von bis zu 200 Spielminuten ihr Glück auf hoher See versuchen. Die Wege zu Ruhm und Ehre sind dabei vielfältig. Dabei findet sich in Der Schrecken der Meere alles wieder, was eigentlich so ein klassisches Piratenleben ausgemacht hat. Schatzsuche, Handel, Seegefechte und wilde Säbelrasseleien. Wir fühlen und hier ein klein wenig an den All-Time-Classic Merchants and Marauders erinnert. Der Schrecken der Meere macht aber einige Dinge anders.


Herzstück und bereits im Prototyp Hingucker Nummer 1 sind die Segelschiffe, welche den einzelnen Spielern zur Verfügung stehen. Diese sind nämlich individualisierbare Miniaturen, welche mit einem cleveren Steck- und Drückmechanismus den exakten Status des eigenen Schiffes wiedergeben. Kaufe ich ein neues Segel, dann stecke ich es einfach aufs Schiff. Kaufe ich mehr Feuerkraft durch mehr Kanonen hinzu? Kein Problem. Ich stecke sie einfach an die Seiten dran! Klar hätte Der Schrecken der Meere es auch ganz einfach so lösen können wie andere Vertreter seiner Zunft und auf einem Spielertableau Platz für diverse Tokens bieten können, aber es macht einfach optisch eine gute Stange her, wenn ich den Fortschritt an meinem Schiff direkt optisch auf dem Spielfeld erkennen kann. Das ist irgendwie enorm befriedigend. Getreu dem Motto: Schaut, was ich geschaffen habe!

Aber auch auch ansonsten ist Der Schrecken der Meere optisch ein Augenschmaus. Die bereits im Prototypen größtenteils finalen Grafiken sehen schick aus und vermitteln ein tolles Piratenfeeling. Für jeden einzelnen Spieler gibt es eigene Schatzkisten, um die Beute zu verstauen und auch ansonsten ist das vorhandene Spielmaterial der Spieldauer von knapp 3 Stunden angemessen. Was das schlussendlich auf Kickstarter preislich aufruft, müssen wir dann schauen. Günstig wird es vermutlich nicht. Ihr bekommt aber sicherlich etwas dafür.


Optisch als einzigen Wermutstropfen empfinde ich die modulare Seekarte, auf der wir von A nach B segeln. Ich verstehe die Vorteile einer modularen Karte, aber gerade im Bereich der Piratenspiele bevorzuge ich eine vollständige Map mit toller Grafik. Im direkten Vergleich mit The Pirate Republic oder vor allem mit Merchants and Marauders (und diesem muss sich Der Schrecken der Meere zwangsläufig aufgrund der ähnlichen Spielart stellen) sehe ich hier einen klaren Nachteil. Gerade bei The Pirate Republic empfinde ich es als unheimlich toll von A nach B zu segeln und die Details auf der Map zu lesen. Bei Der Schrecken der Meere sieht es schlicht mechanisch aus.

Aber um was geht es denn eigentlich bei Der Schrecken der Meere  Spielmechanisch haben wir es hier mit einem Sandboxspiel zu tun, in welchem wir mehr oder weniger frei in der Wahl unseres Weges zu Ruhm und Ehre sind. Dabei wird reihum gespielt, wobei jedem Spieler drei Aktionen zur Verfügung stehen, welche er im Zweifel auch mehrfach nutzen kann (z. B. segeln, angreifen, Schatz suchen etc.). Ein Zug in Der Schrecken der Meere geht schnell von der Hand, da er nicht selten daraus besteht von A nach B zu segeln, da ich entweder Waren verkaufen will oder zu einer bestimmten Insel fahren möchte um einen Auftrag zu erledigen. Das ist angenehm. Es kommt zu wenig bis keiner Downtime.


Die Aktionen sind dabei spannend. Als sehr interessant empfand ich den Aspekt einen Schatz suchen zu können. Ihr müsst Euch das so vorstellen: Ich fahre auf eine Insel, gehe dort in die lokale Taverne und schnappe ein Gerücht auf. Ein mysteriöser Mann in der Kneipenecke hat einen Hinweis, wo sich mein lang verschollener Sohn aufhalten könnte (Sid Meier´s Pirates lässt grüßen). Ich gehe dem Hinweis nach und fahre zur besagten Insel und begebe mich auf die Suche. Soweit so spannend. Das Konzept ist hier toll umgesetzt. Äußerst thematisch und auch fesselnd. Was dann leider folgt ist ein eher abstraktes Ausgeben von Aktionen. Bin ich nämlich erst einmal auf der gesuchten Insel angekommen, besteht mein einziges Ziel darin Aktionen in meinen Folgezügen auszugeben, um auf einer Schatzkarte einen Pöppel voranzuziehen. Habe ich das ausreichend getan, finde ich den Schatz. Ok, manchmal muss ich zwischendrin auch nochmal einen Würfel werfen, bevor ich den Schatz bekomme. Hmm, hier hätte ich mir etwas mit etwas mehr Höhepunkt gewünscht. So fühlte sich das Ende der Aktionskette eher wie eine Art „ich setze aus, und mache nichts anderes, als meinen Stein vorzuschieben“, denn fast nie macht es Sinn eine einmal begonnene Schatzsuche zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen. Aktionsoptimierung und so. Vielleicht tut sich hier noch etwas. Ein Schatzsuchenaktionsdeck, von dem man ründlich ziehen muss vielleicht?


Dieser - in meinem Empfinden etwas suboptimaler - Mechanismus findet sich auch im Kampf mit den Seeungeheuern wieder. Richtig gelesen. In Der Schrecken der Meere gibt es nämlich nicht nur den 0815 Piratenkram, sondern auch Flüche, Zaubersprüche und Seeungeheuer. Habe ich letztere nämlich unter großem Aufwand beschworen, geht es dabei sie zu besiegen (bringt Siegpunkte) schlussendlich eigentlich nur darum - ähnlich wie bei der Schatzsuchenaktion - Aktionspunkte auf dem Feld des Ungeheuers auszugeben. Was sich bereits bei der Schatzsuche antiklimatisch angefühlt hat, fühlt sich hier das noch weniger nach epischem Kampf, sondern eher nach Abarbeiten an. Für mich eine leicht vertane Chance, denn Der Schrecken der Meere hat einen tollen Kampfmechanismus dabei (gleich mehr), den man in abgewandelter Form hier hätte sicherlich auch verwenden können.

Neben dem optischen Reiz des Schiffausbaus und dem befriedigenden Aspekt des Ressourcenhandels (fahre von A nach B, um Ressource X gewinnbringend zu verhökern), ist das heimliche Highlight in Der Schrecken der Meere für mich persönlich der Schwertkampf mit den fahrenden Händlern auf dem Brett und den Mitspielern. Bereits vor einem evtl. Entern des Schiffes oder der Eroberung eines Forts, kann man versuchen die Stärke des Gegenübers durch geschickten Einsatz der Kanonen zu drosseln. Kommt es zum Entern, tritt ein herzerfrischender Kampfmechanismus im Kraft, den Der Schrecken der Meere zwar nicht exklusiv hat, aber ihn nicht minder fesselnd macht.


Gekämpft wird auf einer Planke (auch hier wurde sich am digitalen Vorbild SM:Pirates orientiert) und nacheinander im direkten Fechtkampf versucht den Gegenüber an den Rand der Planke zu drängen. Als Angreifer wähle ich dabei aus meinen Kampfkarten eine von drei Attacken (oben, Mitte oder unten). Mein Gegenüber muss dabei eine passende Parade wählen, ansonsten muss er eine entsprechende Anzahl an Schritten auf der Planke nach hinten. Etwas Würze kommt durch Spezialattacken oder Spezialparaden hinzu. Ich werfe Sand, um eine Attacke abzuwehren oder schwinge mich an einem Seil in den Kampf, um unvermeidbaren Schaden zuzufügen.

Diese simple Mechanik hat es in sich, denn sie spiegelt den unmittelbaren Charakter eines Nahgefechts, sowie des Tempo perfekt wieder. Auch ist hier genug Platz für entsprechende taktische Manöver. Lasse ich einen Schaden durchgehen, um keine Karte für die Verteidigung abzuspielen und dafür mehr Karten für den Angriff über zu haben (alle Karten haben sowohl eine Angriffs- als auch eine Abwehrfunktion), oder muss ich hier parieren? Unbekannt ist dieser Mechanismus nicht in seiner Gänze, denn auch einer meiner absoluten Favoriten Hannibal & Hamilcar verwendet ihn in ähnlicher Form. Das macht ihn aber nicht schlechter.


Der Schrecken der Meere bietet noch einiges mehr. Spezialfähigkeiten der geretteten Familienmitglieder, versteckte Ziele, auf die man hinarbeiten kann, Aufträge des Gouverneurs, das Erlernen von Zaubersprüchen auf einer verfluchten Insel, die Pest usw.. Der Schrecken der Meere ist, wie bereits am Anfang meines Textes angedeutet, ein abendfüllendes Spiel, was gut unterhält und so ziemlich alles bietet, was ein Piratenspiel haben muss. Als besonders wichtig empfinde ich bei einem Sandboxspiel, dass alle Wege zum Sieg in etwa gleichstark erscheinen. Viel hängt natürlich von den am Anfang ausgelegten gemeinsamen Zielen ab, welche es möglichst schnell zu erreichen gilt, denn wer dies als erster tut, bekommt eine nicht unbedeutende Siegpunktanzahl extra.


Dem direkten Vergleich mit Merchants & Marauders muss sich Der Schrecken der Meere dennoch stellen. Dafür schlagen beide Spiele in eine zu selbe Kerbe. Der Schrecken der Meere ist deutlich interessanter im Kampf. Der ist einfach fürchterlich komplex und verkopft in Merchants & Marauders. Dafür punktet Der Schrecken der Meere hier mit einer tollen Kampfmechanik und schnellen, actiongeladenen Gefechten. Ein klarer Punkt für Merchants & Marauders gibt es im Bereich des Spielbrettes. Auch wenn die Modularität bei Der Schrecken der Meere sicher den zahlreichen Optionen und der Wiederspielbarkeit geschuldet ist, ist es bei Merchants & Marauders einfach deutlich attraktiver in See zu stechen, ohne dabei die Flexibilität in Bezug auf wechselnde Handelswarenangebote in den Häfen etc. vermissen zu lassen.

Alles in allem braucht man sicher nicht beide Titel in seinem Regal. Will ich meinen Fokus eher auf das Handeln legen und will ein komplexeres Spiel (was Merchants & Marauders mit seiner Erweiterung zweifellos ist), greife ich zu Merchants & Marauders. Will ich ein schnelleres Spiel (was dennoch abendfüllend ist) mit weniger Downtime und einem tollen Fokus auf Gefechte, dann greife ich zu Der Schrecken der Meere.
__________________________________________________________________________________ 



Der Schrecken der Meere von Michal Vitkovsky
Erscheint beim Weltflucht Verlag
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 140 Minuten

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Weltflucht Verlag)


zum Artikel...

25.01.2019

Catan: Der Aufstieg der Inka


Kulturen kommen und gehen. Wir erlebten, wie Dörfer zu Städten wurden und diese langsam der Vergessenheit anheim fielen, bis sie, Generationen später, wieder von Archäologen ausgegraben wurden. Das Wiederentdecken und die erneute Nutzbarmachung dieser alten Orte verlangt uns manchmal mehr ab, als ihre Erschaffung uns gekostet hat. Ob diese Anstrengung dabei helfen, einen großen Stamm zu erschaffen und ob es sich dafür lohnt, den tropischen Regenwald Südamerikas zu durchforsten, sind nur ein paar der Fragen, denen sich Catan: Aufstieg der Inka stellen muss.

Von den Anden keine Spur – Die Spielmaterialien

Catan: Aufstieg der Inka setzt die ehrwürdige Tradition fort, einen Brettspielklassiker modern zu halten. Ein bewährtes Mittel zum Erreichen dieses Ziels ist die Modernisierung des Designs. Das Design der Felder und Karten hat sich schon seit den Tagen von Mayfair Games (Ruhe in Frieden!) merklich positiv geändert. Und auch Catan: Aufstieg der Inka leistet dieser Entwicklung Vorschub. Besonders die Handelsressourcen und die thematischen Anpassungen an die südamerikanische Indio-Kultur für Rohstoffe und Geländefelder sind gut gelungen. Beispielhaft sind hier die Lamas und der Dschungel zu nennen. Diese bringen den Flair von indigenen Völkern und unentdeckten Ländern besonders gut rüber, ohne thematisch zu stark vom „Catan“-Look abzuweichen oder zu sehr ins Klischee abzudriften.


Was mich jedoch gestört hat, war das Fehlen von Gebirgen. Das Reich der Inka bestand fast nur auf der Westseite Südamerikas. Diese ist durch die Gebirgszüge der Anden und dem Zugang zum Pazifik geprägt. Wasser ist auch viel und sinnvoll im Spiel zu finden. Gebirge findet man jedoch nicht. Das ist einerseits Schade, weil hier spielerische und gestalterische Optionen einfach weggelassen wurden und andererseits auch Schade, weil man dann auch ein weitaus passenderes Szenario hätte wählen können.

Ein weiterer Hinweis auf das gewählte Szenario, findet sich in den Rankenkränzen. Leider aber auch hier kein Hinweis oder eine Andeutung zum Thema Gebirge oder Bergvolk. Diese Ranken sollen manchen Dörfern und Städten den Look von vom Dschungel überwachsenen und vor allem verlassenen Orten geben. Zu diesen Orten kehren Spieler später wieder zurück. Ob dies bei den Inkas jemals so praktiziert wurde, ist nicht gesichert. Einzig von den Ägyptern wissen wir, dass sie Orte verließen, vor allem wenn der zum Ort gehörende Nil-Arm austrocknete, und diese wiederbelebten, wenn wieder Wasser durch oder in deren Nähe des Ortes floss. Hier hätte sich ein besseres Szenario angeboten. Allerdings wäre es auch ein generischeres Szenario, als der Stamm der Inka gewesen.

Auch die Entwicklungskarten sind dem Szenario angepasst. Die Bilder sind schön und stimmig für das Szenario. Aber das man die Ritter-Karte einfach in „Kampfkunst“ geändert hat, wirkt ein bisschen, als ob man zu faul war, berühmte Kampfeinheiten der Inka zu recherchieren.
Das übrige Design der Miniaturen von Dörfern, Städten und Räubern ist gut gelungen. Diese tragen als einzige Stücke im Spiel mit Ihrem Design zum Eindruck eines Bergvolkes bei. Dieser aber durchaus gekonnt und schön.


Das einzige wirklich lieblos gestaltete Stück, ist die Aufstiegs- und Abstiegsanzeige für die Stämme. Hier hätte man gerade mit einem besser bebilderten Hintergrund nochmal deutlich etwas für die Atmosphäre tun können. So wurde eine kleine, aber feine Möglichkeit zur besseren Darstellung der Szenerie fallen gelassen. Das ist in diesem Fall besonders schade, da es sich um eines der Hauptspielelemente handelt und selbst Catan-Profis hier in den ersten Spielen sehr oft nachlesen und drauf schauen müssen.

Das Drama mit dem Lama – Das Spiel

Catan: Aufstieg der Inka bleibt der Spielserie treu und ist von den Kernmechaniken ein waschechtes Catan. Jeder Spieler beginnt das Spiel, indem jeder Spieler im Uhrzeigersinn ein Dorf zwischen 3 Felder platziert und dann in umgekehrter Reihenfolge eines zweites Dorf auf das Spielfeld packt.

Doch bereits beim Spielfeld zeigen sich die ersten kleinen Änderungen. Statt der üblichen 5 Felder, gibt es nun zusätzlich Dschungel- und Fischerei-Felder. Hier verdient man nicht einen der üblichen Rohstoffe, sollte die Zahl eines Feldes gewürfelt werden, an dem man ein Dorf oder später einen Stadt zu stehen hat. An diesen Feldern verdient man Handelsressourcen, die man 2 zu 1 gegen einen beliebigen Rohstoff oder im 3er Set gegen 2 beliebige Rohstoffe tauschen. Bei einer 7 wird weiterhin der Räuber auf ein Feld gestellt, welches nun blockiert ist und einem der anliegenden Spieler wird vom aktiven Spieler eine Karte geklaut. Warum man für Handelsressourcen gesonderte Geländefelder braucht erschließt sich nicht sofort. Denn schon bei der Catan-Erweiterung „Städte & Ritter“ gab es hochwertigere Rohstoffe, welche einfach auf den üblichen Feldern erzeugt wurden. In Catan: Aufstieg der Inka ist es jedoch durch die unterschiedlichen Felder noch wichtiger, wo man seine Dörfer und Städte platziert. So wird das Spiel strategischer und der sonst schwächelnde Handel gestärkt, ganz ohne die Schwierigkeit des Spiels merklich zu erhöhen. Das geschieht auch durch die Größe des Feldes. Catan: Aufstieg der Inka hat wesentlich weniger Felder, als ein durchschnittlicher Catan-Spielplan. So wird auch der Wettstreit unter den Spielern gefördert und einige der wichtigsten Kritikpunkte an der Spieleserie angegangen.


Doch die Handelsressourcen und Spielplangröße stellen nicht die einzige oder wichtigste Änderung dar. Eine weitere Änderung stellt das Punkte-System dar. Statt einfach für jede Siedlung einen Siegpunkt und für jede Stadt 2 Siegpunkte zu erhalten, bekommt man statt dessen 1 oder 2 Stammespunkte. Diese erhält man auch für die Start-Siedlungen. Es gibt außer durch Dörfer oder Städte keine Möglichkeit an Stammespunkte zu gelangen. Weder durch Entwicklungskarten, noch durch die “längste Handelsstraße” oder “Größte Kampfkunst”. 

Diese sind nicht mehr nur entscheidend für das Ende des Spiels, sondern vor allem und ausschließlich während des Spiels sinnvoll. Denn hält man den Titel “Längste Handelsstraße” darf man einmal pro Runde 2 beliebige Rohstoffe oder einen beliebigen Rohstoff und eine beliebige Handelsressource gegen einen beliebigen Rohstoff tauschen. Der Titel “Größte Kampfkunst” ermöglicht es dem Halter, jede Runde den Räuber zu versetzen und von seinen Opfern eine Karte zu ziehen, ganz so, als würde der Räuber regulär versetzt werden.


Hat ein Spieler 4 Stammespunkte gesammelt, startet die größte und wichtigste Änderung von Catan: Aufstieg der Inka  Alle Straßen des Spielers werden vom Spielplan entfernt und wandern in seinen Vorrat. Der Titel “Längste Handelsstraße” muss eventuell abgegeben werden. Über alle Dörfer und eventuell die Stadt wird ein Rankenkranzz gelegt. Und zuletzt darf der Spieler ein neues Dorf auf eine freie und mögliche Kreuzung legen, zu welcher keine andere Straße führt. Der große Clou beginnt jetzt. Jeder Spieler, der es schafft eine Straße zu einer Stadt oder einem Dorf mit einem Rankenkranz zu bauen, kann den Preis eines Dorfes bezahlen und das umrankte Gebäude durch sein Dorf und ohne Rankenkranz ersetzen. So lange das nicht passiert, produzieren auch die umrankten Dörfer und Städte weiterhin Rohstoffe und Handelsressourcen für den ursprünglichen Erbauer. Ab jetzt entsteht ein Wettlauf zwischen Den Spielern. Schafft man es zur umrankten Stadt des Kontrahenten. Kann man diese ersetzen und sich somit die gute Lage sichern? Kann man selber seine Gäube durch neue Dörfer ersetzen? Noch krasser wird es, wenn man den dritten und letzten Stamm aufbaut. Denn dann werden alle noch stehenden Gebäude des eigenen ersten Stammes entfernt und die Kreuzungen komplett frei. Dadurch wird es für die anderen Spieler noch einfacher einen Rückstand aufzuholen. 

Dieser Mechanismus sorgt für ein tolles und strategisches Gegeneinander, ohne Catan: Aufstieg der Inka in ein hardcore kompetitives Spiel zu verwandeln. Es ermöglicht und verlangt mehr Strategie. Spieler werden permanent angehalten jeden Schritt genau zu bedenken. Einfach nur vor sich hinwürfel und ab und zu ein Gebäude errichten, wie in der Ur-Version von Catan, ist hier definitiv ausgeschlossen.


Zu dem gesellt sich ein weiterer Faktor. Auch für das kostenlose Dorf erhält man einen Stammespunkt für den neuen Stamm. Somit springt man mit dem letzten Dorf nicht nur von 3 Stammespunkten gleich auf 5, man erhält zusätzlich für die Kosten eines Dorfes 2 Dörfer. Dieser Mechanismus sorgt dafür, dass aus eigentlich 11 Punkten, die man im Spiel verdienen muss nur noch 7 Punkte werden, da man mit 2 Punkten startet und 2 geschenkt bekommt. Das Spiel wird so extrem beschleunigt und erhält nach dem Ende jedes Stammes einen deutlichen Push. So fühlt sich Catan: Aufstieg der Inka viel action-reicher, als die meisten anderen Catan-Spiele, an. Ständig scheint etwas Bedeutendes zu geschehen. Liegt ein Spieler vorn, hole ich durch diesen Mechanismus relativ einfach auf, ohne das meine Stammespunkte dadurch banal oder wertlos zu wirken. Es bleibt bis zum Ende spannend, vor allem weil der Handel erliegt, wenn mehreren Spielern nur noch ein paar Ressourcen zum letzten Punkt fehlen.

Die Götter sind erfreut - Das Fazit

Catan: Aufstieg der Inka ist wahrscheinlich das beste Catan, dass ich jemals gespielt habe. Es vereint die Stärken des einfachen Regelwerkes, mit interessanten Mechaniken, aggressiverem Gameplay, interessanten Abwandlungen und einem schönen Design. Das einzige Manko liegt wirklich nur in den fehlenden Bergen im Design. Dieses Catan ist spaßig, schnell und clever. Aber Vorsicht! Es bleibt ein Catan, was je nach dem, gut oder schlecht sein kann. 

Catan: Aufstieg der Inka hat Catan wieder zurück auf meine Spieltisch gebracht und spielerisch extrem verbessert. Danke dafür!


_________________________________________________________________________________



Catan: Der Aufstieg der Inka von Klaus und Benjamin Teuber
Erschienen bei Kosmos
Für 3 bis 4 Spieler in ca. 90 Minuten

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Kosmos)
zum Artikel...

23.01.2019

Neom


Erbaue die Stadt der Zukunft, so der Slogan des neuen Spiels aus dem Hause Lookout mit dem klangvollen Namen Neom. Das Spiel ist für 1-5 Spieler ab 10 Jahren geeignet und dauert ca. 45 Minuten und dabei handelt es sich im wahrsten Sinne des Wortes um ein "Schwergewicht", denn das Spiel enthält jede Menge Pappe. 6 Stadtpläne und 150 (!) Stadt-Plättchen, 65 Münzen und 85 Warenmarker sind enthalten und müssen ausgepöppelt werden. 

Bei Neom handelt es sich um ein Mix aus Drafting und Legespiel und zu Beginn wählt jeder Spieler sich einen Stadtplan, welcher in der Mitte bereits einen Rohstoffabbau zur Verfügung stellt. Insgesamt gibt es sechs Rohstoffe: Erz, Erdgas, Holz, Öl, Kohle und Stein. Nette Dreingabe: jeder Stadtplan passt sich optisch seinem Rohstoff an. Passend zu seinem Rohstoff legt sich jeder Spieler den Marker über sein Spielplan, so dass jeder Spieler sofort sehen kann, welche Rohstoffe dem Mitspieler zur Verfügung stehen. Zum Start erhält dann noch jeder 6 L-Coins (die Münzen).

Die Stadtplättchen unterteilen sich in vier Kategorien. So gibt es 30 sogenannte Ankerplättchen und je 40 Generationsplättchen von I bis III. Das Spiel startet mit der Vorbereitungsphase, in der die Ankerplättchen zum Einsatz kommen. Jede Spieler erhält zufällig vier Ankerplättchen, die restlichen kommen aus dem Spiel. Nun wählt jeder ein Plättchen und legt dieses verdeckt zur Seite und gibt die restlichen dem linken Nachbarn. Das wiederholt man so lange bis jeder drei verdeckte Ankerplättchen gewählt hat, die restlichen kommen ebenfalls aus dem Spiel. Jeder Spieler deckt nun seine drei gewählten Ankerplättchen auf und legt sie neben seinen Stadtplan. 


Bei den Ankerplättchen handelt es sich um öffentliche Gebäude, die ich im Laufe des Spiels gegen andere Stadtplättchen tauschen kann, um sie in meinem Stadtplan zu verbauen. Wichtig ist hierbei, dass ich nie mehr Ankerplättchen in meiner Stadt haben darf, als die Generation in der man gerade spielt. Heißt: in der ersten Generation darf ich nur ein Ankerplättchen gelegt haben, in der dritten und letzten hingegen bis zu drei. 

Nach der Vorbereitungsphase geht es also weiter mit den jeweiligen Generationen. Jeder Spieler erhält je 8 Stadtplättchen aus der jeweiligen Generation (sollte komplett aufgehen, wenn man bei gewissen Spieleranzahlen Plättchen vorher entfernt). Und wie schon in der vorherigen Phase darf man sich nun jeweils immer ein Plättchen aussuchen und die restlichen dem linken Nachbarn weitergeben. Das gewählte Plättchen legt man zunächst verdeckt vor sich hin und wartet bis alle sich für eins entschieden haben, danach wird dann eine Aktion ausgeführt. 

Bei der Auswahl des Plättchen gibt es natürlich einiges zu beachten. Grundlegend gibt es fünf verschiedene Arten von Plättchen: Wohngebäude (grün), Wirtschaftsgebäude (blau), Industriegebiete (gelb), öffentliche Gebäude (orange) und Abbaugebiete (grau). Viele Plättchen haben Voraussetzungen, die es zu erfüllen gilt, bevor man sie legen darf. Entweder dass meine Stadt bereits gewisse Rohstoffe oder Handelsgüter produziert oder dass ich Geld bezahlen muss und in der dritten Generation muss ich hin und wieder schon eine gewisse Anzahl an Plättchentypen gebaut haben.


Die verschiedenen Arten haben auch verschiedene Auswirkungen auf das Spiel. Wohngebäude und öffentliche Gebäude bringen mir für gewöhnlich Siegpunkte am Ende des Spiels. Wichtig ist es überhaupt Wohngebäude zu haben, denn eine Stadt mit weniger als 2 Wohngebäuden ist eine Geisterstadt und bringt Minuspunkte. Die Wirtschaftsgebäude bringen mir einmalig oder zum Ende jeder Generation Geld ein. Industriegebäude hingegen führen dazu, dass ich in meiner Stadt Handels- und/oder Luxus-Güter produziere, die ich wiederum benötige um andere Plättchen zu bauen. Abbaugebiete bringen, wie man sich denken kann, Rohstoffe. 

Nach der Auswahl gibt es nun beim Legen ebenfalls einiges zu beachten. Jedes Plättchen enthält nebst dem Gebäude auch Straßen und beim Legen muss immer gewährleistet sein, dass ich von dem Plättchen aus über die Straßen zum Stadtausgangspunkt (die Mitte) gelange. Ich kann das Plättchen also nicht wahllos irgendwo hinlegen, sondern muss es immer ans vorhandene Straßennetz anbinden. Wäre das noch nicht genug, möchten meine Bewohner natürlich nur sehr ungern in der Nähe von schmutzigen Industriegebieten leben und so gibt es Punktabzüge wenn sich Industrieplättchen in direkter Nachbarschaft zu Wohngebäuden befinden. 

Sollte mir mein gewähltes Plättchen doch nicht zusagen oder ich wollte es einem Mitspieler nur wegnehmen, hab selbst aber keine Verwendung dafür, darf ich dieses Plättchen entweder gegen eines meiner Ankerplättchen tauschen oder für 5 L-Coins wieder verkaufen. Die Ankerplättchen bringen mir übrigens meistens nochmal eine Belohnung am Spielende für eine gewisse Bauweise wie z.B. die Industriegebäude nur am Rand des Plans zu setzen, Straßen in gewisse Formen zu platzieren oder ähnliches. 
Beim Legen darf ich auch vorhandene Plättchen ersetzen, diese müssen allerdings von der gleichen Art oder ein Abbaugebiet sein. 


Haben alle ihr Plättchen verbaut, nehm ich mir den Stapel der mir vom Nachbarn weitergegeben wurde und wiederhole das ganze nochmal, bis nur noch jeweils ein Plättchen übrig bleibt, dieses kommt dann aus dem Spiel. 

In jeder Generation gibt es auch immer ein Katastrophen-Plättchen, die ich gegen meine Mitspieler einsetzen kann. Hierbei gibt es Überschwemmung, Großbrand und Gewaltwelle. Je nach Katastrophe sind unterschiedliche Plättchentypen betroffen. Für die genannten Typen muss ich dann Kosten zahlen, kann ich das nicht, muss ich Plättchen wieder aus meiner Stadt entfernen (und verliere damit evtl. auch Rohstoffe oder ähnliches). Mit anderen Plättchen wie z.B. die Feuerwehr oder Polizei kann ich aber gewisse Bereiche meiner Stadt dagegen schützen. 

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist auch, dass ich von den Rohstoffen oder Handelsgütern meiner Nachbarn profitieren kann. Für 2 L-Coins darf ich Rohstoffe, für 4 L-Coins Handelsgüter und für 10 L-Coins Luxusgüter der Mitspieler nutzen. Je weiter weg der Mitspieler sitzt desto teurer wird es, da ich eine Tranportgebühr zahlen muss. Also für die direkten Nachbarn gibt es keinen Aufschlag, aber für den danach, erhöht es sich jeweils um 1. Schaffe ich es eine Straße vom Zentrum meiner Stadt an die linke und/oder recht Stadtseite zu bauen, habe ich eine Handelsroute erschlossen und zahle nun 1 L-Coin weniger in diese Richtung. 


Am Ende der Generation überprüfe ich nun, ob ich Gebäude habe, die mir Einkommen bringen und erhalte dann das Geld. Dann geht es auch schon weiter mit der nächsten Generation und nach drei Generationen endet das Spiel und der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt das Spiel. Es gibt zum Ende mehrere Wege um an Siegpunkte zu kommen. Zum einen natürlich die Plättchen mit aufgedruckten Siegpunkten, aber es gibt auch Punkte für Wohngebiete, je größere desto besser. Für jeden Rohstoff und für jede Ware, die ich produziere, gibt es ebenso Punkte und 2 L-Coins sind jeweils einen Siegpunkt wert. 

Dann kann ich auch Punkte wieder verlieren. Wie bereits erwähnt, bringen Industriegebiete in direkter Nachbarschaft zu Wohngebäuden Abzüge, zu wenig Wohngebäude ebenso und ihr müsst mindestens ein Gebäude haben, welches Strom produziert, ansonsten verliert ihr auch dafür Punkte. 
Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt das Spiel und hat sich als bester Stadtbauer erwiesen. 


Kommen wir zum Fazit. Beim ersten Blick in die Schachtel und in die Anleitung mag man sich zunächst etwas erschlagen fühlen. Viele Plättchen, Marker und eine komplexe Anleitung mit Glossar und einer Übersicht ALLER (!) Plättchen am Ende. Ja, es ist ein Kenner-Spiel und für Kennerspieler sollte das kein Problem sein, aber andere mag es halt erstmal abschrecken. Was schade wäre, denn das Spiel selbst ist gar nicht mal so komplex. Jeder der schon mal 7 Wonders gespielt hat, wird sich sofort heimisch fühlen beim Drafting und der Legeteil erschließt sich auch schnell, denn Straßen verknüpfen erscheint im ersten Moment doch logisch.

Wie schreibt einer meiner Kollegen? Leicht zu lernen aber schwer zu meistern. So ähnlich sehe ich das bei Neom auch. Die Abläufe hat man bei Neom sehr schnell erlernt und verstanden, aber dann entfaltet sich mehr und mehr die Komplextität durch die Vielzahl an Plättchen und dadurch möglichen Strategien. Setze ich auf Wohngebäude oder auf die volle Industriekraft oder ist die gesunde Mischung das Wahre?! Inwiefern binde ich meine gewählten Ankerplättchen in mein Spiel ein? Und und und... hier bedarf es schon einiger Partien um die Möglichkeiten ein wenig besser zu überblicken und inwiefern es gut oder schlecht ist, jemanden das oder jenes Plättchen zu überlassen. 

Auch die Handelsrouten und das Kaufen von Rohstoffen bei Mitspielern bringt einen interessanten Kniff mit sich und es ist gar nicht immer so leicht, die gewählten Plättchen auch wirklich unterzubringen und eine Verbindung zum Zentrum zu haben. Schnell war man zu gierig, bevor man feststellt dass es gar keine Möglichkeit gibt...


Das Spiel macht mir Spaß und ich habe Lust weiterhin die Möglichkeiten zu entdecken, trotz der Komplexität dauert eine Partie nicht zu lange und spielt sich zum Teil flott weg. Klar, mit Grüblern am Tisch, kann es auch etwas länger dauern. Die Mischung aus Drafting- und Legespiel funktioniert sehr gut. Die Endwertung ist vielleicht ein wenig fummelig und zu Beginn etwas schwer durchzuzählen, doch hat man den Bogen raus, geht auch das. 

Das Material ist ebenfalls gelungen, die Pappen sind stabil und machen einen wertigen Eindruck. Die Optik ist so eine Sache, zum Teil wirken die Plättchen etwas überladen mit Symbolen, so dass die eigentlichen Gebäude, um die es geht, etwas untergehen. Aber ansonsten ist das ok, aber nicht überragend. Die Anleitung ist gelungen, der zweite Teil mit Glossar und Liste ist aber sehr klein gedruckt und unübersichtlich, eine gute Hilfe ist es aber dennoch, gerade beim Einstieg.

Kommen wir zum größten Manko des Spiels und das ist für mich die Thematik! Baue ich eine Stadt? JA! Baue ich eine Stadt der Zukunft? NEIN! Zu keinem Zeitpunkt kommt das Gefühl auf, dass ich etwas in der Zukunft tue. Vielmehr sind das alles Gebäude, die es auch jetzt gibt. Ja, die Gebäude haben optisch eine leichte Tendenz zu etwas modernen, aber ich hatte mir schon etwas aufregenderes vorgestellt. Neue Technologien, neue Energiemöglichkeiten, etc. Stattdessen bauen wir Uhren- und Autofabriken. Hmm... Generell habe ich ja kein Problem damit, aber wenn man mir vorab mitteilt "Neom - Erbaue die Stadt der Zukunft", das Cover mit futuristischen Grafiken daherkommt und dann geht es um Glas, Plastik, Erz und Autos, dann ist das für mich wenig neues. In gewisser Hinsicht fehlt quasi eine 4. und/oder 5. Generation, die dann wirklich Zukunftsmusik mitbringt. Schade! Oder riecht das schon nach einer geplanten Erweiterungen?! 

Ich würde das Spiel auf jeden Fall dennoch immer mitspielen und immer mal wieder auch vorschlagen. Die Kombination macht Spaß und Städtebau macht ja auch ohne futuristische Thematik Freude. Mir zumindest.


____________________________________________________________________

Neon von Paul Sottosanti
Erschienen bei Lookout
Für 1 bis 5 Spieler in ca. 40 Minuten
Boardgamegeek Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Lookout)


zum Artikel...

21.01.2019

8Bit Box


Als Kind der 90er Jahre bin ich mit den guten alten Konsolen groß geworden. Auch heute habe ich noch aus Nostalgiegründen meinen SNES am Fernseher angeschlossen und eine nicht umbeachtliche Spielsammlung dazu. In den vergangenen Jahren hat nun auch das Retrofieber die Brettspielbranche erreicht. Mehr und mehr gab es Spiele, die auf alte verpixelte Grafik setzten und voll auf den Trend setzten. Mit der 8Bit Box hat nun iello einen weiteren Schritt in Richtung Retro gemacht und vereint gleich zwei Oldies: Die Pixelkonsole und die gute alte Spielsammlung von Großmutter.

Richtig. Die 8Bit Box ist eine Spielsammlung im Retrogewand. Allein die Box kommt in Form einer Konsole daher und in ihr befinden sich nicht nur schicke Controller und generische Spielmaterialien, sondern auch ganze 3 Minispiele, die eine Art Hommage an Klassiker der Konsolenwelt sind. Die Spiele selbst kommen in extra Verpackungen, die an die Verpackungen von guten alten SNES Spielen erinnern. In ihnen selbst gibts dann neben der Anleitung auch das spezifische Spielmaterial für das jeweilige Spiel selbst, welches mit dem generischen Material in der Konsolenpackung kombiniert werden soll. Dann kann kosgespielt werden.


Die drei Spiele unterscheiden sich dabei völlig und gehen in total unterschiedliche Richtungen. Da wäre zunächst einmal ein Pacman-Klon, bei welchem es darum geht als Pacm… ihm Pixoid den Geiste… ähm anderen Wesen zu entkommen und dabei in guter alter Pacmanmanier auf dem Controller seine Bewegung geheim einzustellen. Tiefer möchte ich dabei auch garnicht in die einzelnen Spiele eingehen. Pacman macht Spaß, ist etwas für zwischendurch und sieht optisch richtig retro aus. Gut.

Das zweite mitgelieferte Spiel ist ein Rennspiel, welches natürlich ebenfalls an diverse Klassiker auf den Konsolen erinnert. Der Hauptmechanismus hier ist die geheime Auswahl zwischen diversen Fahrstilen jede Runde, die den Spielern angeboten werden. Dabei muss mit Benzin gehaushaltet werden. Ein bisschen Push-Your-Luck ist auch dabei, denn manche Aktionen kann man nur ausführen, wenn man sie als einziger wählt. Hier kommt es also zum klassischen „Ich denke, dass er denkt, dass ich denke, dass er denkt“. Für mich das spannendste der drei mitgelieferten Spiele. Geht schnell, Bietet interessante Entscheidungen und sieht cool aus.


Das letzte Spiel Stadium erinnert an den Klassiker der Olympischen Sommerspiele, bei dem man in mehreren Disziplinen möglichst schnell auf der Tastatur klicken musste, um zu gewinnen. Mensch, was für Erinnerungen. Stadium selbst ist dabei leider nicht ganz so interessant. Hier geht es darum in Teams möglichst viele Medaillen zu holen und seine Energie über alle Wettkämpfe bestmöglich aufzuteilen und damit hauszuhalten. Leider war das Spielprinzip für mich persönlich hier oft zu beliebig und eintönig. Die Disziplinen unterscheiden sich leider nicht so wirklich. Oft ist es eben doch nur ein verdecktes Bieten um Energie. Enttäuschend.

Wie gesagt, tiefer möchte ich an dieser Stelle auch garnicht auf die einzelnen Spiele der 8Bit Box eingehen. Ich denke es geht hier viel eher ums Potential, denn diese Box bietet eine große Möglichkeit für Erweiterungen. Schon jetzt bin ich gespannt, wie man das System noch erweitern kann und welche Klassiker iello neu auflegen wird. Sicherlich spielt hier die Nostalgie eine große Rolle, denn - wenn wir mal ehrlich sind - begeistern alle der mitgelieferten Spiele nicht den ganzen Abend. Nein, es sind eher nette Absacker, für die es aber auch bessere Alternativen gibt, denn keins der Spiele ist wirklich ein „Wow-Spiel“.


Die 8Bit Box sehe ich viel mehr als ein Konzept, was durchaus eine Art moderne Spielsammlung werden könnte, wie wir sie aus Omas Wohnzimmerschrank kennen und auch dadurch ihren Platz finden wird. Jetzt ist es an den Entwicklern weiter das Optimale aus dem System herauszuholen mit interessanten Spielideen. Eins muss man den Entwicklern nämlich lassen: Sie haben definitiv bewiesen, dass man es schaffen kann drei völlig unterschiedliche Spielkonzepte in die Box zu packen - und das it den selben Grundmaterialien.

Was ich mir für die Zukunft wünsche? Einerseits, dass das Material innerhalb der Spiele besser wird. Das Grundmaterial ist toll und iello-like. Das Material in den Spielboxen selbst ist aber eher dünn. Vermutlich eine Kostenfrage. Aber viel wichtiger wünsche ich mir, dass das System sich weiterentwickelt, dass vielleicht sogar eine Szene entsteht, die selbst alte Klassiker auf das System umschreibt. Ich denke, dass könnte etwas werden. Der Anfang ist jedenfalls vielversprechend.
__________________________________________________________________________________ 



8Bit Box von Frank Chitin und Gregoire Largey
Erschienen bei iello
Für 3 bis 6 Spieler in ca. 15-30 Minuten
Boardgamegeek Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier iello)

zum Artikel...

18.01.2019

Lost Cities: Unter Rivalen


Es gibt so viel zu entdecken in dieser Welt und viele Wege gilt es zu erkunden, doch nur wer sich am cleversten anstellt, wird die Schätze mit nach Hause nehmen und gewinnen. Denn seid auf der Hut, die Rivalen lauern ebenfalls auf den richtigen Zeitpunkt und schon könntet ihr mit leeren Händen da stehen.

Lost Cities - Unter Rivalen ist ein kleines Abenteuer-Kartenspiel aus dem Hause Kosmos ab 10 Jahren und für 2-4 Spieler geeignet. Der Autor ebenfalls kein Unbekannter mit Reiner Knizia und der Begriff Lost Cities könnte ebenfalls so manchen Leuten bekannt vorkommen. Und die Älteren unter uns werden vielleicht auch schon von Keltis gehört haben, immerhin Spiel des Jahres 2008. Bei Lost Cities und Keltis handelt es sich mehr oder weniger um das selbe Spiel, nur für jeweilige Märkte mit anderer Thematik und von Kosmos unter Lost Cities nun auch in Deutschland nochmals veröffentlicht. Im gleichen Universum gibt es nun kompakte, sowie 2-Spieler-Versionen. Lost Cities - Unter Rivalen ist eins von den kompakten.

Eins vorweg: ich habe bisher kein Lost Cities oder Keltis gespielt und kann es daher nicht wirklich vergleichen, wobei es aber den Anschein hat, dass die Unterschiede gar nicht mal so gewaltig sind. 


Bei Lost Cities - Unter Rivalen versuchen wir bestmöglich unsere Routen zu den jeweiligen Schätzen zu planen, aber anders als wie beim großen Bruder gibt es kein Spielbrett, sondern jeder Spieler legt diese Pfade vor sich aus. Zu Beginn erhält jeder Spieler zwei Start-Wettkarten, welche quasi den Startpunkt zweier Routen vorgeben. Die restlichen Karten werden gemischt und dann in vier gleich große Stapel geteilt. Zuletzt werden noch die 36 Gold-Pappmünzen gleichmäßig auf die Spieler aufgeteilt. 

Mit einem der vier Stapel startet nun das Spiel. Der Spieler der dran ist hat nun die Auswahl eine neue Karte aufzudecken oder eine Auktion zu starten, denn nur über die Auktionen kann man in den Besitz der ausliegenden Karten kommen. Wählt der Spieler eine Karte aufzudecken, so legt er diese neben den Nachziehstapel und schon ist der nächste Spieler dran. Dieser kann nun eine weitere Karte ziehen und daneben legen oder, wie erwähnt, versuchen die bisher aufgedeckten Karten zu kaufen, hierfür bietet der Spieler Goldmünzen und die anderen Spieler können nun in die Auktion einsteigen. Der höchst bietende Spieler zahlt dann sein Gebot und erhält Zugriff auf die komplette Auslage.


Zugriff bedeutet, er kann sich jede Karte nehmen, die dort ausliegt. Er kann aber auch welche liegen lassen und maximal EINE Karte, darf er komplett aus dem Spiel nehmen. Die gewählten Karten muss er nun an seine Pfade anlegen. Jede Karte gehört zu einem Schatz (und somit zu einer Farbe) und hat einen Zahlenwert von 2 bis 10, wobei die Karten von 2 bis 5 je Farbe doppelt vertreten sind. Beim Anlegen an den Pfad muss ich darauf achten, dass die Karten entweder den gleichen Wert haben oder höher als die letzte Karte im Pfad sind. Es gibt auch noch weitere Wettkarten, welche immer nur zu Beginn eines Pfades gelegt werden können. Die Wettkarten erhöhen später unsere Punkteausbeute, dazu aber gleich mehr.

Hat der Spieler alle Karten angelegt, legt er nun noch eine neue vom Nachziehstapel in die Auslage und der nächste Spieler nach dem Höchstbietenden ist neuer Startspieler. Sobald ein Nachziehstapel aufgebraucht ist, werden die Goldmünzen mit denen bis dahin bezahlt wurde, neu unter den Spielern aufgeteilt und es geht weiter mit dem nächsten Stapel. Das Spiel endet dann nach dem vierten Stapel.
Bei Spielende überprüft nun jeder seine Pfade und zählt die Punkte, denn nebst dem Schatz und einem Zahlenwert haben die Karten oben auch Fußabdrücke und jeder Fußabdruck in meinem Pfad bedeutet ein Siegpunkt. Jede Wettkarte in einem Pfad erhöht dann auch noch diesen Wert. Habe ich eine Wettkarte, wird verdoppelt, bei zwei Wettkarten wird verdreifacht und bei drei Wettkarten vervierfacht usw. Jeder Pfad mit vier oder mehr Zahlenkarten bringt noch mal 8 Punkte extra und Goldmünzen, die sich noch in meinem Besitz befinden, zählen je 1 Siegpunkt. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.


Ihr merkt schon die Regeln sind überschaubar und schnell erklärt, aber leider hat mich das Spiel nicht 100%ig erreicht. Zu zweit find ich das Spiel nicht wirklich gut geeignet, hier kann man sich relativ gut aus dem Weg gehen und so wirklich Spannung will nicht aufkommen, zu mal es sehr schnell auch repetitiv wird, bei 3 oder 4 Spielern ist das Erlebnis dann schon deutlich besser. Es entstehen mehr Konfliktpunkte und die Auktionen machen deutlich mehr Spaß. Generell habe ich aber bei mir das Gefühl, dass ich schlichtweg nicht viel mit dieser Auktions-Mechanik anfangen kann bzw. die hier etwas zu simpel daher kommt. Man bietet sich hoch, einer zahlt, nimmt sich Karten und weiter gehts. Auch das Legen der Karten á la Solitaire versprüht nichts neues, innovatives, kein Kniff der mich denken lässt: "coole Idee". Wenn man dann noch etwas voreilig ist, kann es auch passieren das zum Ende hin kaum noch Karten genommen werden können, da man sie nicht mehr anlegen kann. 


Ich denke Leute, die bereits Keltis oder Lost Cities im Schrank stehen haben, werden hier noch weniger neues entdecken. Für Fans der genannten Spiele ist Lost Cities - Unter Rivalen natürlich eine Ergänzung, gerade wenn man unterwegs ist oder es mitnehmen möchte. Vom oberflächlichen Vergleich zum Hauptspiel, scheint ja nur der Auktions-Mechanismus neu zu sein, aber korrigiert mich da gerne.

Ich will nicht sagen, dass das Spiel schlecht ist, denn es wird genug Menschen geben, die solche Mechaniken ansprechen, bei mir leider nicht der Fall, obwohl es schon seine spaßigen Momente hat. Ich würde es auch immer mal wieder mitspielen, aber ein Dauerbrenner sehe ich da nicht. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist dafür aber absolut ok, das Material und die grafische Darstellung sind sehr gut und der Preis von ca. 10-15€ ist für so eine Art Spiel auch in Ordnung. Ich hätte mir aber gewünscht, dass noch ein Wertungsblock dabei ist, denn das hätte das Auswerten am Ende des Spiels deutlich erleichtert.

____________________________________________________________________

Lost Cities: Unter Rivalen von Reiner Knizia
Erschienen bei Kosmos
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 40 Minuten
Boardgamegeek Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Kosmos)


zum Artikel...

16.01.2019

The Grimm Forest


Als damals die Kickstarterkampagne zu The Grimm Forest lief, war ich bereits von der bloßen Optik des Materials fasziniert. Dennoch bin ich nicht eingestiegen. Damals war der Verlag Druid City Games noch ein unbekannter. Würde das in 3D-Animationen dargestellte Material wirklich so toll aussehen? Noch dazu gab es keine Kickstarter-Exklusives. Ich konnte also locker warten.

Seitdem liebe Leute ärgere ich mich nicht mitgemacht zu haben. Das Spiel wurde irgendwann ausgeliefert und erfüllte wohl seine Erwartungen. Zumindest habe ich von allen Seiten nur gutes gehört. Schwer zu bekommen war es nun aber doch irgendwie. Bzw. nur teuer. Gut, dass nun die Spieleschmiede das ganze auf deutsch bringt, wozu ich die Möglichkeit nutze Euch von meinen Spielerfahrungen mit The Grimm Forest zu erzählen.


The Grimm Forest ist - wie es der Name bereits erahnen lässt - ein Spiel, was sich im Märchenbereich angesiedelt hat. Dabei nehmen wir es dem Verlag mal nicht übel, dass neben klassischen Märchengestalten der Gebrüder Grimm wie z. B. Aschenputtel, die drei kleinen Schweinchen oder Rotkäppchen, nun auch der Protagonistenkreis um andere fabelhafte Wesen erweitert wurde. Es finden sich nun auch Robin Hood, Cinderella oder der Lebkuchenmann. Das tut dem Thema aber keinen Abbruch.

Hauptprotagonist von The Grimm Forest sind die kleinen Schweinchen, von denen wir jeder eins übernehmen. Ziel ist es - wie im Märchen - Hütten zu bauen. Dabei gibts Stroh-, Lehm- und Holzhütten, wobei sich nur die Lehmhütte spielerisch unterscheidet, denn sie kann erstens nicht gut vom Wolf weggeblasen werden und zweitens ist sie so stabil, dass sie den Tie-Braker entscheidet.


Ziel des Spiels ist es als erstes Schweinchen drei Hütten (egal welcher Sorte) gebaut zu haben. Die Mechanismen, die dabei The Grimm Forest zu Grunde liegen sind denkbar einfach und lassen sich am ersten mit dem Begriff „Ich denke, dass Du denkst, dass ich denke-Mechanismus“ beschreiben. Für unsere wundervoll ausmodellierten Hütten müssen wir nämlich Rohstoffe sammeln, die sich im Laufe einer Partie sukzessive auf den jeweiligen Orten in der Tischmitte ansammeln. Dabei wählen wir jede Runde im geheimen, zu welchem Ort unser Schweinchen fährt und sammelt. Wähle ich als einziger einen Ort, bekomme ich alle dort befindlichen Rohstoffe. Treffe ich auf Widersacher, teilen wir die Beute. Es entwickelt sich ein Gedankenspiel, welches selbstverständlich zum großen Teil von Glück getrieben und gerne mal als das „Schere-Stein-Papier-Prinzip“ bezeichnet wird.


Das Prinzip klingt zunächst wenig spannend, wären da nicht die Fabelkarten und die Freunde und Monster. All jene Karten bringen Freunde und Feinde der Märchenwelt auf den Spielplan (teilweise in Form von ebenso tollen Miniaturen) und geben The Grimm Forest Taktik und ein gehöriges Take-That-Element. So kann ich beispielsweise den großen bösen Wolf auf einen Mitspieler loslassen, um dessen Haus kaputt zu pusten oder ich lasse Robin Hood für mich die reicheren Mitspieler bestehlen. Die Charaktere, Freunde und Monster sind dabei nicht nur höchst unterschiedlich in ihrer Wirkungsweise, sondern auch äußerst thematisch und auch bei Zeiten herrlich unbalanciert. In The Grimm Forest sage ich bewusst „herrlich unbalanciert“, was ja normalerweise ein Gegensatz in sich selbst wäre bei einem Brettspiel. The Grimm Forest ist aber in der Gesamtaufmachung so locker und leicht, dass man es als simples gute Laune Spiel annehmen muss.


Alles passt zusammen in The Grimm Forest  Angefangen von der putzigen Grafik (wer auf die Grafik von Everdell steht, ist hier glücklich), über die locker leichten Mechanismen, bis hin zu den Sonderfähigkeiten der Karten. The Grimm Forest ist kein Vielspielerhighlight und man muss definitiv mit einer lockeren Einstellung an eine Partie herangehen, aber es unterhält wunderbar für die Dauer einer Partie am Abend. Dabei ist es nicht nur familientauglich, sondern kann auch durchaus Vielspieler in lockerer Runde begeistern. Für mich füllt es dabei eine ähnliche Lücke wie der Evergreen King of Tokyo. Einfach drauf losspielen, das ganze nicht zu ernst nehmen und Spaß haben.

The Grimm Forest sieht dabei auch noch wunderschön aus. Die Miniaturen fordern förmlich dazu auf, sie zu bemalen, können aber auch im unbemalten Zustand mit jedem Miniaturenspiel mithalten. Das Inlay ist erste Sahne und auch die restlichen Materialien (Häuser, Grafiken, Playerboards) sind mit viel Liebe zum Detail produziert. Ich war lange auf der Suche nach einem Brettspiel mit Märchenthema für meine Sammlung. The Grimm Forest füllt diese Lücke bravourös. Definitiv ein Hingucker!
__________________________________________________________________________________ 



The Grimm Forest von Tim Eisner
Erschienen bei Druid City Games
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 60 Minuten
Boardgamegeek Link

Spieleschmieden Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Druid City Games)


zum Artikel...