31.07.2020

Franky Rock´n Vegas


Bei manchen Themen kratzt man sich schon am Kopf und fragt sich, wie man darauf gekommen ist. So ging es mir zumindest bei Franky Rock’n Vegas von Funbot. Das Spiel wurde erfolgreich in der Spieleschmiede finanziert und ist ein kleines Würfelspiel für Zwischendurch. Es können 2-6 Spieler ab 8 Jahren zusammen mit Frankenstein in Las Vegas zocken. Mal sehen, ob das auch Spaß bringt. 

[MATERIAL & ANLEITUNG]

In der Schachtel finden wir 9 Frankenstein-Würfel, sowie einen W8 (achtseitiger Würfel) und einen W10 (zehnseitiger Würfe). Dazu kommt ein Wertungsblock und ein Bleistift. Fertig. Die Würfel sind von sehr wertiger Qualität, liegen schwer in der Hand und fühlen sich einfach gut an. Auch die Symbole gefallen mir gut. Den Block hab ich auf den ersten Blick nicht verstanden, als sich das aber gelegt hatte, ist dieser sehr gelungen aufgebaut. Optisch ist das Spiel gelungen. Die Verpackung spricht einen an, die Würfel passen dazu. 
Die Anleitung ist ebenfalls ok, auch wenn die Regeln irgendwie nicht intuitiv sind. Immer wieder musste ich nachschlagen, wie man die W8 und W10 verwenden. Vielleicht lag das auch an mir, das Spiel selbst ist nämlich sehr simpel. 
Abschließend möchte ich aber noch sagen, dass man das Spiel für 20€ bekommt, was einfach zu viel ist. Bei der Schmiede lag es bei 15€, was gerade noch so in Ordnung ist, wenn man bedenkt, dass es Custom-Würfel sind mit sehr guter Qualität, aber 20€ find ich persönlich zu hoch gegriffen.


[ABLAUF]

Der Ablauf einer Partie ist denkbar einfach. Wenn ein Spieler an der Reihe ist, würfelt er alle 11 Würfel und muss daraufhin immer mindestens einen Würfel aus dem Spiel nehmen und darf diese nicht mehr verändern, der Rest wird neu geworfen bis man entweder zufrieden ist oder kein Würfel mehr verändert werden darf. 

Was versucht man mit den Würfeln zu erreichen? Auf den Frankenstein Würfeln finden wir jeweils einen grünen und einen lilafarbenen Kopf, sowie jeweils einen passenden Körper. Mit einer Blitzseite eines Würfels erwecke ich den kompletten Frankenstein zu Leben. Heißt eine Kombi aus gleichfarbigen Kopf und Körper mit Blitz gibt mit 7 Punkte. Dann gibt es noch kleine, rote Frankensteine, die schon komplett sind und nur einen Blitz benötigen, diese Kombi bringt 3 Punkte. Schaffe ich es, dass alle neun Franky-Würfel Bestandteil von kompletten Frankys sind, ist das ein Full House und gibt nochmal 10 zusätzliche Punkte. 

Nun kommen noch die zwei Sonderwürfel ins Spiel. Der W8 in schwarz wird auch Kopfwürfel genannt. Dieser wird beim Rauslegen Franky-Köpfen in gleicher Farbe zugeordnet und zwar so vielen, wie der Kopfwürfel anzeigt. Am Ende der Runde, wird der Kopfwürfel dann noch mal geworfen. Ist der Wert nun kleiner oder gleich als die Anzahl an Köpfen, dann darf ich das geworfene Ergebnis mit der Anzahl an Köpfen multiplizieren und erhalte dies als Punkte. Ist der Wert größer, dann bekommt man diesen geworfenen Wert einfach als Punkte.


Der gelbe Hochspannungswürfel (W10) muss im Laufe einer Runde rausgenommen werden. Sobald man dies tut, muss man genau so viele Franky-Würfel rausnehmen, wie der Hochspannungs-Würfel anzeigt. Am Ende der Runde würfelt man dann jeden der Franky-Würfel nochmal und versucht komplette Frankys mit Blitz zu werfen. Jeder dieser Frankys ist dann so viele Punkte wert, wie der Hochspannungswürfel zeigt. Der Würfel kann auch eine Null zeigen, dann muss man keine anderen Würfel mit rausnehmen. Nur mit der Null und der Neun ist es möglich ein Full House zu werfen. Hab ich bis zum Ende der Runde den Hochspannungswürfel nicht aus dem Spiel genommen, ist die komplette Runde Null Punkte wert!

Das Spiel endet sobald ein Spieler 66 oder mehr Punkte erreicht hat. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.

[FAZIT]

So richtig der große Wurf ist Franky Rock’n Vegas leider nicht geworden. Das Spiel ist was es sein möchte, ein kleines Würfelspiel, welches man theoretisch so nebenbei wegspielt. Aber genau das ist was mich stört. Es spielt sich so weg, ohne wirklich in den Bann zu ziehen. Die beiden Sonderwürfel verwirren immer wieder, wie ich zu beginn schon angedeutet habe. Immer wieder musste ich nachschlagen, da ich die Funktionen der beiden durcheinander gebracht habe. Ja, das ist natürlich auch meinem Kopf geschuldet, zeigt aber auch dass es nicht so eingängig ist, wie es sollte. 


In größeren Runden zieht sich das Spiel dann auch ziemlich in die Länge. Angenommen man spielt zu sechst, dann warte ich 5 Spieler lang, wie diese alles durchwerfen, dann noch mal die Sonderwürfel werfen und dann anfangen zu rechnen. In der Zeit mach ich NICHTS! Es hat seinen Grund, dass viele Würfelspiele die Mechanik haben, das andere an deinem Wurf partizipieren können, denn so sind auch die Mitspieler-Züge von Interesse. 

Es ist ein wenig schade, denn wenn man an der Reihe ist, sind die Entscheidungen, die man treffen muss, schon spannend. Geh ich auf komplette Frankys oder doch nur die roten oder will ich den Hochspannungs- bzw den Kopfwürfel bedienen und versuchen so zu punkten?! In dem Moment macht das Spiel Spaß. So sehe ich in dem Spiel Potential für eine schnelle Runde zu zweit, maximal zu dritt. Niemals zu sechst. 

Auch thematisch bleibt das ganze ein wenig auf der Strecke. Ja Las Vegas und Frankenstein habe ich schon verstanden, aber so richtig erschließen tut sich das nicht, auch nicht aus dem was ich da tue. Nochmal möchte ich auch betonen, dass ich auch spielerisch die 20€ nicht gerechtfertigt finde.

Würfel-Fans können auf jeden Fall einen Blick riskieren, erstmal sind die Würfel sehr schön und in der kleinen Runde ist das Spiel ein schnell gespielter Zock. Auf Dauer bietet das Spiel aber dann doch zu wenig, so dass wohl immer andere Würfelspiele bei mir den Vorzug bekommen würden. Mit Kindern wäre das Spiel auch eine gute Alternative, auch wenn die zwei Sonderwürfel nicht so einfach erklärt sind.


Für wen ist das Spiel was?

Kinder: 3 von 5 (Thematisch wird das Kinder erreichen, die Sonderwürfel sind allerdings eine Hürde, die gemeistert werden muss)

Familie: 4 von 5 (bei Wenigspielern und Kniffel-Fans sicherlich eine nette Alternative, auf Dauer aber zu wenig reizvoll)

Kenner: 1 von 5 (da ist zu wenig Fleisch am Knochen, es bietet zwar einiges an Möglichkeiten, aber zu wenig auf Dauer)

Experten: 0 von 5 (kann ich mir nicht vorstellen, zu viel Glück, zu viel Würfel)
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Franky Rock´n Vegas von Andreas Schmidt
Erschienen bei funbot
Für 2 bis 6 Spieler in ca. 10 Minuten ab 8 Jahren
Boardgamegeek-Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier funbot)


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30.07.2020

Die Heinzels - Mission Pupsrakete


Seit 250 Jahren verstecken sich die Heinzelmännchen unter der Erde und halten die Menschen für böse Ungetüme. Doch dann macht sich das tollpatschige Heinzelmädchen Helvi verbotenerweise auf den Weg zu den Menschen, um dort ein Handwerk zu erlernen in dem sie gut ist. Gemeinsam mit den Heinzelmännchen Kipp und Butz, lernt sie den Bäckermeister kennen, der vor dem Verlust seiner Konditorei steht. Helvi überzeugt ihn, die Konditorei wieder neu zu beleben und ihr das Backen beizubringen. Tatsächlich entdeckt Helvi ihr Talent für Muffins. Die Rettung der Konditorei scheint allerdings zu misslingen denn niemand mehr kennt den alten Laden und kein Kunde kauft die liebevoll verzierten Backwaren. Da hat Helvi eine Idee wie sie die Menschen dazu bringt die Konditorei zu besuchen. Mithilfe von Kipps Erfinderreichtum, bauen Sie eine Rakete, die durch Bohnenpupse betrieben wird und verteilen damit Muffins, die an kleinen Fallschirmen vom Himmel regnen und die Aufschrift der Konditorei tragen.


In dem Brettspiel Die Heinzels-Mission Pupsrakete schlüpfen wir in die Rolle von Kipp, Butz und Helvi und versuchen die Pupsrakete sicher durch die Stadt zu lenken, um alle Muffins abzuwerfen und die Konditorei zu retten. Reihum schütteln die Spieler ihre 3 Steuerchips in der Hand und lassen diese auf den Tisch fallen. Je nachdem was die Steuerchips anzeigen, wird die Rakete vorwärts bewegt, ein Feld seitlich versetzt oder gedreht. Ziel ist es dabei, die Rakete auf oder über die Felder mit den Fallschirmen zu bewegen, um dort einen Cupcake abzuwerfen. Aber Achtung, stoßt ihr dabei gegen ein Hindernis oder geratet in eine Gewitterwolke, verbraucht dies Zuckerbohnenenergie. Auch wenn alle drei Steuerchips auf die dunkle Seite fliegen, wird die Zuckerbohne nach unten versetzt. Fällt der Zuckerbohnenanzeiger auf Null, kann die Pupsrakete nicht mehr weiterfliegen und ihr habt verloren. Schafft ihr es jedoch alle 12 Cupcakes auszufliegen, gewinnt ihr das Spiel. 


Fazit: 

Als Die Heinzels-Mission Pupsrakete auf unserem Tisch gelandet ist kannte ich den darauf basierenden Film "Die Heinzels - Rückkehr der Heinzelmännchen" noch nicht. Ich hatte keine zu großen Erwartungen an das Spiel gesteckt, da meines Erachtens nach derartige Brettspielumsetzungen für Kinder mehr auf das Thema ausgelegt sind, die Spielmechanik aber oft sehr einfach, wenn nicht sogar langweilig ist. Die Heinzels-Mission Pupsrakete überraschte mich positiv. Das Spiel brachte Spaß und erwartete von den Kindern ein vorrausdenkendes Planen. 


Drei Steuerchips das klingt nach wenig, doch das ergibt sechs verschiedene Kombinationsmöglichkeiten, die die Kinder mit den möglichen Flugwegen auf dem Spielplan vergleichen müssen und dabei möglichst auf oder über ein Cupcake gelangen sollten, ohne ein Hindernis zu berühren. Und im besten Fall steht die Pupsrakete am Ende des Spielzuges so geschickt da, dass der nächste Spieler die Möglichkeit hat ein Cupcake Feld zu erreichen. Da ist tatsächlich nachdenken gefragt und ich musste mich immer wieder mal zurückhalten, meinen siebenjähriger Sohn, nicht zu korrigieren, wenn er die beste Kombination nicht erkannt hatte. Der Clue ist dann noch, dass der Spielplanrand gar kein Ende darstellt, sondern die Pupsrakete einfach von einem Brettspielrand zum gegenüberliegenden Brettspielrand wieder hineinfliegt. Übrigens macht die Pupsrakete tatsächlich, Pupsgeräusche beim fliegen! Hierzu gibt es extra ein Pupskissen zum drauf drücken. Dieser kleine Effekt macht besonders in reinen Kinderrunden Spaß. 


Sehr schön gelöst wurde auch eine Anpassung des Schwierigkeitsgrades und eine Veränderung des Spielplans. Für ersteres kann zu Beginn des Spiels die Zuckerbohne auf der Anzeige verschoben werden. Ein leichtes Spiel startet mit viel Zuckerbohnenenergie und ein schweres Spiel mit wenig Kraftstoff. Im zweiten Fall können die Hindernisse unterschiedlich platziert werden, wodurch der Spielplan variiert. Doch kommen wir nochmal kurz zurück zur Filmvorlage, die ich mir dann im Nachhinein noch angeschaut habe. Nachdem Helvi, Kipp und Butz alle Cupcakes verteilt haben, kommt es im Film noch zu einigen Auseinandersetzungen und Problemen die Helvi am Ende jedoch alle lösen kann. Hier knüpft meine kleine Kritik an. Die Mission Pupsrakete stellt im Film nur einen sehr kleinen Ausschnitt dar, wodurch das Brettspiel nicht das gesamte Hauptgeschehen des Films wiedergibt. Das muss aber sicherlich auch nicht zwingend der Fall sein. 
Insgesamt ist Die Heinzels-Mission Pupsrakete ein solides Kinderspiel, dass sich sowohl für Kenner, als auch Nichtkenner des Films eignet.

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Die Heinzels - Mission Pupsrakete von Christian Fiore und Knut Happel
Erschienen bei Schmidt Spiele
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 20 Minuten ab 7 Jahren
Produkt-Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Schmidt Spiele)


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29.07.2020

Venom Assault


Action-Superhelden strahlen immer schon eine gewisse Faszination aus. Sei es aus dem Marvel- oder DC-Universum oder all die andere kleinen Verlags-Helden, die es so gibt. Für mich haben die Bösewichte aber genau so einen wichtigen Anteil. Was wäre ein Batman ohne den Joker, den Pinguin oder dem Riddler? Eben! Warum nun also diese Comic-Einleitung?? Beim kooperativen Deckbuilding-Spiel Venom Assault übernehmen wir zusammen das Kommando einer Spezialeinheit, die sich dem Bösewicht-Clan “Venom” stellt, das ganze in einem wirklich gelungenen Comic-Stil. Das Spiel ist für 2-5 Spieler ab 14 Jahren und dauert ca. 60 Minuten und erschienen ist das ganze bei Spyglass Games.

[MATERIAL & ANLEITUNG]

In der recht großen Box finden wir natürlich jede Menge Karten. Macht natürlich Sinn bei einem Deckbuilder, dazu kommen aber auch eine Menge Würfel (das ist eher ungewöhnlich) und ein Spielbrett mit einer Weltkarte. Ein paar Token und etwas größere Missions-Karten möchte ich euch nicht unterschlagen. Die Qualität ist hierbei eher mittelmäßig, die Karten könnten sich schon etwas hochwertiger anfühlen. Ich vermute, dass bei mehrmaligem Spielen, die Optik etwas leiden wird. Auch der Rest ist eher Mittelmaß, aber erfüllt seinen Zweck.

Die Gestaltung schwankt zwischen grandios und Microsoft Paint, was ich ehrlich gesagt nicht so nachvollziehen kann. Die Bilder für die Einheiten, Bösewichter sind toll. Wer auf Comics steht, wird hier seine Freude haben. Auch die Kreativität, gerade bei den Bösewichten, ist beeindruckend, umso erschreckender der Rest. Seien es die Symbole, die Schriftart oder das Brett an sich. Alles wirkt ein wenig unprofessionell. Zum Teil könnte man vermuten, man wollte einen 80er Jahre Eindruck erwecken, denn inhaltlich erinnert es ja auch ein wenig an die klassischen 80er Jahre Actionfilme, aber auch das hätte man hübscher umsetzen können. Andersherum könnte man die komplette Gestaltung aber auch schon wieder kultig finden. 

Die Anleitung ist auch eher altbacken, aber erfüllt seinen Zweck und erklärt alles sehr gut, dass soweit keine Fragen offen bleiben. Am Ende auch noch mit einer Stichwort-Übersicht. Sehr gut! 


[ABLAUF]

Wie in der Einleitung erwähnt übernehmen wir zusammen die Arbeit einer Spezialeinheit, die “Freedom Squadon”, die im Auftrag der Vereinten Nationen, die Terroristen-Gruppe “VENOM” stoppen sollen. Zu Beginn einer Partie wählen wir eine Missions-Karte, die uns eine kleine Story mitgibt und bestimmte Dinge beim Aufbau vorgibt, sowie die Ziele der Mission. Es werden verschiedene Decks zusammengestellt, wie z.B. ein Event Deck, ein Recruitment Deck oder ein Venom Leader Deck. Jeder Spieler erhält ein Startdeck bestehend aus 6 Recruit-Karten und 4 Commandos-Karten. 

Als erste Mission wird “World in Darkness” empfohlen, hierfür werden bestimmte Reward-Karten in das gleichnamige Deck gemischt und dann verdeckt auf der Weltkarte platziert. Auf jedes dieser Karten kommen nun zufällig gezogene Venom Leader, die quasi diese Belohnung bewachen. Die verschiedenen Orte sind allesamt Stützpunkte von VENOM und befinden sich z.B. auf dem Meer, in der Luft, in der Arktis usw. Ziel bei der Mission “World in Darkness” ist es, vier bestimmte Reward-Karten zu finden, bevor die Zeit (eine Leiste die durch Event-Karten gefüllt wird) abläuft. 

Der Zug eines Spielers fällt ziemlich umfangreich aus, denn er spiegelt den kompletten Weg vom “Zusammenstellen” der Truppe bis zum Angriff wieder. Aber von vorne.


Der Commander (Startspieler) beginnt und startet seinen Zug mit der Event-Phase. Hier wird einfach die oberste Karte des Event-Decks gezogen und abgehandelt. 
Weiter geht es mit der Recruitment Phase. Jede Einheit, die man besitzt, gibt einem Recruitment Punkte, die man nun dazu verwenden kann, um neue Einheiten zu akquirieren. Diese kommen allerdings erstmal auf den Ablagestapel und können erst gezogen werden, wenn der Nachziehstapel leer ist und die Ablage neu gemischt wird. Mit Verwenden der Recruitment Punkte wird die Einheit allerdings nicht abgeworfen, sondern darf auch für den folgenden Kampf verwendet werden. 
In der nun folgenden Tactical Phase entscheide ich, ob ich einen Venom Leader angreifen möchte oder nicht. Entscheide ich mich dagegen ist der Zug quasi beendet, hab ich mir allerdings einen Venom Leader ausgesucht, halt ich dessen Werte auf dem Board fest. Jeder Venom Leader hat einen Gesundheits-Wert, sowie einen Verteidigungs-Wert. Und ganz wichtig einen Unterstützungs-Wert. 

Aus meinen ausliegenden Karten wähle ich einen Angriffs-Anführer (muss eine Person sein, kein Fahrzeug!), den ich etwas heraus stelle. Die Einheiten haben einen Angriffswert, sowie unterstützende Fähigkeiten. Hab ich bereits in der Recruitment Phase so eine unterstützende Fähigkeit verwendet, kann diese Einheit kein Anführer mehr werden. Auf den Anführer lege ich nun Würfel in Höhe seines Angriffwerts. Andere Einheiten können ebenfalls Angriffswürfel erhalten, wenn dies aus der unterstützenden Fähigkeit hervorgeht. 
Ist mein Team vorbereitet, wird nun das Team des Venom Leaders vorbereitet. Wie schon erwähnt hat der Venom Leader einen Unterstützungs-Wert und nun werden Einheiten vom Venom Support Deck in Höhe dieses Wertes gezogen. Die Venom Support Karten ändern häufig die Werte des Leaders ab oder können bereits Teile des Freedom Squadron Teams zerstören. Hab ich das alles abgehandelt geht es weiter mit dem eigentlichen Kampf.


Im Kampf nehmen wir nun alle bereitstehenden Würfel und werfen diese. Der Verteidigungswert des Venom Leaders gibt vor, welchen Wert der Würfel haben muss, um einen Schaden zu verursachen, während der Gesundheitswert natürlich vorgibt, wie viele Schäden verursacht werden müssen. Erkenn ich schon vorher, dass es mit einem Wurf unmöglich ist, den Venom Leader zu zerstören, gilt der Kampf als verloren. Zum Beispiel wenn durch Support Karten der Verteidigungswert über 6 geht. War mein Kampf erfolgreich, kommt der geschlagene Venom Leader zum Spieler, der es geschafft hat. Dieser Leader ist am Ende Siegpunkte wert. Dann nimmt man sich noch die Reward-Karte, welcher unter dem Lead lag. Dies kann eine gesuchte Karte aus der Mission sein oder ein Vorteil, welchen ich im Rest der Partie verwenden darf. Verlier ich den Kampf, bleibt der Venom Leader an seinem Ort.

Nach dem Kampf kommen wir in die Retirement-Phase. Hier darf ich EINE Karte meines Decks aus dem Spiel nehmen, um dieses stärker und effektiver zu machen. 
Zum Abschluss gibt es nun den “End of Turn”. Hier wird alles aufgeräumt und für den nächsten Spieler vorbereitet. 

Das Spiel wird zwar kooperativ gespielt, doch wenn wir erfolgreich gegen VENOM vorgegangen sind, möchten die Vereinten Nationen den besten Taktiker auszeichnen und ihm eine Ehrenmedaille verleihen. Jeder Spieler zählt die Siegpunkte, welche es durch die Reward-Karten gibt, sowie den Unterstützungswert der besiegten Venom Leader. Der Spieler mit dem meisten Punkten gewinnt.

[FAZIT]

Fans von 80er-Jahren-Actionfilmen und Comic-Superhelden werden schon am Thema ihre wahre Freude haben. So viel liebevolle Details wurden hier untergebracht und es bringt schon Spaß sich die Karten anzusehen. Vor allem die Venom Leader sind klasse. Auch spielerisch bringt mir Venom Assault viel Spaß. Mit Spielen wie Aeon’s End hat man im Bereich der kooperativen Deckbuilder große Konkurrenz, aber gerade das Thema hilft hier, sowie das Kampfsystem, welches mir wirklich gut gefällt. 

Hier und da hätte man sicher an der optischen Schraube drehen können, aber im Endeffekt schmälert es für mich den Spielspaß nicht. Es hätte auch 100% kooperativ bleiben können, die “wer war der Beste?”-Komponente braucht es aus meiner Sicht nicht. 


Größter Kritikpunkt, den sich das Spiel gefallen lassen muss, ist die aufkommende Downtime bei mehreren Spielern. Wenn man jedes Mal auf drei komplette Züge der Mitspieler warten muss, kann das schon etwas zäh werden. Daher würde ich das Spiel glaub ich immer nur zu zweit spielen. Am Ende bleibt aber ein positiver Eindruck. Ich liebe Deckbuilding und das Thema gefällt mir ebenfalls sehr gut, auch die Würfelkomponente trifft meinen Geschmack, also für mich ein tolles Gesamtpaket. 

[ERWEITERUNG]

Die Erweiterung Villains & Valor bringt 3 neue Missionen, sowie natürlich neue Karten für jedes Deck. Wichtigste Ergänzung mancher Karten ist die “Teamwork” Funktion, bei der man nun die Mitspieler mit seinen Karten unterstützen kann. Hier wurde quasi ein wenig meine Kritik aufgegriffen, so dass man an den Zügen der Mitspieler beteiligt ist. 
Des Weiteren gibt es nun “Medal”-Karten, die bestimmte Vorgaben haben, wie man diese erhält (z.B. schicke 3 Karten in einem Zug in Rente o.ä.) und geben einem eine Sonderfähigkeit sowie Siegpunkt am Spielende. Zusätzlich wurde auch noch eine Solo-Modus kreiert.
Insgesamt eine gelungene Erweiterung mit viel “More of the same” aber auch sinnigen Ergänzungen, die das Spielerlebnis noch ein wenig runder macht. 

[FÜR WEN IST DAS SPIEL?]

Kinder: 1 von 5 (sowohl thematisch wie auch inhaltlich, ist das nichts für Kinder. WOBEI ein 10jähriger Junge wohl auch seine Freude haben an den Bildern wird)

Familie: 3 von 5 (Mechanisch ist es relativ simples Deckbuilding, aufgrund der vielen kleinen Fähigkeiten, kann es aber doch schnell komplizierter werden. Der Leitfaden wann welche Fähigkeit greift, hilft aber ungemein nichts zu vergessen.)

Kenner: 4 von 5 (Der Kennerspieler mit Deckbuilding-Erfahrung wird sich schnell zurecht finden)

Experte: 3 von 5 (Die Würfelkomponente stört wohl eher, sowie die Ereigniskarten, denn all die sind unplanbar… ein Graus!)



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Venom Assault von Jeff Arbough, Michael Knight, Dave Ploense
Erschienen bei Spyglass Games
Für 1 bis 5 Spieler in ca. 80 Minuten ab 13 Jahren
Boardgamegeek-Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Spyglass Games)


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27.07.2020

Speedy Roll


Gleich vorweg: Speedy Roll ist ein sehr süßes, sehr witziges Spiel für die kleinsten Brettspieler*innen – das soll aber nicht heißen, dass die „Großen“ keinen Spaß mit einer mit Fusseln überzogenen Igelkugel haben können.

Der Name suggeriert es: Speedy Roll ist ein Rennspiel, in dem es darum geht, seinen Igel als Erste*r ans Ziel zu bringen. In der kooperativen Variante wird das Ganze zu einer spannenden Jagd, in der man gemeinsam den Igel vor dem fiesen Fuchs zu retten versucht. 


Um die Igel über das Spielfeld zu bewegen, wird nicht gewürfelt, sondern der große Fusseligel über eine Reihe von Plättchen gerollt. Die Plättchen, die am Igel haften bleiben oder umgedreht werden, geben die Felder an, auf die weitergezogen werden darf. Dabei sollte man nicht irgendwelche Plättchen aufsammeln. Es gibt Pilz-, Blatt- und Apfelfelder und der Igel muss die passenden Plättchen aufgesammelt haben, damit er auch wirklich auf das nächste Feld ziehen darf. Es sollten aber auch nicht zu viele Teile aufgesammelt werden, denn dann darf der Igel – genauso, wenn er keine Plättchen gesammelt hat – nicht bewegt werden.


Die Kombination aus geschicktem Rollen des Balls und dem Aufsammeln ganz bestimmter Plättchen ist eine einfache, clevere Mechanik, die schnell zu verstehen und gut zu spielen ist. Für Fortgeschrittene lässt sich die Herausforderung erhöhen, indem der Fusselball nur auf bestimmte Art und Weise gerollt werden darf, etwa nur mit der schwächeren Hand oder mit geschlossenen Augen. Für Wiederspielwert sorgen auch die modularen Spielplanteile, sodass sich unterschiedliche Strecken erstellen lassen.


Doch auch so hat man eine Menge Spaß mit dem Spiel. Der visuelle Stil ist hervorragend, die Tierchen fast schon zu süß in ihrer Aufmachung. Kleines Highlight ist das Igelgesicht, das man am Fusselball anbringen kann. Spielerisch unerheblich, aber es sieht sehr, sehr knuffig aus.

Groß und Klein werden ihre helle Freude mit Speedy Roll haben. Ein simples, aber nicht fades Spielprinzip (inkl. Variationen), tolle Komponenten und die zuckersüße Optik sind die Zutaten für eine uneingeschränkte Empfehlung.
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Speedy Roll von Urtis Sulinskas
Erschienen bei Piatnik
Für 1 bis 4 Spieler in 20 Minuten ab 4 Jahren
Boardgamegeek Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Piatnik)


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25.07.2020

Game of HAM


Was haben Schinken und Brettspiele gemeinsam? Es wird gewürfelt… Versteht ihr? Schinkenwürfel!? Nicht so lustig? Vielleicht habt ihr ja trotzdem aus Empathie und purer Nächstenliebe höflich gelächelt, um mich nicht ganz so blöd dastehen zu lassen? Danke, doch für Freundlichkeit und Anstand ist in Game of HAM kein Platz! Hier durchforsten wir die dunkelsten Ecken unseres Geistes, um verdrängte Stereotype, unterdrückten Hass und verschleierte Tabus offenzulegen und die kreative Scheußlichkeit der anderen Mitspieler sogar noch zu übertreffen. Dabei gilt es, wie beim großen Bruder Cards Against Humanity (CAH), auf vorgefertigte Fragen aus einer Reihe politisch möglichst unkorrekter Antworten die passendste – und bestenfalls verwerflichste – herauszusuchen, um den kranken Humor des aktuellen Rundenbosses zum Vorschein zu bringen und ihn möglichst zum Schmunzeln zu bringen. Anders als bei CAH bewegen wir uns hier jedoch auf einem Spielbrett fort und sammeln Bonuskarten ein. Also, bleibt ihr lieber bei harmlosen – und größtenteils schlechten – Schinken-Wortwitzen oder seid ihr bereit für die volle Ladung Schinken im nicht jugendfreien Game of HAM?


Material

Das Spiel beinhaltet insgesamt 810 Karten, die aus Frage- und Antwortkarten sowie vier verschiedenen Bonuskarten bestehen. Hinzu kommen noch vier doppelseitig bedruckte quadratische Spielbretter aus dicker Pappe, 16 verschiedenfarbige kleine Pappschinkenmarker für die Spieler, vier gigantische Riesenschinkenmarker als Platzhalter für die Bonuskarten sowie das doch recht umfangreiche Regelheft und ein beigelegter Quickstart Guide. Die Kartenqualität würde ich als Standardqualität bezeichnen, an den Pappmarkern und -spielbrettern ist nichts auszusetzen und das Design ist… sagen wir… ziemlich bunt! Die einen werden von Augenkrebs die anderen von einer dem Alkoholkonsum angepassten Aufmachung sprechen. Besonders hervorheben möchte ich die Liebe zum Detail, die vor allem durch die Flavortexte auf den Karten sichtbar wird, denn zu jeder einzelnen Antwort auf den Karten kommen ein, zwei kurze zur Antwort passende Sätze hinzu, die für den Spielablauf völlig irrelevant sind, den Spielern jedoch noch mehr humorvollen Content bieten.


Ablauf

Im Grunde lässt sich das Spiel genauso spielen wie CAH oder das deutsche Pendant Kampf gegen das Spiessertum, das ich bereits für die BoardgameMonkeys rezensiert habe. Auch hier gibt es jede Runde einen Rundenboss, der eine Fragekarte vorliest – wobei es auch zu vervollständigende Sätze sein können –, und im Anschluss suchen die Spieler aus ihren Handkarten auf Humorgrundlage die Antwort raus, die ihrer Meinung nach am besten zur Fragekarte passt. Hier ein Beispiel: 

Frage: What is the first thing graduates do after they graduate? Mögliche Antworten: Failing at life - A MILF - Your mother - Riding the obesity train

Der Rundenboss sucht die beste – weil lustigste – Antwort raus, gibt dem Sieger als Trophäe die Fragekarte und dieser wird zum Rundenboss der neuen Runde. Wer am Ende die meisten Fragekarten gesammelt hat gewinnt. 


Allerdings gibt es in Game of HAM zusätzlich die Möglichkeit mit dem aus den vier verschiedenen Quadratteilen zusammengebastelten Spielbrett zu spielen, wodurch es sich von seinen bereits genannten Geschwistern abhebt. Hierfür rücken die Spieler bei erfolgreichem Erhalt einer der grauen Fragekarten so viele Felder auf dem Spielbrett vor, wie auf der grauen Karte durch Zahlen am unteren Rand angegeben ist, wobei sie stets zwischen zwei Zahlen wählen können oder sie ab 8 Spielern aufwärts sogar zusammenaddieren dürfen. Landen sie dabei auf einem grünen, roten, gelben oder orangenen Feld, nehmen sie sich eine der Farbe entsprechenden Bonuskarte. Und endet ihr Zug auf einem Zahlenfeld, rücken die Spieler zusätzlich so viele Felder vor, wie die Zahl anzeigt, dürfen sich dafür aber unabhängig davon, wo sie danach landen, keine Bonuskarte nehmen. Die verschiedenen Bonuskarten erlauben es den Spielern, andere Spieler aussetzen zu lassen, sie auf dem Spielbrett eine gewisse Anzahl an Feldern zurückzuschmeißen oder zusätzliche Antwortkarten zu spielen. Zudem darf man Bonuskarten drei Runden nachdem man sie bekommen hat an andere Spieler verschenken um 1-2 Felder auf dem Spielbrett vorzurücken.


Schließlich ist auf jeder grauen Fragekarte einer von drei Buchstaben aufgedruckt, die alle zusammen das Wort HAM ergeben. Sobald ein Spieler mit seinen grauen Karten HAM buchstabieren kann, darf er zu jeder Zeit den Effekt einer Bonuskarte ignorieren bzw. manipulieren. Und denjenigen, die dachten, dass das Spiel mit den gerade aufgeführten Regeln bereits gemein genug ist, muss ich leider mitteilen, dass man andere Spieler à la Mensch ärgere dich nicht schlagen kann, wenn man auf demselben Feld wie sie landet. Allerdings wird man dabei nicht zwingend auf das Startfeld gesetzt, da es auf dem Weg Richtung Ziel einzelne Checkpoints gibt, die sozusagen den Fortschritt speichern und das „Bouncen“, wie es in den Spielregeln genannt wird, weniger schmerzhaft machen. Wer als erster passgenau auf dem Zielfeld landet gewinnt die Partie Game of HAM und wird vermutlich mit Schinkenwürfeln überschüttet. Mahlzeit!


Fazit

Was mir an Game of HAM besonders gefallen hat ist die offensichtliche Liebe und Mühe, die in diesem Projekt stecken. Denn, wie schon in der Materialbeschreibung erwähnt, besitzt jede einzelne der Antwortkarten einen individuellen Flavortext und zudem habe ich euch in der Beschreibung des Spielablaufs verschwiegen, dass im Regelheft auf 15 weiteren Seiten zusätzliche Spielmodi, Ideen und Anregungen aufgeführt sind, die für mehr Varianz und Langzeitspielspaß sorgen und es erlauben, das Spiel individuell an die Spielgruppe anzupassen. Natürlich habe ich nicht alle dieser wirklich zahlreichen Vorschläge und Regeländerungen ausprobiert, aber einige hörten sich recht witzig an, wie beispielsweise ein Staring-Contest bzw. Dancing Battle bei gleichguten Antwortkarten, die Möglichkeit im Sinne eines „Level Ups“, durch (dauerhafte) Abgabe von Antwortkarten an Bonuskarten zu kommen, oder eine extra Tauschphase, in der die Spieler alle Typen von Karten miteinander tauschen dürfen. Viele dieser Vorschläge betreffen die Art und Weise an Bonuskarten zu kommen sowie die Bewegungsregeln auf dem Spielbrett, und sie halten allerlei Gemeinheiten aber auch Nettigkeiten für die Spieler bereit, je nach dem, wie fies oder freundlich es die Spielgruppe bevorzugt. Allerdings sind auch alternative Spielmodi aufgeführt, die den gesamten Spielablauf grundlegend verändern. Als Beispiel hierfür sei der Story-Modus erwähnt, der es den Spielern zur Aufgabe macht, anhand von vier pinken Antwortkarten eine kurze kreative Geschichte passend zur gestellten Frage der grauen Karte zu erfinden.


Die Fragen- und Antwortkarten sind vielseitig und bieten nahezu unendlich verschiedene Kombinationsmöglichkeiten, wie man es auch aus CAH sowie Kampf gegen das Spiessertum bereits gewöhnt ist. Auch in Game of HAM kommt es jedoch ganz auf die Spielgruppe an, wie das Spiel letztlich ankommt, und nicht jede Spielrunde ist gleich lustig, da die Fragen und Antworten nicht immer gleichgut zusammenpassen. Darüber hinaus sollte man sich im Voraus überlegen, ab wie viel Promille man das Spiel auf den Tisch bringen will – oder vielleicht verwendet man es gleich als Trinkspiel? Denn der Humor, der hier bedient wird, ist pechschwarz und moralisch sowie politisch sehr fragwürdig und in einigen Fällen sehr alarmierend. Daher würde ich das Spiel vorzugsweise mit engen Freunden und weniger mit meiner Oma oder meinen Schwiegereltern spielen. Doch wie ich es schon in der Rezension zu Kampf gegen das Spiessertum formulierte, bin ich der Meinung, dass Stereotype, Frauenfeindlichkeit, Rassismus und verquere Weltansichten am besten dekonstruiert werden können, in dem man ihnen mit Humor begegnet, sie ausspricht und im besten Fall im nüchternen Zustand im Anschluss bei Gelegenheit weiterdiskutiert.

Nicht so gut gefallen haben mir die Effekte der Bonuskarten. Spieler aussetzen zu lassen bedeutet schlichtweg, dass diese für eine Runde zuschauen müssen, und wer hat schon Spaß dabei zuzuschauen? Und auch das „Bouncen“, also Zurückwerfen eines Spielers auf dem Spielbrett – und das ist merkwürdigerweise der Effekt auf zwei der vier Bonuskarten –, ist oftmals frustrierend und zieht das Spiel eher unnötig in die Länge, vor allem, da man oftmals einen Fortschritt, den man sich durch zwei oder drei Erfolge in fünf oder sechs Runden aufgebaut hat, schlagartig verliert. Vielleicht bin ich auch einfach zu weich… und außerdem lassen sich Regeln und Effekte ja auch durch eigene Hausregeln ggf. anpassen… Trotzdem hätte ich mir gewünscht, dass es mehr Bonuseffekte wie den in diesem Abschnitt noch nicht genannten Extrakarteneffekt gibt, der es einem erlaubt, eine pinke Antwortkarte zusätzlich zu spielen, wodurch sich natürlich auch die eigenen Siegchancen verdoppeln. Letztlich ist all dies jedoch Geschmacksfrage und diejenigen, die sich beim Spielen gerne gegenseitig das Leben zur Hölle machen, werden mit den Standardregeln sicher auf ihre Kosten kommen. Alle anderen können ja hier und dort ein wenig schrauben, bis es auch für sie passt.


Selbstverständlich ist das Hauptspielprinzip nicht neu, sondern übernimmt schlichtweg die Mechanik, wie man sie aus CAH kennt. Durch die Spielbretter und die Bonuskarten kommt jedoch schon ein anderes Spielgefühl auf, das durch die oben aufgeführten und viele weitere Ideen angepasst werden kann, sodass aus einem reinen Partyspiel mehr Brettspiel wird. Doch an diesem Punkt stellt sich offengesagt die Frage, ob es das wirklich braucht. Braucht die Brettspielwelt ein CAH mit Spielbrett? Ich denke, dass jeder diese Frage für sich beantworten muss. Ich hatte schon Spaß mit dem Spielbrett und den zusätzlichen Regeln und Modi, aber wenn ich Lust auf eine lustige und kurze Runde bitterbösen Partyspielhumor habe und dabei vielleicht gerade bei Freunden auf der Couch liege, während meine Mitspieler auf Sitzkissen, der Couch und dem gepolsterten Sessel um mich herum verteilt sind, baue ich nicht noch extra ein Spielbrett auf und verteile Spielmarker. Und habe ich Bock auf mehr Brettspiel dann bietet die Brettspielwelt mir doch die ein oder andere Option.

Nichtsdestotrotz steht unterm Strich, dass das Spiel denjenigen, die bereits von CAH und dem deutschen Kampf gegen das Spiessertum begeistert waren, die der englischen Sprache mächtig sind, und die sich zudem nach noch mehr Spiel mit in etwa gleichbleibendem Spielprinzip sehnen, sehr viel Spaß bringen wird! Hier hat man deutlich mehr Möglichkeiten und der Langzeitspielspaß für Genrefans ist ein klarer Selling Point!

HAM steht übrigens für Hating all Mankind und ich wünsche euch in diesem Sinne schonmal viel Spaß beim Hassen der Menschheit – und im Falle eines gemeinen „Bounces“ zum ungünstigsten Zeitpunkt besonders beim Hassen der Mitspieler! Solltet ihr nach dieser Rezension Lust auf Schinken bekommen haben, würde ich die Rezension mit den Worten des Verlags abschließen und vorschlagen: Wham, bam, let’s go HAM!


In a nutshell…

Game of HAM fügt dem Spielprinzip, wie man es aus Spielen wie Cards gainst Humanity (CAH) und Kampf gegen das Spiessertum kennt, ein Spielbrett und Bonuskarten sowie zahlreiche alternative Spielmodi und -regeln hinzu. Ein Spieler liest eine Frage vor und die anderen Spieler suchen sich aus ihren Handkarten die passendste und möglichst lustigste Antwort heraus. Die lustigste Antwort gewinnt und der Spieler darf je nach Wert der Fragekarte Felder auf dem Spielbrett vorrücken, wobei er ggf. Bonuskarten bekommt, die es ihm später erlauben, Spieler aussetzen zu lassen, auf dem Spielbrett zurückzuwerfen oder mehr Antwortkarten auszuspielen. Wer zuerst auf dem Zielfeld landet gewinnt, wobei sich die Regeln durch zahlreiche Vorschläge in der Anleitung anpassen lassen und das Spielgefühl teilweise leicht, teilweise grundlegend verändern. Allergings haben wir es hier mit einem nicht jugendfreien Spiel zu tun, in dem man durch moralisch und politisch verwerfliche Aussagen punkten kann. Das Spielmaterial ist sehr bunt und sicher geschmacksfrage, doch die Liebe zum Detail mit zahlreichen Flavortexten und Regelvorschlägen ist nicht zu bestreiten. Ob es jedoch ein CAH mit Spielbrett braucht, muss jeder selbst beantworten. Für Genrefans, die sich nach mehr Spiel und einem größeren Langzeitspielspaß sehnen, hat Game of HAM jedoch sicherlich einiges zu bieten.

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Game of HAM von Bill S. Naim
Erschienen beim Game of HAM LLC 
Für 3 bis 16 Spieler in ca. 30 Minuten ab 18 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Game of HAM LLC)
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24.07.2020

Andor Junior


Als ich seinerzeit das erste Mal Die Legenden von Andor vor mir hatte war ich – als jemand, der sehr gerne Rollenspiele auf dem PC zockte - zunächst mehr als positiv angetan. Andor brachte einen Teil dieses Rollenspielerlebnisses auf den Tisch, ohne allzu ausufernd oder unnötig kompliziert zu sein und verpackte das Ganze auch noch in eine annehmbare Spielzeit und eine durchlaufende Story. Am Ende aller Legenden stellte sich etwas Ernüchterung bei mir ein, da das Spiel im Laufe der Legenden keinen weiteren Tiefgang mehr hatte, sondern stagnierte, was mir das Rollenspielgefühl auch sehr schnell nahm. Entsprechend „durchwachsen“ kam bei mir dann ja auch die erste Erweiterung namens Sternenschild an (der ein oder andere erinnert sich vielleicht noch an meine Rezension hierzu, schon krass dass die bald 7 Jahre her ist…). Eigentlich fand ich nur die zusätzlichen Komponenten gut. Was Andor aber geschafft hat: es hatte mich damals dazu gebracht, mich mehr mit dem Thema Dungeon-Crawler zu beschäftigen und führte mich letztlich zum überragenden Myth…aber das ist eine andere Geschichte.


Jetzt also, knapp 7 Jahre nach Die Legenden von Andor, nach Wegfall meines Rollenspiel-PC-Hintergrundes und mit zwei Kids am Tisch, habe ich die Junior-Variante von Andor vor mir und freue mich ehrlich gesagt ziemlich drauf, meinen Kindern die Faszination storybasierter Brettspiele zu näher zu bringen. Zwar hadere ich mit mir, ob nicht direkt das „richtige“ Andor als Einstieg auch gut wäre, aber letztlich ist unsere kleine noch 5 und damit für das Original dann doch noch etwas zu jung.

Also nichts wie ausgepackt und aufgebaut: Wie auch beim großen Vorbild ist in der Packung erstmal einiges an Komponenten drin und will sortiert bzw. verteilt werden. Zunächst sucht sich erstmal jeder Mitspieler einen Helden aus und entscheidet, ob er im Spiel Männlein oder Weiblein sein möchte. Die vier Helden haben dabei unterschiedliche Fähigkeiten, wie es sich für ein richtiges Fantasy-Story-Spiel eben gehört. Ziel einer jeden Runde ist es, drei Wolfjungen aus der Zwergenmine zu retten, bevor der Drache die Burg erreicht. Hierfür muss man grundsätzlich die Aufgaben des Brückenwächters Mart erfüllen, damit dieser die Helden über die Brücke zu den Minen lässt. Ohne zu viel zu verraten ist das leider der Schwachpunkt des Spiels: Letztlich geht es immer um das gleiche und das „Finale“ wird irgendwann öde. Aber eben erst irgendwann. Doch dazu gleich mehr.


Die Karte wird mit diversen Nebelplättchen aufgefüllt, die entdeckt werden wollen und in der Mine werden Minenplättchen verteilt. Außerdem kommen noch die bösen Gors sowie der Drache dazu und die Aufgabenkarten werden je nach Story zusammengestellt. Hier geht es z.B. darum, bestimmte Kräuter auf dem Spielplan einzusammeln oder Befestigungen der Gors einzunehmen. Insgesamt kommt das Spiel mit 10 Aufgaben, die zu insgesamt 4 Storys zusammengebaut werden. Hat man das alles durch, kann man neue Storys mit Zufallsaufgaben spielen. Das ist sehr schön gelungen, da die Aufgaben wirklich abwechslungsreich sind. Nur dass am Ende eben immer das Gleiche passiert.

Der Grundsätzliche Ablauf von Andor Junior erinnert dann stark an das Original, selbst wenn die Regeln etwas eingestampft wurden: Jeder Held verfügt über eine gewisse Anzahl an Sonnenscheiben. Für jeden Schritt, den man auf dem Plan gehen möchte, wird eine abgeworfen. Ist man am Ziel, so darf man dort eine Aktion ausführen: ein Nebelplättchen umdrehen und abhandeln, am Brunnen Sonnenscheiben „tanken“, Gegenstände aufnehmen/tauschen/kaufen, das Leuchtfeuer entzünden (vertreibt den Drachen ein wenig) oder letztlich kämpfen. Im Nebel verstecken sich gute Dinge, aber natürlich auch schlechte, durch welche der Drache oder die Gors vorankommen. Beim Kampf wird gewürfelt und die Anzahl der gewürfelten Schwerter wird mit denen der Gors verglichen, indem die Würfel auf die Felder des Gors gestellt werden. Hat man alle Felder gefüllt, wird der Gor vertrieben. Ansonsten bleibt er, wo er ist. Die Würfel aber auch. Hat man es als Team endlich in die Zwergenmine geschafft, muss man dort die drei Wolfsjungen unter den verdeckten Plättchen ausfindig machen. Dies erzeugt (bei den ersten Runden) ordentlich Spannung, da in der Mine mehr Drachenplättchen als Wölfe zu finden sind.


Haben die Helden alle ihre Sonnenscheiben verbraucht, bricht die Nacht über Andor herein. In dieser nähern sich der Drache und die Gors der Burg, neue Gors erscheinen auf dem Spielplan und verbrauchte Brunnen und Sonnenscheiben werden aufgefrischt. Erreicht ein Gor die Burg, darf der Drache nochmal laufen. Zu schlechter Letzt verschwinden in der Nacht auch alle Würfel, die jetzt noch auf den Gors liegen wieder zurück zu ihren Besitzern. Dann beginnt ein neuer Tag. Das Spiel endet, wenn der Drache die Burg erreicht (Niederlage) oder die drei Wolfsjungen gefunden wurden (Sieg).

Unterm Strich hat mich Andor Junior alles andere als enttäuscht: Es spielt sich super und macht unseren Kids richtig viel Spaß. Aber auch wir Erwachsenen spielen gerne eine Runde mit. Die Kleinen brauchen hier zwar aufgrund der Spielzeit von knapp über einer Stunde durchaus etwas Sitzfleisch, aber dafür ist das Spiel (grade in den ersten Partien) spannend genug, damit das klappt. Sehr schön ist hier, dass die grundlegenden Mechaniken dermaßen gut „eingestampft“ wurden, dass die Kids Andor Junior auch durchaus nach ein bis zwei Runden komplett alleine spielen könnten. Aber eigentlich spielen wir großen hier auch ganz gerne mit. Insofern macht Andor Junior als Kinderspiel eine hervorragende Figur und lässt sich auch ohne schlechtes Bauchgefühl als Familienspiel betiteln. Nur eben das immer gleiche Ende wird auf Dauer natürlich zum Motivationskiller, wobei man hier mit Erweiterungen leicht Abhilfe schaffen könnte. In Summe also ein gelungener Einstieg ins Thema. Bald dürfte bei uns dann also das „richtige“ Andor drankommen…und dann vielleicht Descent…und dann doch endlich mal Myth?
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Andor Junior von Inka und Markus Brand
Erschienen bei Kosmos
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 45 Minuten ab 7 Jahren

sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Kosmos)
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23.07.2020

Interview mit Thomas Sing




Herr Sing, ihr kooperatives Stichspiel Die Crew wurde zum Kennerspiel des Jahres nominiert und war nach kurzer Zeit in den Läden vergriffen. Was bringt die Spieler dazu sich den Missionen ins Weltall zu stellen? Was ist das Besondere an Die Crew?

Bei Die Crew war das Spielgefühl von Anfang an irgendwie anders. Ich spiele alleine und doch im Team. Der Gegensatz von Einzelspiel und Teamspirit ist dabei absolut fesselnd. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mich das letzte Mal so oft abgeklatscht habe. 
Etwas ganz Besonderes ist auch die Kommunikation der Funkplättchen. Sie ist einerseits klar und eindeutig und doch muss sie noch interpretiert werden. Wann und was kommuniziere ich? Das ist eine essentielle Frage im Spielverlauf. Ich finde die Kommunikation ist die Seele des Spiels.
Und als letzten Punkt möchte ich noch die Missionen erwähnen. Die einzelnen Missionen sind kurz und bauen langsam aufeinander auf und trotzdem hat jede Mission seine ganz eigene Aufgabe. In meinen Spielrunden, habe ich oft erlebt, dass die Spieler immer weiter spielen wollen. "Komm eine machen wir noch!", heißt es dann. Ich hab diese Sucht selbst erlebt, als wir die ersten Missionen ausprobiert haben. Ich hatte Anfangs keine Ahnung wie weit die Aufträge gehen würden. Es war wahnsinnig spannend.

Wie lange verlief der Entwicklungsprozess bis die Spielidee ausgereift war? Wie oft haben Sie die Triebwerke gezündet, den Kurs geändert und die Module geprüft bis Die Crew bei Kosmos gelandet ist? 

Das ist eine ganz tolle, kurze Geschichte. Die Idee war einfach da. Ich habe eigentlich an einem ganz anderen Stichspiel gearbeitet, bin Nachts aufgewacht und habe mich gefragt: "Wie spielt es sich eigentlich, wenn vor dem Spiel bekannt ist, wer welche Karte in einem Stich gewinnen muss?" Am nächsten Tag habe ich die Idee mit meinen Freunden ausprobiert und es hat auf Anhieb geklappt. Es war ein ganz großes Erlebnis etwas zu finden, was nicht mehr austariert werden musste. Ich hab die Spielidee quasi gefunden, nicht erfunden. 
Was zu Beginn noch nicht da war, war die Kommunikation und das Thema. Das hat sich aber auch nach kurzer Zeit entwickelt. Die Kosmos Spieleredaktion hat dann noch die Missionstexte ausgearbeitet.

In Ihrer Schulzeit waren Sie Weltrekordler im "Mensch ärgere Dich nicht" spielen. Was hat sie angespornt am Würfel zu bleiben? 

Ja das war damals eine verrückte Idee. Wir haben 100 Stunden am Stück "Mensch Ärgere Dich nicht" gespielt. Meine Lehrer meinten damals, es wäre sinnvoller, wenn ich die Zeit zum Lernen nützen würde. Ich war mir da aber gar nicht so sicher.

Als Josef Friedrich Schmidt "Mensch ärgere Dich nicht" produziert hat, fand er zunächst keine Abnehmer und ihm drohte die Pleite.
Sie haben sich vor ein paar Jahren mit Freunden einen Kiosk gekauft, um unter anderem mehr Raum für Spielideen zu haben. Haben sie diesen Schritt jemals bereut? Oder sich Sorgen gemacht, als Spielautor zu versagen und ihre Miete nicht mehr bezahlen zu Können?

Nein ich habe es nie bereut. Der Kiosk, den wir uns gekauft haben, ist ziemlich groß und sieht aus wie ein Ufo. Ich verdiene dort genug um nicht auf den Verdienst als Autor angewiesen zu sein. Ich muss mir also keine Sorge um meine Miete zu machen. Ich glaube, ich hätte es nicht gewagt Spiele zu erfinden, ohne einen Job nebenbei zu haben. Das wäre mir zu riskant.

Verbittert und verzweifelt verschenkte Josef Friedrich Schmidt seine letzten Spielexemplare, wodurch seine Spielidee bekannt wurde und er letzten Endes Millionär war. Glauben Sie das eine gewisse Waghalsigkeit zum Autorendasein dazu gehört? Was sollte man mitbringen, wenn man selbst Spieleautor werden möchte?

Das Wort Waghalsigkeit würde ich mal ausklammern. Aber was man, meiner Meinung nach, als Autor mitbringen sollte ist: Lust auf Neues, Lust etwas erschaffen zu wollen, Frustrationstolleranz, gute Beobachtungsgabe und man sollte unbedingt empfänglich für Kritik sein.

Als Spieleautor lebt man von kreativen Eingebungen und guten Kooperationen. Welche Zusammenarbeit planen Sie in Zukunft? An welchen neuen Spielideen arbeiten Sie gerade bzw. welche neuen Spiele von Ihnen werden bald erscheinen?

Ich habe einige Spiele bei Verlagen eingereicht, die dort schon länger liegen und bei denen ich glaube, dass einige Gute dabei sind. Dann habe ich bei HABA gerade die Reihe The Key herausgebracht und da sollte eigentlich zur Messe in Essen (die ja leider nicht stattfindet) der 3 Teil erscheinen. Und natürlich arbeite ich mit Kosmos an einer Fortführung von Die Crew.

Vielen Dank an Thomas Sing für das Interview.



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22.07.2020

Die Crew


Karten-Stichspiele gibt es schon seit vielen Hunderten von Jahren und in manch einer Familie haben Skat, Schafskopf und Co. eine traditionelle Bedeutung. So auch bei uns. Einmal im Monat treffen sich Tanten, Onkel, Neffen und Cousinen, Jung und Alt bei meinem 90 jährigen Großvater und spielen "Stiche raten" (bei uns "Einmal Hölle und zurück"). In jeder Runde, wird anhand der eigenen Kartenhand, geraten wieviele Stiche man erhält. In der allerletzten Runde werden die Stiche sogar blind angesagt, ohne die Kartenhand zu kennen. Aber was wäre, wenn zu Beginn festgelegt ist, wer welchen Stich erhält? Mehr noch wenn sogar klar ist welche Karte in diesem Stich enthalten sein soll? Das klingt ein bisschen nach Zauberei! Aber genau diese Frage hat sich Thomas Sing gestellt und daraus, die Idee des kooperativen Kartenstichspiels Die Crew, Reist gemeinsam zum 9 Planeten entwickelt.


Unsere Reise erstreckt sich über 50 unterschiedliche Missionen, jede mit einer eigenen Siegbedingung, die wir nacheinander als zusammenhängende Geschichte durchspielen. Die großen Spielkarten werden verdeckt und gleichmäßig an alle Spieler verteilt. Die aktuelle Mission wird laut vorgelesen und die vorgegebene Anzahl an Auftragskarten aufgedeckt und evtl. noch durch bestimmte Auftragsplättchen ergänzt. Zudem beachten wir die Anweisungen des Eingangstextes. Der Spieler mit der 4er Rakete auf der Hand ist Kommandant und darf sich als erstes eine der Auftragskarten aussuchen und offen vor sich ablegen. Die anderen Spieler folgen im Uhrzeigersinn. 
Beginnend mit dem Kommandant werden nun reihum Karten ausgespielt. Dabei gilt "Bedienzwang"; die vorgegebene Kartenfarbe muss wenn möglich gespielt werden. Die Raketen sind Trumpf und stechen immer. Ansonsten sticht der Spieler, mit der höchsten Zahl der ausgespielten Farbe. Dieser beginnt die nächste Runde. Es wird solange weitergespielt bis die Aufträge erfüllt wurden bzw. Keine Handkarten mehr auf der Hand sind. Ist die Mission misslungen, wird sie solange erneut gespielt, bis sie geschafft wird. Ist die Mission gemeistert, wird ins Logbuch eingetragen, um den wievielten Versuch es sich hierbei gehandelt hat. Dann kann mit der nächsten Mission gestartet werden. 
Während des Spielverlaufs darf keine mündliche Absprache über die Handkarten oder Stiche gemacht werden. Zur Kommunikation dienen die Funkplättchen. Glaubt man, die Mission nicht zu schaffen, kann man das Notsignalplättchen einsetzen. 


Fazit:

Bei Die Crew handelt es sich nicht um Zauberei! Kooperativ, festgelegte Stiche erhalten! Es funktioniert! Und es macht geradezu süchtig!
Warum das so ist? Naja wer will schon mitten in einem Film den Fernseher ausschalten? Jede der Missionen erzählt einen kleinen Teil einer großen Geschichte. Und die will erlebt werden! Wer die Trainingsphase als Austronaut bestanden hat, möchte doch nicht vor dem Start des Raumschiffes das Spiel beenden! Oder das Logbuch zuschlagen, wenn Kometensteine Löcher in die Schiffshülle gerissen haben! Aber Erzählungen allein bringen noch keinen Spielspaß. Die Crew besticht durch ihren neuartigen Stichspielmechanismus. Wir spielen einerseits für uns alleine, haben unsere eigenen Handkarten und versuchen unseren persönlichen Auftrag zu erfüllen und doch sind wir immer Teil der gesammten Crew. Jeder muss sich Gedanken machen, welche Karten die anderen auf der Hand haben, um beim Stechen richtig zu handeln. Denn um die Mission zu meistern, müssen alle Aufträge geschafft werden. 


Das funktioniert aber nicht ohne Kommunikation! Aber im Weltraum gibt es leider noch keine Flatrate für Funkgeräte, so dass wir nur einmalig einen kurzen, aber klaren Informationsaustausch mit unserer Crew haben dürfen. In Die Crew  kann über genau eine Karte Auskunft gegeben werden, ob sie die Einzigste, Höchste oder Niedrigste ihrer Farbe ist. Das besondere dabei, man darf im gesamten Spielverlauf der Mission kommunizieren. Mann kann also erst noch ein paar Handkarten abschmeißen und dann eine Karte zum Hinweiß auslegen. Das richtige Timing und die richtige Information mit dem Funkplättchen, ist dabei absolut zentral für das Gelingen der Mission! Wie im echten Leben kann ein falscher Tritt, alles zum einstürzen bringen! 
Nur faul vor dem Sofa sitzen und der Story lauschen kann man bei Die Crew also nicht. Man ist das ganze Spiel über gefordert und muss taktieren können. Aber es lohnt sich! Und da die Missionen nur etwa 5 min dauern. Könnt ihr jederzeit aussteigen, wenn euch der Kopf rauscht. 


In unseren Runden kam Die Crew, meistens sehr gut an und oft hieß es: "Komm eine Runde geht noch!" Aber ich hatte auch einige Spieler, die sich mit dem kooperativen Stichprinzip und dem Karten merken bzw. Karten erahnen, sehr schwer getan haben und dann keinen Gefallen am Spiel fanden. Vorrangig waren das Spieler ohne Erfahrung beim Stichspiel. Die Anleitung von Die Crew ist jedoch ausführlich beschrieben und bebildert und nimmt auch auf die grundsätzlichen Spielmechanismen Bezug. Was ist ein Stichspiel? Was bedeutet Missionsbasiert? So dass auch Unerfahrene Spieler, das Spiel gut verstehen können. Toll finde ich zudem die Möglichkeit, dass im Logbuch verschiedene Spielgruppen eingetragen und verglichen werden, können. Zudem gibt es noch eine Anleitung um Die Crew zu zweit spielen zu können. Was nur bei wenigen Stichspielen möglich ist. Optimal ist aber eine Besetzung zu dritt oder zu viert. 


Auch das Material des Spiels ist von guter Qualität. Hier überraschten mich die Easter Eggs, die mir erst nach einigen Spielrunden aufgefallen sind. Die Bilder der Spielkarten enthalten Andeutungen zu diversen Weltraumfilmen wie "Per Anhalter durch die Galaxis" oder dem bekannten Kunstwerk "Die Erschaffung Adams" von Michelangelo. Hier hat der Kosmos Verlag wirklich sehr gute Arbeit geleistet und Liebe in einzelne Details gesteckt. Abschließend kann ich Die Crew von Thomas Sing absolut empfehlen. Für diejenigen, die Stichspiele mögen und dem Thema Weltall zugewandt sind, ist Die Crew ganz klar das Kennerspiel des Jahres. Aber auch für die langjährigen Binokel und Skat Spieler ist dieses Spiel eine Erweiterung des Horizontes. Und für alle Astronauten unter euch: "Es lohnt sich für diese Missionen, das Stichspiel zu erlernen!"

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Die Crew von Thomas Sing
Erschienen bei Kosmos
Für 2 bis 5 Spieler in ca. 20 Minuten ab 10 Jahren
Boardgamegeek-Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Kosmos)


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