30.09.2019

Sherlock Reihe

1886 erschuf Sir Arthur Conan Doyle den berühmtesten Detektiv aller Zeiten, Sherlock Holmes. Sherlock ist ein Meister der Kampfkunst, eine Koryphäe an der Violine und der beste Ermittler, wenn es um Mord und Totschlag geht. Regelmäßig werden Holmes und sein WG Mitbewohner Dr. John Watson in ihrer Wohnung an der Baker Street 221b u.a. vom Scotland Yard aufgesucht, wenn erneut ein ganz besonders ausgefuchster Übeltäter, eine scheinbar unlösbare und irreführende Tat begangen hat. Im Handumdrehen löst Holmes auch den verzwicktesten Fall und erleichtert die Straßen von London um weitere Mörder, Diebe und Betrüger. Und wenn das Scotland Yard mal nicht auf der Matte steht, findet Sherlock sicherlich den ein oder anderen interessanten Zeitungsartikel, der ihn dazu animiert auf eigene Faust zu ermitteln und sich und Watson in Lebensgefahr zu bringen. 

Von A wie Aalsuppe bis Z wie Zwille, gab es sicherlich nichts, wo der Name Sherlock Holmes nicht schon einmal draufgestanden hätte. Bücher, Filme, Fernsehserien Video- und Gesellschaftsspiele; Überall ist der Meisterdetektiv vertreten und weiß bis heute zu faszinieren. Eines der ersten Deduktionsspiele war die Sherlock Holmes – Criminal Cabinet Reihe, das sich dadurch auszeichnete, dass es lediglich aus Zeitungsartikeln und Dokumenten bestand, die die Spieler in die Rolle von Holmes und Watson versetzten und sich lediglich auf die Erzählungen und den Scharfsinn der Spieler verließen. Keine Würfel, keine Figuren, kein Spielplan; Eine neue Art des Gesellschaftsspielens war geboren. Mit Consulting Detektive wurde dieses Spielkonzept modernisiert und bietet den Spielern ein authentisches und immersives Spielgefühl, wie kein anderes Spiel. Ihr blättert durch die Zeitungsartikel, analysiert die Karte vom viktorianischen London, besucht fiktive Orte und Personen und löst gemeinsam den Fall oder versagt kläglich. Das Spiel nimmt euch nicht bei der Hand, sondern traut euch einiges zu, was den Spielern zwar viel abverlangt diese aber auch mit einem einzigartigen Spielerlebnis belohnt.


Abacus Spiele will nun mit der Sherlock Reihe dieses Spielgefühl in kompakter Kartenform vermitteln und das Spielerlebnis eines großen Sherlocks beibehalten. Ein Einleitungstext und ein Stapel Karten sollen bis zu 8 Spieler an den Tisch fesseln und eine Lösung für den Fall ausdiskutieren lassen. Ob das gelingt?

Die Regeln von Sherlock sind ganz einfach: Bis zu 8 Spieler müssen kooperativ ein Verbrechen aufklären. Dieses Verbrechen wird in einem Einleitungstext grob beschrieben und die Spieler müssen die Spielkarten, die die Beweise und Indizien Abbilden, benutzen um mehr und mehr über das Verbrechen zu erfahren, mögliche Täter ausfindig zu machen und die Tat gedanklich rekonstruieren. Dafür bekommen sie jeweils 2 Karten ausgeteilt, die restlichen Karten bilden den Nachziehstapel.

Die Karten beinhalten oftmals einen Text manchmal nur ein Bild oder sogar beides. Die Spieler dürfen jedoch niemals den gesamten Text vorlesen, der auf einer ihrer Karten steht, sondern immer nur bestimmte, besonders hervorgehobene Passagen oder Worte. Über die Bilder dürfen sie offen sprechen, dürfen diese aber nicht vorzeigen. Wenn man der Meinung ist eine, für den Fall besonders relevante, Karte auf der Hand zu haben, die man den anderen Mitspielern unbedingt vorzeigen muss, kann man sich dazu entscheiden diese auszuspielen. Dazu legt man sie einfach offen auf den Tisch und jeder darf sie begutachten. Man darf Karten aber auch verdeckt ablegen und zwar dann, wenn man zum einen der Meinung ist sie sei irrelevant und zum anderen keine Karte ausspielen möchte, weil man noch unsicher ist. Egal ob man ausspielt oder ablegt, man zieht eine Karte nach und der nächste ist dran. Wenn der Nachziehstapel leer ist und keiner mehr Handkarten besitzt, muss sich auf eine Lösung des Falls geeinigt werden. Danach wird die eigene Lösung mit der des Spiels verglichen und überprüft welche Karten hätten ausgespielt werden müssen, um den Fall zu lösen. Lagt ihr mit eurer Lösung richtig, ist dies aber nur die halbe Miete, denn alle Karten, die nicht auf der Lösungsliste auftauchen, sind nicht relevant und bringen euch somit Minuspunkte, die dazu führen, dass ihr auf der Wertungsskala abrutscht und es nicht mit dem Meisterdetektiv aufnehmen könnt.


Sherlock hat uns überzeugt, und das vor allem dadurch, dass es den Spielern einiges zutraut. Es nimmt einen nicht bei der Hand und drängt auf eine exakte Lösung des Falls, sondern bleibt in vielerlei Hinsicht wage, was die Fantasie der Spieler anregt und wilde Diskussionen entfacht. Wir haben es bei keinem der 3 Spiele (Plus Einführungsspiel) geschafft, genau die Lösung zu erraten, die wir erraten sollten, was aber überhaupt nicht schlimm war, denn auf dem Weg dorthin hatten wir sehr viele wilde aber durchaus plausible Theorien, die alle aus einem Sherlock Holmes Roman, Film oder Serie stammen könnten. 

Leider leidet das Spiel aber am Alphaplayer Syndrom, und es ist wichtig darauf zu achten mit wem man das Spiel spielt, denn wenn einer von seiner Lösung überzeugt ist und sich nicht mehr davon abbringen lassen möchte, auch wenn der Rest der Gruppe anderer Meinung ist, ist der Spielspaß dahin. Dies kann besonders in kleineren Spielrunden fatal sein.

Außerdem ist es ein Eimal-Spiel Spiel. Wenn ihr den Fall einmal gelöst habt, könnt ihr das Spiel gleich weiterverschenken. Das ist für Sammler besonders blöd. Was aber trotzdem, im Gegensatz zu einem Escape Spiel, sehr positiv ist, ist die Tatsache, dass ihr bei Sherlock kein Spielmaterial zerstören müsst; kein Zerschneiden, Bemalen, Bekleben oder Falten. Ich hätte mir aber dennoch einige zerstörungsfreie Elemente aus einem Escape Spiel gewünscht, wie beispielsweise den Einsatz eines Spiegels oder das Zusammenlegen mehrerer Karten zur Lösung eines Puzzles o.Ä.

Ein großes Sherlock Spiel, mit Zeitungen und Karten ist natürlich eine ganz andere Nummer, da sie einen viel mehr in die Holmes Welt eintauchen lassen, nichtsdestotrotz sind die Sherlock Spiele von Abacus Unterhaltung pur und stehen was die Komplexität angeht dem großen Vorbild im Nichts nach. Gerade die Spielkartengroße Verpackung und die wohl einfachsten Spielregeln überhaupt, machen Sherlock zu einem Erlebnis erster Klasse, dass ihr, sowohl zu zweit als auch zu acht, einem Kinoabend oder vielen anderen Partyspielen bedenkenlos vorziehen könnt.

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Sherlock-Reihe von Francisco Gallego Arredondo, Marti Lucas Feliu, Josep Izquierdo Sanchez
Erschienen bei Abacus
Für 1 bis 8 Spieler in ca. 60 Minuten
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Abacus)

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27.09.2019

Monster Slaughter


Monster Slaughter aus dem Hause Ankama (deutscher Vertrieb BoardgameBox) ist der trashige Horrofilm „Cabin in the Woods“ als Brettspiel. Nun ja, eine Lizenz dazu hat er zwar nicht, und die Details unterscheiden sich dann doch gewaltig, aber die Grundidee ist gleich: Teenager mieten Hütte im Wald, Monster erscheinen bei Nacht rings um die Hütte, Teenager verstecken sich, Monster finden Teenager, Teenager kämpfen um ihr Leben, Teenager tot.


So damit habt Ihr nun auch den thematischen Hintergrund für Monster Slaughter was nun aber Ameritrash vom feinsten ist. Angefangen von der 3D-Hütte selbst, welche imposant auf dem Spieletisch aussieht, bis über die zahlreichen (sehr schicken!) Miniaturen, den Würfeln und den zahlreichen Karten. In Monster Slaughter zählt das Erlebnis und weniger die Mechanismen.


Wir selbst schlüpfen dabei in die Rollen von Monsterfamilien, die thematisch dabei alle klassischen Monster aus Horrofilmen abdecken: Mumien, Zombies, Werwölfe, Aliens, Kettensägenmänner etc. und müssen nunmehr kompetitiv versuchen erstens in die Hütte einzubrechen, zweitens die Teenager zu finden, welche sich natürlich beim ersten Geräusch verstecken und drittens diese dann um die Ecke zu bringen. Letzteres geschieht mit Würfeln, ist dann aber doch nicht so simpel, wie man denkt, denn jeder Spieler muss vor Beginn der Partie eine Kill-List festlegen, in welcher Reihenfolge die Teenager das zeitliche segnen sollen. Doof halt, dass jeder Spieler vermutlich seine eigene Liste hat und andere Pläne. Deswegen finden wir im Haus Gegenstände, die wir im Kampf den Teenagern situativ zur Hand geben, damit sie sich gegen die schrecklichen Monster der Mitspieler wehren können und erst dann sterben, wann es mir passt!


Klingt simpel und ziemlich take-that? Ist es auch. Monster Slaughter will auch nicht mit komplizierten Mechanismen punkten. Hier dreht sich alles ums Thema und den Spaß an der Sache. Und gerade letzteren hatte ich in meinen Partien eigentlich immer. Man muss sicherlich in der richtigen Laune sein und die richtige Truppe am Tisch haben, denn oft kann es schon sehr frustrierend sein, wenn der Teenager plötzlich mit der Kettensäge ausgerüstet zurückschlägt und partout nicht zu Boden gehen will. Eine Partie dauert dabei auch nicht zu lange (ca. 60 Minuten), sodass es einem auch nichts ausmacht, wenn sich mal wieder die versammelte Monsterwelt gegen einen verschwört zu haben scheint.


Die permanente Arbeit mit den Klischees der Trash-Horrorfilme ist für Fans des Genres wunderbar. An jede Art von Monster wurde gedacht, aber auch die Teenager selbst erfüllen die Klischees. Sei es der Nerd, das Cheerleader oder aber auch der Sportler. Alle sind sie dabei. Die Krone setzen dann für mich persönlich auch noch die Special-Guests auf, die mit Schlapphut, Ghostbuster-Outfit oder DeLorean vor der Hütte parken und fortan auch zur Zielscheibe werden können.


Wie gewinnt man aber eigentlich in Monster Slaughter? Grundsätzlich gibt es Siegpunktchips für das Töten von Teenagern und das korrekte Erfüllen der Kill-List. Ich persönlich empfinde das Wettrennen um die Punkte aber eher unthematisch, hätte es vermutlich also nicht gebraucht. Vielleicht kümmert es mich deswegen recht wenig, ob in einer Partie Monster Slaughter gewinne oder nicht. Ich erfreue mich einfach am Thema und dem Spielverlauf. Bleibt die Frage, ob Monster Slaughter zu empfehlen ist: Grundsätzlich würde ich die Frage bejahen, aber mit Einschränkungen. Man muss sich schon bewusst sein, was man sich da ins Haus holt, und dass Monster Slaughter nicht in jeder Runde zünden wird. Zudem ist Monster Slaughter nichts für jeden Abend. Am besten punktet es, wenn ich mir an Halloween ein paar Freunde einlade, Horrorfilme schaue und dann eine Partie spiele. Dann entfaltet es wirklich sein volles Potential. Einen permanenten Dauerbrenner – welchen man Abend für Abend wochenlang auf den Tisch bringt - sehe ich in Monster Slaughter jedoch nicht.

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Monster Slaughter von Henri Pym
Erschienen bei BoardgameBox
Für 2 bis 5 Spieler in ca. 60 Minuten
Boardgamegeek Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier BoardgameBox)

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25.09.2019

Arkham Horror (3. Edition)


„Ein Pfuhl voll Finsternis, tiefschwarz
Als sei’s ein Tiegel, darin Gifte kochen
Aus Blumen, im Mondlicht von Hexen gebrochen.
Ins Dunkel spähend, ob ich fände
Den Weg hinab, bohrt mein Blick 
Sich in den Schlund und fiel direkt
Auf steile, glitschig glatte Wände
Welche mit zähem Schleim bedeckt,
Pechfinster, wie auch jener Schlick
Der an des Totenozeans Ufern leckt.“ 

 (Aus Stadt ohne Namen von H.P. Lovecraft)

…uuhh, irgendwie verdammt schaurig und dennoch faszinierend, die Kurzgeschichten von H.P. Lovecraft. Für die, denen die Namen Lovecraft oder sein Cthulhu-Mythos nichts sagen, hier eine kurze Auffrischung:


1.

Howard Phillips Lovecraft lebte von 1890-1937 und ist durch seine Kurzgeschichten in fantastischer Horrorliteratur berühmt geworden. Dabei wird dem Grauen in seinen Geschichten selten direkt begegnet, es werden eher die Auswirkungen und skurrilen Beeinflussungen auf die Umgebung beschrieben. Seine Geschichten sind definitiv keine leichte Kost, jedoch für Literaturliebhaber einen Blick wert!
Der Cthulhu-Mythos besteht aus einer Reihe von Kurzgeschichten, welche sich direkt oder indirekt mit dem Monster Cthulhu aus einer anderen Welt oder Dimension beschäftigen. Da seine Geschichten alle schreckliche Abnormalitäten beschreiben, hat sich Cthulhu als Sammelbegriff etabliert. Heute wird das Thema von vielen verwendet und aufgearbeitet, so auch in Arkham Horror. In der nun schon dritten Edition findet man sich in der Stadt Arkham Massachusetts wieder, in der man unheimliche Abenteuer im typischen Lovecraft-Stil erlebt. 

2.

Für die nur am Fazit Interessierten ist Punkt 4 der entscheidende. Eine interessante Diskussion des Materials passiert bei 3.

In der dritten Edition von Arkham Horror aus dem Jahr 2018, publiziert von Fantasy Flight, schlagen wir uns als ein Team von bis zu sechs Ermittlern durch vollkooperative Szenarien. Dabei liegen dem Spiel selbst schon vier Szenarien bei, Nachschub wird wahrscheinlich nicht allzu lang auf sich warten lassen. Diese Szenarien sind alle vollkommen unterschiedlich in Spielgestaltung, Sieg- oder Niederlagebedingungen und erzählen jeweils eine kleine Geschichte. Dies wird durch szenariospezifische Kodex- und Ereigniskarten gewährleistet. Dabei hängen die Szenarien nicht zusammen und können unabhängig voneinander erlebt werden. 


Das Spiel selbst findet nach einem ziemlich langen Aufbau in stetig wiederkehrenden vierphasigen Runden statt. Eine Runde besteht dabei aus Aktionsphase der Ermittler, Monsterphase, Begegnungsphase und letztlich der Mythosphase. Doch nun im Einzelnen: In der Aktionsphase hat jeder Ermittler zwei Aktionen und darf dabei keine doppelt ausführen. Die Auswahl dabei reicht von den klassischen wie Bewegen und Angreifen, über Möglichkeiten des Fokussierens seiner Kräfte, oder des Recherchierens von Hinweisen. Es sei angemerkt, dass zwei Aktionen sich eigentlich immer zu wenig anfühlen, aber das soll wohl so sein. In der Monsterphase wiederum erfahren die durch die Straßen streifenden Monster ihre individuelle Aktivierung. Der Klassiker wäre, dass sie uns Ermittler schlicht angreifen und damit tierisch auf die Nerven gehen, oder sie richten anderweitig Schaden an. Monster mögen wir nicht. Ist man dann als Ermittler nicht von einem Monster in einen Kampfverwickelt worden, findet die Begegnungsphase statt, das eigentliche Flavour-Herz von Arkham Horror  Für jeden Ermittler wird entsprechend seiner Position eine Karte mit stimmungsvollem Text vorgelesen. Diese sollte im besten Falle von Mitspielern vorgelesen werden, das erhöht den Überraschungseffekt für den jeweiligen Spieler. In dieser Phase kann alles Mögliche passieren, von skurrilen Begegnungen, über das Erhalten von Gegenständen, Verbündeten, Zaubern, Flüchen, spielrelevanten Hinweisen oder ganz anderen Dingen. Die abschließende Mythosphase treibt das Spiel voran, indem durch zufällige Plättchen Monster oder Hinweise erscheinen, sich Verderben ausbreitet oder im besten Falle nichts passiert.


Das Gewinnen oder Verlieren wird dabei durch das Kodex-Kartendeck vorgegeben. Die Grundstruktur besteht jedoch darin, dass durch bestimmte Elemente im Spiel Verderben auf dem Szenarioborgen landet oder aber die Ermittler Hinweise darauf ablegen. Das erstere ist immer gut, das letztere immer schlecht. Die Einzelheiten sind dabei jedoch vom jeweiligen Szenario abhängig.

Sogenannte Proben bilden die Hauptmechanik des Spieles. Ich erläutere das an einem Kampfbeispiel. Angenommen mein Ermittler hat eine Kampfstärke von 3 (steht auf dem jeweiligen Ermittlerbogen) und noch die ein oder andere Waffe, sodass er insgesamt auf 6 Stärke kommt. Ich entscheide mich nun, ein Monster zu attackieren, welches einen Modifikator von -1 und 2 Leben hat. Der Modifikator zieht mir eine Stärke ab. Mit 5 Stärke muss ich nun 5 Würfel würfeln und für jeden Erfolg mache ich dem Monster einen Schaden. Bei 2 Schaden ist es besiegt. Als Erfolg zählt dabei im Regelfall eine 5 oder 6, also eine Chance von 1/3 pro Würfel. Bei vielen anderen Proben reicht jedoch ein Erfolg aus, oftmals hat man dann aber auch nicht 5 oder mehr Würfel.

3.

Ein Blick in die Box verrät: Oh mein Gott, ist das viel Material! Das ist an sich wunderbar, zieht jedoch durch seine unsortierte Form den Spielaufbau drastisch in die Länge. Gerade das Monsterdeck muss für jedes Szenario neu zusammengestellt werden, was sich als äußerst aufwendig gestalten kann. Bis zu 11 verschiedene Kartendecks benötigt man in einem Spiel, plus verschiedene Ablagestapel. Da braucht es Zeit und Platz. 


Die Karten an sich haben jedoch gewohnt gute Qualität und ein schönes Artwork, welches zum Genießen und ausführlichen Anschauen einlädt. Der Spielplan ist modular, was für verschiedene Szenarien und wahrscheinliche Erweiterungen super ist, jedoch sind die Verbindungskanten recht instabil, sodass sich die Pappe dort schon nach wenigen Spielen anfängt zu lösen. Für Spieler, die dieses Spiel voll durchdringen wollen und sich dann noch mit Erweiterungen im Arkham-Universum zu versenken gedenken, ist hier definitiv Obacht geraten!

Wiederum genial sind 12 verschiedene Ermittler erfreuen jedes Spielerherz, da gibt es nichts dran auszusetzen. Einige Berichte über dieses Spiel bemängeln fehlende Plastikfüße, da nur 6 enthalten sind, was ich jedoch nicht allzu tragisch empfinde. Ein Wechsel der Füße ist bei etwas Vorsicht unproblematisch. Überhaupt nicht unproblematisch ist der Geiz von FF, die für die wichtige Mythosquelle keine Lösung in Form eines Stoffbeutels mitgeliefert haben. Da steht in der Anleitung schlicht, man solle sich selber etwas suchen. Bei einem Spiel dieser Preisklasse schlichtweg frech!

Letztlich (für diesen Unterpunkt) noch ein kurzer Vergleich zu anderen Arkham-Spielen und ob sich diese Edition dahingehend lohnt: Ich selbst kann es mit dem AH-LCG und AH 2. Ed. vergleichen. Vom LCG hat die dritte Edition die Mythosquelle und das Ziehen dieser Plättchen übernommen. Jedoch wurde eine Möglichkeit des Vollversagens (roter Chip im LCG) ausgespart, was mir sehr gefallen hat. Im Vergleich zur zweiten Edition fällt die Dritte wesentlich opulenter im Material, jedoch gestreamlineder in der Umsetzzung aus. Alle typischen Elemente von Ermittlern, über Monster bis hin zu den Proben sind jedoch geblieben. Meiner Meinung nach ist es eine gelungene Fortsetzung der Editionen und für Liebhaber ein Upgrade wert. Dies führt uns nun ins heiß erwartete Fazit:


4.

Positiv hervorzuheben sind die individuellen Ermittler, mit eigenen Gegenständen, die im Spiel weiter ausrüsten kann – einfach toll! Zudem ist die Geschichte spannend und mit etwas Musik im Hintergrund holt dieses Spiel enorm viel Stimmung auf den Tisch. Letztlich hat es zwar seinen Preis, jedoch bekommt man doch recht viel Spiel dafür.

In den individuell zu beurteilenden Bereich fallen folgende Dinge: Es ist vollkooperativ, ob einem das gefällt, ist Geschmackssache. Auch das es sich hierbei um ein reines Glücksspiel handelt, sollte man wissen, wenn man sich drauf einlässt. Ebenfalls zwiespältig sehe ich, dass es auf Erweiterungen angewiesen ist, wenn man neue Szenarien will. Wenn man mit der gleichbleibenden Geschichte kein Problem hat, kann man problemlos auch ein Szenario mehrfach spielen – völlig gleich wird es eh nie sein.

Am Ende meiner Rezension muss ich jedoch nochmal in die Meckerkiste greifen: Wer denkt sich denn so ein opulentes Spiel aus und lässt seine Spieler dann mit so viel unsortiertem Spielmaterial allein? Ein paar wenige, etwas größere Sortierkarten hätten schon Wunder gewirkt und die enorm lange Set-Up-Zeit deutlich verkürzt. Ebenfalls zur Unübersichtlichkeit beitragend sind die ganzen im Spielmaterial versteckten Schlüsselwörter, die alle nachgeschlagen werden müssen, da alle eigene Regeln mit sich bringen. Viele Sachen sind da auch nach mehrmaligem Spielen noch nicht hundertprozentig klar. Letztlich empfinde ich eine Dysbalance bei der Spielerzahl. Ist man zu zweit oder dritt auf der großen Karte stark überfordert, ist es zu sechst wesentlich leichter, überall zu agieren. Ich selbst habe es so gelöst, dass bei weniger Spielerzahlen die Spieler auch mal zwei oder drei Ermittler gleichzeitig steuern, dies bringt dem Spielspaß weniger Abbruch, als eine Überforderung auf großer Karte.

Ich finde das Spiel nicht schlecht, jedoch hat es auch seine Schwachstellen. Von mir bekommt es eine 2.

Für wen ist diese dritte Edition der Arkham-Erlebnisse geeignet? Nun, für alle, die Fans grausiger Geschichten sind, gerne kooperativ spielen, oder selbst schon eine vorige Arkham-Edition besitzen und Lust auf Neues haben.
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Arkham Horror (3. Edition) von Richard Launius, Nikki Valens und Kevin Wilson
Erschienen bei Fantasy Flight Games
Für 1 bis 6 Spieler in ca. 150 Minuten
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Fantasy Flight Games)

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23.09.2019

Natives


Winter is coming. Und nein, nicht in Westeros, sondern in der nordamerikanischen Prärie. In Natives müssen sich SpielerInnen als Oberhaupt eines Stammes von Ureinwohnern auf die kalte Jahreszeit vorbereiten. Dabei müssen sie die Prärie durchforsten und Nahrung, neue Stammesmitglieder und Totems ausfindig machen. Und sollten sich zu viele Fremde herumtreiben, müssen auch mal Gefangene gemacht werden.

Zwei bis vier SpielerInnen aktivieren reihum eine der sieben Berufsgruppen ihres Stammes, um bestimmte Karten aus der Auslage, der Prärie, zu sammeln. Je mehr Stammesmitglieder einer Berufsgruppe zugeordnet sind, desto mehr Karten können aus der Mitte gesammelt werden.


Mit dem (oder später den) Ältesten sammelt man neue Stammesmitglieder ein, bevorzugt diejenigen, die die eigene Spielerfarbe besitzen. Die so gesammelten Karten ordnet ihr dann den sieben Gruppen zu, um noch effektiver zu sammeln. So ernten FarmerInnen Mais, FischerInnen fangen Lachs und JägerInnen erlegen Bisons und generieren so schnell viele Punkte. Kundschafter erlauben den SpielerInnen zu Beginn des Zuges, mehr Karten der Prärie hinzuzufügen, um eine größere Auswahl zu erhalten. SchamanInnen können Totems finden, die Bonuspunkte am Spielende bescheren können und Krieger nehmen Stammesmitglieder gefangen. Dafür gibt es Siegpunkte und beraubt die MitspielerInnen der Möglichkeit, weitere, eigene Stammesmitglieder zu rekrutieren. Im schlimmsten Fall müssten sie Fremde anheuern, was am Ende des Spiels aber Minuspunkte beschert. 

Reihum füllen die SpielerInnen die Prärie mit Karten auf und nehmen sich, was am besten zu ihrer Taktik passt. Sobald die Winterkarte aufgedeckt wird, wird die aktuelle Runde zu Ende gespielt, bevor die Punkte zusammengerechnet werden. 


Eine Runde Natives ist in 20 bis 30 Minuten gespielt und das Spielprinzip lädt zu einer weiteren Partie ein, um die eigene Taktik zu optimieren. Das Problem: Relativ schnell macht sich das Gefühl breit, dass es eine Vorgehensweise gibt, die deutlich wahrscheinlicher zum Sieg verhilft als andere: Das Gefangennehmen der vielen anderen Stammesmitglieder im Spiel bringt in Kombination mit einem Totem unerhört viele Punkte. Wer viele Krieger anstellt und das entsprechende Totem sein Eigen nennt, gewinnt mit ziemlicher Sicherheit auch die Partie, gerade weil sie der Konkurrenz damit auch noch Punkte vorenthält. 

Der Wiederspielwert hält sich damit leider etwas in Grenzen. Das ist schade, denn das Spiel ist schnell erlernt und gespielt und sieht dazu auch sehr gut aus. Der minimalistische Stil, in den die Kunst der amerikanischen Ureinwohner überführt wurde, kommt durch die knalligen Farben besonders gut zur Geltung. Dennoch ist das Spiel - gerade bei dem günstigen Preis - allen zu empfehlen, die ein einfaches, aber gutes Drafting- und Deck/Pool-Building-Spiel suchen.

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Natives von Alexej Konnov, Alexej Paltsev, Anatoliy Shklyarov und Trehgrannig
Erschienen bei Kosmos
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 20 Minuten
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Kosmos)


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20.09.2019

Zoo Run


Nach Little Battle und Bauchplatscher haben wir noch ein Kinderspiel von den lieben Leuten von Hutter Trade bekommen. Hierbei handelt es sich um Zoo Run, welches unter dem Label „LOKI“ veröffentlicht wurde und für 1-5 Kinder ab 4 Jahren geeignet ist.
Zoo Run beinhaltet gleich zwei kleine Spiele in einer Box, zum einen ein Einsteigerspiel für 4-6 Jahre und dann noch ein wenig anspruchsvoller für Kinder von 6-8 Jahren. Fangen wir doch gleich mit dem Einsteigerspiel an welches „Befreit die Tiere“ lautet.
Bei dieser Variante versuchen wir gemeinsam alle Tiere aus dem Gehege zu befreien und zwar bevor der Zoowärter dieses erreicht hat. 


[AUFBAU #1]

Wir legen das Spielbrett auf die kooperative Seite und platzieren alle Tierplättchen mit der Tierseite nach oben in das dargestellte Gehege. Auf dem Weg zum Gehege platzieren wir die Wegplättchen und stellen den Zoowärter auf das Plättchen, welches am weitesten vom Gehege entfernt ist. Anzahl an Tier- und Wegplättchen hängt von der Spieleranzahl ab.
Dann mischen wir die 30 Karten und verteilen jedem Spieler 3 Stück und legen sie offen vor uns aus. Auf jeder Karten befinden sich Tierhälften, entweder Kopf- oder Beinseite. 

[ABLAUF #1]

Gleichzeitig legen nun alle, die drei vor sich liegenden Karten so aneinander, dass ganze Tiere entstehen. Für jedes ganze Tier darf ich ein entsprechendes Tierplättchen aus dem Gehege befreien. Haben das in einer Runde alle getan, geht der Zoowärter ein Schritt weiter und jeder zieht drei neue Karten vom Nachziehstapel. Das Spiel geht so lange bis entweder das Gehege leer ist oder der Zoowärter dieses erreicht hat. 


[FAZIT #1]

Man sieht sofort, es hat seinen guten Grund, dass diese Variante für 4-6 Jahre gedacht ist. Hier führt man Kinder wirklich langsam an ein erstes Spielen heran. Die Mechanik mit den drei Karten ist mal was anderes und niedlich anzusehen. Zumal für die kleinen Kinder lustige Kombinationen zustande kommen, bei den Tierhälften die nicht zusammenpassen. 

Für meine Tochter (6, fast 7) war es auf jeden Fall zu wenig und wir kommen schnell zur zweiten Variante und zwar „Das Wettrennen des Jahres“. Die ausgebrochenen Tiere liefern sich nun nämlich ein kleines Wettrennen und jeder Spieler versucht sein Lieblingstier als erstes ins Ziel zu bekommen.

[AUFBAU #2]

Wir verwenden nun die andere Seite des Spielbretts und jeder Spieler wählt ein Lieblingstier als Aufsteller und platziert diesen in den Startbereich. Damit man weiß, wer welches Tier hat, bekommt jeder Spieler noch passend ein Tierplättchen. Die übrigen Plättchen kommen mit der Kronen-Seite nach oben in Reichweite. 
Wir mischen die 30 Karten und jeder Spieler erhält 4 Stück, die er offen vor sich auslegt. 


[ABLAUF #2]

Wie auch schon bei der ersten Variante legen wir wieder die Karten so aneinander das fertige Tiere zusammengestellt werden. Für jedes komplette Tiere darf ich meine Lieblingsfigur um ein Feld nach vorne bewegen. Schaffe ich es sogar mein Lieblingstier zusammenzustellen, darf ich die Figur um zwei Felder weit bewegen und darf mir ein Kronenplättchen nehmen. Nach jeder Runde muss ich 3 von den 4 Karten ablegen und drei neue ziehen. 
Gewonnen hat derjenige, der sein Lieblingstier als erstes ins Ziel bringt, sollte es vorkommen, dass es mehrere Tiere gleichzeitig sind, gewinnt der Spieler mit den meisten Kronen.

[FAZIT #2]

Ihr merkt schon, deutlich anspruchsvoller wird es nicht, aber der kleine aber feine Kniff, dass man eine von den vier Karten behalten darf, bringt zumindest ein kleines bisschen Taktik mit sich, da man ja schon versucht sein Lieblingstier zusammenzustellen. 


Die Mechanik mit den Karten gefällt mir in der Variante noch besser und ist mal eine Abwechslung zu Würfeln und Co. Ein Dauerbrenner wird es aber dennoch wohl nicht werden, da es am Ende schon sehr seicht ist und auch zwischen den Spielern nur wenig Interaktion aufkommt. Aufgrund eines Lese-Fehlers habe ich zu Beginn noch eine kleine Abwandlung gespielt, die es noch ein wenig spannender machen kann.
So musste man immer das Tier bewegen, welches man zusammengestellt hat und nicht sein Lieblingstier. Ich empfand es als gelungene Alternative, gerade wenn man auch nur mit 2-3 Spielern spielt. 

Das Material ist wie bei den anderen Titel aus diesem Verlag gelungen und hochwertig. Auch die Schachtelgröße ist passend und nicht überdimensioniert. Den Preis von ca. 16-17€ find ich aber leider zu hoch gegriffen, dafür wird spielerisch dann doch zu wenig geboten.

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Zoo Run von Florian Sirieix
Erschienen bei LOKI
Für 1 bis 5 Spieler in ca. 15 Minuten
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18.09.2019

Radetzky: Milano 1848


Mailand 1848. Österreich-Ungarn herrscht über die Stadt und der wohlbekannte General Radetzky thront in einem Kastell über der Stadt. Doch die Zeit der Besatzung geht zu Ende, Widerstand regt sich in den Bezirken. Die Situation eskaliert und nach fünf Tagen heftigster Kämpfe in der Stadt, erobern die MailänderInnen ihre Heimat zurück.

In Radetzky: Milano 1848 schlüpfen bis zu fünf SpielerInnen in die Rollen von Patrioten, die gemeinsam versuchen, die Österreicher aus ihrer Stadt zu werfen. Das kooperative Spiel fängt das Thema dabei sehr gut ein und bietet Regeln für ein (sehr) einfaches und ein herausforderndes Spiel.


Die SpielerInnen haben die Aufgabe fünf der 15 Bezirke Mailands zu erobern, bevor es die Österreicher tun. Pro Zug dürfen drei Aktionen genutzt werden: SpielerInnen können sich z.B. bewegen, gegen Soldaten oder gar Radetzky selbst kämpfen und zuletzt einen Bezirk dauerhaft erobern. Wie oft welche Aktion genutzt wird, bleibt den Spielenden überlassen. Zuletzt können SpielerInnen auch ihre Kartenhand auffüllen. Diese Karten werden im Kampf genutzt oder (im fortgeschrittenen Spiel) um spezielle Aktionen auszulösen.

Der Kampf gegen die schwarzwürfeligen Österreicher gestaltet sich simpel: Nach dem Schere-Stein-Papier-Prinzip müssen SpielerInnen die richtigen Symbole von ihrer Hand spielen, um zu gewinnen. Da man auf die Karte der Österreicher reagieren darf und sich MitspielerInnen, die sich im selben Bezirk befinden, mit ihren Handkarten dem Kampf anschließen können, kann man sich die Siegchancen ganz gut ausrechnen. Die Zufälligkeit hält sich daher in einem guten Rahmen und sorgt für keinerlei Frustmomente.


Nachdem alle SpielerInnen ihre Aktionen durchgeführt haben, sind die Österreicher am Zug. Beträgt die Zahl der Österreicher in einem Bezirk vier mehr als die Zahl der Patrioten, dann erobern sie dauerhaft diesen Bezirk. Danach wird das Spielfeld mit weiteren Österreichern überschwemmt, Radetzky ändert seine Position und im schlimmsten Fall wird weitere Verstärkung aus dem Kastell angefordert. Sollte es irgendwann zu wenige Österreich-Würfel geben, haben die SpielerInnen ebenfalls verloren.

In der einfachen Variante muss schon viel schief gehen, damit eine Partie verloren geht. Bisherige Runden schwankten in Ihrem Anspruch zwischen “einfacher Spaziergang” und “jetzt muss man doch mal ein bisschen sein Köpfchen benutzen”. Mit diesen Regeln kann man Brettspiel- und Koop-Neulinge abholen und durch den niedrigen Schwierigkeitsgrad sofort Erfolge erzielen.
In der schwierigen Variante sieht das ganz anders aus. Die Bewegung ist nun auch für Patrioten durch Straßenblockaden eingeschränkt. Außerdem müssen Patrioten nun erst eine bestimmte Anzahl an österreichischen Soldaten besiegen, um einen Bezirk erobern zu können. Es reicht also nicht mehr einen Bezirk an sich leerzufegen; es müssen in der ganzen Stadt weitere Soldaten besiegt werden.


Um sich diesen Herausforderungen stellen zu können, erhalten die SpielerInnen aber auch zusätzliche Aktionen: Kampfkarten können nun für eine spezielle Aktion genutzt werden, je nach abgedrucktem Symbol. Das kann die Bewegung oder den Kampf erleichtern oder die Zahl der österreichischen Soldaten auf dem Spielfeld reduzieren. Zusätzlich lassen sich nun Kampfkarten opfern, um diese Aktionen dauerhaft zu verstärken. 

Hier zeigt sich, wie Radetzky eigentlich gespielt werden sollte und wie herausfordernd das Spiel dann doch ist. Die Zufälligkeiten können unschaffbare oder gerade noch so zu bewältigende Szenarien schaffen. Dabei wirkt es dennoch nie unfair oder frustrierend. Die Regeln sind nicht allzu komplex, erlauben aber taktisches Vorgehen, das die SpielerInnen sehr gut gemeinsam gestalten können. Das macht Radetzky - Milano 1848 zu einem tollen kooperativen Spiel mit gut umgesetztem historischem Thema, das sich für AnfängerInnen wie ExpertInnen eignet.

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Radetzky: Milano 1848 von Alberto Barbieri, Marco Garavaglia und P. S. Martensen
Erschienen bei Post Scriptum
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 60 Minuten
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Post Scriptum)


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16.09.2019

Super Motherload


Heute widmen wir uns einem der ersten Roxley-Titel: Super Motherload.… Alles klar, super Mutter-was? An diesem Titel hatte ich eine Weile zu knaubeln. Was bedeutet er? Und was hat er mit dem Thema des Spiels zu tun? Schritt Nummer 1, Oxford-Wörterbuch aufgeschlagen: Steht nichts dazu drin. Mist. Schritt Nummer 2, lass dir von Google helfen: einschlägige Übersetzungsforen brachten mich zu Bedeutungen wie Mutterlast oder Mutterlos. Aber was bitteschön ist denn damit gemeint? Auch die Internetcommunity war sich da nicht so sicher. Irgendwann habe ich dann endlich einen Kommentar gefunden, der mir geholfen hat: Motherload, ursprünglich Motherlode, ist ein Fachbegriff des kanadischen Bergbaus und bezeichnet die Haupterzader. Wer einen Motherlode findet, hat faktisch für sein Leben ausgesorgt.

Nun ergab alles einen Sinn! In Super Motherload bohren und bomben wir uns immer tiefer ins Erdreich, um an wertvolle Kristalle zu kommen und immer reicher zu werden. Ganz nebenbei ist Roxley ein kanadischer Verlag…


Die Grundmechanik in Super Motherload ist eine Mischung aus Deckbuilding und Plättchen-Legen, was 2014 doch recht innovativ war. Getreu Roxley‘s Motto bei jedem ihrer Spiele etwas besonderes zu versuchen. 

Als Leiter einer Bohrexpedition dringen wir mittels unserer Karten immer tiefer ins Erdreich des Mars vor, was durch geschicktes Legen von Plättchen auf dem Hauptspielplan dargestellt wird. Alle dabei gewonnen Minerale müssen wir sofort in neue und bessere Karten investieren. Gewonnen hat bei diesem Spiel letztlich der Spieler mit den meisten Siegpunkten. Siegpunkte können wir dabei auf zwei Arten erhalten: Einerseits sind neue Karten im Deck immer Siegpunkte wert, andererseits gibt es kleinere und größere Ziele, welche im Spiel erreicht werden können.


Ein regulärer Zug besteht aus zwei Aktionen. Für jede dieser Aktionen haben wir drei Optionen: 1. zwei Karten nachziehen, 2. mit mehreren gleichfarbigen Karten entsprechend weit bohren, oder 3. mit Abgabe eines Bombtokens und einer roten Karte einen Bereich wegbomben. Hierbei ist es sehr schön kniffelig, dass man zwar einen starken Zug machen kann, dann aber meist alle Handkarten auf einmal benötigt, was die folgenden Züge schwächer werden lässt. Besonders begehrt ist daher zusätzliches Kartenziehen, was man bekommt, wenn man Zieh-Felder auf dem Spielplan abdeckt.

Das Material in Super Motherload gefällt mir ziemlich gut; nicht nur die Grafik des Spieles ist schön, vor allem die Verarbeitung lässt andere Spiele alt aussehen! Allein der Karton ist doppelt so dick, wie eine klassische Pegasus-Schachtel – Ich hab’s nachgemessen! 


Damit verbunden ist auch schon ein erster Kritikpunkt: Der Preis. Das Spiel ist (Achtung Wortspiel) super, meinem Empfinden nach aber etwa 10€ zu teuer. Jedoch ist der Preis wohl einerseits durch gute Qualität und andererseits durch die Verlagsgröße zu begründen. 

Im Spielgefühl schwankt Super Motherload stark zwischen enorm taktisch (zu Zweit) und relativ willkürlich (zu Viert), da sich schlicht zu viel auf dem Spielplan verändert, bis man selbst wieder an der Reihe ist. Jedoch tut dies dem Spielspaß wenig Abbruch. Weiteren Spielspaß bieten auch leicht asymmetrische Kartendecks, was durch die aufgewerteten Karten zum Tragen kommt.


Letztlich bleibt mir nur zu sagen, dass Super Motherload ein klasse Deckbauspiel ist, welches im deutschsprachigen oder gar europäischen Raum meiner Meinung nach viel zu wenig Aufmerksamkeit erhalten hat – vielleicht ändert sich dies nun. Mit einem kleinen Abzug in der B-Note aufgrund des Preises erhält Super Super Motherload von mir eine 1. Ihr solltet es unbedingt mal ausprobieren!
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Super Motherload von Galan Brown und Matt Tolman
Erschienen bei Roxley Games
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 60 Minuten
Boardgamegeek Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Roxley Games)

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14.09.2019

Guardian´s Call


Schreckliche Kreaturen machen sich auf dem Weg zum Königreich und der König hat seine fünf größten Helden der jeweiligen Clans zusammengerufen. Ihr sollt zusammen genug Waffen und Schilder finden, Artifakte und Zaubersprüche sammeln und so viele Bewohner wie möglich schützen. Aber nur einer von euch kann am Ende der „Guardian Commander“ sein…

2-5 Spieler ab 14 Jahren streiten sich um diesen Posten. Verantwortlich zeigen sich Druid City Games und Skybound Games. Aktuell gibt es noch keine deutsche Übersetzung und die Rezension basiert auf der englischen Ausgabe. Eine Lokalisierung ist aber evtl. nicht komplett ausgeschlossen, denn von Druid City Games wurde auch Grimms Wälder in der Spieleschmiede umgesetzt. Ob sich das auch bei Guardian’s Call lohnt, prüfen wir jetzt…


[AUFBAU]

Zunächst wird das Guardian-Kartendeck zusammengestellt, dieses besteht aus Artefakten, Flüchen, Schilde, Zaubersprüchen, Bewohnern und Waffen. Je nach Spieleranzahl müssen evtl. noch von jeder Art welche aus dem Spiel genommen werden. Diese werden alle gründlich gemischt und jeder Spiel erhält verdeckt 3 Stück. 
In der Tischmitte wird der Markt vorbereitet in dem man fünf Karten offen auslegt. Die restlichen Karten werden nun in vier gleich hohe Stapel aufgeteilt. In einen Stapel wird noch die Kriegs-Karte hineingemischt. In den zweiten Stapel kommt die Rats-Karte hinein und dieser wird auf den ersten Stapel gelegt. Die 2 anderen kommen als Abschluss des Decks ebenfalls darauf. 
Jeder Spieler wählt einen Guardian und erhält das dazugehörige Spielerboard. Von jedem teilnehmenden Guardian bekommt man noch den passenden Angebots-Token. 
Ebenfalls in die Tischmitte kommt der Castle-Track und jeder Spieler stellt seine Miniatur auf das Startfeld. Für jeden Spieler kommt jeweils ein Siegpunkt-Token auf die Felder 5, 10 und 15. Beginnend mit dem 5 Siegpunkt-Token und dann absteigend auf jedem der genannten Felder. 
Es kommen noch die Quest Karten und Schatzkarten hinzu, diese werden jeweils gemischt. Von den Quest Karten werden drei gezogen und offen ausgelegt, der Rest kommt in die Schachtel zurück und die Schatzkarten kommen einfach verdeckt neben den Castle-Track. 
Der jüngste Spieler wird Startspieler und es kann losgehen.


[ABLAUF]

Ein Spieler an der Reihe füllt zunächst die Marktauslage wieder auf 5 auf und kann dann alle oder einige von folgenden Aktionen ausführen:

Karten vom Nachziehstapel oder vom Market ziehen, bis das Handlimit von 6 erreicht wurde. 
Karten direkt vom Markt oder Nachziehstapel kaufen und auf das Spieler-Tableau legen, das kostet allerdings 3 Münzen. 
Einen Fluch vom Spieler-Tableau entfernen für 5 Münzen, dafür erhält man noch 5 Siegpunkte dazu. 

Man kann jederzeit in seinem Zug drei Artifakt-Karten ablegen und sich die zwei obersten Schatzkarten ansehen. Eines davon darf ich auf mein Tableau legen und das andere kommt unter der den Stapel zurück.
Bin ich mit den o.g. Aktionen fertig MUSS ich nun einem Mitspieler ein Offerte abgeben. Ich drehe vom gewählten Guardian den Token bei mir um und wähle dann 1 oder mehr Karten gleicher Art und biete sie diesem an, in dem ich ihm sage was es ist. Z.B.: „Das sind 3 Waffen!“ – das kann, muss aber nicht der Wahrheit entsprechen! Ich darf niemals offen Flüche anbieten! Will ich Flüche abgeben, MUSS ich lügen!


Der Mitspieler muss nun entscheiden, ob er der Ansage glaubt oder nicht, hat er sich entschieden und seine Aussage getätigt, legt der Spieler die Karten offen aus und es kann zu folgenden Situationen kommen:

Spieler A bietet zwei normale Karten und Spieler B glaubt es nicht, obwohl die Ansage stimmte – Spieler A darf die zwei Karten auf sein Tableau legen 
Spieler A bietet zwei normale Karten und Spieler B glaubt es und hat Recht damit – Spieler B darf die angebotenen Karten auf sein Tableau legen 
Spieler A bietet zwei normale Karten und Spieler B glaub es nicht und hat Recht damit, es ist was anderes – Spieler B darf die Karten auf sein Tableau legen 
Spieler A bietet zwei normale Karten an und Spieler B glaubt es, leider sind es Fluch-Karten – Spieler B ist nun verflucht 
Spieler A bietet zwei normale Karten und Spieler B glaubt es, leider sind es doch andere Karten – Spieler A darf die Karten auf sein Tableau legen. 
Spieler A bietet zwei normale Karten an und Spieler B glaubt es nicht und tatsächlich hat A Fluchkarten gespielt – Spieler A ist nun verflucht. 


Der Spieler der quasi das Angebot „verliert“ bekommt als Entschädigung eine Münze.
Die verschiedenen Karten haben unterschiedlichen Einfluss auf das Spiel, hier ein kleiner Überblick:

Waffen: der Spieler mit den meisten Waffen auf seinem Tableau bei Spielende bekommt 20 Siegpunkte, der Zweitplatzierte 10 Punkte. 
Artefakte: ich kann 3 Artefakte abgeben und mir dafür 1 von 2 Schatzkarten auswählen. Schatzkarten bringen Punkte und einen einmalig, magischen Effekt 
Schilde: je nach Anzahl an Schild-Karten bei Spielende, bekomme ich unterschiedliche Siegpunkte. 
Bewohner: immer wenn ich eine Bewohner auf mein Tableau lege, darf ich einen Schritt weiter auf dem Castle Track. 
Zaubersprüche: gewonnene Zaubersprüche können als Joker verwendet werden und können jedem anderen Stapel hinzugefügt werden. Weiß ich zu Beginn noch nicht, wozu ich sie hinzufügen möchte, kann ich auch erstmal einen reinen Zaubersprüche-Stapel sammeln und ihn später ein anderen Art zuweisen. Ich kann die gewonnenen Sprüche auch aufteilen und verschiedenen Stapeln zu sortieren. 
Flüche: die Flüche sind unterschiedlich stark, je nachdem wieviel ich erhalte. Außerdem bekommt der Verfluchte immer eine Münze. 
1 Fluch: lege eine Guardian-Karte deiner Wahl von deinem Tableau ab 
2 Flüche: Der Gegenspieler legt eine Guardian Karten von deinem Tableau seine Wahl ab 
3 Flüche: Der Gegenspieler klaut eine Karte seiner Wahl von deinem Tableau und legt es auf sein Tableau. 


Wird im Laufe des Spiels die „Rats-Karte“ gezogen, kommt der Kriegsrat zusammen und bereitet sich auf den nahenden Krieg vor und es findet eine Zwischenwertung statt. Der Spieler am weitesten vorn auf dem Castle Track erhält sofort 10 Siegpunkte und der zweite 5. Die drei offen ausliegenden Quests werden geprüft und entsprechend Punkte verteilt. Es gibt Quests die werden bei der Ratskarte geprüft und andere bei der Kriegskarte und welche die bei beiden getriggert werden. 

Danach geht das Spiel weiter bis die Kriegskarte gezogen wird, sobald diese gezogen wurde, wird die Runde noch zu Ende gespielt und das Spiel endet. 

Bei der Endwertung wird nochmal der Castle Track gewertet, dann die Quests. Es kommen Punkte von den Schatzkarten hinzu, sowie von den Waffen- und Schildkarten. Je 3 Münzen sind ebenfalls 1 Siegpunkt wert und die gesammelten Siegpunkt-Token kommen natürlich hinzu. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt!


[FAZIT]

Guardian’s Call wird wohl das überproduzierteste Spiel in meiner Sammlung werden. Und das wohl auch nur weil ich Grimms Wälder vom gleichen Verlag nicht habe. Bei Druid City Games ist ganz klar „klotzen statt kleckern“ einen Firmenphilosophie. Wir finden hier 5 hochwertige Miniaturen. Wozu?? Sie werden nur als Marker auf dem Schloss-Track verwendet, mehr nicht. Auch das Spielertableau für jeden braucht man eigentlich nicht, denn einen wirklichen Nutzen bringt es nicht. So hat das Material am Ende auf mich einen negativen Effekt, denn ich erwarte zunächst mehr als mir spielerisch geboten wird.

Wer beim Lesen schon an 1-2 bestimmte Spiele denken musste, den kann ich gut verstehen, denn die Ähnlichkeiten zu „Sheriff of Notthingham“ und „Kakerlaken Poker“ sind kaum zu übersehen, wenn man die genannten Spiele kennt. In Feinheiten unterscheiden sie sich zwar, aber das Grundprinzip ist das gleiche und ich denke man braucht Guardian’s Call nicht in seiner Sammlung wenn man eines dieser Spieler schon hat.


Das Spielprinzip kann auf jeden Fall Spaß bringen. KANN! Denn es braucht auf jeden Fall die richtige Gruppe, die Lust hat in die Rolle einzutauchen. Die Lust hast zu verhandeln, zu diskutieren. Leute, die ihre Angebote in lustige Geschichten packen und sich dann diebisch freuen wenn der andere die Handvoll Flüche wirklich genommen hat. Das Spiel selbst sagt übrigens 2-5 Spieler, ich würde sagen fangt erst bei 4 Spielern an. 2 Spieler macht keinen Sinn. 3 Spieler wird etwas besser, aber so richtig aufgehen tut es nur ab 4 Spielern. 

Bei mir hakt es hier am ehesten an dem aufgesetzten Thema, denn das will für meine Begriffe nicht wirklich zur Mechanik passen. Es fühlt sich komisch an, wenn man eigentlich kooperativ (laut Story) sich auf einen Angriff vorbereiten soll und dann den anderen Flüche zuschustert. Und auch so, fragt man sich, wieso ich anderen Helden Bewohner oder Waffen geben sollte. Daher würde ich wohl immer eher zu Sheriff of Nottingham greifen. Da es im Gesamtpaket einfach stimmiger ist. 

Guardian’s Call wird daher leider kein Dauerbrenner bei mir werden, wobei das Spiel selbst nicht schlecht ist. Es ist halt ein klassisches Bluff-Spiel mit Set-Collection, aber am Ende für meine Begriffe halt nicht so herausstechend. Für Kenner- und Experten-Spieler wird zu wenig geboten und für eine lustige Runde, würde ich wohl doch eher zum Sheriff raten, da allein schon die kleinen Beutel mehr Reiz versprühen, als die Miniaturen, die keinen wirklichen Nutzen haben. Schade.

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Guardian´s Call von James Hudson
Erschienen bei Druid City Games
Für 2 bis 5 Spieler in ca. 30 Minuten
Boardgamegeek Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Druid City Games)


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